Ein zunehmendes Geschichtsinteresse in der Öffentlichkeit hat dazu geführt, dass ein neuer Markt mit zahlreichen historischen und historisierenden Angeboten, wie z.B. Living History Stadtführungen, historischen Märkten und Festen, entsprechender Versandhandel, etc. entstanden ist. Da die Akteure größtenteils privaten oder privat-wirtschaftlichen Initiativen entstammen, blieb diese Entwicklung weitgehend unbeachtet von historischen Instituten. Selbstständige Unternehmer gestalten diesen Markt und damit auch gleichzeitig ein bestimmtes Geschichtsbild, somit wird es höchste Zeit, dass die Geschichtswissenschaft ihr Interesse für diese spezielle Form der Geschichtsvermittlung deutlich ausbaut. Schließlich sind es weniger die wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus denen der Normalbürger sein historisches Wissen bezieht sondern Romane, Filme, Dokumentationen und seit einiger Zeit auch vermehrt historische oder historisierende Veranstaltungen aller Art.
Diese Arbeit konzentriert sich vor allem auf den bisher kaum erforschten und noch relativ jungen Bereich der historischen Veranstaltungen, neudeutsch häufig als Events bezeichnet.
Besonders dieser Marktbereich existiert im Spannungsfeld zwischen eigenem oder vom Kunden erwartetem historischen Anspruch auf der einen Seite, und ökonomischen Zwängen auf der anderen Seite.
Dies führt zu der eher ungewöhnlichen Situation, dass sich eine kulturwissenschaftliche Diplomarbeit mit Themen wie Marktforschung und Qualitätssicherung beschäftigt. Als Grundlage zur Bearbeitung meiner Fragestellung dienen mir nach sozialwissenschaftlichen Umfragetechniken gesammelte Daten. Zu diesem Zweck wurde von mir eine Umfrage erstellt, die ich als Online-Fragebogen an ca. 1.000 Adressen aus dem Bereich der historischen oder historisierenden Veranstaltungen (Händler, Hersteller, Veranstalter, Darsteller, etc.) versendet habe. So wird zunächst der momentan herrschende „Ist-Zustand“ im Bereich der historischen und historisierenden Veranstaltungen aus wissenschaftlicher Sicht dargestellt und unter dem Gesichtspunkt der historischen Qualität betrachtet. Hierauf aufbauend werden existierende Stärken und Schwächen sowie Risiken und Chancen der Veranstaltungen herausgearbeitet, um abschließend aus den so gefundenen Ergebnissen Empfehlungen zur verantwortungsvollen Vermarktung von Geschichte zu erarbeiten.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Forschungsgegenstand
3 Stand der Forschung
4 Definition des Untersuchungsraumes und der Begrifflichkeiten
5 Geschichte als Event
5.1 Märkte
5.2 Living-History
5.2.1 Reenactment
5.2.2 Museumsveranstaltungen
5.3 Liverollenspiel
5.4 Veranstaltungen für Firmen und Privatleute
6 Sinn historisch orientierter Veranstaltungen
7 Rahmenbedingungen der Umfrage
7.1 Problem der Repräsentativität
8 Aufbau und Fragestellung
8.1 Konstruktion des Fragebogens
9 Auswertung
9.1 Demographie und Gruppierung
9.1.1 Alter und Geschlecht
9.1.2 Bildung und momentane Tätigkeit
10 Beschreibung der Szene
10.1 Einteilung der Szene
10.1.1 Profis
10.1.2 Semiprofis
10.1.3 Szene-Laien
10.1.4 Hobbyisten/Freizeitnutzer
10.2 Verteilung der Gruppen
10.3 Gruppenvergleich Studium und Studienfächer
11 Bildung von Nutzertypen
11.1 Identifizierte Nutzertypen
11.1.1 Nutzertyp 1: Die „Anspruchsvollen-Nutzer“
11.1.2 Nutzertyp 2: Die „Spaß-Nutzer“
11.1.3 Nutzertyp 3: Die „Nicht-Nutzer“
11.2 Analyse der identifizierten Nutzertypen
11.2.1 Verteilung der Nutzertypen
11.2.2 Die Altersverteilung
11.2.3 Vergleich der Schulbildung und Studienfächer
11.2.4 Subszenen-Partizipation
12 Erwartungen an eine Veranstaltung
13 Eventkultur als Arbeitsfeld
13.1 Engagement als Unterscheidungsmerkmal
13.1.1 Beweggründe des Engagements
13.2 Gruppe der Aktiven
13.3 Tätigkeitsbereiche der Aktiven
13.3.1 Tätigkeitsbereiche der Nutzertypen
13.4 Eigener Anspruch
14 Zwischen-Fazit
15 Historische Qualität
15.1 Definition der historischen Qualität
15.2 Bedeutung historischer Qualität
15.3 Qualitätsminderungen
15.3.1 Beurteilung der Qualität und des Ist-Zustandes
15.3.2 Bildungsstand der Aktiven
16 Das Qualitätsproblem
16.1 Ansprüche von Veranstaltern
16.2 Historisch orientierte Veranstaltungen als Lernort
16.3 Gefahr der Übernahme falscher Geschichtsbilder
17 Exkurs: „Gute Living-History“
18 Verantwortungsvoller Umgang mit der Geschichte
18.1 Kriterien einer guten Veranstaltung
18.1.1 Transparenz und klare Label
18.1.2 Vorlagentreue
18.1.3 Deutliche Grenzen
18.2 Spaß vs. Qualität
19 Fazit
20 Abbildungsverzeichnis
21 Diagrammverzeichnis
22 Literaturverzeichnis
22.1 Gedruckte Literatur
22.2 Online Literatur
1 Einleitung
Ein zunehmendes Geschichtsinteresse in der Öffentlichkeit hat dazu geführt, dass ein neuer Markt mit zahlreichen historischen und historisierenden[1] Angeboten, wie z.B. Living History Stadtführungen, historischen Märkten und Festen, entsprechender Versandhandel, etc. entstanden ist. Da die Akteure größtenteils privaten oder privat-wirtschaftlichen Initiativen entstammen, blieb diese Entwicklung weitgehend unbeachtet von historischen Instituten. Selbstständige Unternehmer gestalten diesen Markt[2] und damit auch gleichzeitig ein bestimmtes Geschichtsbild, somit wird es höchste Zeit, dass die Geschichtswissenschaft ihr Interesse für diese spezielle Form der Geschichtsvermittlung deutlich ausbaut.[3] Schließlich sind es weniger die wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus denen der Normalbürger sein historisches Wissen bezieht sondern Romane, Filme, Dokumentationen und seit einiger Zeit[4] auch vermehrt historische oder historisierende Veranstaltungen aller Art.
Alle genannten Bereiche hier vor dem Hintergrund der Geschichtsvermittlung bearbeiten zu wollen, würde den Rahmen einer Diplomarbeit weit sprengen. So habe ich mich in der vorliegenden Arbeit, wie der Untertitel „Eventkultur als Arbeitsfeld“ schon deutlich macht, vor allem auf den bisher kaum erforschten und noch relativ jungen Bereich der historischen Veranstaltungen, neudeutsch häufig als Events[5] bezeichnet, konzentriert.
Besonders dieser Marktbereich existiert im Spannungsfeld zwischen eigenem oder vom Kunden erwartetem historischen Anspruch auf der einen Seite, und ökonomischen Zwängen auf der anderen Seite.
Dies führt zu der eher ungewöhnlichen Situation, dass sich eine kulturwissenschaftliche Diplomarbeit mit Themen wie Marktforschung und Qualitätssicherung beschäftigt. Als Grundlage zur Bearbeitung meiner Fragestellung dienen mir nach sozialwissenschaftlichen Umfragetechniken gesammelte Daten. Zu diesem Zweck wurde von mir eine Umfrage erstellt, die ich als Online-Fragebogen an ca. 1.000 Adressen aus dem Bereich der historischen oder historisierenden Veranstaltungen (Händler, Hersteller, Veranstalter, Darsteller, etc.) versendet habe. Zusätzlich veröffentlichte ich eine Bitte um Teilnahme in diversen szenespezifischen Internet-Foren.[6] Bis zum heutigen Tage (03.04.2006) kamen 1.912 Antworten zusammen, wovon allerdings „nur“ 1.507 in die Auswertung einfließen konnten.
In den letzten Jahren entstanden unzählige Formen von historischen oder historisierenden Veranstaltungen. Diese verfolgen jede für sich ganz unterschiedliche Zielsetzungen mit jeweils ganz unterschiedlichen Ansprüchen. Es gibt zum einen Veranstaltungen, die einzig und allein der Unterhaltung und Freizeitgestaltung dienen und nicht im geringsten von sich behaupten „historisch“ zu sein, aber aufgrund der Tatsache, dass es bei genauem Hinsehen doch eine gewisse Schnittmenge zur Geschichte gibt, dennoch in den Untersuchungsraum fallen. Zum anderen gibt es Veranstaltungen mit klar erklärtem Bildungsanspruch und dem eindeutigen Ehrgeiz, so historisch korrekt wie nur irgend möglich zu sein.
Außerdem gibt es natürlich eine Vielzahl von Zwischenschritten, die häufig nur schwer eindeutig einzuordnen sind. Erschwert wird eine Systematisierung durch die Tatsache, dass Begriffe wie „historisch“ oder „Mittelalter“ keine geschützten Marken sind. Jeder hat das Recht als „historisch“ bezeichnete Waren anzubieten, bzw. „historische“ Veranstaltungen durchzuführen, auch wenn diese beim besten Willen nur als historisierend zu bezeichnen sind.
Ein gutes Beispiel hierfür sind die wohl den meisten Menschen bekannten, so genannten Mittelalter Märkte oder Mittelalterlichen Spectaculi. Auch wenn zumindest das Label „Mittelalter“ vermuten lassen würde, dass das, was man dort zu sehen und zu erleben bekommt, in irgendeiner Weise „mittelalterlich“[7] wäre, ist oft leider das Gegenteil der Fall. Selbsternannte „Ritter“ in ledernen Hosen und Baumwollrüschenhemden gerüstet mit verzinkten, im fernen Asien hergestellten Kettenhemden und verschweißten Topfhelmen zeigen sich Seite an Seite mit in Polyester gekleideten „Burgfräulein“ den Besuchern.
Doch gibt es ebenso positive Beispiele von Veranstaltungen, die dem Anspruch, als „historisch“ zu gelten, in durchaus ausreichendem Maße gerecht werden. Etwa indem auf eine klare Etikettierung von historisch korrekten und weniger oder gar nicht korrekten Angeboten geachtet wird.
Wie oben schon kurz angedeutet, richte ich mein Augenmerk in der vorliegenden Arbeit in erster Linie auf diejenigen Personen, die in irgendeiner Weise als Anbieter oder Konsument an den verschiedenen tatsächlichen oder nur so genannten historischen Veranstaltungen beteiligt sind.
Ein Sonderfall, über dessen Aufnahme in den Untersuchungsraum sich der Leser eventuell wundern wird, ist das so genannte Live Rollenspiel auch als LARP[8] bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine Art Improvisationstheater[9], das häufig (nicht ausschließlich!) im Fantasy-Genre[10] angesiedelt ist. Dieses Genre enthält zwar fantastische Elemente wie Magie und Sagengestalten, ist aber oft in einer historisierenden Welt angesiedelt und deswegen nicht weniger historisch korrekt als manch „mittelalterliche“ Markt- oder Festveranstaltung.
Meine Untersuchung habe ich nicht nur auf als „mittelalterlich“ bezeichnete Veranstaltungen beschränkt. Zwar werden die Begriffe „Mittelalter“ und „mittelalterlich“ hier im gehäuften Maße auftauchen, allerdings nur deshalb, weil sich der absolute Großteil der in Deutschland stattfindenden Veranstaltungen vermeintlich in dieser Epoche bewegt. Trotzdem ist es Ziel der Arbeit das Phänomen abstrahiert und losgelöst von bestimmten Epochenbezügen zu betrachten.
So wird zunächst der momentan herrschende „Ist-Zustand“ im Bereich der historischen und historisierenden Veranstaltungen aus wissenschaftlicher Sicht dargestellt und unter dem Gesichtspunkt der historischen Qualität betrachtet. Hierauf aufbauend werden existierende Stärken und Schwächen sowie Risiken und Chancen der Veranstaltungen herausgearbeitet, um abschließend aus den so gefundenen Ergebnissen Empfehlungen zur verantwortungsvollen Vermarktung von Geschichte zu erarbeiten.
2 Forschungsgegenstand
Gegenstand meiner Untersuchung ist die Vermarktung von Geschichte, speziell im Bereich der historischen und historisierenden Eventkultur. Hierzu soll zunächst geklärt werden, wie „Vermarktung“ und „Eventkultur“ verstanden werden müssen.
Vermarktung wird gemeinhin und so auch in der vorliegenden Untersuchung, als die Nutzung eines Gegenstandes oder einer Sache zur wirtschaftlichen Gewinnerzielung verstanden. Doch was man sich unter dem Begriff „Eventkultur“ vorzustellen hat, ist weniger eindeutig. Schließlich verbindet er zwei fast widersprüchlich erscheinende Begriffe. So ist es sehr schwer dieses noch relativ junge Kunstwort zu definieren. Selbst eher philosophisch angelegte Arbeiten, wie die von Gerhard Schulze, mit dem Titel: „Kulissen des Glücks. Streifzüge durch die Eventkultur.“[11] liefern trotz Nennung im Titel, keine Definition des Begriffs.
Wörtlich aus dem Englischen übersetzt ist ein Event ein Ereignis, eine Begebenheit, ein Vorkommnis, ein Geschehnis, ein Vorfall oder eben eine Veranstaltung. Neudeutsch versteht man aber etwas mehr unter diesem Begriff. Ein Event ist nicht einfach eine profane Veranstaltung. Der Begriff Event suggeriert immer ein besonders erlebnisorientiertes Ereignis. Unter Kulturveranstaltungen verstand man dagegen bisher in erster Linie Veranstaltungen der hochkulturellen Bildungseliten, also z.B. gemeinhin als eher wenig erlebnisorientiert angesehene Kunstausstellungen oder Konzerte klassischer Musik. Nun ist aber Eventkultur nicht einfach eine Symbiose von Event (erlebnisorientiertes Ereignis) und Kultur (im Sinne von hochkultureller Bildung).
Zum besseren Verständnis hilft ein sehr viel weiter gefasster Kulturbegriff. Er beschreibt „Kultur“ als die Summe aller Sitten und Gebräuche einer gesellschaftlichen Gruppe. Somit könnte man die Eventkultur als die gesellschaftliche Sitte des Veranstaltens erlebnisorientierter Ereignisse bezeichnen.
„Kultivieren“ meint unter anderem, etwas große Aufmerksamkeit widmen. Dem folgend widmet die Eventkultur erlebnisorientierten Ereignissen oder Veranstaltungen eine große Aufmerksamkeit.[12]
In der vorliegenden Untersuchung nutze ich, um den Rahmen der Begrifflichkeit abzustecken, die oben genannten Bedeutungsebenen, beschränke mich aber im Kern und unter Berücksichtigung des Untersuchungsraumes auf die einfache Formel: Geschichte ist Kultur. Ein Event ist eine Veranstaltung. Eine historische Veranstaltung ist also ein Teil der Eventkultur.
Historische Eventkultur sind demnach alle Veranstaltungen, die einen irgendwie gearteten historischen Charakter haben. Dass es sich dabei nicht nur um die viel bemühten Mittelaltermärkte handeln kann, liegt auf der Hand.
Seit Ende der 80er Jahre hat sich, wie schon angerissen, in Deutschland ein breites Feld von verschiedensten historisch geprägten Veranstaltungen entwickelt.[13] Hierbei spielen Schlagworte wie Living-History[14], Reenactment[15] (oder Re-enactment) sowie Liverollenspiel (LARP) eine Rolle.
Doch auch, wenn gemeinhin behauptet wird, der Boom der letzten 20 bis 30 Jahren wäre ein neues Phänomen[16], so sollte man bedenken, dass es bereits in den 1880er Jahren, den 1920ern und den 1950ern ein deutlich spürbares Interesse der Öffentlichkeit an Geschichte gab. Interesse an Geschichte ist also kein neues Phänomen der Moderne.[17]
Als Startpunkt des aktuellen Booms wird häufig die Stauferausstellung 1977 in Stuttgart angesehen,[18] weil diese Ausstellung es schaffte, für die damalige Zeit ungewöhnlich große Mengen an Besuchern für das Thema zu begeistern.
Geographisch gesehen begrenzt sich mein Untersuchungsraum auf Deutschland. Jedes Land hat seine ganz eigene Art mit seiner Geschichte umzugehen, weswegen es nicht ohne weiteres möglich ist, die deutschen Verhältnisse in einer eher der Beschreibung verpflichteten Arbeit mit anderen europäischen Verhältnissen, oder gar denen in den USA, auf eine Stufe zu stellen und zu vergleichen. Speziell die Tatsache, dass der Versuch, Geschichte zu beleben und diese überhaupt als vermarktungsfähig zu betrachten aus den USA und Großbritannien zu uns herüber kam, besagte Länder also eine viel ältere Tradition in diesem Bereich haben, macht deutlich, dass der Versuch eines fundierten Vergleiches eine eigene Diplomarbeit füllen und so den gesetzten Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen würde.
3 Stand der Forschung
Mit der Beschreibung und Erforschung von Veranstaltungen, die Geschichte als vermarktbare Ware nutzen und den damit zusammenhängenden Arbeitsfeldern, betrete ich weitestgehend Neuland. Im deutschsprachigen Raum ist die Veröffentlichungslage zu den Themengebieten historisch orientierter Veranstaltungen sehr bescheiden.[19]
Das Phänomen Mittelalter-, bzw. Kelten- und/oder Römermarkt und Äquivalente wird zwar in Szene- und Sachinternetforen[20] viel diskutiert, eine wissenschaftliche Bearbeitung hat bisher aber in kaum nennenswertem Umfang stattgefunden.[21] Neben ein paar wenigen Aufsätzen, die sich eher aus geschichtsdidaktischer oder aus Sicht der Mittelalterrezeption[22] mit dem Thema auseinander setzen, existieren bisher nur zwei wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit historisch orientierten Veranstaltungen beschäftigen. Es handelt sich um eine Diplomarbeit, die 1998 von Sabine Gebert im Fach Geographie an der Universität Trier vorgelegt wurde[23] und um die 2005 veröffentlichte Doktorarbeit von Erwin Hoffmann mit dem Titel: „Mittelalterfeste in der Gegenwart.“[24] Beide Arbeiten beschränken sich ausdrücklich auf das Phänomen Mittelaltermarkt. Weil sich Hoffmanns Arbeit im Kern, wie die vorliegende Untersuchung, mit der Frage der historischen Qualität beschäftigt und sich einer Umfrage als Arbeitsmittel bedient, wird sie mir im Folgenden als Vergleich dienen.
Vor allem die Museumspädagogik beginnt sich zunehmend für das Thema Living-History als Vermittlungsform von Geschichte zu interessieren.[25] Trotzdem hält sich die existierende gedruckte Literatur arg in Grenzen, bzw. ist nicht zugänglich. Bei fundierten online Veröffentlichungen sieht es nicht sehr viel besser aus.[26]
In den USA und Großbritannien zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Hier finden sich einige Schriften, die sich vor allem mit der Nutzung von Living-History im Museumsbereich befassen.[27] Aber auch praktische Handbücher und Leitfäden zum Thema liegen vor.[28] Living-History ist dort längst theoretisch durchdrungen und aufgearbeitet. Leider ist diese Literatur hierzulande nur sehr schwer oder in vielen Fällen gar nicht verfügbar. Eine vergleichbare Bearbeitung und angemessene Veröffentlichung steht in Deutschland noch aus.
Reenactment ist in der Regel kein Gegenstand der Forschung. Weil im deutschen Sprachraum die Begriffe Living-History und Reenactment häufig vermischt oder verwechselt werden, bzw. Reenactment eine Spielart des Living-History sein kann, findet eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Reenactment-Veranstaltungen, wenn überhaupt, im Rahmen von Arbeiten statt, die eigentlich Living-History zum Thema haben.
Die vierte große Kategorie von historisch geprägten Veranstaltungen sind die seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland stattfindenden Liverollenspiele,[29] diese sind bisher von der Disziplin der Geschichtswissenschaften gänzlich unbehelligt. Was nicht heißen soll, dass Liverollenspiele nicht wissenschaftlich bearbeitet sind. Doch richtete sich bisher das Interesse an diesem Phänomen eher auf den rollenspielerischen Aspekt, weswegen eine Bearbeitung durch Soziologen und Psychologen stattfand,[30] eine Betrachtung unter historischen Gesichtspunkten ist mir für diesen Bereich, ebenso wie für Veranstaltungen für Firmen und Privatkunden, bisher unbekannt.
4 Definition des Untersuchungsraumes und der Begrifflichkeiten
Zwei Begriffe werden in der vorliegenden Untersuchung eine zentrale Rolle spielen: Zum einen der Begriff der „historisch orientierten Veranstaltung“ und zum anderen der Begriff der „Szene“, die rund um historisch orientierte Veranstaltungen existiert.
Der Untersuchungsraum umfasst mehrere von ihren Zielsetzungen und Ausprägungen her grundverschiedene Veranstaltungen. Von reinen spaßorientierten Veranstaltungen wie beispielsweise den Liverollenspielen auf der einen Seite bis zu, um möglichst hohe historische Qualität bemühte, Living-History-Veranstaltungen auf der anderen Seite, wird die ganze Bandbreite historisch geprägter Veranstaltungen mit in die Untersuchung einfließen, ohne dass auf einzelne Formen von historischen orientierten Veranstaltungen oder epochenspezifische (z.B. Mittelaltermärkte) ein spezieller Augenmerk gerichtet wird. Dies macht es nötig, einen treffenden Überbegriff zu finden, der es ermöglicht alle in Frage kommenden Veranstaltungsformen unter einem Dach zusammen zu fassen, um nicht einzelne diskriminierend auszuschließen.
Allerdings gehören nicht alle denkbaren Typen von historisierenden, historischen oder pseudo-historischen Veranstaltungen zu meinem Untersuchungsraum. Fußend auf der Zielsetzung der Untersuchung können alle Formen, die keinerlei kommerzielle Zielsetzungen verfolgen, oder sich nur an einen sehr kleinen Kundenkreis richten, also viel zu klein wären, als dass ihre Wirkung in irgendeiner Weise relevant wäre, vom Untersuchungsraum ausgeschlossen werden.[31] Solche Formen von Veranstaltungen werden höchstens peripher Gegenstand dieser Arbeit sein.
Das wichtigste Kriterium ist die Frage, ob eine Veranstaltung einen irgendwie gearteten Bezug zur Geschichte aufweist. Dieser kann klar und deutlich vorhanden oder eher versteckt und von anderen Merkmalen, wie beispielsweise kommerziellen Zielen oder einer starken Spaßorientierung, überlagert sein.
Erst an zweiter Stelle steht die Frage, ob die betreffende Veranstaltungsform überhaupt Geschichte vermarktet, also im weitesten Sinne kommerziell ist. Wobei unter kommerziell ganz eindeutig das Ziel verstanden wird, am Ende einer Veranstaltung einen irgendwie gearteten wirtschaftlichen Gewinn erzielt zu haben. Hiermit sind private Veranstaltungen und so genannte „non-profit events“ von vornherein eher uninteressant.
Basierend auf dem oben beschriebenen wichtigsten Unterscheidungskriterium werde ich im Folgenden alle untersuchten Veranstaltungsformen unter dem Überbegriff der „historisch orientierten Veranstaltungen“ zusammenfassen. Historisch orientiert bedeutet in diesem Fall nur, dass ein wie auch immer gearteter historischer Bezug vorliegt. Es sagt nichts über dessen Grad oder Qualität aus, noch soll der Begriff in irgendeiner Weise wertend verstanden werden.
Den zweiten wichtigen Begriff dieser Untersuchung, den Begriff der „Szene, der historisch orientierten Veranstaltungen“ werde ich im Weiteren, der besseren Lesbarkeit halber, nur noch kürzer als „die Szene“ verwenden. Trotzdem wird in jedem Fall immer die gesamte Szene damit umschrieben. Andere Szenen oder Teile dieser einen umfassenden Szene werden deutlich als solche gekennzeichnet sein.
Hoffmann benutzt in seiner Untersuchung über das Phänomen Mittelalterfeste Gerhard Schulze[32] um den Begriff der Szene zu definieren. Er schreibt: „Eine Szene wird hier (nach SCHULZE) verstanden, als ‑...ein Netzwerk von Publika, das aus drei Arten der Ähnlichkeit besteht: partielle Identität von Personen, von Orten und von Inhalten. Eine Szene hat ihr Stammpublikum, ihre festen Lokalitäten und ihr typisches Erlebnisangebot." [33]
Ich schließe mich für meine Verwendung des Begriffs „Szene“ dieser Definition an und bezeichne somit die Szene der historisch orientierten Veranstaltungen als diejenige Personengruppe, die regelmäßig am Erlebnisangebot historisch orientierter Veranstaltungen partizipiert, die entsprechenden Medien konsumiert und untereinander ein Netzwerk im Sinne Schulzes und Hoffmanns bildet.
5 Geschichte als Event
Das angeblich erste „Ritterfest“ fand in Deutschland im Jahr 1881 in Rothenburg o.T. statt, schnell folgten die ersten Nachahmer. 1903 wurde schließlich die erste Landshuter Fürstenhochzeit abgehalten,[34] die bis heute wohl stilechteste mittelalterliche Großveranstaltung in Deutschland.[35] Die größte „mittelalterliche“ Veranstaltung, das Kaltenberger Ritterturnier[36] des bayrischen Prinzen Luitpold wird seit 1980 durchgeführt.[37] Es ist somit sicherlich mitverantwortlich für die Zunahme der historisch orientierten Veranstaltungen in den 1980er und den Boom in den 1990er Jahren,[38] obwohl es sich beim Kaltenberger Ritterturnier mehr um ein zeitlich vage eingegrenztes Kostümfest als um eine historische Veranstaltung im Wortsinn handelt.[39]
Nicht nur in der Bundesrepublik, auch in der DDR begeisterte man sich für lebendige Geschichte. So hatten sich in der Deutschen Demokratischen Republik ganze Dorfkollektive als Filmkulisse für die DEFA[40] und andere dem Mittelalter verschrieben.[41]
Für diese Untersuchung lassen sich sechs wichtige Formen von historisch orientierten Veranstaltungen unterscheiden: mittelalterliche Märkte, Living-History Veranstaltungen mit ihren Unterformen Reenactment- und Museumsveranstaltung, Liverollenspiele und Veranstaltungen für Firmen oder Privatpersonen.
Die bekannteste Veranstaltungsform ist wohl der so genannte Mittelaltermarkt, auch als „Spectaculum“ bekannt. Dieser kommt wiederum in verschiedenen Formen vor, z.B. als Turniere, Handwerker-Märkte, Weihnachtsmärkte oder auch ohne weitergehende Klassifizierung.
Mit Mittelaltermärkten auf keinen Fall zu verwechseln sind alle Formen von „Living-History“-Veranstaltungen. Häufig treten hierbei Museen oder vergleichbare Institutionen als Veranstalter auf, was für die Frage der historischen Qualität ein besonderes Problemfeld öffnet. Oberflächlich betrachtet sind Re-enactment (oder Reenactment)-Veranstaltungen ein Teil des „Living History“.
Eine ganz eigene Form bieten Liverollenspiel-Events, die von den in dieser Subszene Aktiven auch als „Cons“[42] bezeichnet werden. Obwohl es sich hierbei meistens um wenig historische Hobby-Veranstaltungen handelt, hat sich mit dem so genannten „Reenlarpment“ eine Sonderform gebildet, die zu betrachten es sich im Rahmen dieser Untersuchung durchaus lohnt.
Zwei weitere, von allen oben genannten Veranstaltungsformen beeinflusste Arten der historisch orientierten Veranstaltung sind Firmenevents und größere, professionell organisierte Privatveranstaltungen, wie Jubiläen und andere Feiern.
Abbildung 1, Historisierende Marktveranstaltung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Historischer Markt anlässlich der 1111 Jahr Feier in Eschringen, eigene Aufnahme, Juni 2004.
5.1 Märkte
Unter mittelalterlichen Märkten[43] versteht man im Allgemeinen volksfestartige Festveranstaltungen in historisierendem Gewand. Das Wort „Mittelalter“ steht in diesem Zusammenhang nicht wirklich für die historische Epoche des Mittelalters, mit der man je nach Definition die rund 1000 Jahre vom 5. Jahrhundert bis zum Ende des 15. Jahrhunderts bezeichnet. Selbst wenn es sich um „mittelalterliche“ Veranstaltungen im Wortsinn handeln würde, stellt sich trotzdem die Frage, wie knapp 1000 Jahre Geschichte unter einen Hut zu bringen wären.[44]
Wie eben dargestellt, sorgt der Begriff Mittelaltermarkt leicht für Verwirrung, weitere, nicht unbedingt viel genauere Bezeichnungen sind „Mittelalterlich-Spektakulum“, „Spectaculi“ oder „Mittelalter-Fest“ Bei allen eben genannten Namen für das Phänomen handelt es sich in erster Linie um Selbstbezeichnungen der Veranstalter und Besucher solcher Veranstaltungen. Als sehr viel treffender scheint die etwas nüchterne Fremdbezeichnung „Romantischer Handwerkermarkt“.[45] Nichts desto trotz beschreibt das Wort „Spectaculum“ auch recht anschaulich, worum es sich bei solchen Veranstaltungen handelt. Nämlich in erster Linie um Spektakel, die von der Dekoration der Stände, der Kleidung der meisten Akteure sowie den angebotenen Attraktionen her den Flair einer romantischen, aber niemals existenten Epoche zum Leben zu erwecken versuchen.
Sinn und Zweck dieser Veranstaltungen ist es in erster Linie zu unterhalten. Es handelt sich in aller Regel mehr um einen mobilen historisierten Vergnügungspark mit einer großen Auswahl an entsprechenden Waren, Lebensmitteln und Dienstleistungen, als um eine, wie auch immer geartete historische Veranstaltung.[46] Die Tatsache, dass viele „Spectaculi“ von kommerziellen Veranstaltern durchgeführt werden, unterstreicht diese Sichtweise.[47]
Bei diesen Marktveranstaltungen handelt es sich um ein inzwischen weit verbreitetes Phänomen. Allein im Jahr 2003 konnte man im Veranstaltungskalender der Karfunkel, einer wichtigen[48] Szene-Zeitschrift, mehr als 3000[49] solcher Marktveranstaltungen zählen. In den Jahren von 1993 bis 2000 stiegen die Zahlen um 108%, allerdings gingen die Zahlen 2001 und 2003 zurück und die Steigerungsrate liegt zwischen 1993 und 2002 „nur noch“ bei 50%.[50]
Ein durchschnittlicher Mittelaltermarkt sieht wie folgt aus: Auf einem mehr oder weniger umzäunten Areal, sei es ein Stadtpark oder „die grüne Wiese“, versammeln sich auf Initiative eines Veranstalters, eine mehr oder weniger große Anzahl von Händlern, Handwerkern, Schaustellern, Living-History Darstellern, sowie das so genannte Marktvolk[51] und sonstige Besucher. Der Veranstalter kann dabei z.B. ein örtlicher Verein oder die Stadtverwaltung, aber auch eine privatwirtschaftliche Organisation sein.
Das Warenangebot der angesprochenen Händler ähnelt größtenteils eher dem eines normalen und allseits bekannten Weihnachtsmarktes, als dem was man aus historischer Sicht auf einem „echten“ mittelalterlichen Markt zu finden erwarten würde. Ergänzt wird das Angebot durch Handwerker und Kunsthandwerker, die zum einen ihr, im besten Fall altes, Handwerk präsentieren und vorführen, zum anderen ihre Erzeugnisse dem Besucher auch feilbieten. Solche Handwerksvorführungen können von ganz unterschiedlicher Qualität sein. Hier reicht die Spanne von akribisch recherchierten und wissenschaftlich fundierten Wiederbelebungsversuchen verloren gegangener Künste bis zu wenig mittelalterlichen Darbietungen eines selbsternannten Lederers, der angeblich keltischen Lederschmuck fürs Handgelenk produziert.
Bei den Schaustellern sieht es ähnlich aus, vom gut recherchierten und historisch ernsthaft dargestellten Geschichtenerzähler bis zum „dummen August“ im historisierenden Polyester - Kostüm wird alles geboten.
Was nun letztendlich einen Mittelaltermarkt von einem normalen Stadtfest oder Weihnachtsmarkt unterscheidet, sind das vom Veranstalter geschaffene Ambiente, die historisch gekleideten Darsteller,[52] das Marktvolk, sowie die vermeintlich „mittelalterlichen“ Darbietungen. Hierbei handelt es sich nicht selten um Kampfdarstellungen archaischer Recken. Überspitzt gesagt, treten sich entweder der Weiße- und der Schwarze-Ritter im „Turney“ gegenüber oder zwei edle Streiter liefern sich vor den gespannten Augen des Publikums einen actionreichen Schaukampf mit Schild und Schwert. Gerade die großen Turniere sind dabei eindeutig mehr aktionsgeladenes Showspektakel als historische Veranstaltung.[53]
5.2 Living-History
Abbildung 2, Living-History Stadtführung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bader des späten 15. Jahrhunderts, Living-History Stadtführung in Saarbrücken, eigene Aufnahme, Juni 2005.
Living-History einfach nur mit „Lebendige Geschichte“ zu übersetzen, würde viel zu kurz greifen. Living-History (häufig LH abgekürzt) ist eine besondere Darstellungsform von Geschichte. Kurz gesagt geht es darum, Geschichte sinnlich zu erfahren.[54] Wobei zu beachten ist, dass es sich bei
jeder Form von Living-History immer um Vollrekonstruktionen von Geschichte handelt.[55] Die gröbste Unterscheidung ist in Living-History Darsteller und Living-History Einrichtungen vorzunehmen. Alle weiteren Wortkombinationen mit dem Begriff Living-History zeigen eine wie auch immer geartete Verbindung zu einer der beiden vorgenannten Gebiete an. Living-History-Einrichtungen sind in der Regel Museen, die zu mehr oder weniger großen Teilen aus Vollrekonstruktionen bestehen, also keine oder nur wenige Originale besitzen[56] oder die besonderen Wert auf die Belebung ihrer vorhandenen Originale durch Living-History Darsteller legen.
Bei Living-History Darstellern handelt es sich um Personen, die versuchen für sich selbst und/oder Publikum eine bestimmte Epoche der Geschichte wieder lebendig werden zu lassen.
So bemerkte 1981 schon fast prophetisch Rolf Schörken:
„Das Nacherleben historischer Situationen scheint allmählich zu einem Freizeitabenteuer von besonderem Reiz zu werden. Da werden in nachgebauten alten Segelschiffen die Überfahrten der Mayflower und Santa Maria wiederholt, da leben Familien im Selbstversuch mehrere Wochen lang wie Steinzeitmenschen, da wird Hannibals Alpenübergang mit Elefanten möglichst geschichtsgetreu nachgespielt. Geschichte stellt ein Feld von Möglichkeiten zu einer neuen Art von Lebensführung zur Verfügung, bei der das radikale Anderssein geprobt wird.“ [57]
In der Tat begeistern sich in Deutschland seit den 1980er Jahren immer mehr Menschen für Living-History, sei es als Hobby zur eigenen Freizeitgestaltung oder hauptberuflich zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts. Laut Dietmar Krügler handelt es sich um „Menschen, die sich als Erben der Geschichte verstehen (...). Sie glauben nicht, dass die Vergangenheit wirklich vergangen ist.“ Es geht ihnen darum, Geschichte sinnlich zu erfahren.[58]
Besonders im Hobby-Bereich finden sich zu diesem Zweck Gruppen zusammen, um als Verein oder in einer anderen Organisationsform ihrer Betätigung in der Living-History nachzugehen.
Für die Darstellung stehen in der Living-History verschiedene Techniken zur Verfügung. Die strikteste Form stellt die so genannte „First-Person-Darstellung“ dar. Hierbei handelt der Darsteller aus der ersten Person des der Darstellung zugrunde liegenden historischen Charakters. Erzählt dem Publikum also beispielsweise: „Ich bin Vogt Bernhard, geboren 1524 in Saarbrücken…“ Der Vorteil dieser Darstellungsform liegt in ihrer Unmittelbarkeit und atmosphärischen Dichte. Nachteilig wirkt sich aber aus, dass Darsteller und Publikum nur schwer miteinander interagieren können. Schließlich stellt es einen Charakter des beispielsweise 15. Jahrhunderts vor gewisse Probleme, mit Publikum des 21. Jahrhunderts zu kommunizieren. Dieses Problem tritt bei der zweiten Form der Living-History, der „Third-Person-Darstellung“, nicht auf. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt der Darsteller hier aus der dritten Person heraus und kommuniziert ganz direkt mit seinem Publikum. („Ich bin gekleidet wie Vogt Bernhard, der 1524 in Saarbrücken geboren wurde…“) Dieser Form der Darstellung fehlt allerdings eine gewisse Lebendigkeit und so wirkt sie oft etwas steif und wenig attraktiv.
Diesen Nachteil zu kompensieren, versucht die letzte und wohl inzwischen weit verbreiteste Form der Living-History-Darstellung, das „Role-Acting“. Hierbei handelt der Darsteller aus der ersten Person heraus, verfällt aber immer wieder in die dritte, um eine Interaktion mit dem Publikum zu erleichtern.[59]
Wie obige Zeilen schon vermuten lassen, gehört zu einer Living-History-Darstellung ein Kostüm, sowie ein ausgearbeiteter Charakter bzw. eine Rolle, die zur dargestellten Zeit passt. Im Allgemeinen, aber ganz besonders im musealen Bereich, ist auf die historische Qualität, die Details und Genauigkeit der verwendeten Kostüme, größte Sorgfalt zu legen. Für die Recherche der zum Einsatz kommenden Rollen gilt im Grunde genommen das Gleiche; schlecht recherchierte Living-History-Charaktere bergen die Gefahr, zu einem falschen Geschichtsbild beim unbedarften Publikum beizutragen, bzw. ein solches zu verfestigen.
Der Begriff Living-History entstand in den USA. Wahrscheinlich in den 1950er, 1960er Jahren, vorher sprach man eher von „Historical Interpretation“.[60] So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Living-History in seiner heutigen Form auch aus den USA stammt, obwohl die Wurzeln im alten Europa, genauer in Schweden liegen.[61]
1891 wurde in Stockholm das welterste Freilichtmuseum der Skansen[62] eröffnet. Sein Gründer Artur Hazelius (1833-1901) wollte die alte landwirtschaftliche Kultur Schwedens vor dem, durch die Industrialisierung sich abzeichnenden, Untergang bewahren.[63] Zu diesem Zweck kaufte er 1885 ein Bauerngehöft in Mora (Dalarna), welches den Grundstock zu seinem sechs Jahre später eröffneten Freilichtmuseum legte. Schon Hazelius wollte sein Museum mit Leben füllen und bot deswegen beispielsweise Handwerkern eine Plattform.[64]
Kurz nach Hazelius’ Initialzündung entstanden ähnliche Museen in anderen europäischen Länden. Allerdings fand der Gedanke des belebten Museums sehr viel eher in den USA einen fruchtbaren Boden. Die Europäer standen der Idee Hazelius’ lange Zeit eher skeptisch gegenüber. Obwohl parallel, also schon im 19. Jhrd erste „Rittervereine“ in Deutschland entstanden.[65]
In den USA öffnete zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem „John Ward House“ eines der ältesten Häuser Salems (Massachusetts) seine Pforten als Museum. Und hier wurden die Besucher von, zur Entstehungszeit des Hauses, passend gekleideten Führern durch das Museum geführt.[66] Im Folgenden fand dieses Konzept viele Nachahmer und führte dazu, dass der „National Park Service“[67] sich mit dem Phänomen Living-History auseinandersetzte. So kam es, dass im Jahr 1935 der Superintendent des Yosemite National Parks in Kalifornien die Idee hatte, eine alte Indianerin in seinem Park traditionelle Handwerkstechniken vorführen zu lassen. „Diese als „revolutionär“ angesehene Vorführung gilt heute als die wohl erste „Living History“-Präsentation in einem amerikanischen National Park“.[68]
Diese Idee wurde von anderen aufgegriffen, was schließlich dazu führte, dass Freeman Tilden[69] mit seiner Schrift „Interpreting our Heritage“ dem Gebrauch bzw. der Anwendung von Living-History eine theoretische Grundlage gab. Seine sechs damals formulierten Artikel bilden im Großen und Ganzen bis heute die Grundlage jeder qualitätvollen Living-History-Darstellung.[70]
In Deutschland setzt sich Living-History in seiner heutigen Erscheinungsform seit den 1980er Jahren langsam durch, auch wenn die Wurzeln, gerade im Hobby-Bereich, sehr viel älter sind. Die Tradition geht hier zurück über Schwarzpulverschützen, Westernvereine und nicht zuletzt frühe Formen des Napoleonik-Reenactments, also der Nachstellung einzelner Schlachten der Befreiungskriege.[71]
Im musealen Bereich dauerte es erheblich länger, bis man die Möglichkeiten von Living-History für die Geschichtsvermittlung entdeckte.[72] Hier hatte und hat die Living-History leider immer noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Wie die Abschlussdiskussion einer Tagung[73] in Mainz mit dem Titel „Disneyland im Museum? Living History als Vermittlungsform“ ergab, unterstellt man eine zu romantische Darstellung der Geschichte. Die Bildung würde der reinen Unterhaltung hintenangestellt, Living-History sei unwissenschaftlich und vor allem aufgrund des Fehlens des historischen Originals nicht fähig, die wahre Anmutung der Geschichte zu transportieren, sondern eine künstliche und somit minderwertige Form. Zieht man die teilweise sehr fragwürdige Qualität einzelner Living-History-Darsteller in Betracht, erscheinen solche und andere Kritikpunkte durchaus begründet.[74]
Erst seit dem Ende der 1990er Jahre setzt sich Living-History auch in den Museen nach und nach als adäquates museumspädagogisches Mittel durch. Eine Vorreiterrolle spielte hierbei beispielsweise das Freilichtmuseum in Kommern,[75] das seit dem Jahr 2000 mit seinem Projekt „Gespielte Geschichte“ Living-History fest in sein Museumskonzept integriert hat.
5.2.1 Reenactment
Abbildung 3, Napoleonik Reenactment
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Völkerschlacht von Leipzig Reenactment, Leipzig, Zur Verfügung gestellt von Andreas Bolz, H&B Tour Conception, Sommer 2004.
Reenactment kann als eine Spielart des Living-History bezeichnet werden. Wie das Wort Reenactment schon vermuten lässt (von englisch Wiederholung, bzw. Widerinkraftsetzung), handelt es sich hierbei um die Nachstellung eines ganz bestimmten Ereignisses der Geschichte. Häufig sind es große Schlachten die nachgestellt werden.[76] Allerdings ist es nicht so, das es sich bei einem Reenactment grundsätzlich um ein kriegerisches Ereignis handeln muss. Es kann immer dann von einem Reenactment gesprochen werden, wenn irgendein konkretes Ereignis der Vergangenheit so detailgenau, authentisch und realistisch wie irgend möglich wieder zum Leben erweckt werden soll. Hierbei kann es sich um eine Schlacht, aber eben auch um ein historisches Photo oder Gemälde handeln.
Personen, die Reenactment betreiben, nennt man gemeinhin Reenactor. Häufig wird dieser Begriff fast synonym für Living-History Darsteller benutzt, was aber genau genommen falsch ist.
5.2.2 Museumsveranstaltungen
Unter dem Druck der Konkurrenz auf dem Freizeitsektor orientieren sich viele Museen als Erlebnissorte neu.[77] So entstand eine weitere Unterart der Living-History, die Museumsveranstaltungen. Hierbei wird Living-History als eine Vermittlungsform historischer Inhalte verwendet. Gerade in diesem Zusammenhang ist das Problem der historischen Qualität natürlich besonders dringlich. Schließlich sind Museen ein wichtiger Bildungsort und somit ganz besonders verpflichtet, auf historische Qualität zu achten.
Eine Sonderform der Living-History, die nur im musealen Kontext existiert, ist das so genannte Musems-Theater.[78] Das erste Museums-Theater in Deutschland fand nach aktuellem Kenntnisstand im Jahr 1988 in Karlsruhe anlässlich der großen Hertz-Austellung statt.[79] Seit dem hat sich Museumstheater immer mehr im museumspädagogischen Kontext durchgesetzt.[80] Hierbei wird klassisches Theaterspiel gewissermaßen auf die museale Bühne gebracht. Im Gegensatz zum Living-History, bei dem sehr viel auf Improvisation basiert, liegen den Charakteren im Museumstheater geschriebene (Theater-)Rollen zu Grunde, die wie im Theater „nach Drehbuch“ gespielt werden. Als Bühne dient dabei häufig nicht eine klassische Theaterbühne, sondern der Ausstellungsraum. Museumstheater möchte zur Auseinandersetzung mit dem Original provozieren.[81] Und es versteht sich eindeutig als didaktisches Mittel.
Obwohl einige Museen oder historische Einrichtungen lebendige Geschichte, bzw. Living-History als anscheinend adäquates Mittel entdeckt haben, um Haushaltslöcher zu stopfen, sollten bei Museumsveranstaltungen sehr viel eher pädagogische und didaktische als kommerzielle Zielsetzungen zu Grunde liegen.
Abbildung 4, Römische Museumsveranstaltung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vita Romana, Rheinheim-Bliesbrück, eigene Aufnahme, Juni 2005
Museumsveranstaltungen werden aus den angesprochenen Gründen in dieser Arbeit nicht wie bei Hoffmann ausgegrenzt,[82] sondern vielmehr, gerade was die historische Qualität angeht, mit zum Untersuchungsraum hinzu genommen.
5.3 Liverollenspiel
Abbildung 5, Historisierendes Liverollenspiel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Historisierendes Liverollenspiel auf pseudo keltischem Hintergrund, eigene Aufnahme, Februar 2006.
Das Liverollenspiel kam Anfang der 90er Jahre aus dem englischsprachigen Raum zu uns nach Deutschland. Der Name ist eine Verkürzung von Live-Action-Roleplaying (LARP). Dieser Begriff lässt sich nur sehr schwer ins Deutsche übersetzen. Sehr frei könnte man es mit „Reales-Handlungs-Rollenspiel“ versuchen. Ursprünglich handelt es sich bei LARP um ein dem so genannten Pen & Paper oder Tischrollenspiel[83] verwandtes Hobby. Bei diesen Tischrollenspielen erschaffen sich die Spieler nach einem festen Regelwerk einen Charakter, den sie dann auf Grundlage des Regelwerks, gelenkt durch einen Spielleiter (als „Meister“ bezeichnet), durch eine fiktive Geschichte führen. Hierbei sind die Charaktere vergleichbar mit den Protagonisten in einem Roman und der Spielleiter und die Spieler mit dem Autorenteam. Die Story (als Plot bezeichnet) entwickelt sich durch Interaktion zwischen den ihre Charaktere verkörpernden Spielern und dem die Handlung vorantreibenden und steuernden Spielleiter.
Beim Liverollenspiel treten die Akteure selbst in der Realität auf, wie in einem interaktiven Improvisationstheater, während beim Tischrollenspiel die Spieler ihre Charaktere nur verbal vertreten und handeln lassen.
Teil dieser Untersuchung wird das Liverollenspiel sein, weil sich das Szenario der meisten Plots in einer fiktiven Fantasiewelt[84] befindet, die vom Ambiente und der zugrunde gelegten Gesellschaftsstruktur am europäischen Mittelalter orientiert ist.[85]
Liverollenspiel als Betätigung bzw. Hobby zeigt große Parallelen zu den oben angesprochenen Phänomenen: Mittelaltermarkt, Living-History und Reenactment. Man ist „verkleidet“[86], gesellig und begibt sich für eine bestimmte Zeit in eine mehr oder weniger historische Zeit. Dies mag auch der Grund sein, warum es zwischen den einzelnen Subszenen große Überschneidungen gibt. Liverollenspieler besuchen Mittelaltermärkte,[87] Reenactor nehmen an Liverollenspielen teil, etc. Vor allem das Aufkommen des so genannten „Reenlarpments“[88] unterstreicht diese
Abbildung 6, Historisches Liverollenspiel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Reenlarpment Landsknechtgruppe ca. 1475, Photographie zur Verfügung gestellt von Hans-Jörg Emmert, November 2005.
Tatsache. Diese Sonderform des Liverollenspiels wählt sich als Vorlage für die gespielten Szenarien historische Zeiten und, ähnlich wie in Living-History, klar umrissene Zeiträume. Die Akteure bemühen sich, was Ausrüstung und Kostüm angeht, um größtmögliche historische Genauigkeit, weswegen synonym auch die Begriffe Living-History-Larp oder Historical-Larp kursieren. Man sieht also, dass auch historisch orientierte Veranstaltungen, mit hohem historischen Anspruch, durchaus auf Spaß ausgelegt sein können und sich Spaß und historische Authentizität nicht von vornherein ausschließen müssen.[89]
Trotzdem ist es natürlich wichtig zu bemerken, dass diese Sonderform des Liverollenspiels sowohl ein recht neues, als auch ein, im Vergleich zur gesamten Szene, kleines Phänomen ist. Die größte Zahl der Liverollenspiele in Deutschland sind weitaus mehr im Fantasy-Genre als in einem historischen angesiedelt und so werden Liverollenspiele in der vorliegenden Arbeit auch nicht wegen des Phänomens des Reenlarpments zum Untersuchungsraum hinzugenommen, sondern wegen der schon angesprochenen großen Überschneidung der Nutzergruppen von allen Arten von historisch orientierten Veranstaltungen.
5.4 Veranstaltungen für Firmen und Privatleute
Abbildung 7, Historisierende Firmenveranstaltung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Römisch historisierende Teambuilding-Veranstaltung, Photographie zur Verfügung gestellt von Andreas Bolz, H & B Tour Conception, September 2005.
Abbildung 8, Historisierende Privatveranstaltung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Historisierende Hochzeit, eigene Aufnahme August 2003.
Auf den ersten Blick scheint es etwas verwunderlich zu sein, dass ich in der Überschrift zwei absolut gegensätzliche Dinge, wie Firmen und Privatpersonen, zusammenfasse.
Für den Blickwinkel aus dem sie hier betrachtet werden sind beide Typen von Veranstaltungen ähnlich, wobei die wichtigste Gemeinsamkeit die Tatsache darstellt, dass es sich um einen nicht öffentlichen Rahmen handelt. Bei privaten Veranstaltungen legt die Bezeichnung „privat“ diese
Vermutung schon nahe. Bei Veranstaltungen für Firmen handelt es sich in aller Regel um Incentives,[90] Teambuildings[91] oder Rahmenprogramme, beispielsweise zu einer Tagung oder einem Kongress. In allen genannten Fällen sind die Teilnehmer der Veranstaltung auf den Kreis der Personen beschränkt, die vom Veranstalter dazu eingeladen werden. Der Öffentlichkeit steht es also nicht frei, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen. Somit würden beide Formen von historisch orientierten Veranstaltungen streng genommen nicht zum Untersuchungsgebiet gehören, gäbe es nicht auch bei diesen Überschneidungen mit den schon aufgeführten Formen von Veranstaltungen, was die Anbieter und Teilnehmer betrifft.[92]
[...]
[1] Historisierend im Sinne von: an die Historie angelehnt, das Geschichtliche betonend, anstrebend.
[2] Markt hier selbstverständlich nicht nur im Sinne einer Marktveranstaltung, sondern im wirtschaftswissenschaftlichen Wortsinn.
[3] Allerdings ist es kein modernes Phänomen, dass sich die Fachwissenschaft vermeintlich zu wenig um das öffentliche Geschichtsbewusstsein kümmert. Dieser Vorwurf ist schon aus dem 19. Jh. bekannt, siehe Rolf Schörken, Geschichte in der Alltagswelt. Wie uns Geschichte begegnet und was wir mit ihr machen, Stuttgart 1981, S. 14.
[4] Die Geschichte der historischen Veranstaltungen in Deutschland ist bisher noch nicht umfassend erforscht, so dass es schwierig ist, verlässliche Angaben darüber zu machen, seit wann das Phänomen auftritt.
[5] Von engl. Event = Ereignis.
[6] Z.B. Tempus Vivit, (http://www.tempus-vivit.net/), Karfunkel Forum (http://www.forum-karfunkel.de/main.php), Viking Net, das Frühmittelalterforum (http://72.rapidforum.com/), Das Mittelaltermarkt Forum (http://www.ur-gestein.homepage.t-online.de/neuesforum/index.php?), Living-History Network (http://living-history-network.de/), LARP Info (http://www.larpinfo.de/), Drachenfest Forum (http://www.drachenfest.info/forum/index.php), Fantasiewelten Forum (http://www.fantasiewelten.de), etc.
[7] Bei aller Vorsicht, die eine verallgemeinernde Bezeichnung als „mittelalterlich“ fordert.
[8] Von engl. L ive A ction R ole p laying, wird in Abschnitt 5.3 genauer erläutert.
[9] Vgl. Wikipedia, Live Action Role Playing, 30.03.2006,
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Live_Action_Role_Playing&oldid=15052949.
[10] Vgl. Wikipedia, Fantasy, 02.04.2006, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fantasy&oldid=14846736.
[11] Gerhard Schulze, Kulissen des Glücks. Streifzüge durch die Eventkultur, Frankfurt a.M. 1999.
[12] Nach Kirsten Bohnen, ist die Eventkultur eine Unterhaltungskultur. Vgl. Kirsten Bohnen, „Gib Gas, ich will Spaß“ - Quo vadis, Museum? Eventkultur als besondere Herausforderung/Chance für Technikmuseen, in: Beatrix Commandeur, Dorothee Dennert (Hg.), Event zieht – Inhalt bindet. Besucherorientierung von Museen auf neuen Wegen, (Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement) Bielefeld 2004, S. 147.
[13] Vgl. z.B. Erwin Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart. Die Vermarktung des Mittelalters im Spannungsfeld zwischen Authentizität und Inszenierung, Stuttgart 2005, S. 94 und 311.
[14] Living-History von engl. „lebendige Geschichte“, beschreibt den Versuch Geschichte erlebbar zu machen. Dies geschieht meistens durch das Nachstellen historischen Lebens in passenden Kostümen und unter Verwendung entsprechender Ausrüstungsgegenstände. Living-History wird im Abschnitt 5.2 genauer erläutert.
[15] Reenactment ist eine Unterart der Living-History, es bezeichnet in der Regel das möglichst geschichtstreue Nachstellen eines historischen Ereignisses. Siehe Abschnitt 5.2.1.
[16] Vgl. z.B. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 96 oder Rüdiger Krohn, Ritterspiele zwischen Tradition und Kommerz, in: Kühnel, Jürgen, Mittelalter-Rezeption III, (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, Band 3) Göppingen 1988, S. 723.
[17] Vgl. Sabine Gebert, Zeitreise ins Mittelalter, (Diplomarbeit, unveröffentlicht) Fachbereich VI, Universität Trier 1998, S. 34ff und Erwin Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 93.
[18] Vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart S. 93. Rüdiger Krohn bezeichnet diese Ausstellung als „Staufer-Rummel“; siehe Rüdiger Krohn, Die Enteignung des Mittelalters oder: Der Verlust der einen auf der Suche nach der anderen Zeit, in: Burg, Irene von, Medien, Politik, Ideologie, Ökonomie, (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, Band 550) Göppingen 1991, S. 477.
[19] Vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 37 und 310.
[20] Siehe z.B. http://www.tempus-vivit.de oder http://www.karfunkel.de oder http://www.mittelalter-spectaculum.de, etc.
[21] Zwischen der Bemerkung von Rüdiger Krohn im Jahr 1988, dass Fachleute mit dem Phänomen fast gar nicht zu tun hätten und heute hat sich nicht viel getan; siehe Krohn, Ritterspiele zwischen Tradition und Kommerz,
S. 723.
[22] Z.B. Krohn, Ritterspiele zwischen Tradition und Kommerz oder Gabriele Kindler (Hg.), MuseumsTheater. Theatrale Inszenierungen in der Ausstellungspraxis, (Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement) Bielefeld 2001.
[23] Gebert, Zeitreise ins Mittelalter.
[24] Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart.
[25] Z.B. wurde vom Museumsverband Rheinland-Pfalz am 21.11.2005 eine Tagung zum Thema „Disneyland im Museum? Living-History als Vermittlungsform“ abgehalten. Außerdem gab Gabriele Kindler anlässlich einer entsprechenden Fachtagung vom 21.-24. September 2000 in Karlsruhe ein Buch zum Thema MuseumsTheater heraus. Kindler, MuseumsTheater.
[26] Eine gute Internetseite zum Thema Living History, Reenactment und Museum gibt es z.B. von Michael-Andreas Tänzer, http://www.lebendiges-museum.de.
[27] Vgl. z.B. Andrew Robertshaw, “A dry shell of the past”: Living history and the interpretation of historic houses, in: Association for Heritage Interpretation, 07.11.2005, http://www.heritageinterpretation.org.uk/journals/j2c-shell.html.
[28] Vgl. z.B. Jay Anderson, Time Machines. The World of Living History, Nashville 1984 oder Stacy F. Roth, Past into Present. Effective techniques for first-person historical interpretation, Chapel Hill & London 1998.
[29] Siehe Fred Schwol, Die Entstehung des Liverollenspiels in Deutschland, 12.02.2006,
http://www.larpwiki.de/cgi-bin/wiki.pl?Geschichte_Des_Larp.
[30] Vgl. z.B. Andrea Windisch, Nachts, wenn der Vampir erwacht. Eine psychologische Untersuchung zum Thema Vampire-Live-Rollenspiel und Persönlichkeit, Saarbrücken 1997.
[31] Ein Beispiel für eine solche Veranstaltung wäre eine privat organisierte Geburtstagsfeier im keltischen Ambiente.
[32] Vgl. Gerhard Schulze, Die Erlebnisgesellschaft: Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt am Main, 1992, S. 463.
[33] Vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 265.
[34] Vgl. Gebert, Zeitreise ins Mittelalter, S. 40ff.
[35] Diese Veranstaltung gibt es noch heute, siehe http://www.landshuter-hochzeit.de/.
[36] Siehe http://www.ritterturnier.de/.
[37] Vgl. Krohn, Ritterspiele zwischen Tradition und Kommerz, S. 727.
[38] Vgl. Gebert, Zeitreise ins Mittelalter, S. 27 und 53.
[39] Vgl. Krohn, Ritterspiele zwischen Tradition und Kommerz, S. 728.
[40] De utsche F ilm A G, volkseigene Filmstudio in der DDR.
[41] Vgl. Gebert, Zeitreise ins Mittelalter, S. 79.
[42] Von engl. Convention.
[43] Hoffmann bezeichnet diese Veranstaltungen zusammenfassend als „Mittelalterfest“, vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 18.
[44] Veranstaltungen bei denen ein wirklich ernsthafter Versuch unternommen wird, mehrere Epochen miteinander zu präsentieren, existieren zwar, man nennt sie „multi-period“, sind häufig jedoch eher der Living-History oder dem Reenactment zuzuordnen.
[45] Aufgebracht von Dr. Sven Siemers in seinem Vortrag „Die Bachritterburg Kanzach - ein Erfahrungsbericht“ auf der Tagung „Disneyland im Museum? Living History als Vermittlungsform“ in Mainz am 21.11.2005.
[46] Für Hoffmann sind Mittelaltermärkte nur „Shop & Show“, siehe Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart,
S. 227.
[47] Ebd. Anhang 1, S. 12.1.
[48] Die Karfunkel verfügt zurzeit über etwa 8.000 Abonnenten.
[49] Vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 94.
[50] Ebd.
[51] Das „Marktvolk“ setzt sich zum einen aus den, sich dem historisierenden Ambiente anpassenden Schaustellern und Händlern, sowie den in mehr oder weniger historisch anmutende Gewänder gekleideten Besuchern zusammen. Für diese, dem Marktvolk zuzurechnenden Besucher, dienen Marktveranstaltungen jener Art als eine Bühne für ihre Selbstdarstellung. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es unter dem Marktvolk solche mit ernstzunehmendem historischen Anspruch, beispielsweise was Kleidung und Accessoires betrifft und solche, die Lederhose, Rüschenhemd, Lederarmschienen und Methorn als „mittelalterlich“ ansehen.
[52] Als Living-History-Darsteller und in manchen Fallen fälschlicherweise Reenactor bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Personen, die versuchen eine bestimmte Zeit oder Epoche selbst nach zu erleben und/oder für sich selbst und meistens auch Publikum nachzustellen. Auch in dieser Gruppe gibt es enorme Qualitätsunterschiede, wobei das spezielle Problem hierbei in fehlenden, allgemein anerkannten Qualitätsstandards liegt, was dazu führt, dass leider nicht jede so genannte Living-History Darstellung dem Anspruch historischer Fundiertheit genügen kann.
[53] Erwin Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 229.
[54] Vgl. Dietmar Kügler, Living History im amerikanischen Westen. Historische Präsentationen. Reportagen. Geschichte. Handbuch. Bezugsquellen, Wyk auf Föhr 2003, S. 10. Eine kurze Erklärung findet sich auf ALHFAM, Living History Help, 07.11.2005, http://www.alhfam.org/alhfam.help.html.
[55] Vgl. Michael-Andreas Tänzer, Museum & Living History, in: Arbeitskreis Hannoversche Militärgeschichte, Lebendiges Museum, 07.11.2005,
http://www.lebendiges-museum.de/LebendigesMuseum/museum/museumhome.htm.
[56] Z.B. http://www.bachritterburg.de/.
[57] Schörken, Geschichte in der Alltagswelt, S. 129.
[58] Kügler, Living History im amerikanischen Westen, S. 10.
[59] Vgl. Roth, Past into Present, S. 9ff und IMTAL, Key Definitions, 11.11.2005,
http://www.imtal.org/keyDefs.php und Stacy Roth/ALHFAM. Glossary: First-Person Interpretation, 07.11.2005, http://www.voicenet.com/~frstprsn/alhfam/glossary.htm.
[60] Kügler, Living History im amerikanischen Westen, S. 15.
[61] Zur Geschichte der Living-History vergleiche z.B. ebd. und Andrew Robertshaw, “A dry shell of the past”: Living history and the interpretation of historic houses, in: Association for Heritage Interpretation, 07.11.2005,
http://www.heritageinterpretation.org.uk/journals/j2c-shell.html.
[62] Siehe http://www.skansen.se/.
[63] Vgl. Nordic Museum, Artur Hazelius, 11.11.2005, http://www.mikitravel.se/ImageDesc342.HTML.
[64] Vgl. Markus Wasmeier Bauernhof- und Wintersportmuseum Schliersee, „Freilichtmuseum“ – eine Idee setzt sich durch, 11.11.2005, http://www.wasmeier.de/information/konzept.html und G. Schöbel, „Archäologie und Interpretation“. Die Anfänge der archäologischen Freilichtmuseen in Europa, 22.12.2005,
http://www.exarc.net/resources/speeches/EXARC-4/lecture%20Sch%F6bel-2.pdf.
[65] Vgl. Gebert, Zeitreise ins Mittelalter, S. 34f.
[66] Vgl. Anderson, Time Machines, S. 27 und Michael-Andreas Tänzer, Museen, in: Arbeitskreis Hannoversche Militärgeschichte, Lebendiges Museum, 07.11.2005,
http://www.lebendiges-museum.de/LebendigesMuseum/livinghistory/geschichte_museum.htm und Kügler, Living History im amerikanischen Westen, S. 15.
[67] In den 1930ern und 40ern war man der Ansicht, dass Historische Parks im Vergleich zu Naturparks wenig spektakulär waren und nur für Fachleute interessant, also sollten die Historischen Parks erklärt werden, um deren Bedeutung zu unterstreichen. Vgl. Kügler, Living History im amerikanischen Westen, S. 15f.
[68] Ebd.
[69] Zu Freeman Tilden, siehe National Park Service, Freeman Tilden. 1883-1980, 03.12.2005,
http://www.cr.nps.gov/history/online_books/sontag/tilden.htm.
[70] Siehe Absatz 17, Exkurs: „Gutes Living-History“.
[71] Dargestellt von Ulrich Brand-Schwarz, Museum Herxheim in seinem Einführungsvortrag auf der Tagung „Disneyland im Museum? Living History als Vermittlungsform“, in Mainz am 21.11.2005.
[72] Erster Gebrauch der Sonderform Museums-Theater 1988 in Karlsruhe bei der Hertz-Austellung. Vgl. Hans Joachim Klein, Wieviel Theater braucht das Museum?, in: Gabriele Kindler (Hg.), MuseumsTheater. Theatrale Inszenierungen in der Ausstellungspraxis, (Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement) Bielefeld 2001, S. 81f.
[73] „Disneyland im Museum? Living History als Vermittlungsform“, durchgeführt vom Museumsverband Rheinland-Pfals in Kooperation mit dem Arbeitskreis Museumspädagogik Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. am 21.11.2005 in Mainz.
[74] Solange es keine offiziellen Qualitätsstandards gibt, denen sich alle Darsteller, die vor Publikum agieren, verpflichten, wird es fast unmöglich sein, für dieses Problem eine brauchbare Lösung zu finden.
[75] Siehe http://www.kommern.de.
[76] Zum Bürgerkriegs-Reenactment in den USA siehe Gordon L.Jones, Doin’ the Time Warp: Civil War Re-enacting and the War fort he American Past, 22.12.2005, http://www.uni-stuttgart.de/amerik/pdf/jones.pdf. Eine gute Einführung zum Thema bietet Michael-Andreas Tänzer, ‚Reenactment’ Historische Interpretation oder Freizeitgestaltung?, in: Arbeitskreis Hannoversche Militärgeschichte, Lebendiges Museum, 07.11.2005, http://www.lebendiges-museum.de/LebendigesMuseum/livinghistory/wertung_reenactment.htm, sowie ebd., ‚Reenactment’, http://www.lebendiges-museum.de/LebendigesMuseum/livinghistory/geschichte_reenactment.htm.
[77] Vgl. Gabriele Kindler, Einführung, in: Gabriele Kindler (Hg.), MuseumsTheater, S. 9.
[78] Vgl. IMTAL, Key Questions, 11.11.2005, http://www.imtal.org/keyQuestions.php und Michael-Andreas Tänzer, Museumstheater. Das Museum als Bühne, in: Arbeitskreis Hannoversche Militärgeschichte, Lebendiges Museum, 07.11.2005, http://www.lebendiges-museum.de/LebendigesMuseum/livinghistory/wertung_theater.htm.
[79] Vgl. Klein, Wieviel Theater braucht das Museum?, S. 81f.
[80] Vgl. Kindler, MuseumsTheater, S. 9.
[81] Vgl. Klein, Wieviel Theater braucht das Museum?, S. 83.
[82] Hoffmann grenzt Ausstellungen und Museumsveranstaltungen aus seinem Forschungsraum aus, nutzt sie aber bei der Qualitätsfrage als Vergleich. Vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 18.
[83] Die wohl wichtigsten Vertreter dieser Gattung sind in Deutschland „Das Schwarze Auge“ und „Dungeons & Dragons“ bzw. „Advanced Dungeons & Dragons“.
[84] Diese pseudomittelalterliche Welt wird in der Szene auch als „Fäntelalter“ bezeichnet.
[85] Selbstverständlich gibt es auch Liverollenspiele in ganz anderen Genres, von den Kelten bis zu Raumschiff Enterprise ist (fast) alles möglich und existent.
[86] In der Szene spricht man eher von „gewandet“ als „kostümiert“.
[87] Vgl. Hoffmann, Mittelalterfeste in der Gegenwart, S. 223 und Absatz 11.2.4.
[88] Wahrscheinlich tauchte der Begriff das erste Mal im Jahre 2003 in Verbindung mit der damals neu gegründeten Gruppe der „Freigenossen“ auf. Eine Liverollenspielgruppe, die sich strikt an den südbadischen 1470er Jahren orientiert und sehr hohe Anforderungen an die Authentizität der Kostüme und Ausrüstung ihrer Mitglieder stellt; siehe http://www.freigenossen.de.
[89] Ein gutes Beispiel ist das große Turney aus dem Jahre 2005; siehe http://www.die-grosse-turney.de/.
[90] Incentives sind Zuwendungen einer Firma an ihre Mitarbeiter oder Kunden, durch welche diese belohnt oder motiviert werden sollen. Es kann sich bei einem Incentive um einen Gegenstand (z.B. Kugelschreiber) handeln aber auch um eine Veranstaltung (z.B. Sommerfest).
[91] Teambuildings sind Veranstaltungen zum besseren Kennenlernen der Teilnehmer, die im besten Fall zur Bildung eines Teams führen sollen.
[92] Vgl. Anhang Tabelle 1.17.2f.
- Citation du texte
- Julian Blomann (Auteur), 2006, Geschichte vermarkten - Eventkultur als Arbeitsfeld, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66345
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