Das Interesse vieler Unternehmen an Unternehmensleitbildern, die vornehmlich die Maximierung der Eigentümerrendite und des Unternehmenswertes in den Fokus des Handelns stellen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Dieses Interesse entsteht aus verschiedenen Entwicklungen, wie durch drohende Übernahmen durch Finanzinvestoren unterbewerteter Unternehmen, zunehmende Bekenntnis führender Unternehmensleitern zu unternehmenswertbasiertem Management, die voranschreitende Erkenntnis, dass buchwertbezogene Kennzahlen unzureichende Auskunft über den Zuwachs des Kurswertes von Aktien geben, Berichte über Eigentümerrenditen in der Wirtschaftspresse wie z.B. Fortune’s Jahresübersicht und die zunehmende Einsicht, dass Entlohnungssysteme für Führungskräfte enger mit der Eigentümerrendite verknüpft werden sollten.1 Aus dieser Fokussierung auf die Ziele der Aktionäre (Shareholder) entsteht ein Konflikt zu sonstigen Interessengruppen, die Ansprüche an das Unternehmen stellen (Stakeholder). Es wird kritisiert, dass die Orientierung an den Shareholdern zu einseitig sei.2 Schon der Begriff an sich ist in der Öffentlichkeit stark umstritten und ruft teilweise klassenkämpferische Reaktionen hervor.3
Die Diskussion um wertorientierte Ansätze wird noch dadurch verstärkt, dass ein Vielzahl verschiedener Methoden zur Ermittlung des Unternehmenswertes zur Verfügung stehen.
Sowohl kapitalmarktorientierte Wertsteigerungsansätze, als auch traditionelle Verfahren der Unternehmensbewertungslehre existieren parallel. Bei vielen Konzepten, die sich dieses Ziel setzen, ist jedoch unklar wie dies zu bewerkstelligen sei.4
[...]
1 vgl. Rappaport (1995), S. 3
2 vgl. Pape (1997), S. 1
3 vgl. Obermaier (2003), S. 1
4 vgl. Pape (1997), S. 1
I. Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einführung in die wertorientierte Unternehmensführung
2.1 Problematik der betrieblichen Erfolgsmessung über Gewinngrößen
2.2 Der Shareholder Value
2.2.1 Begriffsklärung
2.2.2 Historische Entwicklung
2.3 Konflikte zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen
3. Ermittlung des Shareholder- value
3.1 Ansprüche an ein entscheidungsorientiertes Bewertungsverfahren
3.2 Traditionelle Verfahren der Unternehmensbewertungslehre
3.2.1 Generelle Wertbegriffe
3.2.2 Die substanzorientierten Verfahren
3.2.3 Die ertragswertorientierten Verfahren
3.3 Cashflow-basierte Verfahren zur Ermittlung des Shareholder Value
3.3.1 Cash-flow Return on Investment
3.3.2 Discounted-Cashflow-Methode
3.3.3 Shareholder-Value nach Rappaport
4. Aufgaben der wertorientierten Unternehmensführung
5. Schlussbetrachtung
II. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Interesse vieler Unternehmen an Unternehmensleitbildern, die vornehmlich die
Maximierung der Eigentümerrendite und des Unternehmenswertes in den Fokus des Handelns stellen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Dieses Interesse entsteht aus verschiedenen Entwicklungen, wie durch drohende Übernahmen durch Finanzinvestoren unterbewerteter Unternehmen, zunehmende Bekenntnis führender Unternehmensleitern zu unternehmenswertbasiertem Management, die voranschreitende Erkenntnis, dass buchwertbezogene Kennzahlen unzureichende Auskunft über den Zuwachs des Kurswertes von Aktien geben, Berichte über Eigentümerrenditen in der Wirtschaftspresse wie z.B. Fortune’s Jahresübersicht und die zunehmende Einsicht, dass Entlohnungssysteme für Führungskräfte enger mit der Eigentümerrendite verknüpft werden sollten.[1] Aus dieser Fokussierung auf die Ziele der Aktionäre (Shareholder) entsteht ein Konflikt zu sonstigen Interessengruppen, die Ansprüche an das Unternehmen stellen (Stakeholder). Es wird kritisiert, dass die Orientierung an den Shareholdern zu einseitig sei.[2] Schon der Begriff an sich ist in der Öffentlichkeit stark umstritten und ruft teilweise klassenkämpferische Reaktionen hervor.[3]
Die Diskussion um wertorientierte Ansätze wird noch dadurch verstärkt, dass ein Vielzahl verschiedener Methoden zur Ermittlung des Unternehmenswertes zur Verfügung stehen.
Sowohl kapitalmarktorientierte Wertsteigerungsansätze, als auch traditionelle Verfahren der Unternehmensbewertungslehre existieren parallel. Bei vielen Konzepten, die sich dieses Ziel setzen, ist jedoch unklar wie dies zu bewerkstelligen sei.[4]
Das Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, eine Lösung des Konflikts der Anspruchsgruppen herauszuarbeiten und anschließend einen Überblick über zwei gängige Verfahren zu geben. Das Verfahren von Rappaport, welches auf dem Discounted-Cashflow-Prinzip basiert, wird hierbei besonders beleuchtet. Es sollen auch konkrete Aufgaben einer wertorientierten Unternehmensführung genannt werden. Abschließend folgt eine kritische Gesamtbetrachtung.
2. Einführung in die wertorientierte Unternehmensführung
2.1 Problematik der betrieblichen Erfolgsmessung über Gewinngrößen
Das Ziel unternehmerischer Aktivitäten war lange Zeit nach verbreiteter Auffassung die Gewinnmaximierung. Die Kennziffer „Gewinn pro Aktie“ oder auch das „Kurs/Gewinn-Verhältnis“ bestimmen maßgeblich Kaufempfehlungen bzw. –entscheidungen. Mit der Veröffentlichung von gewinnbasierten Jahres- bzw. Vierteljahresergebnissen wird der Marktwert eines Unternehmens spürbar beeinflusst. Daher erscheint es manchem sinnvoll, die Wertzuwächse die einzelne strategische Geschäftseinheiten und Sparten erwirtschaften über Gewinne zu bestimmen.[5]
Empirische Untersuchungen jedoch ergaben, dass nur ein schwacher Zusammenhang zwischen dem Gewinn eines Unternehmens und dessen Marktkapitalisierung besteht.[6]
Im Folgenden sollen nun Gründe dafür erörtert werden, weshalb Unternehmensgewinne als Instrument der Erfolgsmessung ungeeignet sind.
Diesbezüglich nennt Rappaport in seinem Buch folgende Punkte:
- Ausschluss des Risikos
- Verwendung alternativer Bewertungsverfahren des Rechnungswesens
- Ausschließen von Investitionserfordernissen
- Vernachlässigung der Dividendenpolitik
- Vernachlässigung des Zeitwert des Geldes („Zeitpräferenz“)[7]
Bei der Ermittlung von Erfolgsgrößen durch die Betriebsbuchhaltung werden Risikoerwägungen potentieller Investoren nicht berücksichtigt. Es bestehen für den Investor ein Geschäftsrisiko und ein Finanzrisiko (im Fall, dass eine Strategie teilweise über Fremdkapital finanziert wird). Das Geschäftsrisiko besteht darin, dass zukünftig zu erwartete Erfolge mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten behaftet sind. Das Risiko, die genaue Höhe des Gewinnes nicht zu kennen, lassen sich Investoren mit einem Risikozuschlag bezahlen bzw. sie erwarten die Bezahlung.
Wenn jetzt aber in ein riskantes Geschäft investiert wird, kann dies kurzfristig das Ergebnis positiv beeinflussen, aber trotzdem langfristig sehr riskant sein und eventuell negative Ergebnisse in der Zukunft nach sich ziehen. Das betriebliche Rechnungswesen lässt aber solche Risikoerwägungen außen vor.[8]
Ein weiterer Schwachpunkt der Erfolgsmessung über Gewinne liegt darin begründet, dass viele alternative mögliche Vorgehensweisen zur Ermittlung des Gewinnes existieren. Es kann über Bilanzpolitik das Ergebnis beeinflusst werden. Eine genauere Betrachtung der Motivation einzelner Gruppen, den Gewinn zu manipulieren folgt an späterer Stelle. Denkbare Variationsmöglichkeiten der Bilanzpolitik sind z.B. die unterschiedlichen Verbrauchsverfahren (FIFO, LIFO….) oder die unterschiedlichen Abschreibungsmöglichkeiten (linear, degressiv, usw.). Obwohl die Alternativen alle zulässig und gleichermaßen verbreitet sind, gibt es keine objektiven Kriterien, anhand derer Unternehmen ihre Bilanzpolitik festmachen bzw. an denen ein Investor erkennen kann, welche Verfahren das betrachtete Unternehmen benutzt.
Auch über die Tätigung von unterjähigen Investitionen sagt der Gewinn nichts aus, obwohl die dafür notwendigen Mittel abfließen und die zur Verfügung stehenden Mittel mindern. Genauso werden die Abschreibungen, die in der Periode erfolgten als Aufwand verbucht, obwohl kein Kapital abfließt.
Des Weiteren wird als Kritikpunkt die Vernachlässigung der Dividendenpolitik genannt. Denn wenn zum Zwecke der Gewinnmaximierung die Ausschüttung der Dividenden auf ein Minimum reduziert oder gestrichen wird, erhalten die Investoren keine genügend hohe Rendite auf ihr eingesetztes Kapital. Die Folge dessen ist der Rückgang des Unternehmenswertes auf dem Kapitalmarkt.
Abschließen lässt sich noch kritisieren, dass der Gewinn den Zeitwert des Geldes unberücksichtigt lässt. Es wird übersehen, dass aus Risikoerwägungen und Opportunitätskostengründen Geld, das dem Investor erst in zukünftigen Perioden zufließt, weniger wert ist, als Geld, das er sofort im momentanen Zeitpunkt besitzt.[9]
2.2 Der Shareholder Value
2.2.1 Begriffsklärung
Wie schon im vorherigen Abschnitt dargelegt wurde, eignen sich der Gewinn und die daraus resultierenden Kennzahlen, auf denen der ROI basiert zur Erfolgsmessung eines Unternehmens und der entsprechenden Beurteilung geplanter Strategien nicht. Deshalb wurden andere Methoden gefunden, mit denen dies möglich ist.
Hierzu zählt der Shareholder Value-Ansatz. Der Shareholder Value ist grundsätzlich definiert als Differenz zwischen Unternehmenswert und Fremdkapital.[10]
Es lässt sich also sagen:
Unternehmenswert = Fremdkapital + Shareholder Value
Diese Definition anders interpretiert bedeutet, dass der Shareholder Value der Wert des Eigenkapitals am Kapitalmarkt ist.
Geschäftsstrategien sollten nach Maßgabe der ökonomischen Renditen beurteilt werden, die sie für die Anteilseigner schaffen und die im Falle einer börsengehandelten Kapitalgesellschaft mittels Dividendenzahlungen und Kurswertsteigerungen der Aktien gemessen werden.
Im „Shareholder Value-Ansatz“ von Rappaport bestimmt sich der ökonomische Wert einer Investition (z.B. Aktien eines Unternehmens, Strategien, Zusammenschlüsse und Akquisitionen, Investitionen) dadurch, dass die zukünftig erwarteten (prognostizierten) Cashflows mittels eines Kapitalkostensatzes diskontiert werden. Diese Cashflows wiederum liegen der Eigentümerrendite aus Dividenden und Kurswertsteigerung zugrunde.[11]
2.2.2 Historische Entwicklung
Die konzeptionelle Grundlage für die Zielsetzung Marktwertmaximierung und das daraus ableitbare Marktwertprinzip wurde bereits im Jahre 1930 für den Fall sicherer Erwartungen von I. Fisher geschaffen und durch Modigliani / Miller 1958 durch das Kapitalkostenkonzept auf den Fall unsicherer Erwartungen erweitert.[12]
Diese Unternehmensbewertungen waren bis Anfang der 80er Jahre hauptsächlich situationsbezogen, wie z.B. beim Kauf oder Verkauf eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils. Vor allem in den USA nahm das Interesse am Unternehmenswert seit Anfang der 80er Jahre bedingt durch spektakuläre, häufig unfreundliche Übernahmen börsennotierter Unternehmen sprunghaft zu. Aufkäufer hatten erkannt, dass der Wert, den sie für ein Unternehmen errechnet hatten, deutlich über dem Marktwert der Aktien lag und realisierten so immense Wertschöpfungspotentiale. Deshalb war es nahe liegend, dass auch die Eigentümer nun den „wahren“ Wert ihres Unternehmens kennen wollten, um so feindliche Übernahmen zu verhindern.[13]
Weitere Gründe für das zunehmende Interesse von Unternehmen an Wertorientierung sind auch die voranschreitende Globalisierung der Märkte, insbesondere der Finanz- und Kapitalmärkte, die neue Informations- und Kommunikationstechnologie, sowie die wachsende Bedeutung privater und institutioneller Investoren.[14]
In den 90er Jahren wurde der Wertsatz häufig benutzt, um zahlreiche Fusionen, Restrukturierungen und Börsengänge zu rechtfertigen. Da sich nach „dem Platzen der New-Economy-Blase“ viele dieser Vorhaben als nachteilig herausstellten, ist der Begriff zum Reizwort geworden. In jüngster Vergangenheit hat sich jedoch in einer Befragung der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung, die sich an Topmanager ausgewählter Dax-Unternehmen, Fondsmanager, Analysten großer Kapitalanlagegesellschaften, Professoren und Berater richtete, ergeben, dass die wertorientierte Unternehmensführung auch in Zukunft ihre Berechtigung und Erfordernis behalten wird.
2.3 Konflikte zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen
Ein Hauptpunkt der Kritik am Shareholder Value Ansatz ist, dass dieser eine einseitige Zielsetzung zugunsten der Unternehmenseigentümer fordert. Die Kritiker fordern, dass dieses System der Shareholder Value- Management ohnehin durch ein pluralistisches Zielsystem, das so genannte Stakeholder-Konzept ersetzt werden müsste. Die Anspruchsgruppe der Stakeholder umfasst Lieferanten, Führungskräfte und Mitarbeiter, Fremdkapitalgeber, Kunden, Staat, NGO’s und eventuell weitere gesellschaftliche Gruppen. Die Anspruchsgruppe der Shareholder besteht lediglich aus den Unternehmenseigentümern. Das Ziel jeglicher unternehmerischer Tätigkeit ist es, diesen Anspruchsgruppen Nutzen zu bringen, da das Unternehmen per se keine „eigenen“ Zielsetzungen verfolgt. Die Eigenkapitalgeber verfolgen das Ziel, angemessene Renditen zu erhalten, Fremdkapitalgeber verlangen nach einer zuverlässigen Zahlung der Zinsen, Mitarbeiter wollen eine angemessene Bezahlung und Selbstbestimmung, Führungskräfte wollen hinreichende Entscheidungsspielräume und erfolgsabhängige Bezahlung, Lieferanten setzen die Zahlung eines gerechten Preises voraus, Kunden wollen Waren zu einem gerechten Preis kaufen und der Fiskus will seine Steuern. Deshalb muss bei der betrieblichen Zielfindung immer ein Kompromiss zwischen den divergierenden Zielen von Shareholdern und Stakeholdern als Unternehmensziel festgelegt werden. Es wird schnell klar, dass in dieser Kompromissfindung Konflikte zwischen den Anspruchsgruppen auftreten können.[15]
Heinen schreibt aber, dass beide Gruppen nur durch ihren Anteil am Unternehmenserfolg dazu motiviert werden können, ihren Zielerreichungsbeitrag zu leisten, der allen Beteiligten nutzt.[16] Nur wenn keine der Anspruchsgruppen vernachlässigt wird, wird das Unternehmen auf die Dauer weiterexistieren.[17] Da nun aber viele der Ansprüche der Stakeholder bereits durch Verträge oder Gesetze fixiert sind (z.B. Zahlung der Steuern an den Staat, Lieferverträge, Kündigungsschutz, Tarifverträge), muss auf diesen Bereich – jedenfalls im monetären Bereich – nicht weiter eingegangen werden.
Das Hauptaugenmerk der wertorientierten Unternehmensführung sollte daher auf den Interessen der Shareholder liegen.
[...]
[1] vgl. Rappaport (1995), S. 3
[2] vgl. Pape (1997), S. 1
[3] vgl. Obermaier (2003), S. 1
[4] vgl. Pape (1997), S. 1
[5] Vgl. Raster (1995), S. 23.
[6] Vgl. Johnson/Natarajan/Rappaport (1985), S. 54.
[7] Vgl. Rappaport (1995), S. 20
[8] Vgl. Raster (1995), S. 24
[9] Vgl. Rappaport (1994), S.20-28
[10] Vgl. Rappaport (1994), S. 123.
[11] Vgl. Raster (2003), S.1, Rappaport (1994), S. 54.
[12] Clarke (1993), S. 13.
[13] Raster (1995), S.6-7.
[14] Stührenberg / Streich / Henke (2003), S. 1.
[15] Vgl. Pape (1997), S. 18.
[16] Vgl. Heinen (1971), S. 435.
[17] Vgl. Raster (1995), S. 34.
- Arbeit zitieren
- Jan Weiß (Autor:in), 2005, Konzepte und Merkmale der wertorientierten Unternehmensführung - Shareholder Value Management, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66494
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