Stottern ist eine zeitweise auftretende, willensunabhängige, situationsabhängige Redeflussstörung. Die Ursache ist im Einzelfall oft nicht bekannt. Die Störung ist durch angespanntes, stummes Verharren in der Artikulationsstellung (tonisches Stottern), Wiederholungen (klonisches Stottern), Dehnungen und Vermeidungsreaktionen charakterisiert. Eine allgemein gültige, auch die ursächlichen Faktoren berücksichtigende Definition gibt es bis heute nicht. Das liegt hauptsächlich darin begründet, dass es bis heute keine objektiven, vom Zuhörer unabhängigen Kriterien gibt, Unflüssigkeitssymptome sicher als Ausdruck eines Stotterns zu werten oder ein Kind auf Grund bestimmter Symptome sicher als Stotterer zu klassifizieren (vgl. Führing M./Lettmayer O. et al., 2000, S. 70).
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist „Stottern“?
1.1. Entstehung und Häufigkeit
1.2. Beschreibung des Zustandsbildes
1.3. Ätiologie und Erklärungsansätze
1.4. Entwicklung des echten Stotterns
1.5. Formen des Stotterns und Symptome
2. Stottern und Schule
2.1. Belastungen des stotternden Kindes in der Klasse
2.2. Unterstützungsmöglichkeiten der Lehrperson
2.3. Beratungsstellen in Österreich
3. Literatur
1. Was ist „Stottern“?
Stottern ist eine zeitweise auftretende, willensunabhängige, situationsabhängige Redeflussstörung. Die Ursache ist im Einzelfall oft nicht bekannt. Die Störung ist durch angespanntes, stummes Verharren in der Artikulationsstellung (tonisches Stottern), Wiederholungen (klonisches Stottern), Dehnungen und Vermeidungsreaktionen charakterisiert.
Stottern kann nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht als ein einheitliches Krankheitsbild oder als Störung eines eingrenzbaren Funktionskreises betrachtet werden, sondern es muss als Symptom bzw. Symptomenkomplex angesehen werden, das/der unterschiedliche Ursachen mit ähnlicher, aber nicht identischer Ausformung hat.
Eine allgemein gültige, auch die ursächlichen Faktoren berücksichtigende Definition gibt es bis heute nicht. Das liegt hauptsächlich darin begründet, dass es bis heute keine objektiven, vom Zuhörer unabhängigen Kriterien gibt, Unflüssigkeitssymptome sicher als Ausdruck eines Stotterns zu werten oder ein Kind auf Grund bestimmter Symptome sicher als Stotterer zu klassifizieren (vgl. Führing M./Lettmayer O. et al., 2000, S. 70).
1.1. Entstehung und Häufigkeit
Stottern entsteht in den meisten Fällen in der frühen Kindheit. Es wird von unterschiedlichen, nebeneinander bestehenden und miteinander interagierenden Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren sind physiologischer, organischer, linguistischer oder psychologischer Natur. Sie verändern sich im Verlauf des Lebens individuell und nehmen jeweils sich verändernde Bedeutsamkeit für die Betroffenen an.
Über ein Prozent der Gesamtbevölkerung ist betroffen. Bei Kindern im Schulalter sind es ca. 4% der Gesamtpopulation, ¾ davon sind Buben (vgl. Führing M./Lettmayer O. et al., 2000, S. 70/71).
1.2. Beschreibung des Zustandsbildes
Stottern besteht in Unterbrechungen des Redeflusses. Die Ursache des Stotterns ist unbekannt. Zu Beginn des Sprechens oder mitten in der Rede treten Störungen auf. Es kommt zu Wiederholungen von einzelnen Lauten, Silben oder Wörtern. Der Stotterer bleibt bei irgendeinem Laut stecken und versucht dann, mit gesteigerter Kraft darüber hinwegzukommen. Für den Beobachter ist es oft unverständlich, dass ein eben noch mit Mühe hervorgebrachtes Wort ein anderes Mal ohne Anstrengung gesprochen werden kann.
Auffallend ist, dass stotternde Menschen beim Singen fast nie und beim Aufsagen eingelernter Texte nur selten Probleme haben. Die meisten können fließend lesen. Störungen treten dort auf, wo der Text erdacht oder disponiert werden muss, bei der freien Rede. Auch vor Zuhörern oder vorgesetzten Personen ist die Neigung zum Stottern verstärkt. Oft kommt es vor, dass Kinder unbeobachtet fließend mit ihrer Puppe oder mit ihrem Teddybären sprechen, das Dazwischentreten eines Erwachsenen hingegen ruft sofort wieder die Störung hervor. Manche Kinder sprechen mit Erwachsenen, zu denen sie eine gute Beziehung aufgebaut haben, besser als etwa mit gleichaltrigen Kindern, deren Angriffe oder Spottlust sie fürchten.
Das wechselnde Bild, welches das Sprechen des Stotterers bietet, macht viele Beobachter in ihrer Einstellung unsicher. Sie wissen nicht, wie sie angemessen reagieren sollen. Viele betrachten Stottern als Nachlässigkeit, Unart oder schlechte Angewohnheit. Sie glauben dem Kind mit Strenge entgegentreten zu müssen. Eines der beliebtesten Mittel der „Laienbehandlung“ ist die Aufforderung, eben gestotterte Wörter und Sätze richtig zu wiederholen. Auch wenn die unmittelbare Wiederholung gelingt, trügt der kurze Erfolg. Durch Wiederholen lassen treibt man Stotterer nur noch tiefer in ihren Leidensdruck hinein. Die Ungeduld der Kommunikationspartner macht das Kind nur noch unsicherer und mutloser (vgl. Führing M./Lettmayer O. et al., 2000, S. 71).
Die betroffenen Kinder verfolgen ihre Äußerungen mit gespannter Aufmerksamkeit und leben in der beständigen Furcht, dass ihnen ein „schwieriges“ Wort in die Quere kommen könnte, das sie wieder stolpern lässt. Dieser Zustand der Unsicherheit und Angst wirkt sich sehr nachteilig auf die psychische Verfassung aus. Scheu vor dem Sprechen und Minderwertigkeitsgefühle entstehen.
Es laufen also als Folge des Stotterns vielfältige Lernprozesse ab, die zu schwerwiegenden Zusatzproblematiken führen. Diese Folgeerscheinungen haben negative Rückwirkungen auf das eigentliche Stottern. Man bezeichnet sie als Sekundärprobleme.
Stottern ist ein echtes Leiden. Je weniger ein Kind an seine Sprechprobleme erinnert wird, desto besser ist es. Das Wort „Stottern“ sollte in seiner Gegenwart überhaupt nicht verwendet werden. Jede Aufregung verschlechtert die Sprache. Ermahnungen, Ausspotten, Anschreien oder fortwährendes Nörgeln am Sprechen des Kindes sind ebenso zu unterlassen wie Bejammern und Bemitleiden.
Man kann leicht ermessen, wie hemmend sich diese Störung des Redeflusses im späteren Leben, insbesondere im Beruf, auswirken kann, wenn sie schon im Elternhaus und Schule so nachteilige Folgen zeitigt. Daher muss alles versucht werden, stotternde Kinder in der Schule einer fachgerechten Behandlung zuzuführen (siehe Führing M./Lettmayer O. et al., 2000, S. 72).
1.3. Ätiologie und Erklärungsansätze
Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Theorien zur Erklärung des Stotterns. Fasst man die heute vertretenen Positionen zusammen, kann man fünf Hauptgruppen, die sich inhaltlich aber zum Teil in ihrer Zuordnung überschneiden können, unterscheiden (siehe Führing M./Lettmayer O. et al., 2000, S. 72-75):
- Genetische Erklärungsversuche
- Somatische Theorien
- Sprachliche Faktoren
- Faktoren der sozialen Umwelt
- Psychische Erklärungsversuche
Da eine Vielzahl von Faktoren an der Entstehung des individuellen Stotterns beteiligt ist, muss jeder Einzelfall genau analysiert werden und mehrdimensional durchleuchtet werden.
- Genetische Erklärungsversuche
Familiäre Disposition: Bei ungefähr einem Drittel der Stotterer findet man stotternde Verwandte, besonders väterlicherseits. Vererbt wird nur die Anlage, unter gewissen inneren und äußeren Bedingungen, die man nicht voraussagen kann, kommt es zur klinischen Manifestation. Dazu zählen der familiäre Schwächetypus, neuropathische familiäre Veranlagung, psychogene Faktoren, Nachahmung.
- Organische Erklärungsversuche
Im Kindes- und Jugendalter sind frühkindliche Hirnschädigungen prädisponierend, im späteren Alter gefäßabhängige Faktoren. Dazu zählen folgende Faktoren: Minimale zerebrale Dysfunktionen prä-, peri- oder postnataler Genese, Schädel-Hirn-Traumata (traumatisches Stottern), zerebrale Bewegungsstörungen (dysarthrisches Stottern), zerebrovaskuläre Erkrankungen (aphasisches Stottern), Funktionsstörungen des striopallidären Systems, neuromuskuläre Koordinationsstörungen, verzögerte Sprachrückkopplung, Dominanzstörungen, Fehler in der zentralen Steuerung peripher-motorischer Abläufe und deren Koordination, Wahrnehmungsstörungen, Beibehaltung der akustischen Sprechkontrolle, Defekte in der sensorischen Rückkoppelung, anomale Lateralisierung.
Organische Faktoren können zumindest eine Teilursache sein, allerdings sprechen Inkonsistenz und Situationsabhängigkeit gegen eine rein organische Entstehung.
- Sprachliche Faktoren
Poltern kann Ausgangspunkt einer Entwicklung zum Stottern sein, ebenso eine verzögerte Sprachentwicklung. In beiden Fällen stellt Stottern aber eine psychogene Auflagerung bzw. eine funktionell-reaktive Störung dar.
[...]
- Arbeit zitieren
- Mag. Susanne Biermair (Autor:in), 2006, Das stotternde Kind in der Klasse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67031
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.