Das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vorrangig geltende Familienmodell mit der Differenzierung zwischen männlicher Erwerbsarbeit und weiblicher Familienarbeit wurde auch so auf den Arbeitsmarkt übertragen und in dem Zuschnitt der Arbeitsplätze abgebildet. Doch dieses deutlich umrissene Muster geschlechtsspezifischer Differenzierung des Arbeitsmarktes wurde später immer häufiger in Frage gestellt, und der Anspruch, zukünftig das wirtschaftliche, politische und soziale Leben nicht durch geschlechtsspezifische Hindernisse einzuschränken, hat die Gender-Debatte aufkommen lassen. Gender bezeichnet dabei, die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechterrollen von Frauen und Männern. Maßgeblich dabei waren Entwicklungen auf der Angebots- und der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes. Die Bildungsexpansion, die seit den 60er Jahren in West-deutschland genauso wie in vielen anderen westlichen Ländern stattfand, führte weitgehend zu einer Beseitigung der früheren Diskriminierung der Frauen in den sekundären und tertiären Ausbildungsgängen. Die Folge war eine immer stärkere Angleichung der Erwerbsbiographien von Frauen, an die der Männer.
Der Anteil der erwerbstätigen Frauen stieg signifikant. „Familienpausen“ wurden kürzer, Wiedereintritte ins Erwerbsleben nach dem Heranwachsen der Kinder häufiger, das durchschnittliche Heiratsalter erhöhte sich und der Anteil unverheirateter, kinderloser - damit meist kontinuierlich erwerbstätiger - Frauen stieg an. Immer mehr Frauen aus der expandierenden Mittelschicht hatten den Wunsch nach individueller Unabhängigkeit und beruflicher Entfaltung und blieben immer häufiger auch während der Familienphase erwerbstätig. Dies wurde durch die rasch fortschreitende Tertiarisierung der Wirtschaft gestützt, die zahlreiche neue Berufsfelder für Frauen über die traditionellen Bereiche der häuslichen Arbeit hinaus erschloss.
Weder in Deutschland, noch in den anderen Industrieländern, kann jedoch von einer tatsächlichen Gleichstellung von Männer und Frauen in der Arbeitswelt die Rede sein. Immer noch müssen sich karriereorientierte Frauen die Frage stellen, ob eben diese Karriere mit Kindern überhaupt möglich sein kann.
Inhalt
1. Gleichstellung im Betrieb oder Vorherrschaft männlicher Strukturen?
2. Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation
2.1 Die Strukturen gesellschaftlicher Arbeitsteilung
2.2 Gender Status Beliefs – Ist das eine Geschlecht dem anderen prinzipiell überlegen?
2.3 Warum akzeptieren viele weibliche Beschäftigte niedrigere Löhne?
3. Gender Budgeting
3.1 Wie lässt sich Gender Budgeting überhaupt umsetzen?
3.2 Internationale Initiativen
3.3 Geschlechtergleichstellung = Frauenförderung? / Was ist mit den Männern?
4. Fazit:
Wie weit sind wir schon, auf dem Weg zur Gender-Kompetenz ?
Literaturverzeichnis
Gender Debatte
1. Gleichstellung im Betrieb oder Vorherrschaft männlicher Strukturen?
Das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vorrangig geltende Familienmodell mit der Differenzierung zwischen männlicher Erwerbsarbeit und weiblicher Familienar-beit wurde auch so auf den Arbeitsmarkt übertragen und in dem Zuschnitt der Ar-beitsplätze abgebildet. Doch dieses deutlich umrissene Muster geschlechtsspezi-fischer Differenzierung des Arbeitsmarktes wurde später immer häufiger in Frage gestellt, und der Anspruch, zukünftig das wirtschaftliche, politische und soziale Leben nicht durch geschlechtsspezifische Hindernisse einzuschränken, hat die Gender-Debatte aufkommen lassen. Gender bezeichnet dabei, die gesellschaft-lich, sozial und kulturell geprägten Geschlechterrollen von Frauen und Männern. Maßgeblich dabei waren Entwicklungen auf der Angebots- und der Nachfragesei-te des Arbeitsmarktes. Die Bildungsexpansion, die seit den 60er Jahren in West-deutschland genauso wie in vielen anderen westlichen Ländern stattfand, führte weitgehend zu einer Beseitigung der früheren Diskriminierung der Frauen in den sekundären und tertiären Ausbildungsgängen. Die Folge war eine immer stärkere Angleichung der Erwerbsbiographien von Frauen, an die der Männer.
Der Anteil der erwerbstätigen Frauen stieg signifikant. „Familienpausen“ wurden kürzer, Wiedereintritte ins Erwerbsleben nach dem Heranwachsen der Kinder häufiger, das durchschnittliche Heiratsalter erhöhte sich und der Anteil unverhei-rateter, kinderloser – damit meist kontinuierlich erwerbstätiger – Frauen stieg an.
Immer mehr Frauen aus der expandierenden Mittelschicht hatten den Wunsch nach individueller Unabhängigkeit und beruflicher Entfaltung und blieben immer häufiger auch während der Familienphase erwerbstätig. Dies wurde durch die rasch fortschreitende Tertiarisierung der Wirtschaft gestützt, die zahlreiche neue Berufsfelder für Frauen über die traditionellen Bereiche der häuslichen Arbeit hinaus erschloss.
Weder in Deutschland, noch in den anderen Industrieländern, kann jedoch von einer tatsächlichen Gleichstellung von Männer und Frauen in der Arbeitswelt die Rede sein.[1] Immer noch müssen sich karriereorientierte Frauen die Frage stellen, ob eben diese Karriere mit Kindern überhaupt möglich sein kann.
Gender und die damit verbundene Debatte ist ein äußerst komplexes Themenfeld, das in der direkten Diskussionssituation immer wieder die Gemüter hoch kochen lässt, wie man es bei unserer Präsentation im Rahmen des Kurses „Unternehmen, Betrieb, Arbeit aus historisch-sozialwissenschaftlicher Perspektive“ am 02.06.2006 sehr schön beobachten konnte. Chancenungleichheit und Ungleich-behandlung von Frauen finden sich im Erwerbsleben in vielfältigen Formen, doch werden sie nicht allein durch Faktoren bedingt, die in der Zeit der Ausbildung und Erwerbstätigkeit wirken, sondern auch schon durch Einflüsse aus deren Vorfeld. Bereits die unterschiedliche Sozialisation von Jungen und Mädchen vor Schul-beginn, in der Familie und in Kinderbetreuungseinrichtungen, prägt ihre weitere Entwicklung erheblich.[2]
Schon jetzt wird deutlich, wie umfassend dieses Thema ist und deshalb werde ich mich in dieser Arbeit vor allem damit beschäftigen, in wie weit der Arbeitsmarkt geschlechtsspezifisch segregiert ist und welche Ursachen das hat. Ferner möchte ich darauf eingehen, wie Gender status beliefs, d.h. Annahmen über Status- und Wertunterschiede zwischen den Geschlechtern dazu führen, dass bestimmte Tatsachen, hier: die Ungleichbehandlung in der Lohnpolitik, von dem betroffenen Geschlecht akzeptiert und wenig hinterfragt werden. Abschließend werde ich das Gender Budgeting als ein Konzept des Gender Mainstreamings vorstellen, eine Strategie, die interessanter Weise in Australien und Südafrika ihren Ursprung hat und auch in Deutschland vermehrt als wichtiges Instrument im Gleichstellungs-prozess eingesetzt wird.
Sie werden im folgenden Text kaum statistische Angaben finden, da ich keinen Entwicklungsverlauf der letzten Jahre aufzeigen möchte, auch möchte ich nicht ein Bild skizzieren, aus dem das eine oder das andere Geschlecht als absolut benachteiligt hervorgeht. Ich verstehe diese Arbeit nicht als Möglichkeit – gerade weil ich ein Frau bin – ständig zu unterstreichen, wie schwer es Frauen in dieser Gesellschaft gemacht wird, sondern vor allem zu analysieren, wie es überhaupt zu einer derartigen Manifestierung einer geschlechtsspezifischen Ungleichbehand-lung kommen kann und welche Wege vielleicht aus einer solchen „unmodernen“ Form des gesellschaftlichen Umgangs führen könnten.
2. Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation
Offensichtlich sind die Arbeitsmärkte in entwickelten westlichen Industriegesell-schaften geschlechtsspezifisch differenziert und hierarchisiert. Auch wenn die Trennungslinien nach Branchen und Berufen (horizontal), sowie nach innerbe-trieblichen Hierarchien (vertikal) in den einzelnen Ländern unterschiedlich ver-laufen und historisch Veränderungen erfahren haben, so bleibt doch die empirisch unabweisbare Quintessenz, dass Frauen im Vergleich zu Männern generell mit schlechteren Arbeitsmarktchancen konfrontiert sind.[3] Das zeigt sich sowohl beim Eintritt in das Erwerbsleben genauso wie beim Verbleib als auch besonders bei der Entlohnung, den Aufstiegschancen, den Weiterbildungsmöglichkeiten, der Be-schäftigungssicherheit und nicht zuletzt auch dem Prestige.[4]
Besonders in der sozialen Lage, aber auch in der politischen und kulturellen Teil-habe und in der Rechtssprechung gehen mit der Schlechterstellung auf dem Ar-beitsmarkt weitere Benachteiligungen der Frauen einher. Denn wie in der Präsen-tation „Ethik in der Wirtschaft“ deutlich wurde, ist das Problem, das der Ethik in der Wirtschaft zugrunde liegt, der Konkurrenzkampf des Kapitalismus, der in seiner Grundform Monopole anstrebt[5]. Das bedeutet, dass nur überleben kann, wer besser und effizienter ist als seine Mitbewerber. Und typischerweise definie-ren in kapitalistischen Gesellschaften nach wie vor die Art und das Ausmaß der Integration der Gesellschaftsmitglieder in das Erwerbssystem differente Lebens-chancen und bestimmen gleichzeitig die soziokulturelle Gliederung der Gesell-schaft.
Sicherlich sind die Frauenberufe von heute nicht unbedingt die Frauenberufe von vor 40 Jahren, betrachtet man jedoch die Nachkriegsentwicklung entwickelter westlicher Industriegesellschaften, wird deutlich, dass die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation nur geringfügig abgenommen, dafür aber ihr Gesicht ge-wechselt hat: Im Zuge von Rationalisierung und Restrukturierungen von Tätig-keitsfeldern und der Entstehung gemischtgeschlechtlicher Bereiche wurden zwar horizontale Trennungslinien abgeschwächt, neue vertikale und innerberufliche Trennungslinien gewannen dabei aber gleichzeitig an Bedeutung.[6]
Im Folgenden werde ich zunächst versuchen, einen Bezugsrahmen zu entwickeln, indem die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation als gesellschaftliche und soziale Struktur dargestellt und begriffen werden kann.
2.1 Die Strukturen gesellschaftlicher Arbeitsteilung
Die Systematische Trennung von Familien- und Erwerbsleben ist für bürgerliche Gesellschaften kennzeichnend. Dabei handelt es sich um ein „tragendes Bauprin-zip“ des abendländischen Kapitalismus. Dass in der Vergangenheit in den west-lichen Industriegesellschaften vorrangig den Frauen die unentgeltliche Hausarbeit und überwiegend den Männern die bezahlte Erwerbstätigkeit zugewiesen wurde[7], führte zu einer Institutionalisierung von Familie bzw. privaten Haushalten einer-seits und dem Erwerbssystem bzw. Arbeitsmarkt andererseits. Dabei sind erstere von Erwerbseinkommen oder aber staatlichen Transferleistungen abhängig.
Dabei ist nicht zu unterschätzen in welcher Form nicht nur eine spezifische Nor-mierung von Zuständigkeiten, sondern auch von Wertigkeiten mit dieser Arbeits-teilung einhergehen. Während der männliche Erwerbsarbeiter den Status des Fa-milienernährers hat, indem er durch außerhäusliche Erwerbstätigkeit den Lebens-unterhalt der Familie sichert[8], wird die den Frauen zugewiesene und unbezahlte Haus- und Familienarbeit zum „natürlichen Beruf“ oder Liebesdienst.[9]
[...]
[1] Vgl. Berger, Johannes: Die Wirtschaft der modernen Gesellschaft – Strukturprobleme und Zukunftsperspektiven, Frankfurt/New York 1999, S.197f
[2] Vgl. Scheu, Ursula: Wir werden nicht als Mädchen geboren, wir werden dazu gemacht – zur frühkindlichen Erziehung in unserer Gesellschaft, Frankfurt 1977, S.49ff
[3] Vgl. Deutschmann, Christoph: Postindustrielle Industriesoziologie - Theoretische Grundlagen, Arbeitsverhältnisse und soziale Identitäten, München 2002, S. 197
[4] Vgl. Heintz, Bettina (Hg.): Geschlechtersoziologie, Sonderheft 41/2001, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Wiesbaden 2001, S.152
[5] Vgl. Referat an der FHW: Ethik in der Wirtschaft? Politisches Handeln in Betrieb, Beruf und Gesellschaft vom 07.07.2006
[6] Vgl. Gottschall, Karin: Geschlechterverhältnis und Arbeitsmarktsegregation, in Becker-Schmidt, Regina u.a. (Hg.): Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften, Frankfurt/Main 1995, S.125
[7] Vgl. Beer, Ursula: Das Geschlechterverhältnis in der Risikogesellschaft – Feministische Studien, Weinheim 1992, S. 99
[8] Vgl. Deutschmann, Christoph: Postindustrielle Industriesoziologie - Theoretische Grundlagen, Arbeitsverhältnisse und soziale Identitäten, München 2002, S. 194
[9] Vgl. Hausen, Karin: Die Polarisierung der Geschlechtscharaktere, in Conze, Werner (Hg.): Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas, Stuttgart 1976, S. 363ff
- Arbeit zitieren
- Fatimata Sow (Autor:in), 2007, Gender Debatte - Gleichstellung im Betrieb oder Vorherrschaft männlicher Strukturen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65694
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