Blickt man in die Welt der Wissenschaft, so lassen sich auf die Frage in welcher Gesellschaft wir eigentlich leben, die unterschiedlichsten Antworten finden. Je nach Perspektive der Betrachtungen und somit Standpunkt des Betrachters 1 findet man eine Vielzahl von Attributen, die unser heutiges „menschliches Miteinander“ zu beschreiben versuchen. Ökonomen beispielsweise verstehen unsere Welt als kapitalistisch, industriell, materialistisch oder gar doch schon postindustriell oder postmaterialistisch, da wir uns den Zwängen des „schnöden Mammon“ entledigt haben (Haben wir das wirklich alle?). Die soziologische Perspektive sieht uns als freizeit-, erlebnis-oder spaßorientiert, wobei man sich diesbezüglich schon einmal fragen muss, ob denn alle in unseren modernen bis postmodernen Gesellschaften gleich viel Spaß haben. Das Schlagwort, das sich aber am hartnäckigsten in den vielen Exegesen modernen menschlichen Lebens jenseits der Jahrtausendwende hält, ist das der In-formations- oder Wissensgesellschaft. Heerscharen von Wissenden streiten sich seit geraumer Zeit, ob die Konzepte der Wissens- und Informationsgesellschaft vonein-ander abzugrenzen seien oder eher als synonym interpretiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit, auf deren Aufbau noch näher einzugehen sein wird, werden diese Begriffe sinngleich verwandt 2. Als Hauptmerkmal der Wissensgesellschaft lässt sich die große Bedeutung des Wissens für eine umfassende Lebenstüchtigkeit herauskristallisieren. Da es sich aber hierbei um ein sehr vielschichtiges Phänomen handelt, bietet sich eine Herangehensweise aus mehreren Perspektiven an. Aus technischer Sicht, ist vor allem die in den letzten Jahrzehnten stark angestiegene Leistungsfähigkeit moderner Informations- und Kommunikationstechnologie ins Feld zu führen, was logischerweise auch den Bereich der Telekommunikation und der Medien erfasst hat. Die Auswirkungen der gestiegenen Möglichkeiten auf diesem Gebiet lässt sich an Schlagworten, wie Datenautobahn oder Global Village ablesen. Genau diese Entwicklung führt in den ökonomischen Bereich: Die New Economy ist ohne die Entwicklungen im Computer-sektor kaum zu erklären. Der Glaube an einen ewig währenden Boom dieser Branche ist allerdings durch die Geschehnisse der letzten Jahre stark erschüttert worden. Aus sozialer Sicht sind mit der Wissensgesellschaft gravierende Veränderungen einhergegangen. Durch die Möglichkeit an Informationen zu gelangen, werden Machtpositionen und somit Hierarchien konstituiert. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel: Hinführung zum Thema
2. Kapitel: Einleitung und Gang der Untersuchung
3. Kapitel: ICT in Schulen allgemein
3.1 Mediendidaktische Aspekte
3.1.1 Erklärung des Medienbegriffs: Alte und Neue Medien
3.1.2 Medienpädagogik und Medienerziehung
3.1.3 Medienkompetenz als Zielvorstellung
3.2 Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz Neuer Medien
3.2.1 Technische und räumliche Voraussetzungen der Schule
3.2.2 Anforderungen an die Lehrer und die veränderte Lehrerrolle
3.2.3 Anforderungen an die Schüler und die veränderte Schülerrolle
3.3 Möglichkeiten der Computernutzung in der Grundschule
3.4 Gründe für und gegen den Einsatz Neuer Technologien
3.5 Fazit
4. Kapitel: Situation des Bildungssektors in England in Bezug auf ICT
4.1 Einführung in das englische Schulsystem
4.2 Bildungsinstanzen
4.3 Das National Curriculum für England
4.3.1 Inhalte des National Curriculum
4.3.2 Nutzung von ICT innerhalb des National Curriculum
4.3.3 Analyse des National Curriculum im Hinblick auf Aspekte der Mediendidaktik
4.4 Finanzierung von ICT in Schulen
4.5 Bestandaufnahme des Einsatzes von ICT an englischen Grundschulen
4.5.1 Begründung des ICT-Einsatzes im schulischen Bereich
5. Kapitel: Situation an der Beispielschule
5.1 Vorstellung der Christ Church C.o.E. Primary School
5.2 Voraussetzungen der Beispielschule für den ICT-Einsatz
5.2.1 Technische und räumliche Voraussetzungen der Beispielschule
5.2.2 Fragebögen und Methoden
5.3 Einsatz neuer Technologien in der Christ Church C.o.E. Primary School
5.3.1 Nutzung des PCs durch die Lehrer
5.3.2 Nutzung des PCs durch die Schüler
5.4 Fazit
6. Kapitel: Eigene Erprobung von ICT im Unterricht mit Bezug auf das National Curriculum
6.1 Allgemeine Unterrichtssituation
6.2 Unterrichtseinheiten
6.2.1 Picture Book/ Bilderbuch (Year 1)
6.2.2 That’s me/ Das bin ich (Year 2)
6.2.3 Photo Story (Year 6)
7. Kapitel: Resümee und Ausblick
Abkürzungsverzeichnis
Bibliographie
„Lesen Sie schnell,
denn nichts ist beständiger
als der Wandel im Internet!“
Anita Berres, dt. Publizistin
1. Kapitel: Hinführung zum Thema
Blickt man in die Welt der Wissenschaft, so lassen sich auf die Frage in welcher Gesellschaft wir eigentlich leben, die unterschiedlichsten Antworten finden. Je nach Perspektive der Betrachtungen und somit Standpunkt des Betrachters[1] findet man eine Vielzahl von Attributen, die unser heutiges „menschliches Miteinander“ zu beschreiben versuchen. Ökonomen beispielsweise verstehen unsere Welt als kapitalistisch, industriell, materialistisch oder gar doch schon postindustriell oder postmaterialistisch, da wir uns den Zwängen des „schnöden Mammon“ entledigt haben (Haben wir das wirklich alle?). Die soziologische Perspektive sieht uns als freizeit-, erlebnis- oder spaßorientiert, wobei man sich diesbezüglich schon einmal fragen muss, ob denn alle in unseren modernen bis postmodernen Gesellschaften gleich viel Spaß haben. Das Schlagwort, das sich aber am hartnäckigsten in den vielen Exegesen modernen menschlichen Lebens jenseits der Jahrtausendwende hält, ist das der Informations- oder Wissensgesellschaft. Heerscharen von Wissenden streiten sich seit geraumer Zeit, ob die Konzepte der Wissens- und Informationsgesellschaft voneinander abzugrenzen seien oder eher als synonym interpretiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit, auf deren Aufbau noch näher einzugehen sein wird, werden diese Begriffe sinngleich verwandt[2].
Als Hauptmerkmal der Wissensgesellschaft lässt sich die große Bedeutung des Wissens für eine umfassende Lebenstüchtigkeit herauskristallisieren. Da es sich aber hierbei um ein sehr vielschichtiges Phänomen handelt, bietet sich eine Herangehensweise aus mehreren Perspektiven an. Aus technischer Sicht, ist vor allem die in den letzten Jahrzehnten stark angestiegene Leistungsfähigkeit moderner Informations- und Kommunikationstechnologie ins Feld zu führen, was logischerweise auch den Bereich der Telekommunikation und der Medien erfasst hat. Die Auswirkungen der gestiegenen Möglichkeiten auf diesem Gebiet lässt sich an Schlagworten, wie Datenautobahn oder Global Village ablesen. Genau diese Entwicklung führt in den ökonomischen Bereich: Die New Economy ist ohne die Entwicklungen im Computersektor kaum zu erklären. Der Glaube an einen ewig währenden Boom dieser Branche ist allerdings durch die Geschehnisse der letzten Jahre stark erschüttert worden. Aus sozialer Sicht sind mit der Wissensgesellschaft gravierende Veränderungen einhergegangen. Durch die Möglichkeit an Informationen zu gelangen, werden Machtpositionen und somit Hierarchien konstituiert. Auch die Welt der Arbeit verändert sich zusehends. Man spricht von sog. Informationsarbeitern (Lehrer, Rechtsanwälte, Finanzdienstleister), die in unserer Dienstleistungsgesellschaft eine größere Bedeutung haben als die traditionellen handwerklichen oder industriellen Beschäftigungsverhältnisse (vgl. Minx et al 2003, 22-24). Würden also Arbeitnehmer mehr mit Informationen als mit herkömmlichen Produkten umgehen, dann wäre dies ein Beleg für den gesellschaftlichen Wandel.
„Ohne einen Computer bedienen zu können,
wird man in der neuen Informationsgesellschaft dastehen wie ein zufälliger Besucher.“
John Naisbitt (*1930), amerik. Prognostiker
2. Kapitel: Einleitung und Gang der Untersuchung
Nachdem nunmehr im vorherigen Kapitel auf die grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen unserer Zeit im Allgemeinen eingegangen wurde, soll an dieser Stelle die Frage im Mittelpunkt stehen, wie das Bildungssystem – im Falle dieser Arbeit das englische und nicht das gesamtbritische – darauf reagieren sollte. Dass es sich bei der Wissensgesellschaft um ein vielschichtiges Problem handelt, kann als erstes Ergebnis festgehalten werden. Ein hilfreiches Bild, das diese Komplexität verdeutlichen kann, findet sich bei Minx et al. Sie vergleichen die Herangehensweise an ein derartiges Thema mit einer Gruppe von Blinden, die gebeten wird, per Tastsinn einen Elefanten zu beschreiben. Der Blinde, der das Bein betastet, wird den Dickhäuter wohl für einen Baum halten. Derjenige, der sich an den Ohren versucht, wird an einen Fächer erinnert werden und ein Weiterer, der den Schwanz befühlt, wird zwangsläufig an ein Seil denken (vgl. Minx et al 2003, 20).
Das Bildungssystem, mit seiner Aufgabe „lebenstaugliche“ Gesellschaftsmitglieder heranzubilden, hat kaum die Möglichkeit, sich tastend an einen solchen Gegenstand heranzuwagen und blind nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ vorzugehen. Dazu sind die Bildungsherausforderungen, die die Wissensgesellschaft an die Schulen stellt, viel zu ernst zu nehmen, denn es geht letztendlich um den Fortbestand – oder ein weiteres Funktionieren – unserer Gesellschaft. In diesem Kontext von Neuen Medien (Technologien)[3] und Schule soll sich diese Arbeit bewegen. Der Titel als solcher verdeutlicht schon vorab drei Aspekte.
Zum Ersten wird es im Weiteren darum gehen, den Nutzen des grundschulischen PC-Einsatzes zu untersuchen. Dass die Existenz eines gewissen Grundnutzens vorausgesetzt werden kann, liegt auf der Hand, denn neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen wird der kompetente Umgang mit dem Computer als die „vierte Kulturtechnik“ bezeichnet. Auch der Betrachtungsgegenstand, die Neuen Technologien, wird deutlich und verlangt nach einigen Begriffsklärungen. Was sind Medien? Wie unterscheiden sich Alte und Neue Medien? Wie grenzen sich die Begriffe. Medienpädagogik, -didaktik und –erziehung voneinander ab? All diese Fragestellungen gilt es aufzugreifen. Zum Zweiten ist der Untersuchungsraum geographisch auf England begrenzt. Genauer betrachtet geht es um die englischen Grundschulen im Allgemeinen und die Beispielschule in Oldham bei Manchester im Besonderen. Die Bezugnahme auf das National Curriculum macht zum Dritten deutlich, dass es selbst im föderalistisch organisierten englischen Schulsystem, eine landesweit verbindliche curriculare Vorgabe zu geben scheint. Dies kann als Beleg für die grundsätzliche Bedeutung dieser Thematik verstanden werden. Hieran schließt sich die Frage an, wie hilfreich eine Vorgabe dieser Art bei der konkreten Umsetzung eines ICT-Konzepts in der englischen Primarstufe sein kann? Dazu gilt es, das National Curriculum einmal genauer zu betrachten und auch die bildungspolitischen Akteure Englands vorzustellen. Neben dieser Betrachtung der Gesamtsituation des ICT-Einsatzes in England, sollen zusätzlich einige Bemerkungen zur Beispielschule in Oldham in die Untersuchung einfließen.
Wie sollen sich also englische Grundschulen angesichts der Herausforderungen, die die Wissensgesellschaft an ihre Schüler und somit auch an sie selbst stellt, verhalten? Welche Kompetenzen sollen den Schülern mit auf ihren Lebensweg gegeben werden? In diesem Zusammenhang wird der sachgerechte PC-Umgang als zukunftsträchtige Schlüsselqualifikation betrachtet. Dieser Begriff der Schlüsselqualifikation stammt aus dem berufsbildenden Bereich und wurde 1974 von Mertens geprägt. Vor dem Hintergrund der „sinkenden Halbwertszeit“ beruflichen Wissens wegen der schnellen Veränderung der Berufsbilder kam man zu der Auffassung, dass es sinnvoller sei, sog. „überfachliche“ Kompetenzen zu vermitteln, da das berufliche Wissen ja ohnehin schnell veralten würde. Ein Beispiel hierfür wären soziale Kompetenzen, also sich mit anderen kommunikativ und kooperativ auseinandersetzen zu können (vgl. Mertens 1974, 37). Allerdings differenzierte Mertens nicht zwischen Kompeten-
zen, die individuell erworben werden und Qualifikationen, die die Ansprüche der Gesellschaft oder der Berufswelt an das Individuum darstellen. Deswegen ist es sinnvoller im Weiteren von Schlüsselkompetenzen zu sprechen.
Es werden sowohl die Bildungsziele im Hinblick auf die Wissensgesellschaft analysiert als auch mögliche Veränderungen der Rolle von Schülern und Lehrern im Unterricht. Es müssen sich nicht nur die Schüler ändern, denen aufgrund des Rollenwechsels mehr Eigeninitiative beim Lernen abverlangt wird. Auch die Rolle des Lehrers im Unterrichtsgeschehen gilt es zu untersuchen. Der zunehmende Einzug Neuer Technologien in immer mehr Lebensbereiche fordert die Lehrenden vehement dazu auf, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten und sich eine hinreichende Medienkompetenz anzueignen. Obwohl der Computer von der Lehrerschaft als Herausforderung, gesehen werden sollte, der es sich zu stellen gilt, bedeutet er für Viele immer noch eine Bedrohung, weil er ihre Rolle im Unterricht völlig neu definiert. Da allerdings immer mehr Kinder im Elternhaus Zugang zu Computern haben und diese somit ein ganz selbstverständliches Element der täglichen Gestaltung des Alltags sind, kann und darf sich auch die Grundschulpädagogik einer Auseinandersetzung mit dem neuen Medium nicht entziehen.
Nachdem die vorherigen Ausführungen eher allgemeiner Natur waren und vor allem die Makro- und Mesoebene des englischen Bildungssystems betrafen, soll es im abschließenden empirischen Teil darum gehen, diese Ergebnisse mit denen der Mikroebene (Beispielschule) abzugleichen. Hierbei werden zuerst die technischen und räumlichen Voraussetzungen der englischen Grundschule betrachtet und darauf überprüft, inwieweit sie für einen umfassenden ICT-Einsatz geeignet sind. Im zweiten Schritt wurden die Lehrer und Schüler in einem Fragebogen dazu aufgefordert, ihre persönliche Einstellung zum Einsatz Neuer Medien im Unterricht kundzutun. Diese Befragungen sollen dazu dienen, die praktische Umsetzbarkeit der Vorgaben des National Curriculums an der Beispielschule zu überprüfen. Wie gehen Lehrer und Schüler mit der medialen Anreicherung ihres Unterrichts um und wie sehen sie die Auswirkungen auf ihr eigenes Lehren und Lernen? Dies sind Fragen, die spätestens zum Abschluss dieser Arbeit hinreichend beantwortet sein sollten.
„Ich könnte mir vorstellen, daß die größte Wirkung von Computern nicht darin bestehen wird, Raketen zum Mars zu steuern, Buchhaltungsirrtümer auszuschließen oder Herztransplantationen so genau zu überwachen, daß nichts mehr schief gehen kann. Nein, die größte Wirkung des Computers wird darin bestehen, daß er einen neuen Typus Mensch schaffen kann – einen Fragensteller.“
John Sculley (*1939), amerik. Topmanager
3. Kapitel: ICT in Schulen allgemein
Der Begriff ICT ist ein Akronym für den englischen Begriff Information and Communication Technologies und wird, aufgrund des Bezugs dieser Arbeit zum englischen Bildungssystem, statt des im Deutschen üblichen Begriffes der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) durchgängig verwendet. In diesem Kapitel soll ein allgemeiner Überblick über den Einsatz Neuer Technologien in Schulen gegeben werden. Hierbei werden mediendidaktische Aspekte ebenso berücksichtigt wie notwendige Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz Neuer Medien, die Einsatz möglichkeiten derselben und die damit verbundenen Lernziele.
3.1 Mediendidaktische Aspekte
3.1.1 Erklärung des Medienbegriffs: Alte und Neue Medien
Möchte man sich mit den Aspekten der Medienpädagogik näher befassen, so gilt es, vorab den Medienbegriff zu erklären und einzugrenzen. Was versteht man also unter dem allgemein gefassten Begriff Medien und wie definiert man speziell die Eigenschaften Neuer Medien ?[4]
Tulodziecki erklärt den Medienbegriff zunächst generell:
„In allgemeinster Bedeutung kann man ein „Medium“ als die Form bezeichnen, in der sich ein Inhalt oder ein Sachverhalt einem Menschen darstellt bzw. in der er präsentiert wird. Der Begriff „Medium“ beschreibt in diesem Sinne ein funktionales Element in der Interaktion des Menschen mit seiner Umwelt.“
(Tulodziecki 1997a, 12)
Im Weiteren fasst er den Begriff etwas enger:
„Man spricht nur dann von Medien, wenn Informationen mit Hilfe technischer Geräte gespeichert oder übertragen und in bildhafter oder symbolischer Darstellung wiedergegeben werden.“
(Tulodziecki 1997a, 14)
Bezieht man sich auf die allgemeine Definition Tulodzieckis, kann man hierzu nicht nur die Alten Medien wie Bücher, Rundfunk, Film und Fernsehen etc. zählen, sondern muss auch den Menschen als Medium verstehen. Die engere Begriffsfassung hingegen bezieht sich auf technisch unterstützte Kommunikationsvorgänge und beinhaltet somit neben beispielsweise Projektoren (Overhead-, Dia- und Filmprojektor) auch die neuen digitalen Medien wie z.B. Computer (vgl. Meschenmoser 2002, 57).
Gienow legt den Begriff des Mediums folgendermaßen aus: „Er umfasst […] alle Materialien, materialisiert/ analog veranschaulichende und digital codierende Mittel, die vom Lernenden beim Fremdsprachenerwerb und –gebrauch zielbezogen verwendet werden können“ (Gienow 1998, 125). Seine Begriffsbestimmung bezieht sich vor allem auf den Fremdsprachenunterricht, wobei er im Weiteren Medien in verschiedene Kategorien einteilt, welche auf andere Unterrichtsfächer durchaus übertragbar sind. Seiner Meinung nach kommt bei der Unterscheidung in die verschiedenen Kategorien der Sinneswahrnehmung eine besondere Bedeutung zu.
Diesbezüglich spricht er von auditiven, visuellen und audiovisuellen Medien. Gienow betont die Simplizität dieser Einteilung, erwähnt aber gleichzeitig das große Spektrum der einzelnen Kategorien. So können beispielsweise sowohl Texte als auch Filme zu den visuellen Medien gezählt werden. An dieser Stelle wird schnell deutlich, dass der Umgang mit Medien im Unterricht, selbst wenn sie derselben Kategorie zuzuordnen sind, unterschiedliche Herangehensweisen erfordert. Bezüglich der Verwendung von Medien derselben Kategorie im Unterricht wird allerdings schnell deutlich, dass, obwohl sie ein und derselben Kategorie angehören, völlig unterschiedlich mit ihnen umgegangen werden muss. Gienow nimmt daher eine weitere Unterteilung in Sprachmedien (auditive und visuelle Texte), Bildmedien (visuelle Texte), Musik- und Geräuschmedien (auditive Texte) und Verbundmedien (audiovisuelle Texte) vor (vgl. Gienow 1998, 125-126).
Auch von Martial vertritt die Ansicht, dass „Lernen mit Hilfe von Medien […] stets an Wahrnehmung durch die Sinne geknüpft“ ist (Von Martial/ Ladenthin 2002, 20). Ebenso wie Gienow stellt auch er fest, dass über denselben Sinneskanal unterschiedliche Eindrücke und Erfahrungen erfolgen können. Diese Erkenntnis veranlasst ihn dazu, weitere Untergliederungen vorzunehmen. Unterrichtsmedien seien demzufolge unterschiedliche Gegenstände mit verschiedenartigen Funktionen. So können sie beispielsweise sowohl Informationsträger als auch Lernobjekte sein, die den Lerngegenstand dem Lerner zugänglich machen. Ferner begünstigen sie das Erlernen von Methoden und Techniken. Auf dieser Grundlage unterteilt Von Martial Medien zunächst in zwei Klassen: zum einen in die Lernobjekte und zum anderen in die Hilfsmittel. Lernobjekte sind für ihn alle die Dinge, die Gegenstand der Lernoperation sind. Als Hilfsmittel bezeichnet er die Medien, die dazu genutzt werden, ein Lernobjekt bereitzustellen. So wird beispielsweise ein Tageslichtprojektor benötigt, um allen Schülern eine Folie mit Informationen zum Unterrichtsthema zugänglich zu machen. In diesem Fall wäre die Folie das Lernobjekt und der Projektor das Hilfsmittel.
In Bezug auf die Lernobjekte untergliedert von Martial zusätzlich in zwei weitere Bereiche. Demnach gibt es einerseits die Originale und andererseits die informationellen Objekte. Das Original kann hier als das Ausgangsobjekt gesehen werden. Unter informationellen Objekten versteht von Martial all die Lernobjekte, die nicht original sind, die aber das Original beispielsweise als Photo darstellen (analog) oder die
Materialien, die Informationen über das Original, zum Beispiel in Form eines Textes, geben (symbolisch) (vgl. Von Martial/ Ladenthin 2002, 15-24).
Nach diesem Überblick über den Medienbegriff an sich soll nun speziell auf die Neuen Medien im Unterricht eingegangen werden. Aufenanger definiert die Neuen Medien wie folgt:
„Unter den neuen Medien möchte ich in aller Kürze jene digitalen Medien verstehen, die Multimedialität – also die Integration unterschiedlicher Medien in einer computergestützten Präsentation -, Hypertextstruktur - also einen nicht-linearen Text -, Interaktivität und Simulation ermöglichen, wobei ich die Unterscheidung zwischen computer- oder netzbasierten Anwendungen für nicht so relevant halte.“
(Aufenanger 1999, 8)
In einem anderen Zusammenhang bezeichnet er mit den „heutigen neuen Medien: Computer und Internet“ (Aufenanger/ Six 2001, 9). Dieses Zitat entspricht im Grunde einer knappen Zusammenfassung der zuvor gegeben Definition, denn mit Hilfe von Computer und Internet können die in der vorherigen Definition genannten Aspekte realisiert werden. Bollmann hingegen versteht unter Neuen Medien
"alle Verfahren und Mittel, die mit Hilfe digitaler Technologie, also computerunterstützt, bislang nicht gebräuchliche Formen von Informationsverarbeitung, Informationsspeicherung und Informationsübertragung, aber auch neuartige Formen von Kommunikation ermöglichen."
(Bollmann 1998, 12)
Altes und Bekanntes wird demnach in neuer Form präsentiert. Dabei können verschiedene Medien (zum Beispiel Bilder, Musik, Grafiken und Texte) miteinander kombiniert und verknüpft werden, sodass sie dann gemeinsam abgerufen werden können (vgl. Busse 2002, 16). Busse bezeichnet diese Vielfältigkeit der Medien als „multimediale Struktur“ (ebenda), weist allerdings darauf hin, dass es keine allgemein anerkannte Definition für den Begriff Multimedia gibt. Nach Kohn wurde Multimedia schon in den 1970er Jahren in England als Bezeichnung dafür verwendet, dass aus
verschiedenen herkömmlichen Medien Pakete für den Unterricht „geschnürt“ wurden (vgl. Kohn 2003, 7). Heutzutage allerdings, so Kohn, wird der Begriff Multimedia „üblicherweise im Bereich der Informationstechnologie sowie Unterhaltungselektronik verwendet“ (ebenda), wobei er „heute eine computerunterstützte Möglichkeit, Informationen audiovisuell darzustellen, indem Texte, Sounds, Grafiken oder Filmsequenzen vereint werden“ (ebenda) bezeichnet.
Rüschoff und Wolff weisen den Neuen Medien fünf Merkmale zu:
„Die Neuen Technologien weisen […] gegenüber den herkömmlichen Medien die folgenden medialen Spezifika auf:
- Ihre Inhalte sind in einem einzigen digitalisierten Kode gespeichert.
- Ihre Inhalte können in weltweiten Netzwerken übertragen und abgerufen werden.
- Die Neuen Technologien sind interaktiv: Der Benutzer kann mit ihnen einen Dialog führen.
- Der Einsatz Neuer Technologien unterliegt keiner zeitlichen und räumlichen Beschränkung.
- Der Zugang und die Aufbereitung von Wissen unterliegt bei der Nutzung Neuer Technologien keiner durch das Medium vorgegebenen Linearität.“
(Rüschoff/ Wolff 1999, 54)
Bezieht man dies auf die Schule, so ergibt sich, dass mediale Bestandteile, die bisher von einander abgesondert waren, nunmehr im Unterricht zu einem multimedialen Gefüge vereint werden können. So sind Abbildungen, Geräusche, Filme und Texte auf diese Weise gleichzeitig verwendbar, welches einerseits die Unterrichtsorganisation und die Beschaffung unterschiedlicher Geräte seitens des Lehrers erleichtert und andererseits die Aufnahme von Lerninhalten aufgrund der Nutzung der verschiedenen Lernkanäle auf Seite der Schüler begünstigt. Für alle Medien, neue und alte, gilt, dass sie stets in Verbindung mit anderen Medien eingesetzt werden können. Dies kann dazu dienen, Sachverhalte umfassender zu veranschaulichen.
3.1.2 Medienpädagogik und Medienerziehung
Durch den Einzug von Multimedia und Internet in den Alltag eröffnet sich für die heutige Kindergeneration eine neuartige Lebenswelt, mit der eine unsagbare Informationsfülle einhergeht. Oft wird in diesem Zusammenhang von Reizüberflutung gesprochen, die kaum noch zu bewältigen sei. Da Medien aber nunmehr weder aus dem Privat- noch aus dem Berufsleben wegzudenken sind und sie unweigerlich zur Lebenswelt der Kinder gehören, ist es notwendig, diese möglichst früh an die Neuen Technologien heranzuführen und ihnen einen verantwortungsbewussten Umgang damit zu vermitteln. Aus diesem Grunde befassen sich eine Reihe von Pädagogen intensiv mit dem Thema Medien.
Immer öfter weisen Medienpädagogen darauf hin, dass nicht nur die Schule sondern auch das Elternhaus in der Verantwortung steht, sich der Belange der Kinder hinsichtlich Neuer Medien anzunehmen. So bestehe eine der Aufgaben von Eltern und Lehrern darin, Kinder beim Umgang mit Medien zu begleiten, auf ihre Medien-Erlebnisse einzugehen und ihnen bei der Verarbeitung von Erfahrungen zu helfen. Ein erster Schritt sei es hierbei, ihnen die Gelegenheit zu bieten, über ihre Medienerfahrungen zu sprechen und ihnen stets Verständnis bei auftretenden Problemen entgegenzubringen (vgl. Aufenanger 2001, 143).
Aufenanger vertritt den Standpunkt, dass „es zur Aufgabe der Medienpädagogik beziehungsweise der Medienerziehung“ gehöre, „den erziehenden Menschen Orientierung für ihr pädagogisches Handeln zu geben“ (Aufenanger/ Six 2001, 9). Dies würde also bedeuten, dass die Medienpädagogik Anregungen und Hilfestellungen geben sollte, inwiefern Medien eingesetzt und genutzt werden könnten, um einen erzieherischen Erfolg zu erlangen.
Hier erweckt es den Anschein, als würde Aufenanger die Begriffe Medienpädagogik und Medienerziehung gleichsetzen. Dies wird allerdings von mehreren Vertretern der Medienpädagogik anders gesehen. Six, Frey, Gimmler und Thibaut „verstehen […] unter Medienerziehung die Konkretisierung und praktische Umsetzung dessen, was in der Medienpädagogik auf theoretischer Ebene erarbeitet wurde“ (Six et al. 2001, 21). Sie sehen allgemeine Leitlinien und Ziele der Medienpädagogik als Voraussetzungen für die Medienerziehung an. Die Medienpädagogik ihrerseits basiert auf allgemeinen Maximen aus dem Bereich der allgemeinen Pädagogik.
Wöckel erachtet dies als den Ausgangspunkt der Medienpädagogik, wobei Ergebnisse aus Medienforschung und –lehre genutzt werden, um zu medienpädagogischen Erkenntnissen zu gelangen. Seiner Meinung nach ist die Medienpädagogik „für die Diskussion und Erstellung allgemeiner Theorien und Konzepte verantwortlich“ (Wöckel 2002, 117). Ebenso wie Six et al. betont er, dass die Begriffe Medienpädagogik und Medienerziehung keineswegs miteinander gleichzusetzen sind. Er bezieht sich hierbei auf eine Definition von Kösel und Brunner (1970), die ihrerseits Medienpädagogik in Mediendidaktik und Medienerziehung unterteilen und die Medienpädagogik somit als den diese Begriffe umgebenden Rahmen ansehen. Medien erziehung bedeutet nach dieser Definition die „Erziehung zur Mediennutzung“ (Wöckel 2002, 115), also die Hinführung zu einem kompetenten Umgang mit Medien und dem Wissenserwerb über die Handhabung der Medien. Medien didaktik hingegen bezeichnet die „Erziehung durch Mediennutzung“ (ebenda), die unter anderem den Einsatz von Medien zum Herbeiführen von Lernerfolg mit einbezieht (vgl. Wöckel 2002, 115).
Nach Wöckel hat sich die Fragestellung rund um das Thema Medien im letzten Jahrzehnt gewandelt. Es wird nun nicht mehr gefragt: „Was machen die Medien mit den Menschen?“ sondern „Was machen die Menschen mit den Medien?“. Aufgrund dieser Umkehrung entwickelt sich ein anderer Ansatzpunkt für die Medienpädagogik, bei dem es nun nicht mehr darum geht, Schüler vor den negativen Auswirkungen der Mediennutzung zu bewahren, indem man die Medien aus dem Unterricht fernhält, sondern die positiven Erfolge der Mediennutzung zu sehen und sie weiter voran zu bringen. Dieser Ansicht schließen sich Six et al. an, indem sie davon ausgehen, dass die Medienerziehung einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, die Vorteile und Chancen der Mediennutzung ins rechte Licht zu rücken. Das Ziel von Medienerziehung soll der kompetente Umgang mit Medien sein (vgl. Six et al. 2001, 21). Eine besonders wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Begriffe Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenz (vgl. Wöckel 2002, 141).
3.1.3 Medienkompetenz als Zielvorstellung
Medienkompetenz wird nach Wöckel „häufig in einer Art Zirkeldefinition als ‚Fähigkeit zum kompetenten Umgang mit Medien’ umschrieben“ (Wöckel 2002, 115). Er erachtet das Erlangen der Medienkompetenz als ein Ziel für Lernende, das von der Medienerziehung angestrebt werden sollte. Der Begriff impliziert, dass besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Umgang mit Neuen Medien unentbehrlich sind, die bis dato noch nicht vermittelt wurden. Im Folgenden werden die verschiedenen Ansätze der Medienpädagogen Baacke, Aufenanger und Tulodziecki zum Begriff Medienkompetenz vorgestellt.
Medienkompetenz nach Baacke
Baacke versteht Medienkompetenz als einen Teilbereich der natürlichen, dem Menschen durch Geburt innewohnenden und durch Sozialisation weiterentwickelten, kommunikativen Kompetenz, die - gemeinsam mit der Handlungskompetenz - die Basis der menschlichen Kompetenz darstellt. Er stellt fest, dass „[…] Menschen Kommunizieren [lernen], weil sie miteinander handeln müssen, und insofern sind ‚Kommunikation’ und ‚Handeln’ nur unterschiedliche Modalitäten eines Grundzustandes des In-der-Welt-Seins“ (Baacke 1996, 8). Dementsprechend ist mit Medienkompetenz die Fähigkeit gemeint, alle Medienarten aktiv zum Zwecke der Kommunikation und Handlungsweise einsetzen zu können (vgl. ebenda). Als Medien versteht Baacke dabei alle Arten medialer Kommunikationsgeräte sowie Zeichensysteme und nicht-technische Medien (z.B. theatralische Formen). Seine Vorstellung von Medienkompetenz bezieht sich jedoch hauptsächlich auf den elektronisch-technischen Umgang mit Medien aller Art, deren Nutzung „gelernt, geübt und gefördert werden muss“ (Baacke 1998, Kapitel 1). Diese recht umfassende und allgemeine Beschreibung von Medienkompetenz versucht er, wie im Folgenden dargestellt, inhaltlich zu konkretisieren. Er unterteilt den Begriff in vier Dimensionen (vgl. Baacke 1996, 8 & 1997, 98f):
Abbildung 1: Medienkompetenz nach Baacke
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(vgl. Baacke 1999, 34)
Medienkritik zielt auf die Fähigkeit ab, sich analytisch, reflexiv und ethisch mit Medien auseinandersetzen zu können. Problematische gesellschaftliche Prozesse sollen dabei angemessen analytisch erfasst, eigenes Medienwissen und Medienhandeln reflektiert und soziale Verantwortung der Medien und des eigenen Medienhandelns ethisch beurteilt werden können.
Die Medienkunde bezieht sich auf die informative Dimension, also „das Wissen über heutige Medien und Mediensysteme“ (z.B. Programmarten, Auswahlmöglichkeiten, effektive Nutzung) ebenso wie auf die instrumentell-qualifikatorische Dimension, nämlich die „Fähigkeit, Medien zu handhaben“ (Baacke 1997, 99), beispielsweise die technische Bedienung. Diese beiden Dimensionen müssen den Schülern vermittelt
werden, um die folgenden Dimensionen im Rahmen der Zielorientierung umsetzen zu können.
Auch die Mediennutzung unterteilt sich in Unterpunkte und zwar in dreierlei Hinsicht. So ist mit der rezeptiven Nutzung die Programm-Nutzungskompetenz gemeint, d.h. instrumentell-qualifikatorische Wissensbestände anwenden und umsetzen zu können. Die interaktive Dienstnutzung hingegen geht über den einseitigen Mediengebrauch hinaus und bezeichnet das selbstständige Agieren im Bezug auf Medien wie beispielsweise Online-Banking[5] oder Käufe und Verkäufe über ebay[6]. Als dritter Punkt ist das Anbieten von Medienprodukten zu nennen, womit z.B. das Einstellen von Informationen auf der eigenen Homepage gemeint ist (vgl. Baacke 1999, 34).
Sein Modell der Medienkompetenz rundet Baacke mit dem Begriff der Mediengestaltung ab. Diese beinhaltet einerseits den Einsatz eigener Medienbeiträge mit dem Ziel, innovative Veränderungen und Weiterentwicklungen im Rahmen eines bestimmten Mediensystems zu bewirken (z.B. Entwicklung von Programmen). Andererseits zielt sie auf kreative Erweiterungen und somit auf die Überwindung des bestehenden Mediensystems ab (vgl. Baacke 1997, 99).
Baacke warnt vor der Gefahr eines eindimensionalen Blickwinkels, bei dem diese vier Dimensionen nicht vom Individuum losgelöst betrachtet werden. Er fordert daher einen „Diskurs der Informationsgesellschaft“ (Baacke 1997, 99), der alle ökonomischen, technischen, sozialen, kulturellen, ethischen und ästhetischen Grundgedanken einschließt, um die Medienkompetenz hinsichtlich des gesellschaftlichen Lebens weiterzuentwickeln.
Medienkompetenz nach Aufenanger
Aufenanger stellt sich die Frage, „wie Medienkompetenz in einer Gesellschaft bestimmt werden kann, in der die medientechnologischen Entwicklungen schnelle Veränderungen hervorbringen“ (Aufenanger 1999, 8). Er übernimmt in Teilen Inhalte von Baackes Modell in sein Konzept, erweitert diese allerdings. Nach seiner Auffas-
sung beschreibt der Begriff der Medienkompetenz nicht nur den kompetenten Umgang mit Medien, sondern er beinhaltet auch medienethische Aspekte. Durch die sich sehr schnell und immer weiter entwickelnde Medientechnik, so Aufenanger, gestaltet es sich schwierig, konkret zu bestimmen, was Medienkompetenz eigentlich bedeutet. Demzufolge sollten in die Überlegungen zur Medienkompetenz sowohl die Gegenwart also auch die Zukunft einbezogen werden. Da es aber nicht vorhersehbar ist, inwiefern sich die Medienwelt weiterhin verändern wird und welche diesbezüglichen Fähigkeiten erforderlich sein werden, gestaltet sich der Zukunftsbezug schwierig. Außerdem ist es unerlässlich, das Alter zu beachten, denn zweifellos findet man bei Kindern andere Voraussetzungen als bei Erwachsenen vor. Zusätzlich bemerkt Aufenanger, dass sich Medienkompetenz keineswegs auf die Neuen Medien beschränkt, sondern durchaus für alle Medien anwendbar ist. So „dürfte [sie] damit über grundlegende Fähigkeiten bestimmbar sein, in einer durch Medien geprägten Welt sich zurechtzufinden und zu handeln“ (Aufenanger 1999). Durch die Verschiedenartigkeit der Medien gibt es infolgedessen auch Unterschiede in der Handhabung derselben. Die Behauptung Aufenangers, dass Medienkompetenz im Bezug auf das entsprechende Medium erlernt werden müsse, erscheint einleuchtend (vgl. Aufenanger 2001, 144). Er stellt auf dieser Grundlage insgesamt sechs Dimensionen vor, die dazu dienen sollen, einen konkreteren Medienkompetenzbegriff herauszuarbeiten (vgl. Aufenanger 1999, 10f):
Die kognitive Dimension schließt neben „Wissen, Verstehen und Analysieren im Zusammenhang mit Medien“ (Aufenanger 1999, 10) auch grundlegende Kenntnisse über Medien und Mediensysteme ein. Ebenso gehören sowohl Verständnis und Entschlüsselung von Symbolen und Codes als auch das Analysieren sowie kritisches Betrachten von Medieninhalten dazu. Als Beispiel wäre hier die Selektion von Informationen aus dem Internet und das Verstehen von medialen Texten zu nennen. Die Kognitive Dimension beschreibt Aufenanger als Voraussetzung für die moralische Dimension. Die genannten Fähigkeiten sollen dazu verhelfen, das Augenmerk auf ethische Sachverhalte richten zu können. Dazu lassen sich beispielsweise die Menschenrechte zählen. Es geht dabei nicht nur um die Inhalte, sondern auch um die Folgen von Medienproduktion. Hierzu gehören z. B. das Abschätzen ökologischer Folgen oder Auswirkungen bestimmter Medien auf die Gesellschaft.
Die Umsetzung der beiden genannten Dimensionen soll durch die soziale Dimension unterstützt werden. Es gilt, die Fähigkeiten des „sozialen und politischen Handelns“ (ebenda) auszubilden, um somit in der Lage zu sein, für seine Rechte einzutreten und die sozialen Folgen von medialen Veröffentlichungen o.ä. erkennen und benennen zu können. Da Medien umfangreiche Unterhaltungsmöglichkeiten bieten, muss der Umgang mit Unterhaltungsmedien erlernt werden. Aufenanger bezeichnet dies als die affektive Dimension. Den Erwerb der spezifischen Fähigkeiten, die dazu verhelfen, Medieninhalte angemessen zu präsentieren, fasst er unter dem Begriff der ästhetischen Dimension. Für ihn sind Medien „Vermittler von Ausdrucksmöglichkeiten“, wobei sein besonderes Augenmerk auf dem „kommunikationsästhetischen Aspekt“ (ebenda) liegt. Inhalt der letzten von ihm definierten Dimension, der so genannten Handlungsdimension, ist zusätzlich zu der Nutzung der Medien, der Umgang und die aktive Gestaltung derselben. Dazu lassen sich Anwendungsbereiche wie Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation ebenso nennen wie die Gestaltung von Internetseiten.
Abbildung 2: Medienkompetenz nach Aufenanger
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(vgl Aufenanger 2003, 5)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für Aufenanger „Medienkompetenz eine Fähigkeit dar[stellt], gesellschaftlich und subjektiv angemessen Medien zu nutzen.“ (Aufenanger 2001, 144). Unter der gesellschaftlich angemessenen Nutzung versteht er die Fähigkeit, sich mit Hilfe der Medien Informationen zu beschaffen und ein eigenes Meinungsbild dazu zu entwickeln. Da er in diesem Zusammenhang den Medien die Vermittlerrolle zwischen Politik und Bürgern zuspricht, müssen folglich die Bürger in der Lage sein, diese Informationen effektiv zu nutzen. Die Alltagsnutzung von Medien und die dazugehörende Auseinandersetzung mit den Medienerfahrungen machen den subjektiven Aspekt aus. Den Fokus richtet Aufenanger hier auf die emotionale Komponente (Identifizierung mit Idolen, Angst und Trauer) der Mediennutzung.
Bezieht man die oben genannten Aspekte der Medienkompetenz auf die Neuen Medien und gleichzeitig auf die Altersklasse der Grundschüler, ergeben sich unweigerlich, so Aufenanger, die folgenden Forderungen. Schon im Grundschulalter sollten Kinder die Möglichkeiten, die die Neuen Medien eröffnen, kennen lernen. An dieser Stelle betont er, dass sich dies auf den Computer und ansatzweise auf das Internet beschränken sollte. Kenntnis verschiedener Arten der Informationsbeschaffung (beispielsweise im Internet) gehört dabei genauso dazu wie die Vertrautheit von Zeichen, Graphiken und Symbolen in hypermedialen Kontexten, um solcherlei Texte eigenständig durchdringen und begreifen zu können. Erfahrungen mit dem Internet sind dabei unerlässlich. Glaubt man Aufenanger, so kann die Aneignung dieser Fähigkeiten parallel zum Schriftspracherwerb stattfinden. Aufgrund mangelnder Ausbildung moralischer und medienethischer Begabung bei Kindern kann sich das Beurteilen von Medien und ihren Inhalten auf die Authentizität von Texten und den damit verbundenen verantwortlichen Umgang mit Hard- und Software beschränken. Es soll nicht außer Acht gelassen werden, Kindern rechtzeitig beizubringen, mit der Zeit, die im Umgang mit Neuen Medien benötigt wird, angemessen zu haushalten. Schließlich weist Aufenanger noch darauf hin, dass Kindern so früh wie möglich erste Kenntnisse im Umgang mit Textverarbeitungs- und Kreativprogrammen sowie dem Internet und anderen multimedialen Anwendungen vermittelt werden sollten.
Abschließend betont er, dass Grundschulkinder durchaus in der Lage sind, sich Basiskompetenzen für einen verantwortungsbewussten und kritischen Umgang mit Neuen Technologien anzueignen, wenn Computer in den Grundschulalltag integriert werden. Dabei kommt es vor Allem darauf an, ihnen die entsprechenden Kenntnisse nicht vorrangig theoretisch zu vermitteln, sondern sie dabei zu unterstützen, ihre eigenen medialen Erfahrungen zu machen, wobei die technische, personelle und konzeptionelle Ausstattung der Schulen als wichtige Voraussetzungen anzusehen sind (vgl. Aufenanger, Grundschule und Computer - Endbericht). Inwiefern die von ihm definierten Dimensionen sich auf Grundschulkinder übertragen und sich praktisch umsetzen lassen, ist der folgenden graphischen Darstellung zu entnehmen:
Abbildung 3: Medienkompetenz von Grundschulkindern
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(vgl. Aufenanger 2005)
Aufenanger beschränkt sich für den Grundschulbereich auf vier Dimensionen, wobei die ethische Dimension der von ihm sonst als moralische Dimension definierten Kategorie zuzuordnen ist. Gleichzeitig gibt er konkrete Beispiele dafür, worauf er die entsprechenden Dimensionen genau bezieht. Demnach beinhaltet die Handlungsdimension die Bedienung von Computer, Drucker und Scanner sowie das Aufru-
fen und Speichern von Internetseiten. Die soziale Dimension umfasst die Kommunikation und Kooperation mit und über Medien und schließt das Schreiben von Emails ein. Bei der kognitiven Dimension soll es im Einzelnen darum gehen, die entsprechenden Symbole im Internet zu kennen und den Umgang mit den Textstrukturen und den dazugehörigen Verlinkungen zu erlernen. Dieser Punkt muss deshalb besonders herausgestellt werden, weil sich das Vorgehen beim Lesen eines Hypertextes recht deutlich von dem eines gedruckten Textes insofern unterscheidet, als man nun nicht mehr lineare Texte vor sich hat, die man konsequent von oben nach unten liest, sondern mit komplexen Texten konfrontiert ist, die oftmals verschiedene Bezüge zu bestimmten Begriffen oder Themen beinhalten. Diese Links verweisen den Leser nicht nur auf weitere Quellen oder andere Seiten, sondern leiten einen automatisch auf andere oftmals anbieterfremde Seiten weiter. Es klingt schon an, dass für das Lesen im Internet die herkömmlichen Kompetenzen dahingehend erweitert werden müssen, beim Lesen von Hypertexten stets das Ziel der Recherche im Auge zu behalten, indem man sich auf die Seiten konzentriert, die wichtige Informationen beinhalten, und sich davor zu schützen, sich im Internet zu „verzetteln“.
Medienkompetenz nach Tulodziecki
Tulodziecki (1995 & 1997) beschäftigt sich näher mit dem sinnvollen Erwerb von Medienkompetenz, wobei er sich direkt auf deren schulische Umsetzung und die sich daraus für die Schüler ergebenden Ziele bezieht. Er erklärt, dass Handlungskompetenzen als ein Teil der Medienkompetenz anzusehen sind, die wiederum zwei Bereiche enthält. Er zielt dabei auf die Nutzung medialer Angebote sowie die eigene Gestaltung medialer Produkte ab. Als unabdingbare Voraussetzung für den Erwerb von Handlungskompetenzen erachtet er das Wissen und Verstehen von Gestaltungsmöglichkeiten, Produktionsbedingungen und Medieneinflüssen. Seiner Meinung nach müssen Kinder und Jugendliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, die ihnen dazu verhelfen (vgl. Tulodziecki 1997a, 147ff):
- Medienangebote auswählen und nutzen zu können;
Es geht hierbei darum, sich, für spezielle Medien unter Abwägung von Alternativen zu entscheiden und sie kritisch zu nutzen, wobei stets eine durchdachte Auseinandersetzung mit der Art und Weise der Nutzung stattfinden soll. So sollen Schüler etwa lernen, wie sie in Konfliktsituationen die richtige Entscheidung fällen können, beispielsweise wenn sie von Freunden dazu angestiftet werden, einen Film zu sehen, der nicht jugendfrei ist. Erstrebenswertes Ziel des medienerzieherischen Unterrichts ist es daher, die Entwicklung des Selbstbewusstseins und der moralischen Vorstellung von Schülern zu unterstützen.
- Medienbeiträge selbstständig zu gestalten und zu verbreiten;
Diesbezüglich muss bei den Schülern ein Entwicklungswechsel vom Rezipienten zum Produzenten herbeigeführt werden. So sollen sie lernen, Sachverhalte zu dokumentieren, eigene Interessen auszusprechen und Inhalte künstlerisch umzusetzen. Als Voraussetzung ist hier zunächst die Vermittlung und die darauf folgende Umsetzung von Gestaltungstechniken und -möglichkeiten anzusehen.
- Mediengestaltungen zu verstehen und zu bewerten;
Durch eigene Umsetzung bzw. Anwendung und kritische Auseinandersetzung mit der Gestaltung von Medien sollen Schüler die Eigenschaften unterschiedlicher Darstellungsformen (z.B. Hörspiel, Film) sowie die damit einhergehenden Gestaltungstechniken (z.B. Perspektive, Schnitt, Zeitlupe) und Gestaltungskategorien (Information, Unterhaltung, Werbung) kennen lernen und bezüglich ihrer Wirkung analysieren.
- Medieneinflüsse zu erkennen und aufzuarbeiten;
Gefühle wie Angst, Sympathie, Ekel etc., die durch Medieneinflüsse geweckt werden, sollen durch die Schüler aufgedeckt und verarbeitet werden, indem sie sich den Wahrheitsgehalt und die Angemessenheit solcher Inhalte bewusst machen und sich damit auseinandersetzen.
- Bedingungen der Medienproduktion und - verbreitung zu beurteilen.
Dieser letzte Punkt umfasst das Beachten und Einschätzen rechtlicher Bedingungen, das Durchschauen und Bewerten ökonomischer Bedingungen sowie das Erfassen und Bewerten organisationsbezogener Bedingungen. Schüler sollen also in die Lage versetzt werden, diese Faktoren analysieren und beeinflussen zu können. .
Die Schule muss, nach Tulodzieckis Auffassung, diese fünf Zielsetzungen anstreben, um Medienkompetenz der Schüler zu erreichen. Allerdings sollte sie sich hierbei nicht nur auf die Neuen Medien konzentrieren, sondern den gesamten Bereich der Medien umfassen (vgl. Tulodziecki 1997a).
[...]
[1] Auf die Verwendung der weiblichen Form wird in dieser Arbeit zugunsten des Leseflusses verzichtet. Gemeint sind jedoch immer beide Geschlechter.
[2] Deswegen wird künftig nur von der Wissensgesellschaft gesprochen, was aber immer die Informationsgesellschaft mit beinhalten soll.
[3] Die Begriffe Neue Medien und Neue Technologien werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
[4] Die Adjektive „alt“ und „neu“ werden in diesem Zusammenhang groß geschrieben, da es sich um feststehende Begriffe handelt.
[5] Erledigung von Bankgeschäften mit Hilfe des Internets
[6] Bei ebay handelt es sich um eine Plattform im Internet, auf der Auktionen zu Waren aller Art online angeboten werden. Die Firma selbst bezeichnet sich als „weltweiter Online-Marktplatz“.
- Citation du texte
- Dorothea Mouratis (Auteur), 2006, Der Einsatz von Information and Communication Technologies (ICT) an englischen Grundschulen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66453
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