Eine repräsentative Studie des Salzburger Instituts für Religionspädagogik hat ergeben, dass Schülerinnen und Schüler aller Schularten den Religionsunterricht sehr gerne mögen, er durchaus zu den beliebtesten Fächern zählt und als für ihr Leben wichtig eingestuft wird. In der Umfrage wurden den Schülern Fragen gestellt, ob sie den Religionsunterricht akzeptieren, wie er eingeschätzt wird (friedlich, hilfreich, wichtig,…) und welche Effizienz sie ihm bescheinigen. In der Grundschule wird der Religionsunterricht besonders hoch eingestuft, bei weit über der Hälfte der Dritt- und Viertklässler ist er „beliebt“ und „sehr beliebt“, diese sagen auch dass er für ihr Leben sehr wichtig ist und sie größtenteils Dinge über Gott und Jesus gelernt hätten. In der Sekundarstufe I lässt die Beliebtheit etwas nach, aber man muss betonen, dass dies eher entwicklungspsychologisch bedingt ist. Dennoch liegt der Beliebtheitsgrad im hinteren Drittel. Von mehr als der Hälfte der Schüler wird der Religionsunterricht gerne besucht. Die häufigsten Unterrichtsthemen sind auch hier Gott und Jesus, allerdings werden gemäß dem Alter auch Themen wie Liebe und Partnerschaft behandelt. Wenn man diese Studien mit ältern vergleicht, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Religionsunterricht immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch dem Vorurteil, dass im Religionsunterricht nur Lebenskunde betrieben wird, wirkt diese Studie entgegen. Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis, u. z. dass handlungsorientierter Unterricht zum Ziel führt, weil dieser die Schüler zur eigenen Aktivität auffordert, und deshalb die Akzeptanz und Effizienz fördert. Daraus folgert man, dass handlungsorientierter Unterricht das Rezept eines guten und angenommenen Religionsunterrichts ist. Im Folgenden wird jetzt auf die Geschichte, die Umsetzung und die Ziele des handlungsorientierten Religionsunterrichts eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Wie (un-) beliebt ist der Religionsunterricht wirklich?
2. Der Begriff „Handlungsorientierter Religionsunterricht“
2.1 Die historischen Wurzeln
2.2 Gehirnforschung und Wissenspsychologie
3. Handlungsorientiertes Lernen im (Religions-) Unterricht
3.1 Probleme
3.2 Was ist Handlungsorientierter (Religions-) Unterricht?
3.3 Ziele
3.4 Grenzen und Chancen
3.5 Theologische Begründungen für einen handlungsorientierten RU
3.6 Ansätze für mögliche Lernwege
4. Der Holocaust als Thema des Religionsunterrichts
5. Struktur der Seminarsitzung
5.1 Ziele
5.2 Methodische Vorgehensweise
6. Rückblick auf die Seminarsitzung
Literatur
1. Wie (un-) beliebt ist der Religionsunterricht wirklich?
Eine repräsentative Studie des Salzburger Instituts für Religionspädagogik hat ergeben, dass Schülerinnen und Schüler aller Schularten den Religionsunterricht sehr gerne mögen, er durchaus zu den beliebtesten Fächern zählt und als für ihr Leben wichtig eingestuft wird.
In der Umfrage wurden den Schülern Fragen gestellt, ob sie den Religionsunterricht akzeptieren, wie er eingeschätzt wird (friedlich, hilfreich, wichtig,…) und welche Effizienz sie ihm bescheinigen.
In der Grundschule wird der Religionsunterricht besonders hoch eingestuft, bei weit über der Hälfte der Dritt- und Viertklässler ist er „beliebt“ und „sehr beliebt“, diese sagen auch dass er für ihr Leben sehr wichtig ist und sie größtenteils Dinge über Gott und Jesus gelernt hätten.
In der Sekundarstufe I lässt die Beliebtheit etwas nach, aber man muss betonen, dass dies eher entwicklungspsychologisch bedingt ist. Dennoch liegt der Beliebtheitsgrad im hinteren Drittel. Von mehr als der Hälfte der Schüler wird der Religionsunterricht gerne besucht. Die häufigsten Unterrichtsthemen sind auch hier Gott und Jesus, allerdings werden gemäß dem Alter auch Themen wie Liebe und Partnerschaft behandelt.
Wenn man diese Studien mit ältern vergleicht, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Religionsunterricht immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch dem Vorurteil, dass im Religionsunterricht nur Lebenskunde betrieben wird, wirkt diese Studie entgegen.
Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis, u. z. dass handlungsorientierter Unterricht zum Ziel führt, weil dieser die Schüler zur eigenen Aktivität auffordert, und deshalb die Akzeptanz und Effizienz fördert.
Daraus folgert man, dass handlungsorientierter Unterricht das Rezept eines guten und angenommenen Religionsunterrichts ist.
Im Folgenden wird jetzt auf die Geschichte, die Umsetzung und die Ziele des handlungsorientierten Religionsunterrichts eingegangen.[1]
2. Der Begriff „Handlungsorientierter Religionsunterricht“
2.1 Die historischen Wurzeln
Handlungsorientiertes Lernen wurde nicht von Wissenschaftler erfunden, es entstand vielmehr in den letzten 20 Jahren aus einer Art des Ausprobierens ohne Anwendung von theoretischen Vorgaben. Es ist eine Mischung aus Freiarbeit, offenem Unterricht, entdeckendem Unterricht und erfahrungsorientiertem Unterricht, d.h. „ihr gemeinsamer Kern ist die eigentätige, viele Sinne umfassende Auseinandersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes“[2]. Handlungsorientiertes Lernen soll einen Antwortversuch auf veränderte Lernstile von Schülerinnen und Schülern darstellen.[3]
Historisch betrachtet findet die Forderung nach Handlungsorientierung seinen Bezugsrahmen in der materialistischen Aneignungspsychologie, vor allem aber weisen Konzepte handlungsorientierten Unterrichts grundlegende Prinzipien der reformpädagogischen Tradition auf (vgl. J. Dewey, J. Kerschensteiner, M. Montessori, E. Key), welche in ihren Ideen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu „Unterricht und Erziehung vom Kinde aus“[4] aufgerufen haben. Besondere Bedeutung erhielt außerdem das spielerische, kreative, selbst gesteuerte und ganzheitliche Lernen; die Schule selbst galt es nach reformpädagogischer Auffassung zu einem Lernort zu entwickeln, in welchem Leben in Verbindung zur außerschulischen Wirklichkeit möglich war.[5]
2.2 Gehirnforschung und Wissenspsychologie
Durch die Gehirnforschung und Wissenspsychologie wissen wir, dass unser Gehirn die Informationen nicht willkürlich abspeichert, sondern sie in Netze einordnet. Für eine netzwerkartige Verbindung ist es wichtig, dass wir motiviert und interessiert aufgenommene Informationen bekommen, welche das Gehirn dann in Tiefenmerkmalen abspeichert.
Alle anderen Informationen werden nur oberflächlich abgespeichert und nicht in das „Netz“ aufgenommen. Deutlich wird dies auch durch den „Tu-Effekt“[6], der die Unterstützung des Lernens durch Handeln sehr betont. Dies erklärt, warum wir Geschehnisse an denen man teilgenommen hat, für immer behalten kann.[7]
3. Handlungsorientiertes Lernen im (Religions-) Unterricht
3.1 Probleme
Das erste Problem stellt die „Medienwelt“ dar, d. h. die Wirklichkeit wird zunehmend durch Medien vertreten, eigene Erfahrungen verschwinden fast gänzlich bei den Schülern.
Das zweite Problem ist die moderne Umwelt, da diese zu stark durchrationalisiert ist. Ein Zitat trifft dies am Besten, „Vom Fisch zum Fischstäbchen“[8], d. h. Entsinnlichung des Lernens; selbstständiger, aktiver Umgang mit der Umwelt tritt immer mehr in den Hintergrund; die Kinder wissen nicht mehr, wie ein Fisch aussieht, wie er sich anfühlt etc., Fisch kommt aus der Tiefkühltruhe. Ein weiteres Zitat verdeutlicht dies noch stärker, „Leben aus der Konserve“[9].
Zusammenfassend kann man sagen, dass keine eigenen grundlegenden Erfahrungen der Schüler mehr möglich sind, d.h. Schule muss Erfahrungsraum werden, Möglichkeiten bieten um Erfahrungen zu machen.
Die Lösung dafür ist der handlungsorientierte und praktische Religionsunterricht, welcher selbstständige Erfahrungen ermöglichen soll.
3.2 Was ist Handlungsorientierter (Religions-) Unterricht?
Definition:
„…ist die eigentätige, viele Sinne umfassende Auseinandersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes.“[10]
Gefordert wird das Lernen mit allen Sinnen.
Die Wirklichkeit muss aufgesucht oder in das Klassenzimmer geholt werden („Begegnung mit der Wirklichkeit“[11] ), z.B. in Simulationsverfahren, Rollenspiel, Planspiel, Fallstudie, Exkursionen, Besichtigungen, Projekte etc. d.h. aktive Aneignung des Lerngegenstandes und nicht nur auswendig lernen.
Der Schüler soll „ganz" angesprochen werden, d.h. mit dem Kopf, aber auch mit dem Herzen (den Gefühlen), den Händen und allen anderen Sinnen.
Aktivität im Unterricht ist Handlung, also handelndes Lernen.
Handeln, Denken und Lernen sind wechselseitig miteinander verschränkt. Verdeutlichen kann man dies mit einem sehr bekannten Zitat „learning by doing“[12]
Einer der wichtigsten Punkte ist die “Hinwendung zum Subjekt“[13].
Die Schüler sollen die Wirklichkeit handelnd erfahren und handelnd gestalten. Das heißt auch, dass die Schüler beim Thema und etwaigen Lösungswegen mitbestimmen können und sollen. Der Lehrer muss auch spüren, dass sich etwas in den Schülern bewegt und sie nicht nur am Ende einer Stunde ein schönes Tafelbild abmalen.
Die Mündigkeit der Schüler muss dabei ebenfalls gefördert werden.
Die Mündigkeit wird durch Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit gefördert.[14] Es geht darum, dass man die Schüler selbstständig Entscheidungen fällen und sie im Unterrichtsgeschehen aktiv mitbestimmen lässt. Handlungsorientierter Unterricht ist schüleraktiv, d.h. der Lehrer versucht, den Schülern möglichst wenig vorzukauen und sie möglichst viel selbst erkunden, erproben, entdecken, erörtern, planen und verwerfen zu lassen (Selbsttätigkeit ist die unverzichtbare Voraussetzung für Selbständigkeit). Dies fördert vor allem ein gelingendes Zusammenleben in der Klasse mit den Mitschülern und dem Lehrer. Sie bekommen das Gefühl dass ihre Meinung und sie selbst wichtig sind.
Die Handlungsorientierung zielt ebenfalls auf Kognition (Denken, Verstehen, Lernen).
Die Schüler sollen einen Sachverhalt nicht nur nachsagen, sondern ihn kognitiv durchdringen. Lernen soll sich nicht nur im praktischen Tun erschöpfen, d. h. zum Beispiel nicht die Papierherstellung und die Druckkunst erlernen, sondern vielmehr die Schriftkultur verstehen.[15]
Praktisches Lernen ist keine eigene Didaktik, sondern kann als Prinzip in jede Didaktik integriert werden. Handelndes und praktisches Lernen soll das Unterrichtsprinzip sein, also der „Sauerteig des Unterrichts“[16], d. h. die Basis einer Unterrichtsstunde und sollte nicht nur ab und dann verwendet werden wie man „Rosinen einen Kuchen zugibt“.[17]
Die Alttagswelt der Schüler muss in den Unterricht einbezogen werden.
Die Themen müssen schülernah ausgesucht werden, damit sie sich in dem Gelernten wieder finden können und es somit als wichtig einschätzen.
Bei dem Handlungsorientierten Religionsunterricht muss der Lernfortschritt am Ende der Stunde klar erkennbar sein, d. h. am Anfang steht eine Frage, die es zu beantworten gilt. Der Schüller muss am Ende der Stunde wissen, was er und wieso er es gelernt hat.
Handlungsorientiertes Lernen kann sich in vielfacher Weise vollziehen.
- In kognitiv-denkender Weise
- In schöpferischer Weise
- In manuell-arbeitender Weise
- In meditativ-sinnlicher Weise
- In produktiv-verändernder Weise
- In rezeptiv-nachvollziehender Weise[18]
Mit kognitiv-denkender Weise ist das theoretische Lernen gemeint, d.h. Faktenwissen wie z.B. wann hat Jesus gelebt.
Etwas selber schaffen, z.B. eine Geschichte erfinden und erzählen, fällt unter den Punkt schöpferische Weise.
Manuell-arbeitend bedeutet, etwas zu basteln, malen also selbst kreieren.
Mit Meditation, beten und autogenem Training ist die meditativ sinnliche Weise gemeint.
Bibelverse ins heute zu übersetzen würde dann unter den Punkt produktiv-verändernd fallen.
Bezüglich der rezeptiv-nachvollziehenden Weise sollen sich die Schüler in Figuren hineinversetzen, z. B. im Rollenspiel, Theaterstück oder einem Spiel, das den anderen gilt.
Handelndes Lernen ist also in äußerer Selbsttätigkeit (z.B. Herstellen eines Gegenstandes in der Technik) und in innerer Selbsttätigkeit (z.B. stilles Mitverfolgen einer Erzählung) möglich. Es ist also eine geistige und manuelle Betätigung des Schülers gefragt. Der Lehrer kann dies in der äußeren Beteiligung der Unterrichtsplanung und in der Mitarbeit im Frontalunterricht, sowie in der Alleinarbeit als auch in der Gruppenarbeit verwirklichen. Ganz egal welche Arbeitsform der Lehrer auch wählt, kann er die Schüler immer daran teilhaben lassen, da handelndes Lernen nicht an eine bestimmte Arbeitsform gebunden ist. Auch sollte man es nicht nur gelegentlich einplanen, sondern ständig.[19]
[...]
[1] Vgl. http://dbk.de/presse/pm2000/pm2000090601.html am 31.07.06.
[2] Gudjons, Herbert, Handlungsorientierung. Was ist handlungsorientierter Unterricht. Argumente und Prinzipien, in: KatBl 125 (2000), 392.
[3] Vgl. ebd., 392.
[4] Köck, P./Ott, H. (Hg.), Wörterbuch für Erziehung im Unterricht, 5. Aufl., Donauwörth 1994, 589.
[5] Vgl. ebd., 589.
[6] Einsiedler, zitiert nach Gudjons, a. a. O., 393.
[7] Vgl. Gudjons, a. a. O., 393.
[8] Rumpf, Horst, zitiert nach Hilger/Leimgruber/Ziebertz, Religionsdidaktik, München 2001, 472.
[9] Witzenbacher, K., zitiert nach Groß, Engelbert, Konsequenter Religionsunterricht. Aktion und Projekt, Donauwörth 1994, 111.
[10] Gudjons, a. a. O., 392.
[11] Witzenbacher, zitiert nach Groß, a. a. O., 112.
[12] Dewey, zitiert nach Gudjons, a. a. O., 393.
[13] Bahr, Matthias, Zum Schülerbezug besonders in den Impulsfragen, in: http/www.kaththeol.uni-muenchen.de/praktisch/didaktik/Schulbuchtagung/bahr.pdf , 4.
[14] Vgl., Klafki, Wolfgang, zitiert nach Bahr, Matthias, a. a. O., 4.
[15] Vgl., Gudjons, a. a. O., 396.
[16] Witzenbacher, zitiert nach Groß, Engelbert, a. a. O., 111.
[17] Ebd., 111.
[18] Vgl., ebd., 111.
[19] Vgl. Witzenbacher, zitiert nach Groß, Engelbert, a. a. O., 111.
- Citation du texte
- Mirjam Rothenbacher (Auteur), Sabine Rettenbeck (Auteur), 2006, Handlungsorientierter (Religions-) Unterricht - Ein Modell für die Zukunft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65570
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