Das in der folgenden Arbeit behandelte Werk ist die Kudrun. Über die Entstehungszeit dieses Epos` gibt es keine Gewissheit. Überliefert wurde es nur in einer einzigen Handschrift, in dem Ambraser Heldenbuch, welches Hans Ried zwischen 1504 und 1515 im Auftrag von Kaiser Maximilian I. geschrieben hat. Auch wer der Dichter war, der die Kudrun geschaffen hat, weiß man (selbstverständlich) nicht.
Zu dem Aufbau der Kudrun lässt sich Folgendes sagen. Das Werk kann in drei Teile gegliedert werden: Am Anfang steht der Hagenteil, die Geschichte von Kudruns Großvater (1.-4. Aventiure), darauf folgt der Hildeteil, die Geschichte von Kudruns Eltern ( 5.- 8. Aventiure) und den letzten und größten Raum nimmt der Kudrunteil ein (9.- 32. Aventiure).
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Gefangenschaft der Königstochter Kudrun am Normannenhof, die sich im Text ab der 20 Aventiure vollzieht. Besonders interessant ist dieser Abschnitt des Kudrunepos`, da hier sehr detailliert die lange Leidenszeit einer adeligen Frau beschrieben wird, die in ihr nicht gemäßen Umständen leben muss. Zudem wird sie in dieser ohnehin schon misslichen Lage durch ein anderes Adelsgeschlecht zunehmend erniedrigt. Die Ursache dieser Umstände soll untersucht werden. Der Fokus liegt dabei im Besonderen auf der ‚bösen Schwiegermutter’ Gerlint, nach deren Motiven es zu fragen gilt. In Abgrenzung dazu soll die Standhaftigkeit der Königstochter Kudrun und die Folge ihrer Beständigkeit betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gerlints ‚Krieg’ gegen Kudrun
2.1. Kudruns Leiden am Normannenhof
2.2. Eifersucht als Motiv für Gerlints Verhalten
3. Standhaftigkeit und Gegenmotive Kudruns
4. Schluß
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das in der folgenden Arbeit behandelte Werk ist die Kudrun.[1] Über die Entstehungszeit dieses Epos` gibt es keine Gewissheit. Überliefert wurde es nur in einer einzigen Handschrift, in dem Ambraser Heldenbuch, welches Hans Ried zwischen 1504 und 1515 im Auftrag von Kaiser Maximilian I. geschrieben hat.[2] Auch wer der Dichter war, der die Kudrun geschaffen hat, weiß man (selbstverständlich) nicht.
Zu dem Aufbau der Kudrun lässt sich Folgendes sagen. Das Werk kann in drei Teile gegliedert werden: Am Anfang steht der Hagenteil, die Geschichte von Kudruns Großvater (1.-4. Aventiure), darauf folgt der Hildeteil, die Geschichte von Kudruns Eltern ( 5.- 8. Aventiure) und den letzten und größten Raum nimmt der Kudrunteil ein (9.- 32. Aventiure).[3]
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Gefangenschaft der Königstochter Kudrun am Normannenhof, die sich im Text ab der 20 Aventiure vollzieht. Besonders interessant ist dieser Abschnitt des Kudrunepos`, da hier sehr detailliert die lange Leidenszeit einer adeligen Frau beschrieben wird, die in ihr nicht gemäßen Umständen leben muss. Zudem wird sie in dieser ohnehin schon misslichen Lage durch ein anderes Adelsgeschlecht zunehmend erniedrigt. Die Ursache dieser Umstände soll untersucht werden. Der Fokus liegt dabei im Besonderen auf der ‚bösen Schwiegermutter’ Gerlint, nach deren Motiven es zu fragen gilt. In Abgrenzung dazu soll die Standhaftigkeit der Königstochter Kudrun und die Folge ihrer Beständigkeit betrachtet werden.
2. Gerlints ‚Krieg’ gegen Kudrun
Nach einer gescheiterten Brautwerbung[4] entführt Hartmut Kudrun (K 730- 809) und bringt sie an den Normannenhof, wo die junge Frau getrennt von ihrem elterlichen Familienverband die nächsten fast 15 Jahre gefangen gehalten wird. Ziel des Gewahrsams ist es, die Tochter Hetels zur Ehe mit Hartmut zu bewegen, respektive sie zu zwingen. Den Normannen ist klar, dass die Zustimmung der Frau für die Gültigkeit der Hochzeit unabdingbar ist, deshalb verwenden sie im Folgenden so viel Zeit darauf Kudrun zu einer Umstimmung zu bewegen.[5]
Besonders signifikant ist, dass Hartmut bei seiner Werbung um Kudrun nicht auf sich allein gestellt ist, sondern Unterstützung in seiner Familie und seinem Gefolge findet. In diesem Kontext wird die Werbung zu einer Gruppen- statt zu einer Einzelaktion.[6] Als treibende Kraft kristallisiert sich bei diesem Vorhaben Hartmuts Mutter Gerlint heraus (K 629). Als sie hört „ez kume über sê diu maget von Hegelingen“ (K 967,1) ist sie zunächst froh Kudrun in Ormanie begrüßen zu können. Ihre Freude darüber geht so weit, dass sie im Falle einer Hochzeit zwischen Hartmut und Kudrun sogar bereit wäre, die persönliche Krone an die zukünftige Schwiegertochter zu übertragen (K 990, 4).
Gerlints zuvorkommendes Verhalten gegenüber Kudrun bleibt allerdings nur so lange bestehen, bis sie von Kudruns ablehnender Haltung gegenüber den Normannen erfährt. Ab diesem Zeitpunkt ändert sich ihr Verhaltensmuster, respektive ihr wahres Naturel kommt zum Vorschein. Die Ablehnung empfindet sie als persönliche Kränkung (K 737), dadurch Grundstein für ihr zukünftiges Handeln gelegt.[7] Die ‚prospektive’ Schwiegermutter wird im weiteren Verlauf der Handlung nach dem Typus der bösen Frau stilisiert. Besonders deutlich wird dies im Text durch die ihr zugeschriebenen Attribute wie: vâlentinne (K 629, 4), tiuvelinne (K 738, 996,1), Gerlint diu übele (K 1024, 3) und diu alte wülpinne (K 1052,1).
Die Figur des übelen wîbes tritt seit dem 13. Jahrhundert in der Literatur auf. Dabei agiert die böse Frau stets ordnungsstörend und normverletzend.[8] Ein Verhaltensmuster, das sich auch bei Gerlint zeigt. Um Kudrun möglichst schnell zu einer Hochzeit zu bewegen fordert Gerlint sie auf:„nu minne sînen lîp“ (K 990, 2). In Anbetracht der Tatsache, dass Kudrun diese Aufforderung nicht beeindruckt, bittet die übele Gêrlint (K 993,1) ihren Sohn: „welt et ir, her Hartmuot, mich si ziehen lâzen, ich trouwe ez wol gefüegen, daz si sich ir hôchvart müeze mâzen.“ (K 993, 4).
Auf Grund Gerlints ausdrücklicher Bitte überlässt Hartmut seiner Mutter die „Erziehung“ Kudruns. Wobei zu betonen ist, dass er seine Mutter ausdrücklich um eine gütige Einwirkung auf Kudrun bittet (K 994,4).[9] Vordergründig stimmt Gerlint diesem Wunsch zu, aber der weitere Verlauf der Handlung zeigt, dass die junge Frau schonungslos dem Regiment der Schwiegermuter ausgeliefert ist (K 1057, 4).
„Sieht man im Krieg den Versuch, den Willen des Gegners zu brechen, ihn in seinen Motiven zu treffen, so kann man formulieren: Gerlint führt Krieg gegen Kudrun, sie versucht sie in ihrem Eigenwillen, ihren Motiven, die ihrer Standhaftigkeit zugrunde liegen, vernichtend zu treffen.“[10]
Theodor Nolte sieht in der Entführung Kudruns Parallelen zum Motiv der Brautraubpraxis wie sie aus germanischer Zeit bekannt ist. Besonders auffällig ist diese Thematisierung im Kudrun Epos, da diese Methode zur Zeit des Hochmittelalters als eigentlich überwundene Form der Eheschließung gilt. Das bedeutet, dass der eigentliche Raub Kudruns durch Hartmut schon gegen den Moralkodex der höfischen Minne verstößt.[11] Außerdem ist Theodor Nolte der Ansicht, dass im Zusammenhang mit Gerlints Verhalten „das Motiv der Degradierung der geraubten Frau“[12] zum Tragen kommt, da in dem Kontext Raubehe entführte Frauen zu den mühsamsten und undankbarsten Arbeiten im Haus gezwungen wurden. Dies ist ein Aspekt, der sich auch bei Kudruns Gefangenschaft zeigt. Dazu im folgenden Kapitel.
[...]
[1] Stackmann, Karl (Hrsg.) Kudrun, Tübingen 2000.
[2] Vgl. Hoffmann, Werner: Kudrun, in: H. Brunner (Hg.): Interpretationen, Mittelhochdeutsche Romane und Heldenepen, Stuttgart 1993, S. 293- 310, hier S. 294.
[3] Vgl. ebd., S. 298.
[4] Vgl Stackmann, Karl (Hrsg.) Kudrun, Tübingen 2000, Strophe 606, 612.
Zitate aus dem Originaltext werden im Weiteren unmittelbar nach dem Zitat im Text wie folgt angegeben:
(K Strophe, Zeile).
[5] Vgl. Loerzer, Eckart: Eheschließung und Werbung in der Kudrun, München 1971, S 125.
[6] Rollnik- Manke, Tatjana: Personenkonstellationen in mittelhochdeutschen Heldenepen, Untersuchungen zum Nibelungenlied, zur Kudrun und zu den historischen Dietrich- Epen, Frankfurt am Main 2000, S. 128.
[7] Vgl. Sowinski, Bernhard: Kudrun, aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt und kommentiert, Stuttgart 1995, S. 348.
[8] Vgl. Gaebel, Ulrike/ Kartschoke, Erika (Hrsg.) Böse Frauen - Gute Frauen, Darstellungskonventionen in Text und Bildern des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Trier 2001, S. 9.
[9] Vgl. Sowinski, Bernhard: a. a. O., S. 348, 349.
[10] Nolte, Theodor: Das Kudrunepos- ein Frauenroman?, Tübingen 1985, S. 48
[11] Vgl. ebd., S. 43.
[12] Vgl. ebd., S.51.
- Arbeit zitieren
- Kristina Horn (Autor:in), 2004, Kudruns Gefangenschaft am Normannenhof, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66224
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