In Anbetracht der sich häufenden Medienberichte über Drogenmissbrauch bei Jugendlichen und Kindern und die beträchtliche Anzahl Drogentoter ist die Brisanz des Themas Drogenmissbrauch bei Jugendlichen verstärkt in das öffentliche Interesse gerückt. Die offiziellen Kriminalitätsstatistiken spiegeln deutlich wieder, dass der Drogenmissbrauch nicht wirksam eingedämmt werden kann. Zwar ist die Zahl der Heroinabhängigen in der Bundesrepublik Deutschland leicht rückläufig, dafür häufen sich Fälle von speziell jungen Menschen, die zu den neueren synthetischen Drogen greifen und in der Folge in psychiatrische Anstalten eingewiesen werden müssen und teilweise für den Rest ihres Lebens mit den daraus resultierenden Schäden, wie z.B. dauerhaften Psychosen und Organschäden, leben müssen.
Jugendliche, die noch „auf der Suche nach sich selbst sind“, haben noch keine gefestigte Individualstruktur und sind daher besonders empfänglich für Drogenmissbrauch. Die Modernisierung unserer Gesellschaft führt zum Verlust von sozialen Gefügen, die für Jugendliche besonders wichtig sind.
An ihre Stelle treten Orientierungslosigkeit, Existenzängste und Identitätslosigkeit. Durch die Leistungsgesellschaft entsteht ein hoher Leistungsdruck. Psychische Probleme und das Gefühl von Vereinsamung und Machtlosigkeit können die Folge sein. Eine Möglichkeit, diesem zu entgehen, ist der Drogenmissbrauch.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Erscheinungsformen des Drogenmissbrauchs Jugendlicher zu untersuchen und die Ursachen zu erforschen. Ein weiteres Ziel ist es, einige Interventionsmöglichkeiten vorzustellen und diese auf ihre Wirksamkeit und Anwendungsmöglichkeit im schulischen Rahmen hin zu untersuchen. Intervention hat zum Ziel, bestehende Risikofaktoren, die zum Drogenmissbrauch führen, und bestehenden Drogenmissbrauch zu verhindern, oder zumindest auf ein möglicht unschädliches Maß zu reduzieren.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Vorgehensweise
1.3 Persönliche Motivation zur Wahl dieses Themas
2 Definitionen
2.1 Sucht
2.2 Droge
2.3 Drogenklassifizierung nach Wirkung
2.4 Drogenklassifizierung nach hart / weich
2.6 Missbrauch
2.7 Jugendliche
3 Erscheinungsformen
3.1 Kenntnisse Jugendlicher von illegalen Drogen
3.2 Die Drogenszene im Wandel der Zeit
3.4 Informiertheit über illegale Drogen
3.5 Erfahrungen mit Drogen bei Jugendlichen
3.6 Alter beim Erstkonsum
3.6 Riskanter Substanzgebrauch
3.8 Die Bedeutung von Tabak und Alkohol für den Konsum illegaler Drogen
3.9 Cannabiskonsum und Gesundheitsbewusstsein
3.10 Die Technoszene und Drogen
4 Ursachen
4.1 Ursachen für Probierverhalten
4.2 Verfügbarkeit
4.3 Personenbezogene Risikofaktoren
4.4 Tiefenpsychologische Erklärungsmodelle
4.5 Lerntheoretische Erklärungsmodelle
4.6 Situative Erklärungsmodelle
5 Intervention
5.1 Konzept der Abschreckung
5.2 Konzept der Aufklärung
5.3 Konzept der affektiven Erziehung
5.4 Das Alternativen Modell
5.5 Das Konzept der psychologischen Immunisierung
5.6 Ansatz der Standfestigkeit gegen soziale Beeinflussung
5.7 Neue Programmatik: Sensible Risk taking
5.8 Drugchecking
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
8 Anhang
8.1 Einige Erfahrungsberichte von Drogenkonsumenten
8.2 Eine Auswahl pflanzlicher Drogen und Pilzdrogen
8.3 Eine Auswahl vollsynthetisch und halbsynthetisch hergestellter Drogen
8.4 Der internationale Drogenhandel
8.5 Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung
8.6 Ein Beispiel für „Safer Use“ Regeln
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
In Anbetracht der sich häufenden Medienberichte über Drogenmissbrauch bei Jugendlichen und Kindern und die beträchtliche Anzahl Drogentoter ist die Brisanz des Themas Drogenmissbrauch bei Jugendlichen verstärkt in das öffentliche Interesse gerückt. Die offiziellen Kriminalitätsstatistiken spiegeln deutlich wieder, dass der Drogenmissbrauch nicht wirksam eingedämmt werden kann. Zwar ist die Zahl der Heroinabhängigen in der Bundesrepublik Deutschland leicht rückläufig, dafür häufen sich Fälle von speziell jungen Menschen, die zu den neueren synthetischen Drogen greifen und in der Folge in psychiatrische Anstalten eingewiesen werden müssen und teilweise für den Rest ihres Lebens mit den daraus resultierenden Schäden, wie z.B. dauerhaften Psychosen und Organschäden, leben müssen.
Problematisch an der traditionellen Medienberichterstattung ist, dass sie häufig stark einseitig und übertreibend berichtet; dies geschieht wahrscheinlich um die Verkaufszahlen bzw. Einschaltquoten zu erhöhen. So wird ein stark verzerrtes Bild, scheinbar ohne Lösungsmöglichkeit, dargestellt. Die Konsumenten werden verteufelt und als verloren abgeschrieben.
Neue Medien bieten ein Forum zur Darstellung und Glorifizierung abweichenden Verhaltens aller Art. So gibt es z.B. Internetpräsenzen durch die Drogenkonsumenten die Möglichkeit erhalten ausführlich von ihren Erfahrungen zu berichten und so andere Jugendliche zum Konsum animieren.[1]
Darüber hinaus haben Jugendliche, die noch „auf der Suche nach sich selbst sind“, noch keine gefestigte Individualstruktur und sind daher besonders empfänglich für Drogenmissbrauch. Die Modernisierung unserer Gesellschaft führt zum Verlust von sozialen Gefügen, die für Jugendliche besonders wichtig sind.
An ihre Stelle treten Orientierungslosigkeit, Existenzängste und Identitätslosigkeit. Durch die Leistungsgesellschaft entsteht ein hoher Leistungsdruck. Psychische Probleme und das Gefühl von Vereinsamung und Machtlosigkeit können die Folge sein. Eine Möglichkeit, diesem zu entgehen, ist der Drogenmissbrauch.
Dauerhaft kann das Problem des Drogenmissbrauchs nur gelöst werden, wenn es gelingt, den Jugendlichen alternative Handlungsweisen und Kompetenzen zu vermitteln, die sie vor dem Abrutschen in den Drogenmissbrauch schützen. Im jugendlichen Risikoverhalten ist eine Entwicklungsaufgabe zu erkennen, die es positiv zu lösen gilt, damit sie zu verantwortungsbewussten und stabilen Erwachsenen heranreifen.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Erscheinungsformen des Drogenmissbrauchs Jugendlicher zu untersuchen und die Ursachen zu erforschen. Ein weiteres Ziel ist es, einige Interventionsmöglichkeiten vorzustellen und diese auf ihre Wirksamkeit und Anwendungsmöglichkeit im schulischen Rahmen hin zu untersuchen. Intervention hat zum Ziel, bestehende Risikofaktoren, die zum Drogenmissbrauch führen, und bestehenden Drogenmissbrauch zu verhindern, oder zumindest auf ein möglicht unschädliches Maß zu reduzieren.
1.2 Vorgehensweise
Nach einer Einleitung mit Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit definiere ich im zweiten Kapitel die Begriffe Sucht, Genussmittel, Drogen, deren Klassifizierungen nach hart/weich, sowie deren Wirkungsarten, Missbrauch und Jugendliche als Grundlage dieser Arbeit.
Anschließend werden im Kapitel drei die verschiedenen Erscheinungsformen des Drogenmissbrauches bei Jugendlichen vorgestellt.
Insbesondere die Erfahrungen Jugendlicher mit Drogen, ihre Informationslage, ihre Konsummuster und das Alter beim ersten Konsum werden beachtet. Die Bedeutung der legalen Drogen Alkohol und Tabak und dem Gesundheitsbewusstsein der Jugendlichen findet ebenfalls Beachtung. Weiterhin wird auf die besondere Bedeutung der, im letzten Jahrzehnt aufgekommenen, Technoszene für den Drogenmissbrauch eingegangen.
Nachfolgend gehe ich im vierten Kapitel auf die Ursachen des Probierverhaltens Jugendlicher, das oft zu Missbrauch und, daraus resultierend, einem Suchtverhalten führt, ein. Exemplarisch werden einige Erklärungsmodelle aufgezeigt, um besser zu verstehen, wie Missbrauch entsteht.
Im darauf folgenden fünften Kapitel geht es um verschiedene Interventionskonzepte, also um die Frage, wie Drogenmissbrauch schon vor und auch nach seiner Entstehung bekämpft werden kann. Außerdem beschäftige ich mich damit, wie bei schon konsumierenden Jugendlichen der Missbrauch soweit unter Kontrolle gehalten werden kann, dass die aus Drogenmissbrauch resultierenden Schäden auf ein Mindestmaß reduziert und eine Suchtentwicklung verhindert werden kann.
Der Abschluss der Arbeit wird von Kapitel sechs gebildet. Hier wird ein Fazit aus den vorher genannten Interventionskonzepten gebildet und diese entsprechend ihrer Wirksamkeit und Umsetzbarkeit in der Schule bewertet. 1.3 Persönliche Motivation zur Wahl dieses Themas
Meine persönliche Motivation, mich mit dieser Thematik zu beschäftigen, besteht darin, dass ich mittlerweile seit vier Jahren in einer Drogentherapieeinrichtung als Nachtwache arbeite und somit einen recht engen Kontakt zu, hoffentlich ehemaligen, Drogenabhängigen habe. Die Klienten, die dort ihre Drogenentwöhnungstherapie machen, sind zwar alle keine Jugendlichen mehr, haben aber zum überwiegenden Teil ihre Drogenkarriere als Jugendliche begonnen. In Anbetracht der oftmals traurigen Einzelschicksale, die ich so kennen gelernt habe, wuchs in mir das Bedürfnis, mehr über die Entstehung von Drogenmissbrauch und Sucht zu erfahren und auch eventuelle Interventionsmöglichkeiten kennen zu lernen.
An meiner anderen Arbeitsstelle als Kursleiter im zweiten Bildungsweg an der KVHS komme ich immer wieder in Kontakt damit, dass sich eigentlich vielversprechende Kursteilnehmer plötzlich in ihrer Leistung verschlechtern und erfahre dann oftmals, dass sie Drogen, meist Cannabis oder Ecstasy, konsumieren. Einige dieser Teilnehmer, die unter normalen Umständen das Kursziel aller Wahrscheinlichkeit nach geschafft hätten, brechen dann, teilweise Kurz vor Kursende, ohne erkennbaren Grund ab. So wurde mir die Relevanz dieses Themas für meine Laufbahn als Lehrer sehr bewusst.
2 Definitionen
2.1 Sucht
Sucht bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand.[2] Die Kräfte des Verstandes werden, diesem Verlangen untergeordnet.
Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und zerstört so die die sozialen Chancen eines Individuums und dessen sozialen Bindungen.[3] Den so genannten stoffgebundenen Süchten kommt dabei eine repräsentative Bedeutung zu. Sie veranschaulichen in drastischer, aber zugleich auch einschränkender Weise eine Erscheinung, der man auf fast allen Gebieten des menschlichen Erlebens und Verhaltens begegnen kann. Fast jede Form menschlichen Interesses kann zu einer Suchterkrankung führen, ob Arbeiten, Sammeln, Machtstreben, Kaufen, Spielen oder Sexualität.[4]
Zu den sucherzeugenden Stoffen gehören u.a. Alkohol, Nikotin, Cannabisprodukte, Amphetamine, Schnüffelstoffe, Kokain, Heroin, Crack und alle daraus hervorgehenden Produkte. Die aufgeführten Substanzen führen - in jeweils unterschiedlicher Ausprägung - zuerst zu Gewöhnung, dann zu psychischer und schließlich zu körperlicher Abhängigkeit.[5]
Im offiziellen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) existierte der Begriff "Sucht" von 1957 - 1964. Danach wurde er durch "Missbrauch" und "Abhängigkeit" ersetzt. In wissenschaftlichen Arbeiten wird der Begriff "Sucht" daher nicht mehr verwendet, jedoch ist er umgangssprachlich immer noch in Benutzung.[6]
2.2 Droge
Der Begriff „Droge“ hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Ursprünglich bedeutete Droge „ein natürliches Erzeugnis pflanzlicher oder tierischer Herkunft.“ Während der Drogenwelle in den 70er Jahren wurde die Bedeutung erweitert um „künstliche Substanzen, die auf Körper und Seele des Menschen verändernd einwirken.“[7]
Die Weltgesundheitsorganisation definiert jede Substanz als Droge, die in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag.[8]
Eine erweiterte und heute geläufige Definition lautet: „Drogen sind zur Einnahme in irgendeiner Form bestimmte Stoffe, die getrunken, geschluckt, gespritzt, geraucht, geschnupft, inhaliert oder auf andere Weise zugeführt werden. Sie greifen in den natürlichen Ablauf des Körpers ein und wirken sich besonders auf Stimmungen, Gefühle und Wahrnehmungen aus.“[9] Somit ist der Begriff sowohl um die illegalen Drogen und Modedrogen, als auch um die Alltagsdrogen erweitert worden.
Rausch-Drogen ändern die Aktivität der Nervenzellen in bestimmten Hirnregionen, so wird die Wahrnehmung des eigenen Selbst und der Umwelt verändert, was als angenehm empfunden werden kann.
2.3 Drogenklassifizierung nach Wirkung
Entaktogene/Empathogene
Dies sind Substanzen, die innere Rührung verursachen und das Mitgefühl gegenüber anderen, sowie bestimmte Emotionen und der Kommunikationsdrang steigern. Beispiele für diese Substanzgruppe sind MDMA und ihre verwandten chemischen Verbindungen.[10]
Halluzinogene
Stoffe, die als Halluzinogene bezeichnet werden, rufen eine Veränderung des Bewusstseins und der Wahrnehmung (Halluzinationen) hervor. Diese Bewusstseinsveränderungen werden oft positiv konnotiert und als Bewusstseinserweiterung bezeichnet. Hierzu gehören LSD, LSA, Psylocibin, Meskalin, und viele weitere Natursubstanzen, sowie einige synthetische Amphetaminderivate. Cannabis muss nach dieser Definition zu den Halluzinogenen gezählt werden, jedoch ist seine Wirkung weitaus schwächer. Eine andere Bezeichnung für diese Substanzgruppe ist Psychedelika. Darüber hinaus werden diese Substanzen auch Entheogene genannt, was 'Das Göttliche erweckend' bedeutet.[11]
Hypnotika
Dies sind Substanzen mit schlaffördernder, schlafanstoßender oder betäubender Wirkung.[12]
Sedativa
Hierbei handelt es sich um Substanzen mit angstlösender oder beruhigender Wirkung. Hierzu zählen Valium, aber auch Opiate. Alkohol und Cannabis haben in gewissen Dosierungen ebenfalls sedierende Wirkung. Viele Sedativa sind gleichzeitig Hypnotika.[13]
Stimulantia
Dies sind Substanzen mit anregender Wirkung, die früher auch als Eidetika bezeichnet wurden. Bekannte Beispiele sind Kokain, Amphetamine und Koffein.[14]
2.4 Drogenklassifizierung nach hart / weich
Als harte Drogen gelten illegale, also nichtverkehrsfähige Substanzen, die eine physische Abhängigkeit erzeugen können. Als klassische harte Drogen gelten Opiate wie Heroin. Von weichen Drogen spricht man in erster Linie im Zusammenhang mit Cannabisprodukten.
Eine andere Lesart unterscheidet in Abhängig von der Konzentration des Rauschmittels. Demnach werden Bier, Marihuana und Coca-Blätter als weiche Drogen angesehen, Spirituosen, Haschisch-Öl und Kokain hingegen gelten in dieser Leseart als harte Drogen.[15]
Eine Auflistung der am häufigsten konsumierten pflanzlichen Drogen, deren Wirkstoffe und der häufig konsumierten synthetischen Drogen befindet sich im Anhang.
2.6 Missbrauch
Unter Missbrauch versteht man das Gebrauchen, Verwenden, Benutzen oder Anwenden einer Sache auf eine Art und Weise, die falsch, schädlich, unsachgemäß, unerwünscht, verboten oder nicht vorgesehen ist.
Unter Missbrauch psychotroper[16] Substanzen versteht man im deutschen Recht den regelmäßigen Überkonsum.
Drogenmissbrauch bezeichnet den übermäßigen, meist suchtgesteuerten Konsum von Medikamenten, Pharmaka und Drogen jeder Art.[17]
2.7 Jugendliche
Es gibt mehrere, teilweise sich widersprechende Definitionen von Jugendlichen, die sich allesamt auf das Alter eines Menschen beziehen:
(1) „Jugendlicher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer 15 aber noch nicht 18 Jahre alt ist.“[18]
(2) „Jugendliche sind Personen, die 15 bis 24 Jahre alt sind. Jugendliche von 13 bis 19 sind Teenager, Jugendliche von 20 bis 24 sind junge Erwachsene.“[19]
(3) „Jugendliche sind Personen zwischen zwölf und 25 Jahren.“[20]
(4) „Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist.“[21]
(5) Die Jugend wird traditionell als Statuspassage von der Kindheit in die sozial generell und endgültig gedachte Rolle des Erwachsenen verstanden.[22]
Der Begriff Jugendlicher stammt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, wobei sich erst am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung eine entsprechend spezifische Bevölkerungsschicht entwickelt hat.
Ursprünglich auf männliche Arbeiterkinder ab 13 Jahren bezogen, werden inzwischen auch Mädchen unter diesem Begriff zusammengefasst.[23]
3 Erscheinungsformen
3.1 Kenntnisse Jugendlicher von illegalen Drogen
Illegale Drogen gehören für viele Jugendliche zur Alltagserfahrung. In der Altersgruppe der 12 bis 25 jährigen hat knapp die Hälfte (49%) schon einmal ein Angebot über illegale Drogen erhalten, wobei junge Männer etwas häufiger Angebote erhalten (54%) als junge Frauen (41%). Nach Alter differenziert, ergibt sich, dass die Gruppe der 12 bis 15 jährigen weit seltener illegale Drogen angeboten bekommen hat (16%), als die Gruppen der 16 bis 19 Jährigen (58%) und der 20 bis 25 Jährigen (63%)[24].
3.2 Die Drogenszene im Wandel der Zeit
Menschen, die Drogen nehmen, gibt es wahrscheinlich schon so lange, wie es Drogen gibt. Im vergangenen Jahrhundert hat sich die Drogenszene immer wieder gewandelt und verschiedene Drogen standen zu verschiedenen Zeiten im Vordergrund.
Die avantgardistischen Zirkel, in denen etwa seit 1900 Morphium und Kokain konsumiert wurde, breiteten sich in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg in weitere Kreise aus. In den 20er Jahren stieg der Kokainkonsum an. War es vorher noch ein eher unbekannter Begriff, wurde es unter der Bezeichnung „Koks“ nun an Straßenecken und in Kneipen und Nachtcafes angeboten. War es vorher eher in Halbwelt- und Bohemekreisen verbreitet, erstreckte sich der Kokainkonsum nun auch auf die Kreise der proletarischen, meist arbeitslosen Jugend.[25]
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in der jungen Bundesrepublik keine behandlungsbedürftigen Drogenkonsumenten.
Allerdings gab es durch die Kriegsmedizin bedingte Morphinabhängige, diese wurden aber größtenteils einfach weiterversorgt.
Dieses Bild änderte sich erst Ende der sechziger Jahre. Von Amerika ausgehend, breiteten sich neue Formen des Drogenkonsums mit den Beatniks, den Hippies und der Jugend- und Protestbewegung aus. Cannabis wurde zum Symbol für den Protest gegen das „Establishment“. Der Konsum von illegalen Drogen, speziell Haschisch und LSD, die als bewusstseinserweiternde Drogen galten, wurde zum Massenphänomen. Der Dogenkonsum stand für die Suche nach neuen Lebensformen und drückte den Kampf gegen die Konsum- und Leistungsgesellschaft aus.[26]
In den 60er Jahren waren es hauptsächlich Gymnasiasten und Studenten, die sich durch Drogenkonsum von der Gesellschaft ausgrenzen wollten. In den siebziger Jahren allerdings wurden arbeitslose Jugendliche und andere randständige Gruppen die Hauptkonsumenten. Außerdem wandelte sich die Hauptdroge der Szene von Cannabis zu Heroin. Zu dieser Zeit, in den siebziger und achtziger Jahren, wurde der soziale Ausschluss von Drogenkonsumenten nahezu total. Dieser war dadurch bedingt, dass sich die Protestbewegung, die Hauptkultur und staatliche Instanzen, sowie die Drogenhilfe sich immer weiter in der Bewertung des Konsums illegaler Drogen aneinander annäherten. Einerseits hat dieser Außendruck potentielle Probierer und Experimentierer abgeschreckt, andererseits aber auch bewirkt, dass sich die, nun kaum mehr über Brücken zur Mehrheitskultur verfügende, Szene immer mehr abkapselte und verfestigte.
Innerhalb der Szene, die sich durch den Verfolgungsdruck stark professionalisierte, entstanden im Bereich des Drogenhandels, der Drogenbeschaffung und des Drogenzubehörs relativ spezialisierte „Jobs“, die durch ihre Verdienstmöglichkeiten das Überleben innerhalb der Szene sicherten.[27]
Weitere chemische Drogen, häufig auch als Designerdrogen bezeichnet, sind schon seit den späteren sechziger Jahren im Umlauf, eroberten aber mit Ecstasy seit Anfang der neunziger Jahre, mit dem Aufkommen der Technoparties, die Szene.[28]
3.4 Informiertheit über illegale Drogen
Cannabisprodukte sind bei allen Jugendlichen am bekanntesten. Ab 16 Jahren kennen alle Jugendlichen Cannabis und selbst die 12 bis 15 Jährigen kennen Cannabis zu 96%. Die meisten anderen illegalen Drogen sind ebenfalls sehr bekannt, sie sind annähernd allen ab 16 Jährigen geläufig. In der Altersgruppe der 12 bis 15 Jährigen sind Amphetamine, LSD, Crack und Schnüffelstoffe etwas mehr als der Hälfte der Jugendlichen geläufig, Magische Pilze hingegen sind nur etwas weniger als einem Fünftel (18%) bekannt, diese sind insgesamt am unbekanntesten[29].
3.5 Erfahrungen mit Drogen bei Jugendlichen
Ein knappes Drittel (32%) hat schon mindestens einmal Drogen genommen; hier erhöht sich der Prozentsatz derer, die schon Erfahrungen mit Drogen gemacht haben, mit dem Alter.
Hat von den Jüngeren nur etwa jeder zwölfte (8%) schon einmal Drogen genommen, so trifft dies auf etwas mehr als ein Drittel (36%) der 16 bis 19 Jährigen zu und in der Gruppe der 20 bis 25 Jährigen hat fast die Hälfte (44%) Erfahrungen mit Drogen gemacht.[30]
Spitzenreiter bei den illegalen Drogen ist eindeutig Cannabis, es wurde von insgesamt 31% der Jugendlichen schon mindestens einmal konsumiert. Andere illegale Drogen werden weit seltener von Jugendlichen konsumiert, nur wenige (4%) haben jemals psychoaktive Pflanzen oder Pilze, Ecstasy oder Amphetamine genommen, noch weniger haben Kokain und LSD konsumiert (2%). Die Schlusslichter sind Schnüffelstoffe (1%), Heroin (0,3%) und Crack (0,2%). Von den Jugendlichen, die schon einmal Drogen genommen haben, nahmen zwei Drittel ausschließlich Cannabis ein. Das restliche Drittel besteht aus Mehrfachkonsumenten, also Jugendlichen die sowohl Cannabis als auch andere Drogen zu sich genommen haben. Nur ein Prozent aller Jugendlichen hat andere Drogen als Cannabis genommen, ohne jemals Cannabis konsumiert zu haben[31].
3.6 Alter beim Erstkonsum
Beim ersten Cannabiskonsum sind Jugendliche im Schnitt 16,4 Jahre alt. Noch 1993 lag das Durchschnittsalter beim ersten Cannabiskonsum bei 17,5 Jahren, seitdem sinkt dieser Wert kontinuierlich leicht ab. Beim Erstkonsum der meisten anderen illegalen Drogen sind die Jugendlichen im Schnitt etwa 17 Jahre alt, bei Kokain sind sie im Schnitt noch ein Jahr älter. Außer im Falle des Cannabiskonsums sind diese Durchschnittswerte relativ stabil[32].
3.6 Riskanter Substanzgebrauch
Die Lebenszeit-Prävalenz spiegelt jedoch nicht wieder, wie viele Jugendliche einen Missbrauch mit psychotropen Substanzen betreiben, da hier auch Jugendliche auftauchen, die nur einmal oder auch nur sehr selten Drogen genommen haben. Die Erhebung über den aktuellen Konsum gibt hier besseren Aufschluss. So haben in den letzten zwölf Monaten insgesamt 13% der Jugendlichen Drogen genommen. Cannabisprodukte stehen hier deutlich im Vordergrund, da 13% auf Cannabis entfallen, andere Drogen wurden von 2% im fraglichen Zeitraum konsumiert. Hier fällt auf, dass in der Gruppe der 12- bis 15 Jährigen nur jeder zwanzigste im letzten Jahr Drogen konsumiert hat, bei den 16 bis 19 Jährigen aber jeder fünfte. Die Quote ist dann bei den älteren wieder rückläufig, hier hat nur etwa jeder siebte in den letzten zwölf Monaten Drogen genommen. Diese Werte sind seit 1997 weitestgehend stabil[33].
Auf die Frage nach dem gegenwärtigem Konsum, also zum Zeitpunkt der Befragung, antworteten insgesamt 5% der Jugendlichen, aktuell Drogen zu konsumieren. Auch dieser Wert ist seit 1973 weitestgehend stabil, lediglich für das Jahr 1997 ist ein Anstieg auf 9% zu verzeichnen[34].
3.8 Die Bedeutung von Tabak und Alkohol für den Konsum illegaler Drogen
Jugendliche, die schon Erfahrungen mit Tabak und Alkohol gemacht haben, greifen eher zu illegalen Drogen, als Jugendliche, die auch mit diesen Substanzen keine oder nur wenige Erfahrungen gemacht haben. So hat nur jeder zwanzigste Jugendliche, der nicht raucht, schon einmal Cannabis konsumiert, jedoch fast jeder zweite rauchende Jugendliche (44%).
Ähnlich verhält es sich bei Jugendlichen, die Erfahrungen mit Alkoholräuschen gemacht haben. Mit Alkoholrausch ist hier der Alkoholkonsum in den Mengen gemeint, die zum Vollrausch führen. Nur wenige Jugendliche (6%) ohne jegliche Alkoholrauscherfahrung haben jemals Cannabis probiert, von denen die zwischen einen und fünf Alkoholräuschen hatten, jeder dritte (36%), und von denen, die mehr als sechs mal einen Alkoholrausch hatten, zwei Drittel (67%)[35].
3.9 Cannabiskonsum und Gesundheitsbewusstsein
Das Gesundheitsbewusstsein Jugendlicher hat einen gewissen Einfluss darauf, ob sie Cannabis nehmen würden. In den letzten zwölf Monaten haben 17% der wenig gesundheitsbewussten Jugendlichen Cannabis konsumiert, von den Gesundheitsbewussten nur 9%, also ungefähr halb so viele.
Auf die theoretische Probierbereitschaft hat Gesundheitsbewusstsein jedoch weniger Einfluss, so geben 43% der Gesundheitsbewussten an, vielleicht einmal zu probieren, von den wenig gesundheitsbewussten Jugendlichen geben dies nur wenige mehr an (50%).[36]
3.10 Die Technoszene und Drogen
In vielen Ländern Europas etablierte sich Anfang der neunziger Jahre eine neue Musikkultur, die Technoszene. Über Jahre hinweg verzeichneten Tanz und Musikveranstaltungen, wie die Love Parade und May-Day-Events, steigende Besucherzahlen.[37]
[...]
[1] Siehe Anhang 8.1
[2] Vgl. Meyers Großes Universal Lexikon (13), S. 538
[3] Vgl. Bertelsmann Lexikothek (14), S.51
[4] Vgl. Bertelsmann Lexikothek (Mensch und Gesundheit), S. 310
[5] Vgl. Bertelsmann Lexikothek (12), S.310
[6] Vgl. www.who.com
[7] Vgl. Feser in Feser, 1981, S12
[8] Vgl. www.who.de
[9] Feser in Feser 1981, S.12
[10] Vgl. Dorsch, S.224
[11] Vgl. Stafford, S.4ff
[12] Vgl. Dorsch, S.379
[13] Vgl. Dorsch, S.770
[14] Vgl. Dorsch, S.701 (Eintrag „Psychostimulanzien“)
[15] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Droge#Klassifizierung_nach_hart_.2F_weich
[16] die Psyche des Menschen beeinflussend, (von griechisch ψυχή = Seele und τρόπος = Richtung)
[17] Vgl. Dorsch, S. 197
[18] § 2 JArbSchG, 2005
[19] UNO-Generalversammlung, 1984
[20] Schell-Studie, 2002
[21] § 1, JGG, 2004
[22] Vgl. Reinhold, 1991, S. 286
[23] Vgl. Baake, 1993, S. 96
[24] Vgl BZgA 2004, S. 6
[25] Vgl. Schmid in Neubeck-Fischer 2000, S.35
[26] Vgl. Schmid in Neubeck-Fischer 2000, S.37
[27] Vgl. Schmid in Neubeck-Fischer 2000, S.39
[28] Vgl. Neumeyer S.35
[29] Vgl BZgA 2004, S. 17
[30] Vgl BZgA2004, S.7
[31] Vgl BZgA 2004, S. 8
[32] Vgl BZgA 2004, S.16
[33] Vgl BZgA2004, S.14
[34] Vgl BZgA 2004, S.15
[35] Vgl.BZgA 2004, S.41
[36] Vgl. BZgA 2004, S.34
[37] Vgl. Tossman, in BZgA 1998 S.67
- Arbeit zitieren
- Joachim Giese (Autor:in), 2005, Drogenmissbrauch bei Jugendlichen - Erscheinungsformen, Ursachen und Interventionsmöglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67073
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