Arthur C. Danto unternimmt in seinem Aufsatz „Die Philosophierung der Literatur“ den Versuch, einerseits die Philosophie von der Literatur abzugrenzen, andererseits aber auch eine Annäherung unversöhnlicher Positionen bzw. Deutungen zur Diskussion zu stellen.
So argumentiert er im Spannungsfeld zwischen dem logischen Positivisten Rudolf Carnap und dem Begründer der Dekonstruktion Jacques Derrida. Für Carnap sind Aussagen, die nicht vermittels logischer Analyse verifiziert werden können, sinnlose Aussagen. Carnap begreift die Philosophie als strenge Wissenschaft und schließt alle anderen, nicht „sinnvollen“ Aussagen, aus dieser aus. Derrida hingegen hat ein davon völlig verschiedenes Textverständnis. Es gibt in dem Sinne keine Abgrenzung literarischer zu philosophischen Texten. Jedem Text ist das ihm Vorangegangene, das nach ihm Folgende, die physische und geistige Existenz seines Autors und alles, was im weitesten Sinne den Text geprägt hat, immanent. In meiner Arbeit möchte ich den Spannungsbogen zwischen den Positionen Carnaps und Derridas nachzeichnen und untersuchen, ob es Danto gelingt, Philosophie und Literatur einerseits voneinander abzugrenzen, andererseits aber auch Berührungspunkte und Überschneidungen herauszuarbeiten. Weiter möchte ich anhand Dantos Aufsatz hinterfragen, ob und wie perspektivisch die beiden Disziplinen Philosophie und Literatur in Beziehung zueinander gebracht werden können.
Gliederung
1. Einleitung
2. Rudolf Carnap
3. Jacques Derrida
4. Danto als Vermittler
4.1. Literarische Formen der Philosophie
4.2. Philosophie als Literatur / Literatur als Philosophie
4.3. Philosophie und Literatur
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Arthur C. Danto unternimmt in seinem Aufsatz „Die Philosophierung der Literatur“ den Versuch, einerseits die Philosophie von der Literatur abzugrenzen, andererseits aber auch eine Annäherung unversöhnlicher Positionen bzw. Deutungen zur Diskussion zu stellen.
So argumentiert er im Spannungsfeld zwischen dem logischen Positivisten Rudolf Carnap und dem Begründer der Dekonstruktion Jacques Derrida.
Für Carnap sind Aussagen, die nicht vermittels logischer Analyse verifiziert werden können, sinnlose Aussagen. Carnap begreift die Philosophie als strenge Wissenschaft und schließt alle anderen, nicht „sinnvollen“ Aussagen, aus dieser aus.
Derrida hingegen hat ein davon völlig verschiedenes Textverständnis. Es gibt in dem Sinne keine Abgrenzung literarischer zu philosophischen Texten. Jedem Text ist das ihm Vorangegangene, das nach ihm Folgende, die physische und geistige Existenz seines Autors und alles, was im weitesten Sinne den Text geprägt hat, immanent.
In meiner Arbeit möchte ich den Spannungsbogen zwischen den Positionen Carnaps und Derridas nachzeichnen und untersuchen, ob es Danto gelingt, Philosophie und Literatur einerseits voneinander abzugrenzen, andererseits aber auch Berührungspunkte und Überschneidungen herauszuarbeiten. Weiter möchte ich anhand Dantos Aufsatz hinterfragen, ob und wie perspektivisch die beiden Disziplinen Philosophie und Literatur in Beziehung zueinander gebracht werden können.
2. Rudolf Carnap
Mit seinen metaphysikkritischen Schriften bemüht sich Rudolf Carnap, die Stellung der Philosophie und ihre Aufgabe gegenüber den Wissenschaften neu zu bestimmen. Rein empirische Wissenschaften, wie die Psychologie und die Soziologie, klammert er aus dem Bereich der Philosophie völlig aus. Sein Schwerpunkt liegt auf der logischen Betrachtung der Wissenschaft seitens der Philosophie (mittels logischer Analyse), sie ist damit für ihn reine Wissenschaftslogik, „sie ist formale Strukturtheorie der Wissenschaftssprache.“[1] Die Aufgabe der Philosophie ist es damit, Sprachsysteme zu konstruieren. Philosophie ist für Carnap Logik, ist „Syntax der Wissenschaftssprache“.[2]
Dieser Formalismus kann bei der Vermittlung zwischen der Logik und der Wirklichkeit durchaus zu Problemen führen. Einziges Ausdrucksmittel sowohl der Wissenschaft als auch der Literatur als auch der alltäglichen Kommunikation ist die Sprache. Sie ist somit wesentlich mehr als eine Reihung von Aussagen, die wahr oder falsch sein können, nämlich die Einheit allen Denkens. Carnap hebt die Ausdrucksweise der Philosophie deutlich von dieser Einheit stiftenden Sprache ab, sie ist für ihn „eine allgemeine Theorie der Struktur möglicher (Wissenschafts)Sprachformen“[3].
„Ein Satz besagt nur das, was an ihm verifizierbar ist. Daher kann ein Satz, wenn er überhaupt etwas besagt, nur eine empirische Tatsache besagen. Etwas, das prinzipiell jenseits des Erfahrbaren läge, könnte weder gesagt, noch gedacht, noch erfragt werden.“[4]
Nach Rudolf Carnap, der die Auffassung vertrat, nur durch logische Analyse der Sprache sei die Sinnhaltigkeit von Sätzen zu ermitteln, sind nur solche Sätze sinnvoll, deren Wahrheitsgehalt vermittels Verifikation auszumachen ist. Mit dieser „modernen Logik“[5] war er der Meinung, eine Methode gefunden zu haben, mit deren Hilfe es möglich sei, auf die „Frage nach Gültigkeit und Berechtigung der Metaphysik eine neue und schärfere Antwort zu geben.“[6] Die Möglichkeit der Verifizierbarkeit ist Garant dafür, dass es sich um empirische Aussagen handelt. Alles, was über die Erfahrung hinaus geht, ist mit dieser Methode nicht zu belegen und somit nach Carnap sinnlos. „Auf dem Gebiet der Metaphysik (einschließlich aller Wertphilosophie und Normwissenschaft) führt die logische Analyse zu dem negativen Ergebnis, daß die vorgeblichen Sätze dieses Gebietes gänzlich sinnlos sind [...] Im strengen Sinn sinnlos ist [...] eine Wortreihe, die innerhalb einer bestimmten, vorgegebenen Sprache gar keinen Satz bildet . “[7] Die Sätze der Metaphysik sind Scheinsätze in dem Sinne, dass sie auf den ersten Blick als Sätze erscheinen, allerdings vermittels der Methode der logischen Analyse als Scheinsätze identifiziert werden.
Damit postuliert Carnap, dass die Metaphysik, die über Jahrhunderte als Teilgebiet der Philosophie galt, dieser nicht zugehörig sei: „Alle Philosophie im alten Sinne, knüpfe sie nun an Plato, Schelling oder Hegel an, oder baue sie eine neue ‚Metaphysik des Seins’ oder eine ‚geisteswissenschaftliche Philosophie’ auf, erweist sich vor dem unerbittlichen Urteil der neuen Logik nicht etwa nur als inhaltlich falsch, sondern als logisch unhaltbar, daher sinnlos.“[8]
An anderer Stelle äußert er, die Metaphysik, aus dem Mythos in Abgrenzung zur Theologie entstanden, sei ein Ausdruck von Lebensgefühl, etwas Emotives, ähnlich der Kunst. Die Erkenntnisquellen der Metaphysik seien über-empirisch. „Die Metaphysiker wollen ihren Gegenstand hinter den Objekten der empirischen Wissenschaft suchen; sie wollen nach dem Wesen, dem Urgrund der Dinge fragen.“[9] Die Kunst bzw. ein Kunstwerk sei ein adäquates Ausdrucksmittel für Lebensgefühl, während die Metaphysik inadäquat sei. Anhand dieser Überlegungen Carnaps, innerhalb welcher er die Metaphysik so in die Nähe der Kunst stellt, kann man davon ausgehen, dass er der Literatur einen ebensolchen Platz zuweist. In diesen Disziplinen geht es nicht um wahr und falsch, es wird nichts ausgesagt, sondern etwas ausgedrückt. Er geht sogar so weit, dass er vermutet, Metaphysik sei ein Ersatz für Kunst. Als Beispiel dafür nennt er den Metaphysiker Nietzsche, der zugleich eine starke künstlerische Begabung habe, und dessen Werk „Zarathustra“[10].
Es ist festzustellen, dass für Rudolf Carnap Philosophie rein wissenschaftlich und formal zu verstehen ist. Wenn er bereits die Metaphysik als der Philosophie nicht zugehörig charakterisiert, ist es für uns folgerichtig, davon auszugehen, dass er Literatur und Philosophie niemals in einen Zusammenhang bringen würde und noch viel weniger nach Überschneidungen suchen würde. Die Philosophie bedarf nach Carnap eigener, konstruierter Sprachsysteme, die in ihrer formalen Erscheinungsweise von den Ausdrucksformen der Literatur weit entfernt sind.
[...]
[1] Carnap, Rudolf: Über den Charakter der philosophischen Probleme. In: Carnap, Rudolf: Scheinprobleme in der Philosophie und andere metaphysikkritische Schriften. Hg., eingel. u. mit Anm. versehen von Thomas Mormann. Hamburg, 2004 (= Philosophische Bibliothek, 560), S. 115.
[2] Ebd., S. 121.
[3] Mormann, Thomas: Rudolf Carnap. München, 2000 (= Beck’sche Reihe, 554. Denker), S. 145.
[4] Carnap, Rudolf: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. In: Carnap, Rudolf: Scheinprobleme in der Philosophie und andere metaphysikkritische Schriften. Hg., eingel. u. mit Anm. versehen von Thomas Mormann. Hamburg, 2004 (= Philosophische Bibliothek, 560), S. 102.
[5] Ebd., S. 81.
[6] Ebd.
[7] Ebd., S. 81 - 82.
[8] Carnap, Rudolf: Die alte und die neue Logik. In: Erkenntnis, Bd. 1, Nr. 1, 1930, S. 13.
[9] Carnap, Rudolf: Über den Charakter der philosophischen Probleme. In: Carnap, Rudolf: Scheinprobleme in der Philosophie und andere metaphysikkritische Schriften. Hg., eingel. u. mit Anm. versehen von Thomas Mormann. Hamburg, 2004 (= Philosophische Bibliothek, 560), S. 111.
[10] Vgl. Carnap, Rudolf: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. In: Carnap, Rudolf: Scheinprobleme in der Philosophie und andere metaphysikkritische Schriften. Hg., eingel. u. mit Anm. versehen von Thomas Mormann. Hamburg, 2004 (= Philosophische Bibliothek, 560), S. 107.
- Quote paper
- Dietlinde Schmalfuß-Plicht (Author), 2006, Philosophie und Literatur - Danto im Spannungsfeld zwischen Carnap und Derrida, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65224
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