Unternehmen sind zugleich Verursacher und Betroffene der Umweltbelastung.
Einerseits ist wirtschaftliche Tätigkeit unausweichlich mit Umweltbelastungen
verbunden. Andererseits sind Unternehmen ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich
von der Umweltproblematik betroffen. Die Unternehmen reagierten auf die ökologische Herausforderung zunächst durch Einhalten entsprechender Gesetze und
Auflagen. Umweltschutz wird aber verstärkt zu einem Marktfaktor. ”In vielen
Branchen ... ist die ökologische Fragestellung zu einer beherrschenden Restriktion
auf den Absatzmärkten geworden. Für Unternehmen ergibt sich die neue
Herausforderung, ökologische Anforderungen zu antizipieren und entsprechend zu
handeln, um ihre Existenz langfristig zu sichern. Dies kann im Rahmen einer
ökologischen Unternehmensführung erfolgen. Wie diese aussieht, in das
Unternehmen integriert wird und durch ein betriebliches Umweltinformationssystem
unterstützt wird, ist Gegenstand dieser Arbeit.
[...]
Gliederung
1. Die Belastung der natürlichen Umwelt
2. Ökologische Unternehmensführung
2.1. Definition
2.2. Umweltbedingungen der ökologischen Unternehmens-führung
2.2.1. Bewußtseinswandel in der Bevölkerung
2.2.2. Bewußtseinswandel und Konsumentenverhalten
2.2.3. Forderungen an die Unternehmen
2.2.4. Unternehmensbezogene Problemfelder der Umweltbelastung
2.2.4.1. Die ökonomische Problemdimension
2.2.4.2. Die gesellschaftliche Problemdimension
2.2.4.3. Die ökologische Problemdimension
2.2.5. Anpassungsmöglichkeiten der Unternehmen
2.2.6. Gründe für eine ökologische Unternehmensführung
2.3. Einbeziehung der Umwelt in die BWL
2.3.1. Einbeziehung in das klassische Faktor–/Produktionssystem
2.3.1.1. Ökonomische Internalisierung – Verursacherprinzip
2.3.1.2. Ökologische Internalisierung – Integrierter Umweltschutz
2.3.2. Der systemtheoretische Ansatz
2.4. Gestaltung der ökologischen Unternehmensführung
2.4.1. Konstitutive Merkmale
2.4.2. Prinzipien des Verminderns von Umweltbelastungen
2.5. Bestimmung der strategischen Ausgangslage
2.5.1. Unternehmensanalyse (Stärken/Schwächen)
2.5.2. Umweltanalyse (Chancen/Risiken)
2.6. Ökologische Unternehmensführung im normativen Bereich
2.6.1. Erweiterung Unternehmensphilosophie
2.6.2. Unternehmenskultur
2.6.3. Unternehmensgrundsätze
2.6.4. Verhaltenskodizes
2.7. Ökologische Unternehmensführung im strategischen Bereich
2.7.1. Unternehmensziele
2.7.2. Ökologische Unternehmensstrategien
2.8. Ökologische Unternehmensführung im operativen Bereich
3. Betriebliche Umweltinformationssysteme
3.1. Definition
3.2. Adressaten der betrieblichen Umweltdaten
3.3. Anforderungen an ein BUIS
3.4. Formen Betrieblicher Umweltinformationssysteme
3.4.1. Die Sozialbilanz
3.4.1.1. Definition
3.4.1.2. Entstehung
3.4.1.3. Das Sozialbilanz–Konzept
3.4.1.4. Beispiele
3.4.1.5. Wertung
3.4.2. Umwelt–Auditing
3.4.2.1. Definition
3.4.2.2. Entstehung
3.4.2.3. Ziele des Umwelt–Auditing
3.4.2.4. Aufbau und Durchführung eines Umwelt–Audits
3.4.2.5. Verfahrenskonzeption der Internationalen Handelskammer
3.4.2.6. Verfahrenskonzeption der EG–Kommission Öko–Audit
3.4.2.7. Beispiele
3.4.2.8. Wertung
3.4.3. Die ökologische Buchhaltung
3.4.3.1. Definition
3.4.3.2. Entstehung
3.4.3.3. Das Konzept der ökologischen Buchhaltung
3.4.3.4. Beispiele
3.4.3.5. Wertung
3.4.4. Die Ökobilanz
3.4.4.1. Definition
3.4.4.2. Entstehung
3.4.4.3. Vorgehensweise
3.4.4.4. Die Betriebsbilanz
3.4.4.5. Die Prozeßbilanz
3.4.4.6. Die Produktbilanz
3.4.4.7. Die Substanzbetrachtung
3.4.4.8. Beispiele
3.4.4.9. Wertung
3.4.5. Öko–Controlling
3.4.5.1. Definition
3.4.5.2. Entstehung
3.4.5.3. Aufgaben des Öko–Controlling
3.4.5.4. Aufbau des Öko–Controlling
3.4.5.5. Beispiele
3.4.5.6. Wertung
4. BUIS – Hilfsmittel für eine Sustainable Economy
1. Die Belastung der natürlichen Umwelt
An Umweltkatastrophen sind wir wahrlich nicht arm: Serien von Störfällen bei Hoechst, Tankerhavarien vor den Shetlands, Spanien oder Alaska, Robbensterben und Rheinvergiftung, Tschernobyl und brennende Ölquellen am Golf. Diese Liste ließe sich beliebig verlängern. Aber diese Stör– und Unfälle sind es nicht allein. ”In den letzten Jahren ist ... deutlich geworden, daß die Summe all der unzähligen Einzelbelastungen aus Milliarden von Produktions– und Konsumprozessen, von denen jeder für sich problemlos erscheint, die insgesamt aber zu einer ... gefährlichen Überlastung der natürlichen Lebensgrundlage kumulieren können.“[1] Hierdurch werden die Hauptfunktionen der ökologischen Umwelt beeinträchtigt:
- Die Trägerfunktion, zur Aufnahme stofflicher und energetischer Rückstände aus Produktion und Konsum, wird vermindert. Die Abfallmenge des produzierenden Gewerbes in der Bundesrepublik Deutschland beträgt über 200 Mio. Tonnen jährlich, die der privaten Haushalte 30 Mio Tonnen. Diese Abfallmenge beinhaltet noch keine Feststoffe, Abwärme und gasförmige Stoffe, die direkt in die Umweltmedien Wasser und Luft eingeleitet werden.
- Die Versorgung der Wirtschaft mit natürlichen Ressourcen ist gefährdet, da diese nur in begrenztem Umfang verfügbar sind und innerhalb eines sehr begrenzten Zeitraumes erschöpft sein werden.[2]
- Die Überlastung der Träger– und Versorgungsfunktion beeinträchtigen die Regulierungsfunktion. Die natürliche Umwelt kann das ökologische Gleichgewicht nicht mehr herstellen.
Die einzelnen zu berücksichtigen Problemfelder sind:[3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
”Pro Sekunde gehen 3000 m² Wald und 1000 Tonnen Mutterboden verloren,“[4] werden 10 bis 20 Tier– und Pflanzenarten ausgerottet.
Zehntausende verschiedenen Chemikalien kumulieren zu neuen Schadstoffen, deren Wirkungen heute noch gar nicht abzuschätzen sind. Die umweltschädigenden Eigenschaften von Asbest und FCKW wurden auch erst nach jahrelanger Verwendung entdeckt.
Die Ursachen ökologischer Probleme kann man in entwicklungsbedingte–, sozio–ökonomische– und wirtschaftssystembezogene Ursachen einteilen:[5]
- Entwicklungsbedingte Ursachen sind: Bevölkerungswachstum, Verstädterung, Wirtschaftswachstum und umweltungünstiger technisch–wirtschaftlicher Wandel:
Gegenwärtig wächst die Weltbevölkerung alle vier bis fünf Tage um eine Million. Das jährlich Bevölkerungswachstum beträgt ab dem Jahr 2000 einhundert Millionen.[6] Im Jahr 2010 wird die Weltbevölkerung acht Milliarden betragen. Zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung und des steigenden Konsums muß der primäre, tertiäre und sekundäre Bereich der Wirtschaft wachsen.
- Sozio–ökonomische Ursachen sind: Die Umwelt wird als öffentliches Gut betrachtet, bei der Produktion entstehen externe Kosten, umweltfeindliches menschliches Verhalten in Entwicklungsländern und Fortschrittsstaaten.
Im Gegensatz zu privaten Gütern können Kollektivgüter nicht aufgeteilt und nicht verkauft werden. Bei kostenfreier Nutzung des Umweltgutes erscheint der Vorteil umweltverantwortlichen Handelns für den einzelnen sehr gering. So verzichten beispielsweise nur wenige auf die hohe Mobilität des privaten PKW, um durch Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr, eine Luftverbesserung zu erreichen. Dies wird auch als Problem des ’Free Riders‘ bezeichnet. Niemand ist bereit für die Kosten zur Erstellung eines ’freien‘ Gutes im weitesten Sinne aufzukommen (z.B. durch Verzicht auf luftverschmutzendes Autofahren), aber jeder möchte daran teilhaben. Deshalb muß durch bestimmte Spielregeln, z.B. Rechtsvorschriften oder monetäre Anreize, die umweltfreundliche Alternative unterstützt werden.
”...externe Kosten [sind, d.V.] die Kosten, die der Gesellschaft entstehen, ohne daß sie im betrieblichen Rechnungswesen bzw. in der Wirtschaftsrechnung der privaten und öffentlichen Haushalte als Kosten auftauchen ...“[7]
Die Beispiele für externe Kosten betrieblicher Produktion sind vielfältig: Gesundheitliche Schädigungen durch Luftverschmutzung, Verschlechterung der Trinkwasserqualität, Verkehrslärm etc., für deren Beseitigung die Allgemeinheit aufkommt.
- Wirtschaftssystembezogene Ursachen (sozialistische Systeme, marktwirtschaftliche Systeme).
Sowohl in marktwirtschaftlich–demokratischen Systemen als auch in zentralverwalteten bzw. sozialistischen Systemen wird die Umwelt belastet.[8] Ein expost Vergleich der Wirtschaftssysteme im vereinigten Deutschland zeigt, daß in zentralverwalteten Systemen der Umweltqualität weit weniger Beachtung geschenkt wird.
Seit Beginn der siebziger Jahre wurde die Umweltpolitik stetig verschärft. Erfolge waren u.a.: Die Schwefeldioxyd–Emissionen sind auf ein Viertel zurückgegangen. Die Stickstoff– und Staub–Emissionen und die Belastung der Gewässer wurden ebenfalls stark reduziert, obwohl das Bruttosozialprodukt in der gleichen Zeit um 63% stieg. Trotzdem steigen die globalen Belastungen der Natur noch immer an:
Betrugen die jährlichen Umweltschäden 1985 noch 103,5 Milliarden oder 6% des Bruttosozialproduktes,[9] so liegen sie heute bei 120 Milliarden bzw. bei 10% des Bruttosozialproduktes[10]. Dies stellt allerdings nur die unterste Grenze dar, denn nicht quantifizierbare Umweltbelastungen bleiben unberücksichtigt. Werden auch die Kosten für Gesundheit, Unfälle, Einschränkung der ökologischen Vielfalt sowie in die Zukunft verlagerte Schäden addiert, so kommt das Heidelberger Umwelt– und Prognoseinstitut für das Jahr 1989 auf eine Schadensbilanz von 475,5 Milliarden DM.[11] Für den Umweltschutz wurden dagegen 1991 nur 1,74% des Bruttosozialprodukts aufgewendet.[12]
Unternehmen sind zugleich Verursacher und Betroffene der Umweltbelastung. Einerseits ist wirtschaftliche Tätigkeit unausweichlich mit Umweltbelastungen verbunden. Andererseits sind Unternehmen ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich von der Umweltproblematik betroffen. Die Unternehmen reagierten auf die ökologische Herausforderung zunächst durch Einhalten entsprechender Gesetze und Auflagen. Umweltschutz wird aber verstärkt zu einem Marktfaktor. ”In vielen Branchen ... ist die ökologische Fragestellung zu einer beherrschenden Restriktion auf den Absatzmärkten geworden.“[13] Für Unternehmen ergibt sich die neue Herausforderung, ökologische Anforderungen zu antizipieren und entsprechend zu handeln, um ihre Existenz langfristig zu sichern. Dies kann im Rahmen einer ökologischen Unternehmensführung erfolgen. Wie diese aussieht, in das Unternehmen integriert wird und durch ein betriebliches Umweltinformationssystem unterstützt wird, ist Gegenstand dieser Arbeit.
2. Ökologische Unternehmensführung
2.1. Definition
Ökologische Unternehmensführung ”...berücksichtigt bei der Planung, Durchsetzung und Kontrolle der Unternehmensaktivitäten in allen Bereichen Umweltschutzziele zur Verminderung und Vermeidung der Umweltbelastungen und zur langfristigen Sicherung der Unternehmensziele.“[14]
In der Literatur werden die Begriffe Umweltmanagement, ökologische Unternehmenspolitik, ökologieorientierte Unternehmensführung etc. synonym verwendet.
2.2. Umweltbedingungen der ökologischen Unternehmens-führung
2.2.1. Bewußtseinswandel in der Bevölkerung
In den westlichen Industriestaaten hat seit Ende der sechziger Jahre ein Bewußtseins– und Wertewandel stattgefunden. Mit zunehmender Befriedigung der Grundbedürfnisse stiegen die sozialen Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung, Erlebnisorientierung und Partizipation.
Anfang der siebziger Jahre entstand durch neue wissenschaftlich Studien wie z.B. des Club of Rome[15] ein Umweltinteresse. Seit dem hat sich das Umweltbewußtsein weiter verstärkt, so daß einige Autoren heute bereits die Frage nach einer Umwelt–Hysterie stellen.[16] Lebensqualität bedeutet heute ein ausgewogenes Verhältnis von Konsum– und Umweltgütern. Das verstärkte Umweltbewußtsein schlägt sich auch in den Meinungsumfragen nieder: Spätestens seit Beginn der achtziger Jahre ist ”...eine Umkehrung in der Rangordnung eingetreten. Dominierten Anfang dieses Jahrzehnts noch Probleme wie Sicherheit der Renten und Erhaltung des Friedens, Energieversorgung, Preisstabilität und Innere Sicherheit, so treten diese Fragen heute, in der Bewertung durch die Befragten, weit hinter das ökologische Problem zurück.“[17]
Nach einer Befragung des Emnid–Instituts bildet der Umweltschutz neben der Sicherung der Arbeitsplätze, mit einer Zustimmung von 70%, das wichtigste Thema.[18] Diese Prioritätsverteilung ist in den letzten sechs Jahren stabil geblieben. Die Einschätzung, daß Umweltschutz ein ’dringendes und sofort zu lösendes Problem‘ darstellt, teilen 72% der EG–Bürger. Nur in Frankreich und Irland ist diese Einschätzung mit 56% deutlich niedriger.[19]
Das Umweltbewußtsein ist speziell bei den besser Ausgebildeten mit höherem Einkommen in den mittleren Jahrgängen noch stärker ausgeprägt.[20] Diese sind auch bereit, ”...’Zusatznutzen‘ in Form von Umweltfreundlichkeit im Preis zu honorieren.“[21] Speziell in den materiell befriedigten westlichen Industrieländern genießt der Umweltschutz deshalb einen höheren Stellenwert.
Der Wertewandel führt u.a. zu:
– Nachfrageverschiebungen zu Öko–Produkten mit dem Namenszusatz Öko– oder Bio–[22],
– möglichst positiver ökologische Selbstdarstellung der Unternehmen seit Beginn der siebziger Jahre im Rahmen der Sozialbilanzierung bzw. gesellschaftsbezogenen Berichterstattung,
– die Umweltverträglichkeit steht zunehmend im Mittelpunkt der Werbung,
– die Anzahl der Produkte, die mit dem blauen Umweltengel ausgezeichnet wurden ist in den letzten Jahren stark angestiegen.[23]
2.2.2. Bewußtseinswandel und Konsumentenverhalten
Die empirischen Befunde des gestiegenen Umweltbewußtseins sind eindeutig, allerdings bestehen erfahrungsgemäß ”...erhebliche Divergenzen zwischen Umweltbewußtsein und Verhalten.“[24]
62% der Haushalte sind umweltbewußt, davon jedoch nur 34% umweltaktiv.[25] Bei Gegenüberstellung des bekundeten Verhaltens und des tatsächlichen Kaufverhaltens zeigt sich, daß die Verhaltensabsichten sich nur zu einem gewissen Teil in einem umweltorientierten Kaufverhalten niederschlagen. Die Veränderung des Verhaltens ist also schwieriger als die Veränderung des Bewußtseins.
Eine vergleichsweise eindeutige Korrelation besteht bei Umweltkatastrophen bzw. –skandalen wie Tschernobyl, Asbest und Weinpanscherei. Alle diese Ursachen hatten zu einer massiven und nachhaltigen Reaktion der Verbraucher geführt, da die persönliche Gesundheit gefährdet schien.[26] Leider liegen keine entsprechenden Untersuchung zu den durch Tankerhavarien verursachten Ölteppichen vor. Es ist jedoch kaum vorstellbar, daß diese zu einer massiven oder gar nachhaltigen Verhaltensänderung, z.B. durch Verzicht oder Einschränkung der Benutzung des privaten PKW geführt haben, da die persönliche Betroffenheit gering und die Effektivität des einzelnen Handlungsbeitrags nicht meßbar ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die umweltsensiblen Konsumbereiche vor allem durch folgende Merkmale gekennzeichnet sind:[27]
- Die Konsumenten können beim Ver– oder Gebrauch der Produkte persönlich negativ betroffen werden (z.B. Gesundheitsschäden wie in den o.g. Fällen).
- Die Bereiche sind oftmals in hohem Maße von ’Umweltskandalen‘ berührt worden.
- Die Effektivität des einzelnen Handlungsbeitrags ist für den Konsumenten relativ leicht ersichtlich und damit ein persönlicher ’Zusatznutzen‘ erzielbar (z.B. Altglas– und Papierrecycling, Kauf von phosphatfreiem Waschmittel etc.)
- Es handelt sich um Märkte, in denen herkömmliche Produktvariationen weitgehend ausgeschöpft sind (z.B. bei Waschmitteln: ’weißer‘ geht es nicht mehr), dafür aber Umweltverträglichkeit als neues und zusätzliches Qualitäts– und Differenzierungsmerkmal genutzt werden kann.
2.2.3. Forderungen an die Unternehmen
Als Folge des Bewußtseins– und Wertewandels werden von verschiedenen Anspruchsgruppen Forderungen gegenüber den Unternehmen erhoben. ”Als Anspruchsgruppen werden ... alle diejenigen innerhalb und außerhalb der Unternehmung bezeichnet, die einen Beitrag zu der Leistungserstellung der Unternehmung erbringen und die andererseits einen Anspruch an diese erheben.“[28]
Es existieren sieben Typen von Anspruchsgruppen: Die Eigentümer, das Management und die Mitarbeiter als interne Anspruchsgruppen. Die Fremdkapitalgeber, Lieferanten, Kunden sowie Staat und Gesellschaft als externe Anspruchsgruppen. Als Oberbegriff für sämtliche Bezugs– und Anspruchsgruppen der Unternehmung hat sich der Begriff «stakeholder»[29] durchgesetzt.[30] Die Stakeholder vertreten verschieden Interessen und Ziele, die einem zeitlichen Wandel unterliegen, gegenüber der Unternehmung.[31]
Von verschiedenen Anspruchsgruppen wie Verbraucherorganisationen, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Medien, politischen Parteien etc. wurden zuerst Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung, Verbraucherschutz etc. an die Unternehmen gestellt. Neben die Grundfunktion der Unternehmung, d.h. der ”... Schaffung von ökonomischen Werten durch die Erstellung entgeltlicher Leistungen ... für Abnehmer“[32], tritt die »soziale Verantwortung der Unternehmung« gegenüber den Anspruchsgruppen als eine zeitgemäße Leitmaxime der Unternehmenspolitik.[33] Demzufolge hat sich die Unternehmung ”...aus ihrem Verhältnis zur gesamten gesellschaftlichen Umwelt und nicht allein aus ihren Eigentumsverhältnissen heraus zu verstehen.“[34] Neben ihrer Grundfunktion hat die Unternehmung weitere Funktionen zu erfüllen, wie:
– Einkommenserzielung für die beschäftigten Mitarbeiter
– Kapitalverzinsung für Investoren und Gläubiger
– Steueraufkommen für den Staat
– soziale und kulturelle Funktionen (Ausbildung, Forschung und Entwicklung, Sozialleistungen etc.)[35]
– Arbeitsplatzerhaltung/–schaffung
– Mitbestimmung
– humane Arbeitsbedingungen etc.
Heute beziehen sich die Forderungen der Stakeholder verstärkt auf die »ökologische Verantwortung der Unternehmung«:
Durch die intensive Medienberichterstattung über Umweltunfälle, Müllver-schiebungen ins Ausland, Ozonloch, Treibhauseffekt, bodennahes Ozon etc., steigt das Interesse der Öffentlichkeit speziell für die Umweltproblematik.
Je nach Unternehmen existieren zahlreiche markt– und gesellschaftsbezogene umweltrelevante Anspruchsgruppen. Dies sind u.a.: Die unternehmensinternen Anspruchsgruppen, Eigenkapitalgeber und Mitarbeiter. Die unternehmensexternen umweltrelevanten Anspruchsgruppen sind zu unterscheiden in:
- Nicht marktbezogene, wie Gesellschaft, zukünftige Generationen und Staat und
- marktbezogene, wie Kunden, Lieferanten, Konkurrenten, Fremdkapitalgeber, sonstige Dienstleister des Unternehmens und Kooperationspartner.[36]
Die Anspruchsgruppen artikulieren mittel– oder unmittelbar Ansprüche gegenüber dem Unternehmen, beispielsweise nach:
– Rohstoffschonung
– Minderung der Emissionen
– Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen
– Sicherung der Lebensqualität etc.
Die Erfüllung der Forderungen der Stakeholder, ist im Rahmen der öffentlichen Exponiertheit[37], vor allem der Großunternehmung, für die gesellschaftliche Legitimität und damit dem Fortbestand der Unternehmung existentiell. Vor allem die Großunternehmung erfährt eine Entprivatisierung zu einer quasi–öffentlichen Institution[38]. Die soziale und ökologische Verantwortung ist somit kein rein moralisches Postulat, sondern notwendig, um den Fortbestand der Unternehmung zu sichern. Aus der Umweltbelastung ergeben sich spezielle Problemfelder für die Unternehmen.
2.2.4. Unternehmensbezogene Problemfelder der Umweltbelastung
Für die Unternehmen bestehen drei zentrale (Umwelt–)Problemfelder: Die ökonomische Problemdimension und die gesellschaftliche Problemdimension sind Folgen des Bewußtseins– und Wertewandels. Die ökologische Problemdimension ist eine direkte Folge der Umweltbelastung.[39]
2.2.4.1. Die ökonomische Problemdimension
Durch ökologieorientiertes Konsumentenverhalten und schärfere Umweltgesetze verschieben sich die Wettbewerbsvorteile. Dadurch kann die ökonomische Existenz der Unternehmung gefährdet werden.
Umweltbewußtes Konsumentenverhalten führt zur Verschiebung der Nachfrage von umweltbelastenden zu weniger umweltbelastenden Produkten und damit zu einem ökologieorientierten Substitutionswettbewerb. Anbieter, die früher Kostenvorteile aufgrund des Verzichts auf kostenintensive Umweltschutztechnologien hatten, können aufgrund schärferer Umweltgesetze Nachteile erleiden. Beispielsweise wenn die Fortsetzung der Produktion von der Einhaltung bestimmter Emissionsgrenzen abhängig gemacht wird.
2.2.4.2. Die gesellschaftliche Problemdimension
Die Unternehmen sehen sich einer ökologisch sensibilisierten Öffentlichkeit gegenüber. Die Risiken der industriellen Tätigkeit für Gesundheit und Umwelt stehen heute im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Dabei sind es ”... nicht nur die Risiken eines Unfalls oder Störfalls, sondern es sind auch die täglichen Risiken des Normalbetriebs, die wegen ihrer zunehmend erkannten Neben– und Spätwirkungen unter öffentlichen Druck geraten.“[40]
Die gesellschaftlichen Anspruchsgruppen können verschiedene Strategien zur Durchsetzung ihrer Ansprüche verfolgen:[41]
1. Mobilisierung öffentlichen Drucks, als die am häufigsten eingesetzte und wichtigste Strategie.
2. Mobilisierung politischen Drucks, als eine Folge des öffentlichen Drucks.
3. Mobilisierung der Marktkräfte gegen eine Unternehmung, durch Käuferboykott oder indirekte Mittel zur Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit.
4. Gesellschafteraktivismus d.h., auf die Gesellschafter der Unternehmung Einfluß auszuüben.
5. Direkte Verhandlung mit der Unternehmung.
Die Fälle öffentlicher Auseinandersetzungen, um die Gesundheitsrisiken, sind inzwischen zahlreich.[42] Ein Beispiel:[43]
Die Eternit AG, Berlin, geriet in die öffentliche Auseinandersetzung um die Gesundheitsgefahren des Asbestfeinstaubs. Zur Jahreswende 1980/81 veröffentlichte das Umweltbundesamt die Ergebnisse einer Untersuchung über das Krebsrisiko von Asbestzement, mit der Forderung nach einem Produktionsverbot. Innerhalb von weniger als zwei Jahren wurde Eternit, der Marktführer mit zwei Drittel Marktanteil in der Branche, an den Rand des wirtschaftlichen Ruins getrieben. ”Eternit wurde mit Asbest und zunehmend auch mit Krebs und Tod assoziiert.“[44] Mit einer ’Flucht nach vorne‘, d.h. einer freiwilligen Selbstverpflichtung zur vollständigen Asbestsubstitution in allen Hochbauprojekten bis zum Jahr 1990, konnte Eternit sich retten. Dieses Beispiel zeigt, ”die Unternehmung ist ein Teil der Gesellschaft – nicht nur ihrer Wirtschaft – und für die Sicherung ihrer eigenen Zukunft nicht nur auf Umsätze und Gewinn, sondern auch auf die Akzeptanz und Unterstützung von Öffentlichkeit und Gesellschaft angewiesen.“[45] In Abhängigkeit des Bedrohungspotentials der Stakeholder muß die Unternehmensführung eine Strategie entwerfen, um diese, teils konträren, Interessen zu erfüllen und langfristig gar zu übertreffen.
2.2.4.3. Die ökologische Problemdimension
Hierunter versteht man die Verknappung der Ressourcen und die Verschlechterung der Ressourcenqualität. Die Verknappung von natürlichen Rohstoffen wird mittel– bis langfristig ”...zu einer Neuorientierung ganzer Branchen oder sogar zu einer existentiellen Bedrohung von rohstofferzeugenden und –verarbeitenden...“[46] Industrien führen. Durch Verschlechterung der Ressourcenqualität, z.B. die zunehmende Belastung von Nahrungsmitteln durch gesundheitsgefährdende Stoffe, steigen die Kosten für die Rohstoffgewinnung und –kontrolle. Die Kosten der Trinkwasseraufbereitung hat sich von 1950 bis 1990 um etwa das 30–fache erhöht. ”Zur Sicherung eines »Sustainable Development«[47] müssen Unternehmen deshalb in zunehmendem Maße auch ökologisch effizient handeln, d.h. eine Verringerung des Ressourcenverbrauchs anstreben.“[48]
2.2.5. Anpassungsmöglichkeiten der Unternehmen
Im Rahmen einer empirischen Studie ermittelte Meffert vier verschiedene strategische Anpassungsmöglichkeiten der Unternehmen an die ökologische Herausforderung: Passivität, Konfrontation, reaktives Verhalten, kreative Umsetzung.[49] Ignoranz und Konfrontation der Umweltschutzproblematik als Ausdruck eines defensiven Unternehmensverhaltens bedeuten zwar eine kurzfristige ökonomische Rationalität, gefährden jedoch langfristig die gesellschaftliche Legitimität und den Handlungsspielraum der Unternehmung. Meffert, Pfriem, Steger, Wicke, Winter u.a. fordern die offensive Berücksichtigung der Ökologie in der Unternehmenspolitik.
2.2.6. Gründe für eine ökologische Unternehmensführung
Eine ökologische Unternehmenspolitik eröffnet ”...Chancen für diejenigen Unternehmen, denen es gelingt, durch innovative Lösungendie anstehenden Probleme zu bewältigen und gleichzeitig Möglichkeiten der Wettbewerbsprofilierung zu nutzen.“[50]
Gründe für eine ökologische Unternehmensführung sind u.a.:[51]
- Die umweltschutzbezogenen Forderungen frühzeitig zu berücksichtigen, stellt ”... langfristig eine notwendige Voraussetzung zur Sicherung der gesellschaftsbezogenen Legitimität und Erhaltung des Flexibilitätsspielraumes der Unternehmensführung dar.“[52]
- Ökologie ist zu einem strategischen Erfolgspotential im Wettbewerb geworden. ”Die Erschließung neuer Marktpotentiale in Umweltschutzmärkten oder das Angebot umweltverträglicher Produkte in den bestehenden Märkten wird zukünftig eine neue Erfolgsdimension darstellen.“[53]
- Zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen gibt es Überschneidungen :
– Kostensenkungen durch umwelt– und ressourcenschonendere Produktion u.a. durch Energie– und Rohstoffeinsparungen. Andererseits können aufwendige, nachgeschaltete Reinigungsverfahren durch integrierten Umweltschutz[54] weitgehend vermieden werden, ggf. kann auch die Effizienz nachgeschalteter Reinigungsverfahren verbessert werden.
– Substitution von umweltgefährdenden Produkten, um kostenaufwendige nachgeschaltete Reinigungsmaßnahmen zu vermeiden, (z.B. Substitution von Asbestzement–Baumaterialien durch asbestfreien Faserzement bei der Firma Eternit).
– Umweltschonende und kostengünstige Verpackungsarten.
– Kostengünstige und gewinnbringende Entsorgung durch Vermeidung, Verminderung und internes Recycling.[55]
- Wettbewerbsvorteile bei der staatlichen Auftragsvergabe, soweit bei dieser ökologische Ansprüche stärker berücksichtigt werden.
- Gesetzliche Bestimmungen vorwegnehmen, um den Zeitpunkt für Produktionsumstellungen selbst bestimmen zu können.
- Die ökologischen Ansprüche der Verbraucher sind gestiegenen. Procter & Gamble’s Absatz an Wäscheverstärkertüchern (’Top job‘) ging innerhalb eines Monats um die Hälfte zurück, nachdem eine negative Stellungnahme des Berliner Umweltbundesamtes dazu erschienen war.
- Positive Wirkung auf das Bild einer Unternehmung in der Öffentlichkeit.
- Ökologische Identifikation der Beschäftigten mit ihrem Betrieb, als wichtige Voraussetzung zur Steigerung der betrieblichen Motivation und Innovation.
Weitere Gründe für eine ökologische Unternehmensführung sind:[56]
Ohne umweltbewußte Unternehmensführung
– keine umweltbewußte Wirtschaft – und ohne umweltbewußte Wirtschaft kein menschenwürdiges Überleben.
– kein öffentlicher Konsens mit dem Unternehmertum und somit Gefährdung des Fortbestandes der Marktwirtschaft.
– Verlust rasch wachsender Marktchancen und Risiko einer Umwelthaftung in Millionenhöhe.
– verschärftes Haftungsrisiko für Vorstände, Direktoren, Abteilungsleiter und weitere Mitarbeiter mit Gefährdung des Arbeitsplatzes und zukünftiger Berufschancen.
– kein Bestand vor dem eigenen Gewissen und dadurch keine Identifikation mit dem eigenen Beruf.
2.3. Einbeziehung der Umwelt in die BWL
Die Einbeziehung der ökologischen Umwelt in die Betriebswirtschaftslehre kann durch Erweiterung des klassischen Faktor/Produktionssystems oder neue betriebswirtschaftliche Ansätze erfolgen.
2.3.1. Einbeziehung in das klassische Faktor–/Produktionssystem
Im klassischen Faktorsystem der Betriebswirtschaftslehre nach Gutenberg[57], wird die ökologische Umwelt nicht explizit erfaßt, hat allerdings Funktionen zu erfüllen: Die Hauptfunktionen der ökologischen Umwelt sind die Produktions– bzw. Versorgungsfunktion sowie die Träger– und Regelungsfunktion.[58] Die vierte Funktion ist die Bereitstellung von Raum für die wirtschaftliche Tätigkeit.[59]
In der klassischen Produktionstheorie wird die natürliche Umwelt als ’freies‘ Gut betrachtet und nur berücksichtigt, wenn sie Kosten verursacht. Dies führt, unter ökologischen Gesichtspunkten, zu Fehlbewertungen, da beispielsweise die Preise für Rohstoffe und Energien nicht den ökologischen Knappheiten entsprechen.
”Beim Produktionsausstoß ist das Defizit der betriebswirtschaftlichen Produktionstheorie noch größer.“[60] Im Produktionsprozeß werden neben den erwünschten Produkten auch unerwünschte Kuppelprodukte[61] erzeugt. Für ihre Inwertsetzung besteht auch heute noch kein Instrumentarium. Berücksichtigt werden diese Kuppelprodukte nur, wenn sie betriebswirtschaftliche Kosten verursachen, beispielsweise Deponiegebühren. ”Luft, Wasser und Boden als Aufnahmemedien für betriebliche Kuppelprodukte werden...ohne entsprechende politische Korrekturen als freie Güter behandelt... .“[62]
”Die Kapazität der Umwelt als Reservoir natürlicher Ressourcen und als Aufnahmemedium für anthropogene Abfälle ist beschränkt, und die Kapazitätsgrenzen werden fühlbar. Umwelt ist damit ein knappes Gut, das bewirtschaftet werden muß, wenn nicht die moderne Weltwirtschaft in einen ökologischen Zerstörungsprozeß münden soll.“[63] Dies kann durch Internalisierung[64] der externen Effekte, die gesamtwirtschaftlich soziale Kosten[65] darstellen, erfolgen. Nach Strebel kann die Internalisierung ökonomisch oder ökologisch erfolgen.
2.3.1.1. Ökonomische Internalisierung – Verursacherprinzip
”Die...ökonomische Internalisierung ist ...<die, d.V.> Übernahme von Kosten durch den ’Verursacher‘ bei Fortsetzen der Umweltbelastung.“[66]
Damit erhält das ’freie‘ Gut Umwelt einen Preis, geht in die Kostenrechnung des Verursachers ein und wird formal als ’knappes‘ Gut ausgewiesen. Die externen Kosten der Produktion werden dem Verursacher, z.B. durch Steuern, Gebühren, Strafen oder Versicherungsprämien zugerechnet. Damit wird die Umweltbelastung zwar nicht ’verhütet‘, muß jedoch ’vergütet‘ werden.” Gelänge es, die sozialen Kosten betrieblicher Umweltinanspruchnahme vollständig zu ’internalisieren‘, könnte die traditionelle Rechnungslegung ein Informationssystem darstellen, das sämtliche Folgewirkungen betrieblicher Umweltbeziehungen in monetärer Form abbildet.“[67]
Die Schwierigkeit dieses Konzepts liegt in der richtigen Bewertung der Umwelt (d.h., die ökologische Umwelt mit Preisen auszuzeichnen, die ihre wahre Knappheit widerspiegeln). Rechtliche, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Widerstände stehen den Versuchen die sozialen Kosten zu internalisieren entgegen. Beispielsweise müßte, bei Internalisierung der externen Effekte des Autoverkehrs, der Liter Benzin annähernd fünf DM kosten.
2.3.1.2. Ökologische Internalisierung – Integrierter Umweltschutz
”Ökologische Internalisierung bedeutet..’Verhüten‘ der Umweltbelastung durch den bisherigen Verursacher.“[68] Bei diesem Konzept tritt die Vorsorge an Stelle der Nachsorge (’End–of–the–pipe–Maßnahmen‘[69]). Hierzu müssen die ökologischen Vorstellungen in den ökonomischen Prozeß integriert werden. Dies kann auf verschiedene Arten erfolgen:[70]
- Rückgriff auf regenerierbare Rohstoffe und Energien
- umweltschonende Ressourcengewinnung
- nichtregenerierbare Rohstoffe möglichst sparsam verbrauchen
- recyclingfähige Weiterverarbeitungsstoffe herstellen
- Erhöhung des internen Recycling
- stärkerer Emissionsschutz
- verstärkte Wiederverwendung bereits benutzter Rohstoffe
Hierzu bedarf es erweiterter Informationsgrundlagen, wie z.B. Ökobilanzen, auf die im dritten Teil dieser Arbeit näher eingegangen wird. Ein wichtiges Merkmal des integrierteren Umweltschutzes ist die umfassende Problemsicht, d.h. an den Wurzeln anzusetzen, unter Einbeziehung der Vor– und Nachstufen, bei weitgehendem Verzicht auf End–of–the–pipe–Technologien.
2.3.2. Der systemtheoretische Ansatz
Neue Wege der Einbindung des ’Gutes Umwelt‘ in die Betriebswirtschaftslehre, versuchen die wirtschaftlich–technische Sichtweise zu erweitern, da diese den komplexen Anforderungen nicht gerecht wird. Neuere Ansätze sind u.a. der entscheidungsorientierte, der verhaltensorientierte und der systemorientierte Ansatz der Betriebswirtschaftslehre.
Als chancenreich kann der, seit den sechziger Jahren von Hans Ulrich an der Hochschule St. Gallen entwickelte, systemorientierte Ansatz der Betriebswirtschaftslehre bezeichnet werden, da dieser die verschiedenen Umwelten des Unternehmens miteinbezieht. Gerade ”die Umweltprobleme haben das Bewußtsein dafür geschärft, daß wirtschaftliche Prozesse grundsätzlich in offenen Systemen stattfinden.“[71]
Im systemtheoretischen Ansatz wird die Unternehmung als reales System mit bestimmten Eigenschaften wie dynamisch, offen, komplex, zweckorientiert, wirtschaftlich selbsttragend und sozio–technisch charakterisiert.[72] Das System Unternehmung ist Teil eines umfassenden sozialen, ökonomischen, technologischen, ökologischen und gesetzlichen Umsystems, mit dem es in enger Wechselbeziehung und dynamischer Anpassung steht. Die Unternehmung kann nur bestehen, wenn sie sich immer wieder von neuem mit den sich ändernden Umweltbedingungen befaßt.[73]
[...]
1Steger, Ulrich, Umweltmanagement. Erfahrungen und Instrumente einer umweltorientierten Unternehmensstrategie, 2. überarb. und erw. Auflage, Frankfurt 1993, S. 27.
[2] Vgl. u.a., o.V., Global 2000. Der Bericht an den Präsidenten, Frankfurt/M. 1980.
[3] Vgl. Hallay, Hendric und Pfriem, Reinhard, Öko-Controlling. Umweltschutz in mittelständischen Unternehmen, Frankfurt und New York 1992, S. 31.
[4] Ebenda, S. 9.
[5] Vgl. Wicke, Lutz, Umweltökonomie. Eine praxisorientierte Einführung, 2. vollst. überarb., erw. und aktual. Auflage, München 1991, S. 27 ff.
[6] Vgl. Global 2000, 1980, S. 26. Zur Vertiefung siehe Weizsäcker, Ernst Ulrich von, Erdpolitik – Ökologische Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert der Umwelt, 2. Auflage, Darmstadt 1990, S. 112 ff.
[7] Wicke, Umweltökonomie, 1991, S. 43 [Hervorhebungen weggelassen, d.V.].
[8] Vgl. ebenda, S. 45 ff.
[9] Vgl. Wicke, Lutz, Die ökologischen Milliarden. Das kostet die zerstörte Umwelt – so können wir sie retten, München 1986, S. 123.
[10] Vgl. Hopfenbeck, Waldemar, Allgemeine Betriebswirtschafts– und Managementlehre, 7. Auflage, Landsberg/Lech 1993, S. 927.
[11] Vgl. Meffert, Heribert und Kirchgeorg, Manfred, Marktorientiertes Umweltmanagement. Grundlagen und Fallstudien, 2. überarb. u. erw. Auflage, Stuttgart 1993, S. 5.
[12] Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft (IW), IW–Zusammenstellung, Deutscher Instituts–Verlag 22/1993, in: Die Welt, Berlin, 7.6.93.
[13] Hallay/Pfriem, Öko-Controlling, 1992, S. 30.
[14] Meffert/Kirchgeorg, Marktorientiertes Umweltmanagement, 1993, S. 20.
[15] Meadows, Dennis, Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Stuttgart 1972.
[16] Vgl. hierzu Entwicklungs–Phasen des Umwelt–Bewußtseins in Deutschland: Michael, Bernd M., Wenn der Rückschritt plötzlich zum Fortschritt wird. Von den Öko–Anfängen des Club of Rome bis zur Umwelthysterie der neunziger Jahre, in: Horizont. Zeitung für Marketing, Werbung u. Medien, Frankfurt u.a., Nr. 46 o. Jg. (1990), S. 38.
[17] Wicke, Lutz u.a, Betriebliche Umweltökonomie. Eine praxisorientierte Einführung, München 1992, S. 422 f.
[18] Vgl. u.a. Wicke u.a., Betriebliche Umweltökonomie, 1992, S. 422 ff., Hopfenbeck, Allgemeine Betriebswirtschafts- u. Managementlehre, 1993, S. 931 u. Tacke, W., Unternehmer und Umweltschutz – Ergebnisse einer Befragung, in: Ökologie und Unternehmensführung. Dokumentation des 9. Münsteraner Führungsgesprächs, Hrsg.: Meffert, H. u. Wagner, H., Arbeitspapier Nr. 26, o. O. 1985, S. 47.
In der Umfrage ’Die Sorgen der Nation‘ (Quelle: GfK–Marktforschung, G & I, Nürnberg) nannten 57% der Befragten Umweltschutz und Arbeitslosigkeit spontan als die größten Sorgen, weit vor Friedenssicherung, Rentensicherung etc.; vgl. Steger, Umweltmanagement, 1993, S. 71.
[19] Vgl. Hopfenbeck, Waldemar, Umweltorientiertes Management und Marketing. Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, 2. durchges. Auflage, Landsberg/Lech 1991, S. 19
[20] Vgl. Steger, Umweltmanagement, 1993, S. 71.
[21] Ebenda, S. 74.
[22] Die Verwendung von »Öko« oder »Bio« ist nicht gesetzlich geregelt. Daher wird mit diesen Zusätzen oft Etikettenschwindel betrieben, siehe hierzu: Öko–Tricks und Bio–Schwindel, Adler, Adam und Mackwitz, Hanswerner, 2. Auflage, Wien u.a., 1990.
[23] Vgl. Meffert/Kirchgeorg, Marktorientiertes Umweltmanagement, 1993, S. 224.
[24] Tiebler, Petra, Umwelttrends im Konsumentenverhalten, in: Steger, Ulrich (Hrsg.), Handbuch des Umweltmanagements. Anforderungs– und Leistungsprofile von Unternehmen und Gesellschaft, München 1992, S. 185.
[25] Vgl. Meffert/Kirchgeorg, Marktorientiertes Umweltmanagement, 1993, S. 89.
[26] Vgl. Wicke u.a., Betriebliche Umweltökonomie, 1992, S. 428 ff.
[27] Vgl. Tiebler, Umwelttrends im Konsumentenverhalten, in: Steger (Hrsg.), Handbuch des Umweltmanagements, 1992, S. 188.
[28] Dyllick, Thomas, Erfassen der Umweltbeziehungen der Unternehmung, in: Management–Zeitschrift Industrielle Organisation (io), Zürich 53. Jg. (1984), Nr. 2, S. 74–78.
[29] Das Stakeholder–Konzept ist 1963, als Generalisierung des Begriffs Stockholder (Aktionär), am Stanford Research Institute (SRI) entwickelt worden, um die Aufmerksamkeit des Managements auch auf andere Interessengruppen neben den Anteilseignern zu lenken. Freeman definiert Stakeholder als "any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the firms objectives". Zitiert nach: Staehle, Wolfgang H., Umweltschutz und Theorie der Unternehmung, in: Steger, Ulrich (Hrsg.), Handbuch des Umweltmanagements. Anforderungs– und Leistungsprofile von Unternehmen und Gesellschaft, München 1992, S. 73.
[30] Vgl. Ulrich, Peter und Fluri, Edgar, Management, 6. neub. u. erg. Auflage, Bern u. Stuttgart 1992, S. 77.
[31] Ausführliche Darstellung der Anspruchsgruppen und deren verschiedenen Interessen und Ziele u.a. in Ulrich/Fluri, Management, 1992, S. 79.
[32] Ebenda, S. 60.
[33] Vgl. ebenda, S. 60 f.
[34] Ebenda, S. 60.
[35] Vgl. ebenda.
[36] Klassifikation der Anspruchsgruppen, in: Meffert/Kirchgeorg, Marktorientiertes Umwelt-management, 1993, S. 76 Abb. 26.
[37] Vgl. Dyllick, Thomas, Management der Umweltbeziehungen. Öffentliche Auseinandersetzung als Herausforderung, Wiesbaden 1990, S. 15.
[38] Vgl. Ulrich, Peter, Die Großunternehmung als quasi–öffentliche Institution. Eine politische Theorie des Unternehmens, Stuttgart 1977, S. 159 ff.
[39] Vgl. ebenda, S. 11 ff.
[40] Ebenda.
[41] Vgl. Dyllick, Management der Umweltbeziehungen, 1990, S. 56 ff.
[42] Neben aktuellen Fällen wie den Tankerunglücken oder den Störfallserien bei Hoechst zu Beginn des Jahres, sehen sich insbesondere die Chemie– und Mineralölindustrie sowie die Kernenergie einer öffentlichen Diskussion gegenüber.
[43] Vgl. Dyllick, Management der Umweltbeziehungen, 1990, S. 5 ff. Weitere Beispiele siehe u.a.: Ebenda, Meffert/Kirchgeorg, Marktorientiertes Umweltmanagement, 1993 u. Hallay/ Pfriem, Öko-Controlling 1992.
[44] Dyllick, Management der Umweltbeziehungen, 1990, S. 7.
[45] Dyllick, Thomas, Ökologisch bewusstes Management, Schweizerische Volksbank (Hrsg.), Die Orientierung Nr. 96, Bern 1990 S. 4.
[46] Ebenda, S. 12.
[47] Der Begriff des »Sustainable Development«, der nachhaltigen Entwicklung, ist 1980 mit der Publikation der »Weltstrategie für die Erhaltung der Natur« aufgetaucht. Verfaßt wurde diese Schrift von der World Conservation Union in Zusammenarbeit mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und dem World Wildlife Fund. Unter »Sustainable Development« wird die Verbesserung der Lebensqualität innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen der tragenden Ökosysteme, verbunden mit der Überwindung der Armut in der Dritten Welt verstanden. Der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung ist integraler Bestandteil der Erklärung der UNCED Umwelt–Konferenz von Rio 1992. Vgl. Schiesser, Walter, Steiniger Weg zur nachhaltigen Entwicklung, in: Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 17.6.92.
[48] Dyllick, Ökologisch bewußtes Management, 1990, S. 4.
[49] Vgl. Meffert, Heribert u.a., Umweltschutz und Unternehmensverhalten, in: Harvard–Manager, o. Jg. (1987) Heft 2, S. 32–39.
[50] Meffert/Kirchgeorg, Marktorientiertes Umweltmanagement, 1993, S. 3.
[51] Vgl. Pfriem, Reinhard, Ökologische Unternehmensführung, Schriftenreihe des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), 13/88, Berlin 1989, S. 14 ff.
[52] Ebenda, S. 12.
[53] Ebenda, S. 3.
[54] Der integrierte Umweltschutz wird in Punkt 2.3.1.2. dieser Arbeit näher erläutert.
[55] Vgl. Wicke u.a., Betriebliche Umweltökonomie, 1992, S. 650 ff.
[56] Vgl. Winter, Georg, Das umweltbewußte Unternehmen. Ein Handbuch der Betriebsökologie mit 28 Check–Listen für die Praxis, 5., vollst. neubearb. und erg. Aufl., München 1993, S. 32 f.
[57] Vgl. Strebel, Heinz, Umwelt und Betriebswirtschaft. Die natürliche Umwelt als Gegenstand der Unternehmenspolitik, Berlin 1980, S. 39.
[58] Siehe Gliederungspunkt 1. dieser Arbeit.
[59] Vgl. Senn, Josef Fidelis, Ökologie–orientierte Unternehmensführung. Theoretische Grund-lagen, empirische Fallanalysen und mögliche Basisstrategien, Frankfurt u.a., 1986, S.50
[60] Pfriem, Ökologische Unternehmensführung, 1989, S. 6.
[61] Kuppelprodukte sind Produkte, unterschiedlicher Art und Güte, die aus naturgesetzlichen oder technischen Gründen zwangsläufig im Produktionsprozeß anfallen. Unerwünschte Kuppelprodukte sind stoffliche und energetische Abfälle sowie Rückstände wie Lärm, Erschütterungen, Lichteinwirkungen, Strahlenbelastungen und dergleichen. Vgl.: Gabler Wirtschaftslexikon, 12. erw. Auflage, Wiesbaden 1988, Sp. 3105 u. Strebel, Umwelt u. Betriebswirtschaft, 1980, S. 18.
[62] Pfriem, ökologische Unternehmensführung, 1989, S. 6.
[63] Strebel, Umwelt und Betriebswirtschaft, 1980, S. 30.
[64] Internalisierung externer Kosten bedeutet die Zurechnung sozialer Kosten auf den Verursacher, so daß diese Bestandteil der einzelwirtschaftlichen Kostenrechnung werden. Vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, 1988, Sp. 2589 f.
[65] Soziale (externe) Kosten sind, aufgrund negativer externer Effekte einzelwirtschaftlicher Aktivitäten entstehende, volkswirtschaftliche Kosten, die nicht in die Kostenrechnung des jeweiligen Verursachers eingehen, sondern von Dritten bzw. der Allgemeinheit zu tragen sind. In großem Umfang können soziale Kosten durch Umweltbelastungen entstehen. Vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, 1988, Sp. 1541 u. S. 8 dieser Arbeit.
[66] Strebel, Umwelt und Betriebswirtschaft, 1980, S. 32.
[67] Wicke u.a., Betriebliche Umweltökonomie, 1992, S. 525.
[68] Ebenda, S. 32.
[69] D.h. Reduktion der Umweltbelastung durch nachgeschaltete Anlagen (z.B. Filter) um
Verfahrensänderungen zu umgehen. Diese führen jedoch zunehmend zu ungelösten
Entsorgungsproblemen u.a. durch Knappheit des Deponievolumens. (z.B. Gips aus
Rauchgasentschwefelungen oder Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen).
[70] Vgl. Hopfenbeck, Allgemeine Betriebswirtschafts- u. Managementlehre, 1991, S. 955.
[71] Ebenda, S. 948.
[72] Vgl. Ulrich, Hans, Management, Bern u. Stuttgart 1984, S. 37.
[73] Vgl. Ulrich, Hans u. Krieg, Walter, Das St. Galler Management–Modell, 2. Auflage, Bern 1974, S. 18.
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