„Kindern und Jugendlichen standen noch nie so viele Möglichkeiten offen wie heute ihnen wurden jedoch auch noch nie so viele Entscheidungen abverlangt. Um sich dieser Verantwortung selbstbewusst stellen zu können, bedarf es der Unterstützung durch Familie und Gesellschaft. Eine Vielzahl von Eltern schenkt ihren Kindern ein Maß an Aufmerksamkeit wie nie zuvor in der Geschichte - demgegenüber steht eine wachsende Anzahl von Familien, die sich von den Erziehungs- und Alltagsaufgaben überfordert fühlt. Der Graben zwischen denen, die in hohem Maße von Ressourcen profitieren, und denen, die in schwierigen Lebenswelten aufwachsen, wird immer größer“ (Opp 2006, S.21). Mit diesen Worten verweist Opp (2006) auf die Chancen und Risiken der modernen Gesellschaft. Im 21. Jahrhundert steht den Kindern und ihren Familien eine Vielzahl an Möglichkeiten offen, besonders die Biographien betreffend. Individualisierung der Lebensbiographien ist eine Folge des rasanten gesamtgesellschaftlichen Wandels. Jedoch bedeutet Individualisierung Chance und Risiko zugleich. Familie als eine Institution kann den Kindern Halt und Geborgenheit geben, so dass diese auch in neuen oder gar schwierigen Situationen nicht mit Angst oder Zurückhaltung reagieren, sondern solche Situationen als Herausforderung annehmen können. Doch auch das Gegenteil kann zutreffen, besonders dann wenn es an familialer Sicherheit mangelt. Eltern, die sich mit Problemsituationen konfrontiert sehen und denen geeignete Konfliktlösungsstrategien fehlen, können im schlimmsten Fall ihren Kindern nur sehr wenig Halt und Geborgenheit geben. Opp (2006) spricht in Bezug auf die Kinder von den „Modernitätsgewinnern und Modernitätsverlierern“.
Der rasche gesellschaftliche Wandel, der im 19. Jahrhundert als Folge der industriellen Revolution eintrat, hat neben anderen Veränderungen auch starken Einfluss auf die Familie ausgeübt. So haben sich beispielsweise aus der Kernfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und Kind, die unterschiedlichsten Familienformen herausgebildet. Trotz der Wandlungsprozesse blieb die soziale Funktion der Familie als eine der wichtigsten Aufgabe bestehen. Besonders für Kinder sind der familiäre Halt, die Umsorgung, die Pflege und die Sicherheit für die ‚Menschwerdung’ von zentraler Bedeutung. Somit bleiben die kindliche Entwicklung, die Sozialisation, die Vermittlung von Normen und Werten, die Erziehung und Pflege sowie das Vermitteln von Liebe und Geborgenheit die bedeutungsvollsten Aufgaben der Familie.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Veränderte Kindheit – gefährdete Kindheit?
Welche Auswirkungen hat die Modernisierung auf die Familie und damit auf die Kindheit?
2.1 Der Modernisierungsprozess
2.2 Gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozesse und ihre Auswirkungen auf die Familie
2.3 Familiale Veränderungen und das Auftreten von Problemverhalten bei Kindern
2.3.1 Pluralisierung der Familienformen
2.3.2 Elterliche Trennung und Scheidung
2.3.3 Veränderte Erziehungsziele und –stile
2.3.4 Armut und Arbeitslosigkeit – Belastungen für die Familie und ihre Mitglieder?
2.4 Ausgewählte Verhaltensauffälligkeiten und ihre Ursachen innerhalb der Familie
2.4.1 Vorbetrachtungen
2.4.2 Schwierigkeiten bei der sozialen Integration
2.4.3 Störungen des Gefühlslebens
2.5 Verstärkter Medienkonsum im Kontext vernachlässigter Sozialkontakte
3. Zusammenfassung
3.1 Abschließende Betrachtung zum Wandel der Kindheit
3.2 Schlusswort
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Kindern und Jugendlichen standen noch nie so viele Möglichkeiten offen wie heute – ihnen wurden jedoch auch noch nie so viele Entscheidungen abverlangt. Um sich dieser Verantwortung selbstbewusst stellen zu können, bedarf es der Unterstützung durch Familie und Gesellschaft. Eine Vielzahl von Eltern schenkt ihren Kindern ein Maß an Aufmerksamkeit wie nie zuvor in der Geschichte – demgegenüber steht eine wachsende Anzahl von Familien, die sich von den Erziehungs- und Alltagsaufgaben überfordert fühlt. Der Graben zwischen denen, die in hohem Maße von Ressourcen profitieren, und denen, die in schwierigen Lebenswelten aufwachsen, wird immer größer“ (Opp 2006, S.21). Mit diesen Worten verweist Opp (2006) auf die Chancen und Risiken der modernen Gesellschaft. Im 21. Jahrhundert steht den Kindern und ihren Familien eine Vielzahl an Möglichkeiten offen, besonders die Biographien betreffend. Individualisierung der Lebensbiographien ist eine Folge des rasanten gesamtgesellschaftlichen Wandels. Jedoch bedeutet Individualisierung Chance und Risiko zugleich. Familie als eine Institution kann den Kindern Halt und Geborgenheit geben, so dass diese auch in neuen oder gar schwierigen Situationen nicht mit Angst oder Zurückhaltung reagieren, sondern solche Situationen als Herausforderung annehmen können. Doch auch das Gegenteil kann zutreffen, besonders dann wenn es an familialer Sicherheit mangelt. Eltern, die sich mit Problemsituationen konfrontiert sehen und denen geeignete Konfliktlösungsstrategien fehlen, können im schlimmsten Fall ihren Kindern nur sehr wenig Halt und Geborgenheit geben. Opp (2006) spricht in Bezug auf die Kinder von den „Modernitätsgewinnern und Modernitätsverlierern“ (Opp 2006, S.23).
Der rasche gesellschaftliche Wandel, der im 19. Jahrhundert als Folge der industriellen Revolution eintrat, hat neben anderen Veränderungen auch starken Einfluss auf die Familie ausgeübt. So haben sich beispielsweise aus der Kernfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und Kind, die unterschiedlichsten Familienformen herausgebildet. Trotz der Wandlungsprozesse blieb die soziale Funktion der Familie als eine der wichtigsten Aufgabe bestehen. Besonders für Kinder sind der familiäre Halt, die Umsorgung, die Pflege und die Sicherheit für die ‚Menschwerdung’ von zentraler Bedeutung. Somit bleiben die kindliche Entwicklung, die Sozialisation, die Vermittlung von Normen und Werten, die Erziehung und Pflege sowie das Vermitteln von Liebe und Geborgenheit die bedeutungsvollsten Aufgaben der Familie. Dabei ist es nebensächlich, wie sich die Familie zusammensetzt, die Verantwortung, die diese dem Kind gegenüber hat, bleibt stets die gleiche (vgl. Altenthan u.a. 1996, S.54ff). Das bedeutet, dass eine ausreichende Persönlichkeitsentwicklung des Kindes in den unterschiedlichsten Familienkonstellationen ermöglicht werden kann. Obwohl die frühen Beziehungen zwischen Kind und Eltern auch durch andere Personen, wie beispielsweise Großeltern und Pflegeeltern ersetzt werden können, sind die zwischen Kind und Eltern von großer Bedeutung und wirken sich besonders förderlich auf die Entwicklung des Kleinkindes aus (vgl. Herrmann 1994 S.200). Wie Altenthan (1996) und Herrmann (1994) zeigen, ergibt sich also trotz der Pluralisierung der Familienformen keine einschneidende Veränderung in der Sozialfunktion der Familie. Dennoch hat der gesamtgesellschaftliche Wandel Veränderungen innerhalb der Familie mit sich gebracht. Demzufolge verändert sich auch die Kindheit. Chassé u.a (2003) verweisen an dieser Stelle auf Lange/Lauterbach (2002), welche die markanten Veränderungen der Kindheit aufzeigen. Ihnen zufolge haben sich in den letzten vier Jahrzehnten besonders in den folgenden Bereichen Wandlungen vollzogen:
- „in den Vorstellungen über Entwicklung und die Erziehung von Kindern (z.B. hat sich die stark autoritär geprägte Kindheit der 50er Jahre zu eher liberalen Erziehungsmodellen sowie zu einem Nebeneinander unterschiedlicher Erziehungsstile bewegt),
- in der alltäglichen Lebenswelt der Kinder (z.B.: Verinselung, Verhäuslichung, Medialisierung und Kommerzialisierung),
- in den Familienstrukturen (Pluralisierung der Lebensformen, aber auch Veränderungen im alltäglichen Leben von Kernfamilien),
- in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Kindern (d.h., die Herausbildung einer neuen Stellung der Kinder im rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen System)“ (Chassé u.a. 2003, S.36).
Diese knappe Aufzählung von Veränderungen innerhalb der Kindheit zeigt deutlich, dass diese Wandlungen sowohl Risiko als auch Chance darstellen können. Jedoch findet man in der Literatur auch solch extreme Äußerungen, die die veränderte Kindheit kennzeichnen, wie diese von Cloer (1992). Er sprach „angesichts des Wandels der Kindheit von ‚Entbehrungen bei all dem Überfluss’ und davon, dass die heutige Konsumkindheit eine verplante Kinderzeit sei, begleitet vom Entzug oder einer Überdosierung von Elternliebe und von einer massiv von Medien beanspruchten Zeit, was zu einer ‚Verarmung der Kindheit’ in mehrfacher Hinsicht geführt habe: ‚arm ist sie an Arbeits- und Verantwortungserfahrungen; arm an gefahrlosen Erkundungsmöglichkeiten der Umwelt; geschwisterarm; bezugspersonenarm (Kleinfamilie, Alleinerziehenden-Konstellation); arm an Altersgruppen- und Straßensozialisation; über manchmal lange Strecken – in den sich hinziehenden Trennungsprozessen der Eltern – zuwendungsarm; arm auch an argumentativem Widerstand von Seiten der Eltern und der Lehrer (Orientierungswaisen); arm schließlich auch – und dies gerade auch in den unteren Leistungsprofilen – an Könnenserfahrungen, arm an der Erfahrung, dass Anstrengung Glück bedeuten kann“ (Cloer 1992 nach Bofinger 1994, S.18). Folglich müssten die Kinder der heutigen Zeit mit diesen und anderen Aspekten überfordert sein und ihre Reaktion darauf müsste sich auf unterschiedlichste Weise äußern. Ist also die Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten und anderen Erkrankungen bei Kindern eine Auswirkung von bestimmten Modernisierungs- und Wandlungstendenzen? Inwiefern besteht hier wirklich dieser Zusammenhang? Dieser Frage möchten wir versuchen, nachzugehen.
Bestimmte Entwicklungsphasen in der Kindheit wie zum Beispiel die Trotzphase oder die Phase der Geschlechtsreife können sich durchaus als schwierig gestalten und demzufolge kann das Verhalten der Kinder von den erziehenden Personen als ‚auffällig’ angesehen werden. Jedoch gehören zeitlich und im Ausmaß begrenzte Veränderungen im Verhalten zu bestimmten Entwicklungsprozessen und sind keineswegs ‚unnormal’. Erst wenn man vermutet, dass sich aus den vorübergehenden Verhaltensänderungen feste Verhaltensmuster entwickelt haben, die von der ‚Norm abweichen’ beziehungsweise gesellschaftlich ‚unerwünscht’ sind, kann man von einer Verhaltensauffälligkeit oder –störung ausgehen (vgl. Metzinger 2005, S.11). „Heute wird unter dem Sammelbegriff Verhaltensstörungen eine ganze Reihe von Symptomen zusammengefasst: Konzentrationsschwäche, Aggressivität, Hyperaktivität, autistische Tendenzen, Essstörungen etc. […] Kein Kind verhält sich auffällig oder zieht sich zurück, weil es Spaß daran hat, sondern weil sein Verhalten für es selbst eine logische Konsequenz auf irgendetwas aus seinem System ist, was wir von außen häufig erst einmal nicht erkennen können“ (Dykstra 2002, S.32). Ein Problem bei der Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern liegt meist darin, dass die Ursachen für das Verhalten häufig in den Kindern selbst gesucht werden und daraus meist professionelle Hilfemaßnahmen speziell nur für die Kinder erfolgen. Diese Maßnahmen sind jedoch besonders dann wenig erfolgsversprechend, wenn das auffällige Verhalten der Kinder eine Reaktion auf innerfamiliäre Konflikte oder Veränderungen ist. Deshalb ist es wichtig, das gesamte Umfeld der Kinder bei der Betrachtung von Verhaltensauffälligkeiten mit einzubeziehen, anstelle die Ursachen ausschließlich im Kind zu suchen (vgl. Dykstra 2002, S.76f). Auch Norbert Myschker (1999) verweist darauf, dass das Auftreten von Verhaltensstörungen vorwiegend durch mehrere Faktoren verursacht wird. Diese Faktoren können einerseits in der Person selbst zu finden sein und andererseits durch die verschiedensten Systeme, die die Person umgeben, hervorgerufen werden. Dabei betont er jedoch, dass der Einfluss der Familie hierbei am stärksten ist (vgl. Myschker 1999, S.72).
Aus diesem Grund möchten wir versuchen, Zusammenhänge zwischen dem Auftreten kindlicher Verhaltensauffälligkeiten und gesellschaftlicher Wandlungstendenzen, speziell die Familie betreffend, zu analysieren. Vorab möchten wir einen kurzen Überblick über einzelne gesamtgesellschaftliche Veränderungen geben, der als Grundlage für das Verstehen von Struktur- und Situationsveränderungen innerhalb der Familie dienen soll. Was kann ein gesamtgesellschaftlicher Wandel speziell für die Familie bedeuten? Dieser Frage wollen wir versuchen, uns zu nähern, indem wir verschiedene Aspekte, die die Familie betreffen, heranziehen. Was sind mögliche Reaktionen der Kinder auf Umstrukturierungen innerhalb ihrer Familien und Umgebungen? Dabei ist für uns besonders die Frage danach, ob eine veränderte Kindheit folglich eine gefährdete Kindheit bedeutet, relevant. Gewiss ist es im Allgemeinen und demzufolge auch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, eine eindeutige Antwort auf unsere Frage zu finden. Jedoch möchten wir versuchen, uns mit dieser Thematik auseinander zusetzen und folgende Fragen diskutieren: Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen der Zunahme kindlicher Verhaltensauffälligkeiten und dem gesellschaftlichen Wandel? Kann man wirklich von einer Zunahme kindlicher Verhaltensauffälligkeiten ausgehen oder ist diese nur ein Resultat verstärkter Aufmerksamkeit und sozialer Kontrolle? Um die Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten zu klären, sind für uns insbesondere der pädagogische und systemische und ferner auch der lerntheoretische Ansatz relevant.
2. Veränderte Kindheit – gefährdete Kindheit?
Welche Auswirkungen hat die Modernisierung auf die Familie und damit auf die Kindheit?
2.1 Der Modernisierungsprozess
Ulrich Beck hat versucht, in seinem Buch „Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne“ den Begriff der Modernisierung zu deuten. Unter Modernisierung versteht er „die technologischen Rationalisierungsschübe und die Veränderungen von Arbeit und Organisation, umfasst darüber hinaus aber auch sehr viel mehr: den Wandel der Sozialcharaktere und Normalbiographien, der Lebensstile und Liebesformen, der Einfluss- und Machtstrukturen, der politischen Unterdrückungs- und Beteiligungs-formen, der Wirklichkeitsauffassung und Erkenntnisnormen. Der Ackerpflug, die Dampflokomotive und der Mikrochip sind im sozialwissenschaftlichen Verständnis von Modernisierung sichtbare Indikatoren für einen sehr viel tiefer greifenden, das ganze gesellschaftliche Gefüge erfassenden und umgestaltenden Prozess, in dem letztlich Quellen der Gewissheit, aus denen sich das Leben speist, verändert werden“ (Beck 1996, S.25).
Dieser Erklärungsversuch macht deutlich, dass man bei der Beschäftigung mit den Ursachen einer veränderten Kindheit, nicht nur offensichtliche Themen, die die Familie und ihre Strukturen betreffen, wie zum Beispiel Ehe, Geschlechterbeziehungen und Elternschaft betrachten muss, sondern auch Bereiche wie Arbeit, Politik und Wirtschaft mitbestimmend sind. Dies bedeutet also, dass alle gesellschaftlichen Faktoren zusammen wirken und ineinander übergehen. Das macht es unmöglich, einen oder bestimmte Faktoren für Veränderungsprozesse verantwortlich zu machen. Selbstverständlich üben einige Faktoren einen größeren Einfluss aus, aber letztendlich ergibt sich aus dem Zusammenwirken aller Faktoren ein Wandel, der die gesellschaftlichen Verhältnisse verändert beziehungsweise modernisiert (vgl. Beck 1996, S.161). So kann man sagen, dass durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert gesellschaftliche Veränderungsprozesse unabdingbar waren. Die Folge waren weitreichende Entwicklungen, die sich im 20. Jahrhundert vor allem in dem Boom von Wissenschaft und Technik, der zunehmenden Beweglichkeit der Arbeitskräfte, Vergrößerung der Städte und der Zugänglichkeit der Bildung für jedermann äußerten. Daraus ergab sich nun auch eine Veränderung der Familienstrukturen, die eine notwendige Anpassung an die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse bedeutete.
2.2 Gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozesse und ihre Auswirkungen auf die ..Familie
Die Phasen der Lebensläufe aller Menschen haben in den letzten Jahrzehnten einen besonders auffälligen Wandel vollzogen. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Familie. Dieser wird immer weniger Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt, da andere Lebensbereiche an Bedeutung gewinnen. So hat sich beispielsweise in Folge der sinkenden Kinderzahlen pro Familie, die Zeit, die mit Kindern verbracht wird, stark verringert. Betrug diese Lebensphase mit den Kindern vor etwa 100 Jahren noch mehr als die Hälfte, so ist es gegenwärtig nur noch ein Viertel der Lebenszeit (vgl. Nave-Herz 2002, nach Bruggmann 2004, S.6).
Starke Veränderungen im Bildungsbereich, die seit Mitte der 60er Jahre entstanden und eine Steigerung der Dauer der Ausbildung und des Niveaus der Bildung mit sich brachten, haben insofern Auswirkungen auf die Familie, dass die Kinder länger Unterstützung von ihren Eltern benötigen und auch eine längere Belastung für die Familie darstellen. Die Gleichstellung der Frau und die damit verbundene Anpassung an die Bildungschancen des Mannes, ließen Familienplanung und -gründung in den Lebensbiographien immer weiter nach hinten rücken. Technische Fortschritte, wirtschaftliche Veränderungen sowie die Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft haben Erneuerungen und Wandlungen des Arbeits- und Berufslebens zur Folge. So besteht beispielsweise die Notwendigkeit, sich immer neue Qualifikationen anzueignen, die den Anforderungen der Erwerbstätigkeit entsprechen. Für viele Frauen stellt gegenwärtig das Problem der Vereinigung von Familie und Beruf eine besondere Herausforderung dar. Des Weiteren fand eine Angleichung zwischen den sozialen Schichten statt. In den 60er und 70er Jahren kam es zu einem enormen Anstieg des Wohlstandes, der einen höheren Lebensstandard zur Folge hatte. Dies zeigt sich auch an der Zunahme der Lebenserwartung. So ergibt sich für die gegenwärtig 60-jährigen eine Lebenserwartung, die bei Frauen etwa 83 Jahre und bei Männern etwa 79 Jahre beträgt (vgl. Nave-Herz 2002, nach Bruggmann 2004, S.6).
Die gegenwärtig stark leistungs- und produktionsorientierte Gesellschaft gefährdet Arbeitnehmer zunehmend, indem sie nicht ausreichend Stabilität und Sicherheit bietet. Probleme der Arbeitslosigkeit und eine verstärkte Unsicherheit in Bezug auf die finanzielle Zukunft, die in unserer Gesellschaft häufig auftreten, lassen für viele die Gründung einer Familie unangebracht erscheinen. Der Rückgang von Eheschließungen und Geburten sind eindeutige Beweise dafür. Nach Beck (1986) hat sich die „Grunddynamik der Arbeitsmarktentwicklung massiv beschleunigt. Der Strukturwandel der Wirtschaft führt immer seltener zu lebenslangen Beschäftigungen und zum Normalarbeitsverhältnis. Zunehmende wirtschaftliche Unsicherheiten sind die Folge“ (vgl. Bruggmann 2004, S.6). Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklungen auf familiäre Verhältnisse lassen sich durch ihre gegenseitige Abhängigkeit erklären. Der Ausbau des Sozialstaates in den letzten Jahrzehnten sollte unter anderem zu einer Entlastung der Familien führen. Dass diese Unterstützungen jedoch nicht ausreichend sind, zeigen die sozialen Benachteiligungen von Familien (vgl. Bruggmann 2004, S.7).
Des Weiteren haben technische Entwicklungen der letzten Jahrzehnte Einflüsse auf den gesamten gesellschaftlichen Wandel ausgeübt. Das Leben der Menschen wurde durch viele Neuerungen beeinflusst und geprägt. Dies betraf folglich auch den familiären Bereich. Durch Erfindungen wurde der Haushalt erleichtert, was sich besonders auf Veränderungen im Alltag der Frauen auswirkte. Die rasche Verbreitung von elektronischen Medien und Kommunikationsmitteln haben besonders Veränderungen im Freizeitbereich und im zwischenmenschlichen Kommunikationsverhalten zur Folge. Diese Neuerungen haben ebenso Auswirkungen auf die Erziehung von Kindern, die diesen neuen Strukturen angepasst werden muss (vgl. Bruggmann 2004, S.7). Gesellschaftliche Veränderungen bringen einen Wandel von bedeutsamen Normen und Werten mit sich. So wie in jeder Kultur und in jeder Epoche eine Verschiebung von Zielen in der Erziehung stattfindet, so erwartet jede Gesellschaft bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen von den Menschen. Ein Wandel gesellschaftlicher Aufwachsbedingungen der Kinder und sich verändernde Eltern-Kind-Beziehungen haben nicht nur eine Wandlung von den Einstellungen über die Erziehung zur Folge, sondern ebenso eine, die die Erziehungsart beeinflusst. Folglich haben sich neben dem Wandel der Erziehungsziele auch Veränderungen der Erziehungsstile ergeben.
„[…] Entwicklungen im Mediengebrauch stellen einen Beitrag zur Veränderung unserer gesellschaftlichen Kultur insgesamt dar, mit weitreichenden Auswirkungen auf soziales Handeln, kommunikative Fähigkeiten, menschliche Selbstkonzepte“ (Hurrelmann 1989, S.5).
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- Nadine Heß (Autor), 2006, Veränderte Kindheit - gefährdete Kindheit? Welche Auswirkungen hat die Modernisierung auf die Familie und damit auf die Kindheit?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65586
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