Das Spenden, Sponsern und Stiften für die Bereiche Kultur, Sport oder Soziales ist bei Unternehmen weit verbreitet. In den letzten Jahren hat jedoch ein neues Verständnis gesellschaftlichen Engagements und sozialer Verantwortung von Unternehmen in der öffentlichen Diskussion an Bedeutung gewonnen, welches durch die sich verändernde Rollenverteilung zwischen Staat, Unternehmen und Gesellschaft hervorgerufen wurde. Auslöser für diese Veränderung sind sowohl die leeren öffentlichen Kassen als auch die wachsenden Herausforderungen der Globalisierung.
Das Konzept des Corporate Citizenship stammt aus den USA und basiert auf der Leitidee für die Übernahme sozialer Verantwortung – The Art of Giving Back to the Community. Im Rahmen von Corporate Citizenship wird Unternehmen die konzeptionelle Mitwirkung an dauerhaft angelegten und strategisch ausgerichteten Lösungen gesellschaftlicher Probleme zugewiesen. Der Staat leistet seinen Beitrag, indem er Gelegenheitsstrukturen für unternehmerisches bürgerschaftliches Engagement durch die Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen schafft und zwischen den an einer Zusammenarbeit interessierten Partnern vermittelt.
Der Begriff Corporate Citizenship bezeichnet demnach einen Wandel im Verständnis von unternehmerischem Engagement, das über gelegentliche Spenden hinausgeht und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung als Teil der Unternehmensstrategie plant und langfristig anlegt. Immer mehr Unternehmen nutzen immer systematischer das Potential, welches eine Kooperation mit Projekten gemeinnütziger Einrichtungen aus den verschiedensten Bereichen bereithält.
Ausgehend von der Bestimmung des Begriffes Corporate Citizenship und der Abgrenzung zu Corporate Social Responsibility wird eine Auswahl an Initiativen vorgestellt, die die Verbreitung von Corporate Citizenship in Deutschland unterstützen und fördern. Im Anschluss werden die vielfältigen Erscheinungsformen gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen anhand von Fallbeispielen näher erläutert. Das gesellschaftliche Engagement sollte konsequent in die Unternehmenskultur und -strategie implementiert und regelmäßig gegenüber allen Zielgruppen kommuniziert werden. Dadurch kann das Unternehmen die Glaubhaftigkeit seines Engagements stärken. Diese Partnerschaften zwischen den Sektoren bringen nicht nur den Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen einen Nutzen. Die beteiligten Mitarbeiter und nicht zuletzt die Gemeinschaft selbst profitieren davon.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Entwicklung des gesellschaftlichen Engagements der Wirtschaft
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen und Begriffe
2.1 Corporate Citizenship
2.1.1 Begriffsverständnis
2.1.2 Wesentliche Merkmale des Corporate Citizenship
2.2 Abgrenzung zu Corporate Social Responsibility
2.3 Formen, Bereiche und Träger von Corporate Citizenship-Aktivitäten
3 Initiativen zur Festigung und Verbreitung von Corporate Citizenship
3.1 Gegenwärtige Situation in Deutschland
3.2 Initiative Freiheit und Verantwortung
3.3 Unternehmen: Partner der Jugend e.V
3.4 Initiative "Engagiertes Unternehmen"
4 Erscheinungsformen gesellschaftlichen Engagements
4.1 Überblick
4.2 Corporate Giving
4.2.1 Charakteristika
4.2.2 Unternehmensspenden
4.2.3 Sponsoring
4.2.4 Stiftungswesen
4.3 Corporate Volunteering
4.3.1 Vielfältige Ausgestaltungsmöglichkeiten
4.3.2 Unternehmen unterstützen und fördern privates Engagement ihrer Mitarbeiter
4.3.2.1 Bürgerschaftliches Engagement in Deutschland
4.3.2.2 Förderungsmöglichkeiten
4.3.3 Mitarbeiter-Engagement im Rahmen von Unternehmensprogrammen
4.3.3.1 Regelmäßige Projekttage
4.3.3.2 Mentorenprojekte
4.3.3.3 Secondment-Programme
4.3.3.4 Pro bono-Projekte
4.3.4 Einsatz in gemeinnützigen Projekten als Instrument der Personalentwicklung
4.3.5 Beispiele aus der Praxis
4.3.5.1 Henkel KGaA: Förderung des Engagements der Mitarbeiter
4.3.5.2 betapharm GmbH: bereichsübergreifende Kooperation
4.3.5.3 Stadt Köln: Corporate Volunteering ist Chefsache
5 Strategische Verankerung von Corporate Citizenship in der Unternehmenskultur und Stakeholder-Kommunikation
5.1 Notwendigkeit der strategischen Einbettung gesellschaftlichen Engagements
5.2 Corporate Citizenship und Corporate Identity
5.3 Corporate Citizenship-Strategie
5.4 Leitlinien für ein erfolgreiches Corporate Citizenship
5.5 Stakeholder-Dialog
5.5.1 Konsequente Kommunikation mit den Zielgruppen
5.5.2 Interne Kommunikation
5.5.3 Externe Kommunikation
6 Potentiale des Corporate Citizenship
6.1 Nutzen für die Unternehmen
6.1.1 Bedeutung für die Personalwirtschaft
6.1.2 Bedeutung für die Kommunikationspolitik
6.1.3 Absatzpolitische Bedeutung
6.2 Nutzen für die Unternehmensmitarbeiter
6.3 Nutzen für die gemeinnützigen Einrichtungen und ihre Mitarbeiter
6.4 Nutzen für die Gesellschaft
7 Schlussbetrachtung
Anhangsverzeichnis
Anhang
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wesentliche Merkmale des Corporate Citizenship
Abbildung 2: Der „Aktivitäten-Raum“ des Corporate Citizenship
Abbildung 3: Instrumente und Maßnahmen des bürgerschaftlichen Engagements von Unternehmen
Abbildung 4: Spendenformen im Rahmen des Corporate Giving
Abbildung 5: Sponsoring: Ziele eines Geschäfts auf Gegenseitigkeit
Abbildung 6: Sponsoringbudget für einzelne Sponsoringarten
Abbildung 7: Entwicklungsdimensionen im Rahmen des Corporate Citizenship
Abbildung 8: Stiftungserrichtungen 1990-2005 in Deutschland
Abbildung 9: Themenfelder der Communityprojekte (1998-2004)
Abbildung 10: Förderarten der Communityprojekte 1998-2004
Abbildung 11: Das gesellschaftliche Engagement der betapharm Arzneimittel GmbH
Abbildung 12: Bestandteile der Corporate Identity
Abbildung 13: Planungsprozess unternehmerischen bürgerschaftlichen Engagements
Abbildung 14: Entscheidungsalternativen bei der Planung von CC-Maßnahmen
Abbildung 15: 10 goldene Regeln für erfolgreiches Corporate Citizenship
Abbildung 16: Stakeholder eines Unternehmens
Abbildung 17: Nutzen von Corporate Citizenship für Unternehmen
Abbildung 18: Möglicher Kooperationsnutzen für gemeinnützige Organisationen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Es wäre wünschenswert, wenn möglichst viele Unternehmen nach dem Prinzip des gegenseitigen Gebens und Nehmens handelten:
Wer von der Gesellschaft profitiert, sollte auch bereit sein, wieder etwas zurückzugeben.“
Dr. Dieter Düsedau (Director, Mc Kinsey München), aus dem Vorwort des Buches „Wenn alle Gewinnen, Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen“, 2001.
"Bürgerschaftliches Engagement wird für Unternehmen zunehmend wichtiger, weil solches Engagement nicht nur gesellschaftspolitisch verantwortlich und moralisch lobenswert, sondern gleichzeitig ökonomisch klug und vorausschauend ist. ...Unternehmen sollten sich für bürgerschaftliches Engagement offen zeigen, sollten sich als "corporate citizen" verstehen, nicht weil sie etwas zu verschenken haben, sondern weil bürgerschaftliches Engagement eine "win-win" Situation ist, von der beide Seiten profitieren."
Dr. Werner Müller (Bundesminister für Wirtschaft und Technologie), anlässlich des Kongresses "Unternehmen und Bürgerschaftliches Engagement - Aufbruch zu neuer Verantwortung", 23.11.2000 in Berlin.
1 Einführung
1.1 Entwicklung des gesellschaftlichen Engagements der Wirtschaft
In Deutschland blickt das gesellschaftliche Engagement der Wirtschaft auf eine lange Tradition zurück. Bereits im Mittelalter engagierte sich zum Beispiel die Kaufmanns-familie Fugger für das Gemeinwesen. Jakob Fugger der Reiche stiftete 1521 die weltberühmte Fuggerei in Augsburg, die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt mit 106 Wohneinheiten. Sein Neffe Anton stiftete 1560 mit seinem Testament das „Schneidhaus“ in der Nähe der Fuggerei. Dies war eine der frühesten chirurgischen Einrichtungen Europas, in der sich Augsburger Mitbürger kostenlos von namhaften Ärzten behandeln lassen konnten.[1] Bis heute haben zahlreiche Unternehmerpersön-lichkeiten Mittel für gemeinnützige Zwecke bereitgestellt und zum Teil durch die Gründung einer Stiftung ihren Namen verewigt. Die vom Frankfurter Großkaufmann J. F. Städel gestiftete Städelsche Kunstsammlung sowie die gestiftete Senckenber-gische Sammlung des Arztes und Naturforschers J.C. Senckenberg sind wichtige Eck-pfeiler des gegenwärtigen Angebots an Kunst und Wissenschaft in Frankfurt.[2]
Heutzutage engagieren sich viele deutsche Unternehmer und Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen für das Gemeinwesen. Das moralische Verantwortungs-bewusstsein, benachteiligten Menschen zu helfen sowie der Wunsch, die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung zu dokumentieren, sind wesentliche Motive. Neben diesen gibt es aber auch wirtschaftliche Gründe, aus denen sich Unternehmen für das Gemeinwesen engagieren. Wirtschaftsunternehmen investieren in ihr Umfeld, um den eigenen Standort zu sichern, oder ihre Marktposition sowie ihr Image in der Öffentlich-keit zu verbessern. Für die Ausgestaltung des gesellschaftlichen Engagements sind nicht selten die Interessen der Unternehmer und Geschäftsführer ausschlaggebend.[3]
Traditionell ist bei Unternehmen das Spenden und Sponsern für die Bereiche Kultur, Sport oder Soziales weit verbreitet.[4] In den letzten Jahren hat jedoch ein neues Verständnis gesellschaftlichen Engagements und sozialer Verantwortung von Unter-nehmen in der öffentlichen Diskussion an Bedeutung gewonnen[5], welches durch die sich verändernde Rollenverteilung zwischen Staat, Unternehmen und Gesellschaft hervorgerufen wurde. Auslöser für diese Veränderung sind sowohl die leeren öffent-lichen Kassen, als auch die wachsenden Herausforderungen der Globalisierung.[6] Im Rahmen von Corporate Citizenship[7] wird Unternehmen die konzeptionelle Mitwirkung an dauerhaft angelegten und strategisch ausgerichteten Lösungen gesellschaftlicher Probleme zugewiesen.[8] Der Staat leistet seinen Beitrag, indem er Gelegenheitsstruk-turen für unternehmerisches bürgerschaftliches Engagement durch die Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen schafft, bei Bedarf zwischen den an einer Zusam-menarbeit interessierten Partnern vermittelt und Netzwerke aufbaut.[9] Der Begriff Corporate Citizenship bezeichnet demnach einen Wandel im Verständnis von unter-nehmerischem Engagement, das über gelegentliche Spenden hinausgeht und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung als Teil der Unternehmensstrategie plant und langfristig anlegt.[10] Erste Tendenzen für eine neue Unternehmenskultur, in der unternehmerische Zielsetzungen strategisch mit einem Engagement im Gemein-wesen verbunden werden, zeichnen sich mittlerweile auch in deutschen Unternehmen ab.[11] Immer mehr Unternehmen nutzen immer systematischer das Potential, welches eine Kooperation mit Projekten gemeinnütziger Einrichtungen aus den verschieden-sten Bereichen bereithält.[12]
Das Konzept des Corporate Citizenship stammt aus den USA und hat über Großbritannien, die Niederlande und Dänemark Ende der 90iger Jahre auch Deutschland erreicht und die Diskussion über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen angestoßen.[13] Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen gesellschaft-lichen und insbesondere wohlfahrtsstaatlichen Traditionen in den USA und Deutschland sind die US-amerikanischen Erfahrungen allerdings nur bedingt übertrag-bar und in erster Linie als Anregung für die Gestaltung des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen in Deutschland zu sehen.[14] Bei der Konzipierung von Corporate Citizenship in Deutschland sind die speziellen Strukturen des Wohlfahrts-staates, also die Wohlfahrtsverbände und das kommunale Verwaltungssystem, zu berücksichtigen und mit einzubeziehen.[15] Viele US-amerikanische Unternehmen sehen sich als aktive Bürger und leiten daraus den Anspruch ab, ihr gesellschaftliches Umfeld mitzugestalten. Bei diesen Unternehmen ist Corporate Citizenship fest in Unternehmenskultur und -identität integriert und unterstützt die Erreichung der wirt-schaftlichen Unternehmensziele.[16] Das gesellschaftliche Engagement amerikanischer Unternehmen basiert auf der Überzeugung, dass sie etwas von dem, was sie erwirtschaftet haben, an die Gesellschaft zurückgeben. Dies kommt in der Leitidee für die Übernahme sozialer Verantwortung – The Art of Giving Back to the Community – zum Ausdruck.[17]
In Deutschland ist die Engagementkultur nicht so stark ausgeprägt wie in den USA. Aus diesem Grund versucht der Staat die Einsatzbereitschaft von Unternehmen und deren Mitarbeitern für die Gemeinschaft zu stärken, indem er Modellprojekte initiiert, den Wissenstransfer zwischen den Sektoren unterstützt und den Aufbau und die Vernetzung von Vermittlungs- und Beratungsorganisationen fördert.[18] Allerdings fehlt der Bundesregierung derzeit noch eine klare Strategie zur Förderung des bürger-schaftlichen Engagements von Unternehmen und die politischen Rahmenbedingun-gen sind unzureichend.[19]
1.2 Aufbau der Arbeit
Absicht dieser Arbeit ist zu zeigen, dass Corporate Citizenship nicht nur das traditio-nelle gesellschaftliche Engagement der Unternehmen in Form von Spenden-, Sponsoring- und Stiftungsaktivitäten umfasst, sondern darüber hinaus den Aufbau von langfristigen Kooperationsbeziehungen mit Organisationen des gemeinnützigen Sektors (Non-Profit-Organisationen), als auch staatlichen Stellen einschließt. Im Mittelpunkt dieser gleichberechtigten Partnerschaften steht das Ziel, gemeinsam gesellschaftliche Problemstellungen zu bearbeiten und zu lösen. Zunehmend werden dafür auch die Unternehmensmitarbeiter mit ihren spezifischen Kenntnissen und Kompetenzen mit einbezogen.
Ausgehend von der Bestimmung des Begriffes Corporate Citizenship und der Abgrenzung zu Corporate Social Responsibility[20] (Kapitel 2) wird eine Auswahl an Initiativen vorgestellt, die die Verbreitung von Corporate Citizenship in Deutschland unterstützen und fördern (Kapitel 3). Im Anschluss werden die vielfältigen Erschei-nungsformen gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen anhand von Fallbei-spielen aus der Praxis näher erläutert (Kapitel 4). Um die Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Einrichtungen bzw. die Unterstützungsleistungen möglichst effektiv und professionell zu gestalten, sollte das gesellschaftliche Engagement konsequent in die Unternehmenskultur und -strategie implementiert werden. Durch die regelmäßige interne und externe Aufklärung aller Zielgruppen über das unternehmerische bürger-schaftliche Engagement sowie Erfolge und Niederlagen der Kooperationen mit Einrichtungen des Dritten Sektors[21] kann das Unternehmen die Glaubhaftigkeit seines Engagements stärken (Kapitel 5). Diese Partnerschaften zwischen den Sektoren bringen nicht nur den Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen einen Nutzen. Die beteiligten Mitarbeiter und nicht zuletzt die Gemeinschaft selbst profitieren davon (Kapitel 6). In der Schlussbetrachtung wird der aktuelle Entwicklungsstand im Bereich des Corporate Citizenship in Deutschland dargestellt (Kapitel 7).
2 Grundlagen und Begriffe
2.1 Corporate Citizenship
2.1.1 Begriffsverständnis
Der aus dem angelsächsischen Raum stammende Begriff Corporate Citizenship (CC) wird hierzulande sehr breit und uneinheitlich verwendet.[22] Im weitesten Sinne werden in der Unternehmenspraxis darunter alle gemeinwohlorientierten Aktivitäten wie die Schaffung familienfreundlicher Arbeitsplätze oder die Herstellung umweltfreundlicher Produkte gefasst. Diese Handlungen sind aber nicht mit dem gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen im Sinne des Corporate Citizenship gleichzusetzen, sondern werden der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen zugeordnet (►Abschnitt 2.2).[23] Diese vorherrschende Definitionsvielfalt ist auch der Tatsache geschuldet, dass sich unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen (z.B. Soziologie, Philosophie, Politik- und Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Theologie oder Ethik) diesem Thema widmen und dabei unterschiedliche Schwerpunkte setzen.[24] Im Folgenden werden die Begriffsbestimmungen von Habisch und Westebbe/Logan einander gegenübergestellt.
Unter den Begriff Corporate Citizenship werden von Habisch alle Aktivitäten auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene subsumiert, bei denen ein Unter-nehmen alle ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen in sein gesellschaftliches Umfeld investiert. Unternehmen übernehmen ordnungspolitische Mitverantwortung und initiieren Kooperationsprojekte mit Partnern aus anderen Bereichen zur Lösung konkreter gesellschaftlicher Problemstellungen.[25] Mit dieser Auffassung geht Habisch über das allgemein übliche finanzielle Engagement von Unternehmen in Form von Spenden und Sponsoring hinaus und fordert dazu auf, Mitverantwortung zu über-nehmen und aktiv weitere Unternehmensressourcen einzubringen. Dazu zählt z.B. auch die Freistellung von Mitarbeitern für die Arbeit in gemeinnützigen Einrichtungen.
Westebbe/Logan verstehen unter Corporate Citizenship das gesamte aufeinander abgestimmte Engagement eines Unternehmens zur Lösung gesellschaftlicher Probleme, welches über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinausgeht und in eine einheitliche Strategie eingebunden ist. Das Unternehmen nutzt alle seine Ressourcen (finanzielle, materielle und personelle) und spezifischen Kompetenzen, um sich wie ein „guter Bürger“ für das Gemeinwesen zu engagieren und arbeitet mit gemeinnützigen Einrichtungen, anderen Unternehmen oder auch Verwaltungen zusammen, um seine gesellschaftlichen Ziele zu erreichen. Es versucht auf vielfältige Weise, positive Verbindungen mit dem Gemeinwesen aufzubauen. Die Kommunika-tion des gesellschaftlichen Engagements gegenüber möglichst vielen Zielgruppen ist ein wesentlicher Aspekt dieses Definitionsansatzes. Das Unternehmen sollte seine CC-Aktivitäten bewusst und gezielt durch Werbung und Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Sponsoringmaßnahmen, Mitarbeiterzeitschriften) nach außen und innen kommuni-zieren.[26]
In beiden Definitionen wird betont, dass die Unternehmen alle ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen für die Mitgestaltung des Gemeinwesens und die Lösung gesellschaftlicher Problemlagen vor Ort einsetzen und dabei mit externen Partnern zusammen arbeiten. Im Vergleich zur Definition von Habisch legen Westebbe/Logan einen zusätzlichen Schwerpunkt auf die strategische und kommunikative Kompo-nente. Zum einen sollen die freiwilligen sozialen Aktivitäten in eine CC-Strategie eingebettet werden, die mit den Unternehmenszielen und der Marketingstrategie abgestimmt ist. Denn nur so kann das gesellschaftliche Engagement langfristig ausgerichtet und konsequent in die Unternehmenskultur integriert werden. Zum anderen wird die systematische Verständigung mit den Stakeholdern[27] hervor-gehoben. Dies scheint aus betriebswirtschaftlicher Sicht ebenso wichtig, da durch die Kommunikation des gesellschaftlichen Engagements die positive Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Produkte in der Öffentlichkeit unterstützt wird. Auf diese beiden Komponenten wird in Kapitel 5 ausführlicher eingegangen.
2.1.2 Wesentliche Merkmale des Corporate Citizenship
Corporate Citizenship bezeichnet eine neue Qualität des unternehmerischen gesell-schaftlichen Engagements. Die entsprechenden Maßnahmen des Corporate Giving und Corporate Volunteering[28] werden zielgerichtet durchgeführt und orientieren sich in erster Linie am primären Eigeninteresse der Gewinnmaximierung sowie den Kernkom-petenzen des Unternehmens. Denn nur Unternehmen, die wirtschaftlich erfolgreich sind, verfügen über die entsprechenden Ressourcen, um sich als gute Bürger für die Gesellschaft zu engagieren. Des Weiteren fügt sich das gesellschaftliche Engagement notwendigerweise in die unternehmerische Gesamtstrategie ein, orientiert sich an den Gemeinwohlinteressen und verspricht einen gegenseitigen Nutzen für alle Beteiligten.[29]
Im Rahmen von CC übernehmen Wirtschaftsunternehmen freiwillig gesellschaftliche Verantwortung, unterstützen gemeinnützige Einrichtungen und initiieren Projekte und Vorhaben zusammen mit externen Partnern verschiedener gesellschaftlicher Bereiche (z.B. Bildungs-, Sozial- und Kultureinrichtungen, Bürgerinitiativen und NPOs, Politik, Verbänden, Verwaltung, anderen Unternehmen), vorrangig an den lokalen Unterneh-mensstandorten.[30] Im Idealfall hat sich das Verhältnis vom Gebenden zum Empfan-genden der Unterstützungsleistung verändert und die Kooperationspartner begegnen sich auf Augenhöhe. Ferner schafft Corporate Citizenship eine „win-win“ Situation, wenn die jeweiligen Partner in den Augen der Öffentlichkeit zueinander passen und die Kooperation im Ganzen glaubwürdig ist. Aspekte wie ein positiver Imagetransfer für beide Seiten sowie der Nutzen für die gemeinnützige Organisation und das Gemeinwesen sind dabei von Bedeutung.[31] Die entstandene „win-win“ Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die an den CC-Projekten beteiligten Unternehmen, deren Partner sowie das gesellschaftliche Umfeld von wechselseitigen Vorteilen profitieren.[32]
Die nachstehende Abbildung fasst die wichtigsten Merkmale des Corporate Citizenship noch einmal zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wesentliche Merkmale des Corporate Citizenship[33]
2.2 Abgrenzung zu Corporate Social Responsibility
Der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) bezeichnet die weltweite gesell-schaftliche Verantwortung der Unternehmen als Teil des Gemeinwesens. CSR ist eng mit dem Ziel des nachhaltigen Wirtschaftens[34] verbunden. Neben der eigentlichen Geschäftstätigkeit und Produktherstellung kommt der Integration ökologischer und sozialer Aspekte in die Unternehmenstätigkeit eine hohe Bedeutung zu („Triple Bottom Line“-Konzept[35] ). Die nach diesem Ansatz wirtschaftenden Unternehmen sehen sich nicht nur der Gewinnmaximierung verpflichtet, sondern richten ihren Blick auch auf andere gesellschaftliche Bereiche.[36] Dabei wird der Interaktion mit den verschiedenen Interessens- und Anspruchsgruppen große Bedeutung beigemessen.[37] CSR ist demnach „ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und die Wechselbeziehung mit ihren Stakeholdern zu integrieren. Sozial verantwort-lich handeln heißt nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, sondern über die bloße Gesetzeskonformität hinaus „mehr“ investieren in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern“.[38] CSR steht zum Beispiel für die Einhaltung der Menschenrechte und Standards in Ethik und Unternehmens-führung oder den schonenden Umgang mit Ressourcen.[39] Wie die Begriffsbestim-mungen erkennen lassen, ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen durchaus weiter gefasst als bei Corporate Citizenship. Daher wird das gesellschaft-liche Engagement der Unternehmen in Form von Corporate Giving und Corporate Volunteering meist als Teilbereich der CSR betrachtet.[40] Dennoch werden die beiden Begriffe in einigen Publikationen auch synonym verwendet.
Es sind überwiegend global agierende Unternehmen („Global Players“), die das Konzept der Corporate Social Responsibility aufgreifen. Im Jahr 1999 wurde der „Global Compact“ von UN-Generalsekretär Kofi Annan initiiert. Unternehmen sowie gemeinnützige Organisationen können sich diesem Verhaltenskodex freiwillig ver-pflichten und sich somit zu den zehn Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsstandards, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung bekennen. Der „Global Compact“ verfolgt das Ziel, das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen zu fördern. Die Wirtschaft soll einen Beitrag zu den Herausforderungen der Globalisie-rung leisten und eine nachhaltige und gerechte Weltwirtschaft verwirklichen. Derzeit haben sich über 2.500 Unternehmen aus 90 Ländern den Prinzipien des „Global Compact“ verpflichtet, darunter auch BASF, BMW, die Deutsche Bank sowie die Deutsche Welthungerhilfe.[41]
Auf europäischer Ebene haben sich im Netzwerk „CSR Europe“ über 60 Unternehmen und 18 nationale Partnerorganisationen zusammen geschlossen, um CSR durch den Erfahrungsaustausch zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor zu fördern.[42] Ferner wurde im März dieses Jahres das „EU-Bündnis für soziale Verantwortung der Unternehmen“ von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Das Bündnis soll dazu beitragen, die ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielsetzungen Europas in Einklang zu bringen. Die Kommission verfolgt das Ziel, dass CSR als ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zur Strategie für Wachstum und Beschäftigung von den Unternehmen anerkannt und unterstützt wird. Zudem soll der Austausch von Erfahrungen darüber, wie CSR in den europäischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) weiter vorangetrieben werden kann, gefördert wer-den.[43] In Deutschland bildet u.a. das Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft („econsense“) eine Plattform zum Austausch über Nachhaltigkeitsthemen. Dieses branchenübergreifende Unternehmensnetzwerk mit derzeit 23 Mitgliedern verfügt auch über ein Leadership Forum zu CSR sowie eine Sammlung von Praxis-beispielen.[44]
2.3 Formen, Bereiche und Träger von Corporate Citizenship-Aktivitäten
Eine Systematisierung der in der Unternehmenspraxis vorherrschenden CC-Aktivitäten kann im „Aktivitäten-Raum“ mit Hilfe der drei Ebenen Leistungsformen, -bereiche und -träger erfolgen. Die Aktivitäten unternehmerischen bürgerschaftlichen Engagements können zum einen nach ihren Leistungsformen unterschieden werden (Ebene 1). Dabei ist eine Einordnung in die Bereiche finanzielle, materielle, personelle oder ideelle Unterstützungsleistungen möglich. Unternehmen unterstützen gemein-nützige Einrichtungen mit Geldspenden und Sponsoring (finanziell) oder Sachspenden (materiell). Sie können aber auch die Mitarbeiter für ihre ehrenamtliche Arbeit frei-stellen oder diese an gemeinnützige Organisationen ausleihen (personelle Unter-stützungsleistungen). Als ideelle Unterstützung bestimmter gesellschaftlicher Ideen kann z.B. das Bekenntnis eines Unternehmens zu seiner sozialen Verantwortung angesehen werden.[45]
Zum anderen kann das Engagement von Unternehmen auf verschiedene gesellschaft-liche Bereiche ausgerichtet sein (Ebene 2). Eine Differenzierung der vielfältigen Aktivi-täten wird durch eine Zuordnung zu den Leistungsbereichen Ökologie, Sport, Bildung, Soziales oder Kultur erreicht. Im Bereich Soziales werden z.B. Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Pflegeeinrichtungen oder Veranstaltungen zugunsten von Hilfsorganisationen unterstützt und im Kulturbereich z.B. die Organisation eines Straßenfestes oder einer kulturellen Großveranstaltung mitfinanziert.[46]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Der „Aktivitäten-Raum“ des Corporate Citizenship[47]
Des Weiteren kann der Anstoß für unternehmerische gesellschaftliche Aktivitäten von verschiedenen Akteuren ausgehen (Ebene 3). Einerseits können CC-Aktivitäten von Mitarbeitern oder dem Unternehmen als Ganzem angeregt werden. Andererseits besteht aber auch die Möglichkeit, dass eine Abteilung oder Stabsstelle (d.h. eine organisatorische Einheit) die Projekte und Vorhaben initiiert.[48] In Deutschland geht die Initiative häufig von der Personalabteilung, teilweise auch von der Public-Relations- oder Marketingabteilung aus. Ebenso sind die Unternehmensspitze oder zumindest eine Stabsstelle bei den führenden Corporate Citizenship-Unternehmen involviert.[49]
Mit Hilfe dieser drei Ebenen lassen sich die vielfältigen CC-Aktivitäten im „Aktivitäten-Raum“ (►Abbildung 2) klar voneinander abgrenzen. Der Bereich I kennzeichnet beispielsweise das Kultursponsoring, welches vom Gesamtunternehmen initiiert wird und eine Form der finanziellen Unterstützung darstellt. Der Bereich II hingegen veranschaulicht das Engagement der Mitarbeiter in Umweltprojekten. Bei dieser Form des Engagements, das von individuellen Akteuren veranlasst wird, werden von Unternehmensseite personelle Unterstützungsleistungen zur Verfügung gestellt. Unberücksichtigt bleiben bei dieser Einordnung der einzelnen CC-Aktivitäten allerdings Aspekte wie Dauer und Nachhaltigkeit des Engagements, so dass an dieser Stelle keine endgültigen Aussagen zur Glaubwürdigkeit möglich sind.
Aus den bisherigen wissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Forschungen lassen sich aber drei Indikatoren ableiten, auf deren Basis die unterschiedliche Intensität und Qualität der jeweiligen CC-Aktivitäten bewertet werden kann. Zum einen wird der Grad der zivilgesellschaftlichen Involvierung der Unternehmen betrachtet, also in welchem Umfang das Unternehmen selbst aktiv Möglichkeiten zur Mitge-staltung des Gemeinwesens sucht und diese auch ergreift. Zum anderen wird danach unterschieden, ob das Engagementpotential der Arbeitnehmer genutzt und die Mitarbeiter am Entscheidungsprozess zu CC-Maßnahmen beteiligt werden, d.h. inwieweit deren Einsatzbereitschaft auch tatsächlich berücksichtigt wird. Der dritte Indikator konzentriert sich auf die Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit der Partner-schaften mit anderen Akteuren. Dabei werden die Art und Intensität der Kooperation sowie die zeitliche Perspektive, die bei der jeweiligen Zusammenarbeit zugrunde liegt, beurteilt.[50]
3 Initiativen zur Festigung und Verbreitung von Corporate Citizenship
3.1 Gegenwärtige Situation in Deutschland
Seit dem Jahr 2000 wurden vermehrt Initiativen auf Bundes- und Landesebene gegründet, um deutsche Unternehmen mit Corporate Citizenship vertraut zu machen und neue Formen unternehmerischen gesellschaftlichen Engagements zu fördern. Im Internationalen Jahr der Freiwilligen, das 2001 von den Vereinten Nationen ausgeru-fen wurde, fanden in Deutschland zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Corporate Citizenship statt.[51] Mittlerweile ist das bürgerschaftliche Engagement von Unterneh-men Thema zahlreicher Veröffentlichungen.[52] Jährlich werden Symposien zu aktuellen Fragestellungen abgehalten und Wettbewerbe veranstaltet. Beim bundesweiten Wettbewerb für soziale Ideen und Projekte, „startsocial“, werden unter dem Motto „Hilfe braucht Helfer“ z.B. 100 Beratungsstipendien an ehrenamtlich getragene Pro-jekte vergeben. Mitarbeiter aus Unternehmen und sozialen Organisationen stellen ihr Know-how ehrenamtlich zur Verfügung und begleiten die ausgewählten Projekte. Dadurch wird der Wissenstransfer zwischen Wirtschaftsunternehmen und sozialen Einrichtungen gefördert.[53]
Des Weiteren existieren bereits professionelle Mittlerorganisationen wie die VIS a VIS Agentur in Köln oder das UPJ-Mittlernetzwerk. Diese beraten Unternehmen und deren Mitarbeiter in allen Fragen bürgerschaftlichen Engagements, organisieren Koopera-tionen zwischen Wirtschaftsunternehmen und NPOs oder auch öffentlichen Einrich-tungen (z.B. Schulen) und vermitteln passende Projekte. Neben gemeinnützigen Organisationen wie der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen“ (BAGFA) und ihren lokalen Mitgliedsorganisationen sind auch privat-gewerbliche Beratungsunternehmen in diesem Bereich tätig.[54] Allerdings ist die derzeitig vorherr-schende lokale und regionale Infrastruktur an Vermittlungs- und Beratungsorganisa-tionen nicht ausreichend und muss weiter ausgebaut werden.[55] Eine andere Möglichkeit, gemeinnützige Einrichtungen und Unternehmen zusammen zu bringen, bietet z.B. die vom Netzwerk Ruhrgebiet für Bürgerschaftliches Engagement aus den Niederlanden übernommene Marktplatz-Methode. Auf dem Handelsplatz „RUHRDAX 2006 – Wirtschaft trifft Ehrenamt“ besteht für Unternehmen und Non-Profit-Organisa-tionen im September die Möglichkeit, einen passenden Partner für die Verwirklichung konkreter Projektideen zu finden.[56] Das Bürgerinstitut Frankfurt veranstaltet unter dem Motto „Gute Geschäfte“ im November 2006 einen eben solchen Marktplatz, der Angebot und Nachfrage nach Unterstützungsleistungen vereinen soll.[57]
Die von der Bertelsmann Stiftung durchgeführte Studie „Partner Staat? CSR-Politik in Europa“ hebt hervor, dass der Bundesregierung derzeit noch eine klare Strategie zur Förderung des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen fehlt und die politi-schen Rahmenbedingungen im Vergleich zu anderen europäischen Staaten (wie Großbritannien, Frankreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande) unzureichend sind.[58] In dieser Hinsicht besteht also noch erheblicher Handlungsbedarf.
Im Folgenden werden drei Initiativen vorgestellt, die exemplarisch die Vielfalt der Aktivitäten zur Festigung und Verbreitung von Corporate Citizenship in Deutschland belegen.[59]
3.2 Initiative Freiheit und Verantwortung
Die „Initiative Freiheit und Verantwortung“ hat das Ziel, Kooperationen zwischen Unternehmen und gesellschaftlichen Gruppen zu fördern, die einen gegenseitigen Nutzen versprechen.[60] Die Initiative wurde von vier Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft (BDA, BDI, DIHK und ZDK) und dem Magazin Wirtschaftswoche Ende 2000 gegründet und möchte vor allem zur Stärkung der sozialen Marktwirtschaft bei-tragen.[61] Des Weiteren beabsichtigt sie, die vielfältigen Formen unternehmerischen gesellschaftlichen Engagements in Deutschland zu dokumentieren sowie neue Anre-gungen für zukünftige Aktivitäten zu geben.[62] Wissenschaftlich begleitet wird die Initiative vom Center for Corporate Citizenship der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.[63]
Seit 2001 veranstaltet die Initiative jährlich ein Symposium und vergibt im Rahmen ihres Wettbewerbs den ideellen Preis „Freiheit und Verantwortung“ an kleine, mittlere und große Unternehmen, die sich herausragend und nachhaltig für die Gesellschaft engagieren. Bis zum Wettbewerb 2005 haben sich mehr als 300 Unternehmen um den Preis beworben, was die wachsende Bedeutung von Corporate Citizenship in Deutschland widerspiegelt. Im Jahr 2005 gewann z.B. die DaimlerChrysler AG den Preis in der Kategorie Großunternehmen für das gemeinsam mit der UNESCO 2003 ins Leben gerufene Projekt „Mondialogo – Interkultureller Dialog und Austausch“. Dieses Projekt richtet sich weltweit an Schüler, Studenten, Lehrer und alle, die an einem kulturellen Austausch interessiert sind. Der interkulturelle Dialog soll als Grund-lage für Verständnis und Toleranz dienen und allen Beteiligten die kulturelle Vielfalt vermitteln. Mit diesem Ziel organisiert Mondialogo einen internationalen Schülerwett-bewerb und vergibt einen Engineering Award an Studenten für die Lösung technischer Probleme in Entwicklungsländern. Weiterhin werden das viersprachige Mondialogo Magazin sowie ein Internetportal angeboten. Das Projekt ist auf mehrere Jahre ange-legt und trägt beispielhaft dazu bei, den Sinn für andere Kulturen zu stärken. Mondialogo unterstützt den Ausbau neuer Netzwerke und fördert somit den weltweiten Wissenstransfer.[64]
3.3 Unternehmen: Partner der Jugend e.V.
Die Bundesinitiative "Unternehmen: Partner der Jugend e.V.“ (UPJ) mit Sitz in Berlin fördert langfristige Kooperationen von Wirtschaftsunternehmen, gemeinnützigen Organisationen und öffentlicher Verwaltung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. UPJ ist ein bundesweites Kompetenznetzwerk, das Kooperationsprojekte zwischen Wirtschaft und Gemeinwesen im Jugend- und Sozialbereich unterstützt. Es bietet Interessenten am Thema Corporate Citizenship weiterführende Informationen und Beratung sowie Möglichkeiten zur Qualifizierung und Vernetzung.[65] Das Handbuch „Unternehmenskooperationen, Erfahrungen mit Corporate Citizenship in Deutschland“ (Damm/Lang, 2002) zeigt anhand von vielen Beispielen, wie Unternehmen sich bereits für ihr gesellschaftliches Umfeld engagieren.
Im UPJ-Mittlernetzwerk tauschen sich Organisationen und Kommunen aus 12 Bundesländern aus, die die Kooperation zwischen Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und öffentlicher Verwaltung vor allem auf regionaler Ebene fördern.[66] Ziel des im Mai 2003 gegründeten Netzwerkes „Unternehmen: Aktiv im Gemein-wesen“ ist es, CC durch gemeinsame Programme und Kampagnen in Deutschland zu verbreiten. Es sollen Strategien und Instrumente entwickelt werden, die CC insbe-sondere für mittelständische Unternehmen interessant machen. Mitglieder des Unter-nehmensnetzwerkes sind u.a. betapharm Arzneimittel GmbH, BMW Group, Herlitz PBS AG, KPMG, Manpower GmbH Personaldienstleistungen und O2 Germany. Sie profitieren vor allem vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch sowie der Vermittlung von gemeinnützigen Partnerorganisationen für ihr gesellschaftliches Engagement.[67]
Im Mai dieses Jahres startete UPJ die Kampagne „Verantwortliche Unternehmens-führung im deutschen Mittelstand – Sensibilisierung, Qualifizierung und praktische Unterstützung“, die von der EU-Kommission für 24 Monate gefördert wird. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie das „Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft“ (econsense) sind Partner dieses Projektes. Ziel ist es unter anderem, mittelständische Unternehmen dabei zu unterstützen, ihr unternehmerisches Engagement stärker als bisher zu bündeln. Aus diesem Grund werden im Rahmen der Kampagne zahlreiche Artikel zu CSR und KMU veröffentlicht, ein Leitfaden für das soziale Engagement mittelständischer Unternehmen zur Verfügung gestellt und eine Reihe von lokalen Workshops zum Thema durchgeführt.[68]
3.4 Initiative "Engagiertes Unternehmen"
Im Rahmen der Initiative „Engagiertes Unternehmen – Impulse für Hessen“ initiiert und unterstützt die Hessische Landesregierung unterschiedlichste Maßnahmen, um das große Potential gesellschaftlichen Engagements hessischer Unternehmen zu fördern. Für den Wettbewerb „Engagiertes Unternehmen“ im Jahr 2004 hatten sich insgesamt 107 Unternehmen mit ihren Projekten beworben. Jeweils drei Auszeich-nungen für beispielhaftes Engagement wurden in den Kategorien kleine, mittlere und große Unternehmen vergeben. Die Merck KGaA mit Sitz in Darmstadt erhielt die Auszeichnung für ihr „Merck Benefiz“-Fest, das seit 1999 von Mitarbeitern des Unter-nehmens organisiert und durchgeführt wird. Im Jahr 2004 spendeten Mitarbeiter und Freunde 37.500 Euro zugunsten sozialer und karitativer Einrichtungen der Region. Die Broschüre "Ausgezeichnet! Wettbewerb Engagiertes Unternehmen" gibt einen Über-blick über die prämierten Projekte.[69]
Das Online-Portal der Initiative (www.engagiertes-unternehmen.de) informiert über CC in Hessen und dient als Basis für die weitere Vernetzung von Unternehmen, Non-Profit-Organisationen und Mittlern. Ferner hält das Portal auch Informationen zu Veranstaltungen und Workshops bereit. Unter den Rubriken „Best Practice“ und „Unternehmen des Monats“ werden regelmäßig aktive Corporate Citizens aus Hessen vorgestellt. Die Dow Corning GmbH aus Wiesbaden wurde z.B. als Unternehmen des Monats Juni 2006 ausgezeichnet. Seit Jahren unterstützt die Dow Corning GmbH soziale Einrichtungen und Bildungsinstitutionen am Standort durch Geld- und Sach-spenden, persönliches Engagement von dafür freigestellten Beschäftigten sowie die Bereitstellung seiner Räumlichkeiten für Veranstaltungen. Im Geschäftsjahr 2005 hat das Unternehmen mehr als 30.000 Euro an Schulen, Sportvereine und karitative Einrichtungen in der Region gespendet.[70]
Wie diese Beispiele von Initiativen auf Bundes- und Landesebene sowie die vielen Teilnehmer an den zahlreich durchgeführten Wettbewerben belegen, sind viele kleine und große deutsche Unternehmen bereits in irgendeiner Form gesellschaftlich aktiv. Im nächsten Kapitel werden sowohl die traditionellen als auch innovativen Instru-mente, die Unternehmen für ihr bürgerschaftliches Engagement zur Verfügung stehen, ausführlich beschrieben und mit Beispielen aus der Praxis veranschaulicht.
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[1] Vgl. www.freiheit-und-verantwortung.de/3.htm (14.06.2006); www.fugger.de/de/l12_ stiftungen.htm (16.06.2006); www.fugger.de/de/1_geschichte.htm (16.06.2006).
[2] Vgl. Gazdar/Kirchhoff (2004), S. 31.
[3] Vgl. Westebbe/Logan (1995), S. 11 f; Reetz/Ruzicka (2006), S. 254 ff.
[4] Vgl. www.aktive-buergerschaft.de/vab/arbeitsbereiche/corporatecitizenship/ (04.05.2006).
[5] Vgl. www.freiheit-und-verantwortung.de/3.htm (14.06.2006).
[6] Vgl. Schrader (2003), S. 1.
[7] Wird als gesellschaftliches Engagement von Unternehmen oder unternehmerisches bürgerschaftliches Engagement übersetzt.
[8] Vgl. www.aktive-buergerschaft.de/vab/arbeitsbereiche/corporatecitizenship/ (04.05.2006).
[9] Vgl. Schenkel (2003), S. 7.
[10] Vgl. Hessische Landesregierung (2004), S. 6.
[11] Vgl. Enquete Kommission (2002), S. 470; Backhaus-Maul (2004), S. 28.
[12] Vgl. Haunert (2006), S. 442.
[13] Vgl. Mutz/Korfmacher (2003), S. 45.
[14] Vgl. Backhaus-Maul (2001), S. 39 ff.
[15] Vgl. Mutz/Korfmacher (2003), S. 50.
[16] Vgl. ebenda, S. 46.
[17] Vgl. Mutz (2001), S.3.
[18] Vgl. Backhaus-Maul (2001), S. 43 f.
[19] Vgl. www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/nachrichten_29159.htm (28.06.2006). Die Studie ”Partner Staat? CSR-Politik in Europa” der Bertelsmann Stiftung gibt einen Einblick in die CSR-Politik von neun europäischen Staaten.
[20] Darunter ist die weltweite gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen als Teil des Gemeinwesens zu verstehen.
[21] Der Dritte Sektor umfasst sowohl wirtschaftlich handelnde als auch nicht wirtschaftlich handelnde Non-Profit-Organisationen. Daneben werden die private gewinnorientierte Wirtschaft als Erster Sektor und die staatlich verfasste Wirtschaft als Zweiter Sektor bezeichnet. Vgl. Birkhölzer (2004), S. 11 f.
[22] Gründe hierfür sind veränderte gesellschaftliche Erwartungen sowie ein gewandeltes Selbstverständnis der Unternehmen. Die Europäische Kommission definiert in ihrem Grünbuch (2001, S. 28) Corporate Citizenship als die „Gestaltung der Gesamtheit der Beziehungen zwischen einem Unternehmen und dessen lokalen, nationalem und globalen Umfeld“.
[23] Vgl. Habisch (2003), S. 50 ff.
[24] Vgl. Kaiser/Schuster (2004), S. 672.
[25] Vgl. Habisch (2003), S. 58.
[26] Vgl. Westebbe/Logan (1995), S. 13 ff und 31 f.
[27] Als Stakeholder werden Einzelpersonen, Gemeinschaften oder Organisationen bezeichnet, die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens beeinflussen oder von ihr beeinflusst werden. Es gibt interne Stakeholder (z.B. Mitarbeiter) und externe Stakeholder (z.B. Kunden, Zulieferer, Anteilseigner, Investoren, lokale Gemeinschaften).
[28] In Großbritannien auch als Employee Community Involvement oder Corporate Community Involvement bezeichnet, in Deutschland als gemeinnütziges Arbeitnehmerengagement.
[29] Vgl. Wieland (2002), S. 13; www.freiheit-und-verantwortung.de/3.htm (14.06.2006); Backhaus-Maul (2004), S. 27.
[30] Vgl. Backhaus-Maul (2004), S. 24; Habisch (2003), S. 58.
[31] Vgl. Haunert (2006), S. 442 und 446.
[32] Vgl. Backhaus-Maul (2001), S. 38; Habisch (2003), S. 54.
[33] Eigene Darstellung.
[34] Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development) meint den unter sozialen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten vorausschauenden Umgang mit Ressourcen, um die Lebensbedingungen für zukünftige Generationen aufrecht zu erhalten.
[35] Das "Triple Bottom Line"-Konzept geht davon aus, dass die Leistung eines Unternehmens nicht nur nach betriebswirtschaftlichen, sondern auch nach ökologischen und sozialen Kriterien beurteilt werden sollte. Das Ziel besteht darin, die jeweiligen Interessengruppen sowohl durch finanzielle als auch durch ökologische und soziale Leistungen zufrieden zu stellen.
[36] Vgl. Mutz/Korfmacher (2003), S. 52.
[37] Vgl. www.corporate-citizen.info/ (12.06.2006).
[38] Europäische Kommission (2001), S. 8.
[39] Vgl. Gazdar/Kirchhoff (2004), S. 81.
[40] Vgl. Enquete Kommission (2002), S. 457 f. Rudolph und Mutz verstehen CSR ebenso als das dem Corporate Citizenship übergeordneten Konzept.
[41] Vgl. www.corporate-citizen.info/ (12.06.2006); Gazdar/Kirchhoff (2004), S. 19 f; www.unglobalcompact.org/ParticipantsAndStakeholders/index.html (30.06.2006); www.unglobalcompact.org/Languages/german/de-gc-flyer-05.pdf (30.06.2006). Derzeit sind 79 deutsche Unternehmen und Organisationen Mitglied des Global Compact.
[42] Vgl. www.csreurope.org/aboutus/default.aspx (18.06.2006), Europäische Kommission (2001), S. 466.
[43] Vgl. www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/06/358&format= HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=de (06.07.2006).
[44] Vgl. www.econsense.de/_ueber_uns/_profil_ziele/ (18.06.2006). Econsense stellt eine CD mit 390 Praxisbeispielen zur Verfügung (3. Auflage, 2005/2006).
[45] Vgl. Kaiser/Schuster (2004), S. 669 f.
[46] Vgl. ebenda, S. 670; Maaß/Clemens (2002), S. 71 f.
[47] Vgl. Kaiser/Schuster (2004), S. 670.
[48] Vgl. ebenda, S. 670.
[49] Vgl. Backhaus-Maul (2004), S. 27; Reimer (2004), S. 13.
[50] Vgl. Korfmacher/Mutz (2003), S. 109 f.
[51] Vgl. Mutz/Korfmacher (2003), S. 47.
[52] Vgl. Europäische Kommission (2001), S. 467.
[53] Vgl. www.startsocial.de/ (18.06.2006).
[54] Vgl. Backhaus-Maul (2004), S. 29.
[55] Vgl. Europäische Kommission (2001), S. 480; Maaß/Clemens (2002), S. 134.
[56] Vgl. www.ruhrdax.de/hintergrund.html (14.08.2006).
[57] Vgl. www.upj-online.de/index/90171, (14.08.2006).
[58] Vgl. www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/nachrichten_29159.htm (28.06.2006).
[59] An dieser Stelle ist auch der Verein „Aktive Bürgerschaft e.V.“, der vom genossenschaftlichen Finanzverbund unter der Schirmherrschaft des Bundesverbandes der Deutschen Volks-banken und Raiffeisenbanken (BVR) 1997 initiiert wurde zu erwähnen, der sich u.a. für die Weiterentwicklung des Corporate Citizenship in Deutschland einsetzt. Eine Ad-hoc-Gruppe des Bundesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement (BBE) beschäftigt sich ebenso mit dem Thema Corporate Citizenship.
[60] Vgl. www.freiheit-und-verantwortung.de/3.htm (14.06.2006).
[61] Vgl. Gazdar/Kirchhoff (2004), S. 88.
[62] Vgl. Habisch (2003), S. 85.
[63] Vgl. ebenda, S. 85 f.
[64] Vgl. www.freiheit-und-verantwortung.de/4_5.htm (14.06.2006).
[65] Vgl. www.upj-online.de/index/66146 (04.06.2006).
[66] Vgl. www.upj-online.de/index/66172 (04.06.2006).
[67] Vgl. www.upj-online.de/index/78580 (04.06.2006).
[68] Vgl. www.freiheit-und-verantwortung.de/aktuell.php?action=news&pn=shownews& newsfile=news-show&page=1&collapse= (22.07.2006); www.upj-online.de/index/89616 (22.07.2006).
[69] Vgl. www.engagiertes-unternehmen.de/dynasite.cfm?dssid=100&dsmid=3373 (18.06.2006); www.engagiertes-unternehmen.de/dynasite.cfm?dssid=100&dsmid=3379 (18.06.2006); Merck KGaA (2005), S. 55.
[70] Vgl. www.engagiertes-unternehmen.de/dynasite.cfm?dssid=100&dsmid=3373 (18.06.2006); www.engagiertes-unternehmen.de/dynasite.cfm?dssid=100&dsmid=3390#dstitle_27159 (18.06.2006).
- Arbeit zitieren
- Diplom-Betriebswirtin Sandy Krapohl (Autor:in), 2006, Corporate Citizenship. Die strategische Einbettung von gesellschaftlichem Engagement in die Unternehmenskultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66170
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