Während die europäischen Außenbeziehungen zu den Mittelmeer-Drittländern (MDL) bis Mitte der 90er Jahre stets im Schatten der oft historisch gewachsenen und vorwiegend ökonomisch motivierten bilateralen Beziehungen einiger Mitgliedsstaaten standen, änderte sich dies mit Begründung der Euro-Mediterranen Partnerschaft (EMP) 1995 in Barcelona schlagartig. Eine Neugestaltung der EU-Mittelmeerpolitik war aufgrund der als bedrohlich wahrgenommenen Destabilisierung des südlichen Mittelmeerraums, die sich u.a. in der Ausbreitung militant-islamistischer Bewegungen, sowie der Zunahme von Drogenhandel, organisierter Kriminalität und internationalem Terrorismus offenbarte, nach dem Ende des Ost-West-Konflikts notwendig geworden (Jünemann 2000:65). Die EMP bot hierzu einen Lösungsansatz, der statt auf Konfrontation auf partnerschaftliche Kooperation setzte. In ihr wurden drei eng miteinander verwobene Körbe verankert, eine Politische und Sicherheitspartnerschaft (Korb 1), eine Wirtschafts- und Finanzpartnerschaft (Korb 2), die im wesentlichen die Errichtung einer Freihandelszone bis 2010 vorsah und eine Partnerschaft im sozialen, kulturellen und menschlichen Bereich (Korb 3) (Philippart 2003:201). Als normative Ziele aller drei Körbe galten die Demokratisierung und Stabilisierung der gesamten Region.
Den substanziellen Kern der EMP bilden die pluri-bilateralen Euro-Med-Assoziationsabkommen, die zwischen der europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten auf der einen und jeweils einem MDL auf der anderen Seite abgeschlossen werden und die zusammengenommen bis 2010 besagte euro-mediterrane Freihandelszone begründen sollen. Finanziert wird die EMP über das MEDA-Programm, dessen Budget unter den MDL aufgeteilt wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei die politische Konditionalisierung, die in Form einer Suspensionsklausel in den Assoziationsabkommen enthalten ist und die Summe der jedem MDL zugeteilten MEDA-Mittel unter anderem von den Fortschritten im politischen Reformprozess abhängig machen kann. Bei groben Verstößen gegen die demokratischen Spielregeln oder bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen kann die Union auf diese Weise die MEDA-Mittel für den betreffenden Staat verringern oder sogar komplett aussetzen (Jünemann 2001:43).
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Implementierungshürden von Seiten der EU
2.1 Divergierende Interessen der EU-Akteure
2.2 Institutionelle und verfahrensmäßige Probleme
3 Externe Faktor: Der Konfliktherd „Naher Osten“
3.1 Die Nahostpolitik der EU
3.1.1 Die EU und die Palästinensische Autonomiebehörde (PA)
3.2 Die EMP und der Nahostkonflikt
4 Die Implementierung und Wirkung der EMP im „Musterland“ Marokko
4.1 Die politische Entwicklung
4.1.1 Regionale Konflikte
4.1.2 Defizit: Marokko = parlamentarische Demokratie?
4.2 Die wirtschaftliche Entwicklung
4.2.1 Defizit: Wirtschaftliche Liberalisierung = Bekämpfung der Armut?
4.3 Die sozio-kulturelle Entwicklung
4.3.1 Defizit: Marokko = ein sozio-kulturelles Pulverfass?
5 Résumé
6 Bibliographie
1 Einleitung
Während[1] die europäischen Außenbeziehungen zu den Mittelmeer-Drittländern (MDL) bis Mitte der 90er Jahre stets im Schatten der oft historisch gewachsenen und vorwiegend ökonomisch motivierten bilateralen Beziehungen einiger Mitgliedsstaaten standen, änderte sich dies mit Begründung der Euro-Mediterranen Partnerschaft (EMP) 1995 in Barcelona schlagartig. Eine Neugestaltung der EU-Mittelmeerpolitik war aufgrund der als bedrohlich wahrgenommenen Destabilisierung des südlichen Mittelmeerraums, die sich u.a. in der Ausbreitung militant-islamistischer Bewegungen, sowie der Zunahme von Drogenhandel, organisierter Kriminalität und internationalem Terrorismus offenbarte, nach dem Ende des Ost-West-Konflikts notwendig geworden (Jünemann 2000:65). Die EMP bot hierzu einen Lösungsansatz, der statt auf Konfrontation auf partnerschaftliche Kooperation setzte. In ihr wurden drei eng miteinander verwobene Körbe verankert, eine Politische und Sicherheitspartnerschaft (Korb 1), eine Wirtschafts- und Finanzpartnerschaft (Korb 2), die im wesentlichen die Errichtung einer Freihandelszone bis 2010 vorsah und eine Partnerschaft im sozialen, kulturellen und menschlichen Bereich (Korb 3) (Philippart 2003:201). Als normative Ziele aller drei Körbe galten die Demokratisierung und Stabilisierung der gesamten Region.
Den substanziellen Kern der EMP bilden die pluri-bilateralen Euro-Med-Assoziationsabkommen, die zwischen der europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten auf der einen und jeweils einem MDL auf der anderen Seite abgeschlossen werden und die zusammengenommen bis 2010 besagte euro-mediterrane Freihandelszone begründen sollen. Finanziert wird die EMP über das MEDA-Programm, dessen Budget unter den MDL aufgeteilt wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei die politische Konditionalisierung, die in Form einer Suspensionsklausel in den Assoziationsabkommen enthalten ist und die Summe der jedem MDL zugeteilten MEDA-Mittel unter anderem von den Fortschritten im politischen Reformprozess abhängig machen kann. Bei groben Verstößen gegen die demokratischen Spielregeln oder bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen kann die Union auf diese Weise die MEDA-Mittel für den betreffenden Staat verringern oder sogar komplett aussetzen (Jünemann 2001:43).
Der qualitative Fortschritt der EMP gegenüber der vormaligen europäischen Mittelmeerpolitik besteht also zum einen in dem Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten, mit dem ein normativer Bezugspunkt für all diejenigen verankert wurde, die sich für die Umsetzung dieser Prinzipien einsetzen. Des Weiteren findet sich ein vom machtpolitischen Ungleichgewicht unabhängiger fairer Interessenausgleich zwischen Nord und Süd im Sinne des „Partnerschaftsgeists“. Zudem ist die Komplexität des Ansatzes ein Fortschritt, der den Interdependenzen zwischen ökonomischen und politischen Stabilitätsproblemen in der Region Rechnung trägt (Verzahnung der drei Körbe). Diese letzte Zielsetzung hat einen entwicklungstheoretischen Hintergrund, demzufolge nachhaltige Entwicklung nur möglich ist, wenn wirtschaftliche und politische Reformen einander ergänzen (Entelis 1995:47).
Die Konzeption und die Einführung der EMP können somit als gelungenes Beispiel europäischer Politikgestaltung bezeichnet werden und werden als solche auch auf beiden Seiten des Mittelmeers positiv gewürdigt. Die Implementierung der EMP verläuft jedoch deutlich weniger erfolgreich, weswegen immer noch eine gewaltige Diskrepanz zwischen dem in der Tat enormen Potential und den politischen Ambitionen der EU auf der einen Seite und der tatsächlichen Rolle der EU im Mittelmeerraum konstatiert werden kann (Monar 1999:65). Die Implementierung hat gezeigt, dass einige Erwartungen an die EMP von vorn herein unrealistisch waren, doch auch realistische Erwartungshaltungen wurden bisher enttäuscht. Für dieses breit gefächerte Scheitern der Umsetzung der EMP gibt es mehrere Gründe, die im Folgenden in dieser Arbeit genauer analysiert werden sollen. Ausgehend von EU-internen Implementierungshürden (2.), die sich aus den divergierenden Interessen der einzelnen EU-Akteure und den institutionellen und verfahrensmäßigen Problemen, bedingt durch die Komplexität der auswärtigen Politikgestaltung im EU-Mehrebenensystem, ergeben, werden wir einen Blick auf den Einfluss des Nahostkonflikts hinsichtlich der EMP-Implementierung werfen (3.), bevor wir schließlich am Beispiel Marokko MDL-bedingte Implementierungshürden und Wirkung der EMP (4.) aufzeigen wollen. Wir wählen hierfür bewusst, das bzgl. der Implementierung recht weit entwickelte Marokko, um anhand der selbst für dieses Land noch bestehenden Mängel aufzuzeigen, wie groß die Hürden in anderen MDL noch sein mögen. Den Abschluss bildet ein kurzes Fazit (5.), in dem ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen ein Ausblick gegeben werden soll.
2 Implementierungshürden von Seiten der EU
2.1 Divergierende Interessen der EU-Akteure
Trotz des partnerschaftlichen Konzepts der EMP fällt auf, dass die euro-mediterranen Beziehungen nach wie vor von den nationalen Interessen insbesondere der südlichen EU-Mitgliedsstaaten dominiert werden. Historische und kulturelle Bindungen, z. B. aus der Kolonialzeit spielen dabei ebenso eine Rolle wie profane Interessenkonflikte, beispielsweise, wenn es um die Konkurrenz typischer Mittelmeerprodukte auf dem europäischen Markt geht (Jünemann 1999:32). Doch auch die weiteren Akteure im europäischen System setzen eigene Interessenschwerpunkte. Unterschiedliche Akteure in der EU verfolgen unterschiedliche Partikularinteressen und verlieren damit das Gesamtkonzept der EMP zunehmend aus den Augen. Köhler (1998, zitiert nach Jünemann 2000:78) fasst dieses Auseinanderdriften der Interessen treffend zusammen:
„Die verschiedenen Akteure innerhalb der EU setzen je nach Funktion im Gemeinschaftsrahmen partielle Akzente. Für die Kommission misst sich der Erfolg an den Fortschritten in den vertraglichen Beziehungen mit den Partnerstaaten zur Errichtung der Freihandelszone. Für den Rat stehen stabilitätspolitische Kriterien im Vordergrund. Die EU-Mitgliedsstaaten erwarten je nach geographischer Nähe zur Region Fortschritte in der Öffnung von Märkten und Stabilisierung der ökonomischen Entwicklung. Für das europäische Parlament ist die Förderung von Demokratie und Menschenrechten in den Partnerstaaten ein zentrales Kriterium für den Erfolg der EMP. Allen Akteuren gemeinsam scheint die Tendenz einer funktionalen Reduktion auf Teilaspekte der EMP.“
Die Akteure vernachlässigen also das Gesamtkonzept der EMP zu Gunsten ihrer Partikularinteressen. Dies lässt sich z. B. an der Nutzung der politischen Konditionalisierung illustrieren. Tatsächlich ist diese, wenn man die einmalige Blockade der Finanzmittel für die Türkei durch das Europäische Parlament (EP) ausnimmt, noch nie zur Anwendung gekommen, obwohl sich die Menschenrechtssituation in den MDL kaum geändert hat. Ein Grund dafür ist, dass es die meisten Akteure der EU, mit Ausnahme des EPs, mit dem postulierten Willen zur Stärkung der Demokratie und Menschenrechte nicht so ernst nehmen, weil Demokratisierung und damit verbundene Transformationsprozesse auch immer eine starke Destabilisierung der MDL bedeuten können, sie also Stabilität Demokratie vorziehen. Das eigentliche Kriterium für den Zugang zu europäischer Wirtschafts- und Finanzhilfe ist daher eher in der bilateralen Sonderbeziehung zu einem EU-Staat, z. B. aufgrund historischer Bindungen (Frankreich-Algerien) zu suchen.
Noch bedenklicher erscheint die Dominanz, mit der die unterschiedlichen Akteure der EU ihre Partikularinteressen, dem Partnerschaftsgeist zum Trotz in der Regel zu Lasten der MDL, durchsetzen. Diesen Vorwurf machen die MDL der EU nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzpartnerschaft, die vor allem unter dem EU-Agrarprotektionismus leidet, sondern auch in der Politischen und Sicherheitspartnerschaft, in der sich die arabischen MDL immer wieder in die Rolle des potentiellen Feindes gedrängt fühlen (z. B. Bildung der schnellen Eingreiftruppen EUROFOR und EUROMARFOR für Einsätze in der Mittelmeerregion ohne Beteiligung der MDL). In der Tat darf der partnerschaftliche Ansatz nicht darüber hinwegtäuschen, dass der EMP die europäische Wahrnehmung des südlichen Mittelmeerraums als Krisenregion zugrunde liegt (Jünemann 2001:48). Dieses Spannungsverhältnis von Partnerschaft und Dominanz offenbarte sich jedoch bereits bei der Konzeption der EMP. In einem langwierigen Verhandlungsprozess, in dem zunächst die konträren Interessen der Mitgliedsstaaten ausbalanciert werden mussten, wurde ein komplexes Paket geschnürt, das dann den MDL vorgelegt wurde. Diese hatten jedoch aufgrund des mühsam ausbalancierten Kompromisses praktisch nur die Wahl das Angebot anzunehmen oder abzulehnen, ohne die Möglichkeit eigene Standpunkte einzubringen. Die EMP ist also entgegen aller Behauptungen keine Partnerschaft unter Gleichen, sondern reflektiert die Asymmetrie bzgl. Abhängigkeit und Machtverteilung zwischen den Parteien. Den MDL-Partnern bleibt nur wenig Raum zum Manövrieren (Philippart 2003:208).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die EU den MDL gegenüber zunehmend als inkohärenter und widersprüchlicher Akteur auftritt. Damit untergräbt sie den Partnerschaftsgeist, der die EMP qualitativ von der traditionellen europäischen Mittelmeerpolitik unterscheidet (Jünemann 2000:68).
2.2 Institutionelle und verfahrensmäßige Probleme
Die hier nun zu analysierenden institutionellen und verfahrensmäßigen Probleme bei der auswärtigen Politikgestaltung im EU-Mehrebenensystem sind sehr eng mit den zuvor behandelten divergierenden Interessen der unterschiedlichen EU-Akteure verknüpft. In der Tat sind die aus der Komplexität des EU-Mehrebenensystems resultierenden institutionellen und verfahrensmäßigen Probleme immer dann besonders stark bemerkbar, wenn vitale Interessen der EU und/oder der Mitgliedsstaaten berührt werden, weil in dieser Situation der interne Kampf um Prioritäten und die Verteidigung spezifischer Interessen besonders intensiv wird. Die Mittelmeerpolitik berührt eindeutig derartige, vitale Interessen der Union und ihrer Mitgliedsstaaten und zwar zugleich in sicherheitspolitischer, wirtschaftlicher, finanzieller und (z.B. bzgl. der Einwanderungsproblematik) sogar sozialer Hinsicht, so dass Probleme des EU-Systems in der Mittelmeerpolitik oft verschärft hervortreten (Monar 1999:77).
Um ein besseres Verständnis für die resultierenden institutionellen Probleme zu erhalten, sollen nun zunächst die Besonderheiten der auswärtigen Politikgestaltung im Rahmen des EU-Mehrebenen-Systems näher beleuchtet werden. Zu beachten ist, dass aufgrund einer komplexen Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten und den Gemeinschaftsorganen die Außenbeziehungen der Union weder vollständig von den Mitgliedsstaaten noch von der Union, sondern in Form eines Dualismus gestaltet werden. Während die „wirtschaftlichen“ Außenbeziehungen in den Kompetenzbereich der Kommission und des Rates im Rahmen des supranationalen EG-Gefüges fallen, verbleiben alle „außenpolitischen“ und „sicherheitspolitischen“ Angelegenheiten im inter-gouvernementalen Rahmen der GASP. Das bedeutet im Rahmen des Unionsgefüges die Interaktion und Koexistenz zweier hinsichtlich ihrer Rechtsgrundlagen, Entscheidungs-mechanismen und ihrer institutionellen Organisation sehr unterschiedlicher Subsysteme im Bereich der Außenbeziehungen (Monar 1999:68f). Während die Mitgliedsstaaten im Rahmen der GASP immer noch über große Freiräume für separate nationale Aktionen, ein unbegrenztes Initiativrecht und aufgrund der erforderlichen Einstimmigkeit der Entscheidungen über ein Vetorecht verfügen, können sie im Rahmen der Gemeinschaft (EG) nur auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission entscheiden, die im Regelfall auch für die Durchführung verantwortlich ist. In diesem Fall müssen sich die Mitgliedsstaaten oft mit Mehrheitsentscheidungen abfinden und haben ihre nationalen Handlungsmöglichkeiten weitgehend verloren. Häufig lassen sich die beiden Bereiche nicht einwandfrei trennen, so dass es zu einer Interaktion von GASP und EG kommt (z. B. Wirtschaftssanktionen gegen ein Land), wobei es gerade hier im Falle unterschiedlicher Positionen der im Rahmen der GASP kooperierenden Mitgliedsstaaten einerseits und der Kommission andererseits zu erheblichen Spannungen kommen kann (Monar 1999:71f). Dieser Dualismus in der auswärtigen Politikgestaltung bedingt nun zahlreiche institutionelle und verfahrensmäßige Probleme, die nun im Folgenden näher erläutert werden sollen.
Aufgrund der vorherrschenden Kompetenzteilung wird die Union in allen internationalen Verhandlungen über durch den EG-Vertrag abgedeckte Materien durch die Kommission, im Rahmen der GASP jedoch durch den die Präsidentschaft innehabenden Staat vertreten. Je nach Sachgebiet haben es die Mittelmeerpartner also mit wechselnden institutionellen Akteuren auf EU-Seite zu tun, worunter nicht nur die Kontinuität der Repräsentanz (insbesondere durch die halbjährlich wechselnde Präsidentschaft) leidet, sondern auch ein erhöhter EU-interner Koordinationsaufwand entsteht, der zu gelegentlichen Kohärenzproblemen führt (Monar 1999:84).
Wie weiter oben bereits angedeutet unterscheiden sich die ablaufenden Entscheidungsprozesse und der Verlauf der Durchführung je nachdem in welchem Rahmen, EG oder GASP, die Entscheidung stattfindet. Im Rahmen der EG kommt die so genannte „Gemeinschaftsmethode“ zur Anwendung, d.h. die Kommission verfügt nicht nur über ein Vorschlags-, sondern auch über ein Verhandlungsmonopol. Die Verhandlungsführung der Kommission wird jedoch von den Mitgliedsstaaten über den Rat einer engen Kontrolle unterworfen, die ihr nur geringen Spielraum lässt. Die Kommission erhält vom Rat ein Verhandlungsmandat, muss aber über Fortschritte und Probleme der Verhandlungen ständig berichten. Abgeschlossen werden die Abkommen durch den Rat auf Vorschlag der Kommission. Die gewählte Rechtsgrundlage entscheidet dann sowohl über die erforderliche Mehrheit im Rat (qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit) als auch über den Grad der Beteiligung des EPs. Daher kann es kaum überraschen, dass es zwischen den EU-Organen häufiger zu Kontroversen über die zu wählende Rechtsgrundlage kommt (Monar 1999:73). Besonders kritisch ist jedoch die Rolle der Kommission in den Verhandlungen, da sie in der Praxis nicht nur mit den Drittstaaten, sondern auch fortwährend mit den Mitgliedsstaaten verhandeln muss, um sich den notwendigen Rückhalt für die Verhandlungsführung zu sichern. Bereits geringe Abweichungen vom Verhandlungsmandat des Rates können zu erheblichen Konflikten bis zur Aberkennung ihrer Verhandlungsposition führen. So kritisierte z. B. eine Gruppe von Mitgliedsstaaten die Kommission, weil sie bei der Aushandlung des Assoziationsabkommens mit Jordanien ihre Kompetenz überschritten hatte und ihm zu weit entgegen gekommen war. Daraufhin wurde eine bereits paraphierte Klausel zurückgenommen und die Verhandlungen mit Jordanien neu aufgerollt. Die Mitgliedsstaaten schrecken also bei der Wahrung ihrer nationalen Interessen nicht davor zurück, die Kommission in ihre Grenzen zu weisen. Für die Mittelmeerpartner bedeutet das, dass sie bei Verhandlungen mit der Kommission immer berücksichtigen müssen, dass diese für 15, jetzt 25, Mitgliedsstaaten mitverhandelt. Daraus resultierende andauernde Nachverhandlungen der Kommission mit dem Rat, die enorme Verzögerungen mit sich bringen und unliebsame Überraschungen wie in Jordanien, die von wenig kohärentem Verhalten zeugen, lassen in den MDL langsam Zweifel an dem politischen Willen der EU aufkommen die EMP wirklich zu implementieren (Jünemann 2000:77f).
Trotz der komplexen und nicht immer kohärenten Interaktion zwischen Kommission und Mitgliedsstaaten und trotz der Streitigkeiten um die Rechtsgrundlage der Abkommen, ist der Entscheidungsprozess im Rahmen der EG noch wesentlich effizienter als im Rahmen der GASP, wo Einstimmigkeit und die fehlende kontinuierliche Initiativinstanz zu langen Verzögerungen und Minimalkonsensentscheidungen führen (Monar 1999:74).
Weiterhin zu erwähnen ist die besondere finanzielle Seite der EU-Außenbeziehungen. Auswärtige Maßnahmen der Gemeinschaft können im Rahmen der betreffenden Haushaltslinien aus dem EG-Haushalt finanziert werden. Die GASP verfügt jedoch über keinen eigenen Haushalt, so dass Gemeinsame Aktionen auf Beschluss des Rates entweder durch nationale Beiträge oder aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert werden können. Bisher hatten die Mitgliedsstaaten jedoch große Probleme entsprechende Maßnahmen aus ihren eigenen Budgets zu zahlen, zumal dies langwierige Verhandlungen zur Folge hat, welche kein günstiges Licht auf die Union bei Drittstaaten werfen. Der Zugriff auf den Gemeinschaftshaushalt erfordert jedoch eine Involvierung des EPs, dass auf diese Weise sein Veto im Zusammenhang mit dem Haushalt politisch zur Geltung bringen kann, obwohl eine Maßnahme bereits kurz vor dem Vollzug steht. So hat das EP beispielsweise für eine finanzielle Zusammenarbeit mit der Türkei zur Verfügung stehende Mittel gegen den Willen von Kommission und Mitgliedsstaaten mit dem Verweis auf Menschenrechtsverletzungen eingefroren und somit seine außenpolitische Position durch eine „finanzielle Intervention“ deutlich gemacht. Am Beispiel der finanziellen Zusammenarbeit mit der Türkei kann zudem gezeigt werden, wie die Union bei der Umsetzung finanzieller Maßnahmen in der Mittelmeerpolitik zur Geisel der Interessen eines einzigen Mitgliedsstaats (in diesem Fall Griechenland) werden kann, der erfolgreich sein Veto einlegt. Solche Vorgehensweisen sind zwar durchaus legitim und plausibel, erscheinen aber für das betroffene MDL nur schwer akzeptabel (Monar 1999:89f).
Abgesehen von diesen direkt aus den komplexen Kompetenzverschränkungen resultierenden institutionellen und verfahrensmäßigen Problemen, gibt es nun noch eine Reihe von weiteren Problemen bei der Implementierung der Mittelmeer-Politik, die sich aus den Besonderheiten des dualen Systems ableiten lassen.
[...]
- Citar trabajo
- Christian Klaas (Autor), Julia Ebling (Autor), 2004, Die Euro-Mediterrane Partnerschaft - gute Konzeption, schlechte Implementierung? , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66752
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