Im Rahmen meines Studiums habe ich verschiedene Methoden der Sozialforschung kennen gelernt. In den Seminaren beschäftigten wir uns überwiegend mit qualitativen und quantitativen Verfahren, deren Untersuchungsgruppe in der Regel Jugendliche und Erwachsene waren. Die Zielgruppe der Kinder wurde bisher kaum bzw. gar nicht thematisiert. Wenn ich an Forschung über Kinder denke, fallen mir zuerst Methoden wie die Beobachtung oder die Befragung der „Experten/innen“ bzw. der BetreuerInnen der Kinder (z.B. Erzieherinnen) ein, bei denen das Verhalten, die Interessen der Kinder etc. untersucht wurde. Es stellt sich mir nun die Frage, welche weiteren Methoden der Sozialforschung in der Kindheitsforschung anwendbar und gleichzeitig auch sinnvoll sind? Welche Unterschiede werden in der Forschung über Kinder im Vergleich zu der Forschung über Erwachsene gemacht? Wann sind Kinder in der Lage interviewt zu werden? Wo stößt man Grenzen in der Forschungsarbeit mit Kindern? In dieser Hausarbeit möchte ich die unterschiedlichen Methoden der Kindheitsforschung darstellen. Dabei begrenze ich mich auf die neue Kindheitsforschung. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Methode des Interviews in der Kindheitsforschung. Im letzen Teil stelle ich exemplarisch Forschungsergebnisse und Forschungserfahrungen, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung über Kinder gesammelt wurden, dar. [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Neue Kindheitsforschung
3 Methoden in der Kindheitsforschung
3.1 Fragebogenstudien
3.2 Interviews
3.2.1 Situationsnahe Interviews
3.2.2 Sequenz-Interviews
3.2.3 Lebensweltliche Interviews
3.2.4 Biographische Interviews
3.2.5 Symbolische Interviewformen
3.3 Gruppendiskussionen
3.4 Beobachtung
3.5 Non-reaktive Verfahren
3.6 Triangulation
4 „Kinder legen Zeugnis ab“ - eine empirische Untersuchung über Kinder im Kontext von häuslicher Gewalt
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Im Rahmen meines Studiums habe ich verschiedene Methoden der Sozialforschung kennen gelernt. In den Seminaren beschäftigten wir uns überwiegend mit qualitativen und quantitativen Verfahren, deren Untersuchungsgruppe in der Regel Jugendliche und Erwachsene waren. Die Zielgruppe der Kinder wurde bisher kaum bzw. gar nicht thematisiert. Wenn ich an Forschung über Kinder denke, fallen mir zuerst Methoden wie die Beobachtung oder die Befragung der „Experten/innen“ bzw. der BetreuerInnen der Kinder (z.B. Erzieherinnen) ein, bei denen das Verhalten, die Interessen der Kinder etc. untersucht wurde. Es stellt sich mir nun die Frage, welche weiteren Methoden der Sozialforschung in der Kindheitsforschung anwendbar und gleichzeitig auch sinnvoll sind? Welche Unterschiede werden in der Forschung über Kinder im Vergleich zu der Forschung über Erwachsene gemacht? Wann sind Kinder in der Lage interviewt zu werden? Wo stößt man Grenzen in der Forschungsarbeit mit Kindern?
In dieser Hausarbeit möchte ich die unterschiedlichen Methoden der Kindheitsforschung darstellen. Dabei begrenze ich mich auf die neue Kindheitsforschung. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Methode des Interviews in der Kindheitsforschung. Im letzen Teil stelle ich exemplarisch Forschungsergebnisse und Forschungserfahrungen, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung über Kinder gesammelt wurden, dar.
2 Neue Kindheitsforschung
Die neue Kindheitsforschung hat sich insbesondere unter Beteiligung der Soziologie und der Erziehungswissenschaft seit Mitte der 1980er etabliert. Sie ist eine Forschungsrichtung, „die explizit nach der Perspektive der Kinder fragt und deren erklärtes Ziel es ist, nicht nur über Kinder zu forschen." (Mey, 2006, S.1) Wenn man heutzutage die Lebenswelt der Kinder untersuchen möchte, reicht es nicht mehr aus, die medizinisch, psychologisch, pädagogisch und alltagsweltlich geschulten Erwachsenen, die von vornherein wissen, was für Kinder richtig ist und wie die Kindheit aussieht, zu befragen. In der neuen Kindheitsforschung werden die Kinder vielmehr als eigenständige Personen, mit eigenen Rechten, Interessen und Ansichten, gesehen, die ihr Leben aktiv mitgestalten und deren Meinungen und Wünsche gehört und berücksichtigt werden müssen.
Das zunehmend zu „beobachtende Interesse an Methodenfragen in der Kindheitsforschung ist mit dem Wandel des Bildes von Kindheit eng verbunden.“ (Fuhr, 2000, S.88)
Das Verhältnis von politischen und pädagogischen Motiven hat sich gegenüber der Kindheitsforschung um 1900 umgekehrt. Pädagogik und Psychologie standen zu dieser Zeit im Vordergrund des Interesses, politische Motive waren zweitrangig. In der heutigen Kindheitsforschung „geht es um politisch-gesellschaftliche Ziele, um den politischen und gesellschaftlichen Status von Kindern und von Kindheit zu verbessern.“ (Zinnecker, 1999, S.74)
„Mit einer Reihe von ethnographischen Mitteln wie Teilnehmende Beobachtung, Dokumentenanalyse, aber auch mittels Befragungen von Kindern in ihrer alltäglichen Umwelt wird versucht, die alltagskulturellen Praktiken der Kinder zu erfassen und die subjektiven Bedeutungen der kindlichen Lebenswelten zu entschlüsseln.“ (Fuhr, 2000, S.88)
3 Methoden in der Kindheitsforschung
Kindheitsforschung ist in der „Regel Forschung mit Kindern, in deren Rahmen diese beobachtet, befragt oder kindliche Produkte“ wie z.B. Zeichnungen „genutzt werden, um Einblicke in Kinderwelten und Kinderbiographien zu erhalten.“ (Mey, 2006, S.2) Innerhalb der Kindheitsforschung können grundsätzlich beinahe alle sozialwissenschaftlichen Methoden eingesetzt werden: Verfahren aus der quantitativen Forschung wie Fragebögen, Tests, standardisierte Beobachtungen und auch Methoden der qualitativen Forschung wie beispielsweise Interviews, Gruppendiskussionen und teilnehmende Beobachtung.
Es zeigt sich, dass in der Praxis Befragungen und Interviews sowie standardisierte Methoden bevorzugt werden und im Ganzen quantitative Verfahren gängiger sind als qualitative Verfahren.
Die Methoden der Sozialforschung können nicht eins zu eins in die Kindheitsforschung übertragen werden. Unter Berücksichtigung der zu untersuchenden Kinder müssen die Methoden angepasst bzw. abgewandelt werden. Nur vereinzelt sind Verfahren standardisiert und auf die Untersuchungsgruppe Kinder ohne Veränderungen übertragbar. Bestimmte Methoden können auf Grund ihrer „natürlichen Grenze“ nicht immer angewendet werden. Zum Beispiel können Fragebogenuntersuchungen erst von Kindern im lese- und schreibfähigen Alter eigenständig beantwortet werden. (vgl. Mey, 2006, S.2)
Die folgenden aufgeführten Verfahren beziehen sich direkt auf Kinder bzw. sprechen Kinder als Kinder an. Nicht erwähnt werden Methoden in der Kindheitsforschung, bei denen Erwachsene zu ihrer eigenen Kindheit befragt oder historische Dokumente wie Fotographien, Bilder, Filme, Aufzeichnungen, statistische Kenndaten etc., die zur Rekonstruktion von Kindheit dienen, eingesetzt werden.
3.1 Fragebogenstudien
In den letzten Jahren werden in der Kindheitsforschung zunehmend Fragebogenstudien, mit dem Ziel „die Sicht der Kinder, ihre Wünsche, ihre Lebenskontexte und Weltverständnisse repräsentativ zu ermitteln“ und „Kinder als Mitgestalter in öffentliche Meinungsbildungsprozesse einzubeziehen“ (Mey, 2006, S.3) eingesetzt. Als einer der ersten repräsentativen Studien in der Kindheitsforschung nennt Mey die Untersuchung von Zinnecker & Silbereisen "Kindheit in Deutschland". In dieser Studie wurden von 1993 bis 1996 bundesweit 700 Kinder im Alter von zehn bis 13 Jahren längsschnittlich untersucht.
Beim Einsetzen von Fragebögen sollten folgende methodische Gesichtspunkte berücksichtigt werden:
- die Fragen sollten möglichst konkret gestellt werden und sich auf den unmittelbaren Erfahrungsbereich der Kinder beziehen
- für Kinder verständliche Formulierungen
- eine für Kinder ansprechende Gestaltung des Fragebogens
- die angefragten Themenbereiche möglichst konkret kindliche Belange berühren (vgl. Mey, 2006, S.4)
Bei Fragebogenuntersuchungen treten regelmäßig Differenzen zwischen den Aussagen von Eltern oder älterer Geschwister und Kindern auf. Häufig wird angenommen, dass die Angaben der älteren Befragten angemessener sind. Jens Lipski ist in einer Literaturübersicht zu Fragebogenuntersuchungen der Ansicht, diese „Differenz als Ausdruck unterschiedlicher Weltsichten anzuerkennen und nachzuvollziehen.“ (Mey, 2006, S.4)
Außerdem wird vielfach empfohlen, die Kinder zusätzlich zu den Fragebogen zu interviewen. Die Forschenden erhalten dadurch weiteres bzw. ergänzendes Datenmaterial, „das für die Interpretation kindlicher Perspektiven nützlich ist.“ (Mey, 2006, S.4)
3.2 Interviews
Bei den Interviewmethoden in der Kindheitsforschung lehnen sich die Forschenden meistens an die Einteilung der Methoden in der Erwachsenenforschung an. Die unterschiedlichen Interviewmethoden in der Kindheitsforschung werden beispielsweise nach dem Grad ihrer Standardisierung unterteilt. So finden sich in der Forschungspraxis sowohl narrative Interviews als auch Leitfadeninterviews, die zum Teil stark strukturiert sind und bei denen teilweise auf standardisierte Fragen zurückgegriffen wird. In der Kindheitsforschung werden häufig Interviews, die wahlweise als "halb-", "semi-" oder "partiell strukturiert" definiert werden, angewendet. (vgl. Mey, 2006, S.5)
In den letzten Jahren sind in der neueren Kindheitsforschung immer wieder qualitative Interviews als ein wichtiges Verfahren zum Einsatz gekommen. In verschiedenen Projekten wurden Kinder in ausführlichen qualitativen Interviews zu Bereichen ihres täglichen Lebens befragt.
In der Kommunikation mit Kindern kann die Sprache jedoch nicht von vornherein vorausgesetzt werden. In der Kindheitsforschung muss damit gerechnet werden, dass Kinder je nach Alter bzw. Entwicklungsstand „unterschiedlich gut ihre subjektive Welt sprachlich ausdrücken können.“ (Fuhr, 1999, S.90) Um diesem Kommunikationsproblem entgegen zuwirken, wurden in der Kindheitsforschung unterschiedliche kindgerechte Interviewformen entwickelt, die zum Teil weitere Ausdrucksformen wie z.B. Zeichnen, Zeigen von Dingen und Orten enthalten.
Der Zweifel am Wahrheitsgehalt von kindlichen Aussagen ist nach Aussage des Autors Fuhr ein weiteres Problem des Interviews als Methode in der Kindheitsforschung. Hierzu erklärt er, dass Kinder im Interview weniger zwischen Phantasie und Realität unterscheiden, sie zu Übertreibungen neigen, sich an die Erwartungen und Wünsche der Erwachsenen anpassen und sich leichter verunsichern lassen.
Inzwischen sind in der Entwicklungspsychologie eine Anzahl von Arbeiten zum Thema der Gedächtnisleistungen von Kindern entstanden. Schneider und Büttner kommen zu dem Ergebnis, „dass Gedächtnisstärke ihren größten Zuwachs im Grundschulalter erhält, danach nur noch leicht ansteigt und sich im Alter von 14 bis 18 Jahren kaum noch verbessert.“ (Fuhrs, 1999, S.91) Vorschul- und Kindergartenkinder sind in Bezug auf ihr autobiographisches Gedächtnis, bereits in der Lage, sich an „wichtige persönliche Erfahrungen auch über einen längeren Zeitraum hinweg ziemlich genau zu erinnern“. (Fuhrs, 1999, S.91)
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- Citation du texte
- Anke Mauch (Auteur), 2006, Kindheitsforschung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65705
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