Der Begriff Globalisierung impliziert zunächst einmal etwas Positives, wenn man als Ziel dieses Prozesses eine neue Sichtweise der Welt als einer Welt ansetzt, in der globales Denken zu globaler Verantwortung und globaler sozialer Gerechtigkeit zugunsten der gesamten Menschheit führt. Wie weit entfernt die stattfindende Globalisierung von diesesn Zielen allerdings ist, wird an den Auswirkungen deutlich, die dieser Prozess auf diejenigen hat, die die Eintrittskarte zur globalen Welt nicht bezahlen können, die schon heute unterhalb der Armutsgrenze leben müssen und deren Zahl im Anstieg begriffen ist - bei gleichzeitig wachsendem Reichtum einiger weniger. Dass dieser außerordentliche Reichtum entstehen kann, basiert u.a. auch darauf, dass in unserem "aufgeklärten" 21. Jahrhundert wieder Sklavenmärkte existieren, für die die Profiteure dieses Bezeichnung zwar weit von sich weisen würden; de facto erweisen sie sich jedoch als solche. Die sozialen Folgen der ungebremst agierenden Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, die alle ethischen Überlegungen ignoriert, sind für die betroffenen Arbeitskräfte in den Entwicklungsländern katastrophal.
Die sozialen Folgen dieses Entwicklungsprozesses werden in dieser Arbeit schwerpunktmäßig am Beispiel des Entwicklungslandes Bangladesch analysiert. Die Untersuchung beschränkt sich (mit Ausnahme des Kapitels über die Rolle der transnationalen Unternehmen) exemplarisch auf die Textilindustrie, da diese die höchsten Exportraten in Bangladesch erreicht. Die Beschäftigten in den Textilfabrken sind zu etwa 90% Frauen und so ist der Schwerpunkt auf diese gerichtet.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die transnationalen Unternehmen in ihrer Rolle als „global player“
2. Der Einfluss der Nationalstaaten auf die Wirtschaft
3. Die Lage der lohnabhängig Beschäftigten am Beispiel von Fabrikarbeiterinnen in Bangladesch
4. Der Einfluss der Gewerkschaften und anderer Non Government Organisations
5. Resümee
6. Anhang – Daten zu Bangladesch
7. Literaturverzeichnis
Einleitung
„Alle reden über den Prozeß der Globalisierung, doch nur wenige beschäftigen sich mit dem Zustand der Globalität. Globalisierung ist wie Modernisierung ein Prozeß, dessen konsternierte Zeugen wir sind; Globalität wäre, wie die Modernität, ein Zustand, der in der dynamischen Weltgesellschaft schwer vorstellbar ist. Und daraus ergibt sich das Problem, daß sich mit der Wirtschaft auch alles andere globalisiert, und auch das, was gar nicht in der kapitalistischen Form globalisierbar ist. Der Widerspruch zwischen der ökonomischen und finanziellen Globalisierung, die weder Grenzen kennt noch ein Ende findet, und den sehr wohl begrenzten sozialen und natürlichen Ressourcen des individuellen und gesellschaftlichen Lebens setzt ganze Gesellschaften unter gehörigen Streß.“[1]
Dieser von Altvater und Mahnkopf angesprochene Stress zeigt sich auch in der Konkurrenzsituation, in der sich die Anbieter der Ware Arbeitskraft in den Industrienationen untereinander befinden, die nun durch die ökonomische Globalisierung um die Komponente der Konkurrenz zu den Anbietern in den Ländern des Südens erweitert wird. Die Beschäftigten in den Entwicklungsländern, die z.B. nach Verlagerungen von Produktionsstätten in Billiglohnländer als Gewinner aus dem Kampf um die raren Arbeitsplätze hervorgegangen sind, zeigen sich gleichzeitig als Opfer der ökonomischen Globalisierung.
Der Begriff Globalisierung impliziert zunächst einmal etwas Positives, wenn man als Ziel dieses Prozesses eine neue Sichtweise der Welt als einer Welt ansetzt, in der globales Denken zu globaler Verantwortung und globaler sozialer Gerechtigkeit zugunsten der gesamten Menschheit führt. Wie weit entfernt die sich vollziehende Globalisierung von diesen Zielen allerdings ist, wird an den Auswirkungen deutlich, die dieser Prozess auf diejenigen hat, die die Eintrittskarte zur globalen Welt nicht bezahlen können, die heute schon unterhalb der Armutsgrenze leben müssen und deren Zahl im Anstieg begriffen ist – bei gleichzeitig wachsendem Reichtum einiger weniger. Dass dieser außerordentliche Reichtum entstehen kann, basiert u.a. auch darauf, dass in unserem „aufgeklärten“ 21. Jahrhundert wieder Sklavenmärkte existieren, für die die Profiteure diese Bezeichnung zwar weit von sich weisen würden; de facto erweisen sie sich jedoch als solche. Die sozialen Folgen der ungebremst agierenden Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, die alle ethischen Überlegungen ignoriert, sind für die betroffenen Arbeitskräfte in den Entwicklungsländern nur katastrophal zu nennen.
Diese sozialen Folgen des Globalisierungsprozesses sollen in dieser Arbeit schwerpunktmäßig am Beispiel des Entwicklungslandes Bangladesch analysiert werden. Die Untersuchung beschränkt sich (mit Ausnahme des Kapitels über die Rolle der transnationalen Unternehmen) exemplarisch auf die Textilindustrie, da diese die höchsten Exportraten in Bangladesch erreicht. Da die Beschäftigten in den Textilfabriken zu etwa 90% Frauen sind, ist der Fokus auf das weibliche Geschlecht gerichtet.
In Kapitel 1 wird hierzu die Rolle der transnationalen Unternehmen als weltweit agierende „global player“ untersucht. Neben einer allgemeinen Einschätzung der transnationalen Unternehmen wird insbesondere die deutsche Textilindustrie betrachtet, deren Weg von der Produktion im Inland zur Verlagerung der Produktionsstätten in Billiglohnländer exemplarisch für zahllose weitere Industriezweige steht. Unter dem Oberbegriff „Textilindustrie“ sind die Bereiche Textilproduktion und –verarbeitung zusammengefasst. Untersucht wird in diesem Zusammenhang auch die Rolle der großen Einzelhandelskaufhäuser und der Versandhäuser, die Bekleidung anbieten, jedoch keine selbstständigen Produktionsstätten mehr besitzen. Da sie dennoch über die Auftragsvergabe großen Einfluss auf die Produktion haben und Kontrolle über den Markt ausüben, werden sie ebenfalls untersucht.
Die staatliche Einflussnahme bzw. die Möglichkeit staatlicher Einflussnahme der Industrienationen und der Entwicklungsländer wird in Kapitel 2 dargestellt.
In Kapitel 3 wird die Lage der Fabrikarbeiterinnen in Bangladesch beschrieben sowie die sozialen Folgen, die ihr Arbeitseinsatz in der Textilindustrie nach sich zieht.
In Kapitel 4 werden die Gewerkschaften und andere NGOs hinsichtlich ihrer Möglichkeiten der Einflussnahme betrachtet.
In Kapitel 5 wird ein Resümee aus den vorhergehenden Kapiteln gezogen. Für alle Kapitel gilt, dass im Rahmen dieser Arbeit die Komplexität des Problems der sozialen Folgen der Globalisierung nur in ihren Grundzügen skizziert werden kann.
1. Die transnationalen Unternehmen in ihrer Rolle als „global player“
„Auslagern, vereinfachen, streichen und kündigen – die Hochleistungs- und High-Tech-Ökonomie frisst der Wohlstandsgesellschaft die Arbeit weg und entlässt ihre Konsumenten. Ein wirtschaftliches und soziales Erdbeben bislang unbekannten Ausmaßes kündigt sich an. Gleich ob Automobil- oder Computerbau, Chemie oder Elektronik, Telekom oder Postdienste, Einzelhandel oder Finanzwirtschaft: Wo immer die Produkte oder Dienstleistungen über alle Grenzen hinweg frei gehandelt werden, geraten die Beschäftigten in einen scheinbar unaufhaltsamen Strudel aus Entwertung und Rationalisierung. In der westdeutschen Industrie gingen allein in den drei Jahren von 1991 bis 1994 über eine Million Arbeitsplätze verloren.“[2]
Diesen „Gesetzen“ eines schon relativ freien und immer freier werdenden Welthandels folgen die transnationalen Unternehmen, die sich selbst als „global player“ verstehen. Sie agieren und reagieren nach einem relativ einfachen Muster: oberste Maxime ihrer Handlungen ist der Wachstumszuwachs, der sich in Umsätzen oder Gewinnen ausdrückt. Ziel dieser Aktivitäten ist der an der Börse notierte Aktienwert, an dem der Anleger täglich ablesen kann, ob sein Vermögen sich vermehrt hat oder nicht. Adressat der Unternehmensbemühungen ist also der Aktionär, der mit seinem Urteil, Kauf oder Verkauf von Aktien, über den Status und das Wohl und Wehe des Unternehmens mitbestimmt. Bei der Zielsetzung des Kapitalanlegers überwiegt häufig das Motiv, Vermögen zu vermehren, unabhängig davon, wie dies zustande kommt.[3]
Die Unternehmen sehen sich bezüglich der Gunst der Aktionäre einem Wettbewerb ausgesetzt, den sie jedoch zum großen Teil selbst initiiert haben und durch wechselseitige Aktionen aufrechterhalten.[4] Die Konkurrenzsituation von Unternehmen kann als ein Grundpfeiler der kapitalistischen Ökonomie gesehen werden, ein weiterer scheint jedoch unberechenbares Gewinn- und Machtstreben zu sein, denn wie wäre es sonst möglich, dass trotz astronomischer Gewinne Arbeitsplatzabbau in einem solchen Ausmaß betrieben wird?
Die Vorstände der ertragsstärksten deutschen Industriebranche, der Chemieindustrie, liefern für diese Vorgehensweise ein Beispiel, dass nicht wegen seiner Einzigartigkeit hervorsticht, jedoch hinsichtlich der Größenordnung alarmiert:
„Für das Geschäftsjahr 1995 meldeten die drei Giganten Hoechst, Bayer und BASF die höchsten Gewinne ihrer Unternehmensgeschichte. Gleichzeitig kündigten sie jedoch einen weiteren Personalabbau in Deutschland an, nachdem sie schon in den vorangegangenen Jahren 150.000 Jobs gestrichen hatten.“[5]
Zu dieser Sachlage äußert sich Bayer-Chef Manfred Schneider wie folgt: Man wisse, dass die Menschen dies als Widerspruch empfinden würden, der hohe Konzerngewinn dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bayer in Deutschland unter Druck stehe.[6]
Dieser „Druck“ resultiert daraus, dass Bayer bereits 80% seines Umsatzes im Ausland erzielt (was in ähnlicher Höhe für die anderen Chemie-Großkonzerne gilt), dort mehr zu verdienen ist und deshalb der deutsche Standort ökonomisch immer uninteressanter wird. Gleichzeitig rühmen sich die Top-Manager ungebrochen eines gesellschaftlichen Auftrages, den sie sehen und erfüllen würden. Sie seien sich ihrer Verantwortung sehr wohl bewusst, allerdings habe man es in der Vergangenheit etwas übertrieben mit dem „Patriotismus“.[7]
Oberstes Ziel ist auch hier die Befriedigung der Aktionärswünsche, die das unternehmerische Handeln steuert, der so genannte „shareholder value“ Priorität hat.[8]
Die Verstärkung dieser Tendenz ergibt sich aus dem Umstand, dass Unternehmen den Konkurrenzdruck, den sie untereinander ausüben, auf die Regierungen der Nationalstaaten übertragen. Der Standortvorteil wird von den Unternehmen durch das so genannte „regime shopping“ erreicht, was bedeutet, dass die Nationen untereinander konkurrieren, weil sie von den Unternehmen gegeneinander ausgespielt werden. Sie siedeln sich vorwiegend dort an, wo entsprechende Geschenke bereitgestellt werden, etwa in Form kostenloser Infrastruktur (vom Straßenbau über Stromversorgung bis hin zu Wasserversorgung und –entsorgung etc.) Billiges Bauland, Zusicherung von Steuerfreiheit für einen bestimmten Zeitraum oder Nachlässe auf Umsatz- und Körperschaftssteuer sind weitere Ansiedelungsanreize.
Es versteht sich fast von selbst, dass sich auch die transnationalen Unternehmen, die die Industrieproduktion von Textilien betreiben, dieser Mittel bedienen.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges kam es zunächst einmal zu einem regelrechten Boom in der Textilindustrie, da es einen Nachholbedarf nicht nur an Nahrungsmitteln, sondern auch an Bekleidung gab, sodass textilproduzierende und –verarbeitende Betriebe überall in Deutschland wie Pilze aus dem Boden schossen. 1958 wurde in der texilproduzierenden und –verarbeitenden Industrie ein Höchststand von 648.000 Beschäftigten verzeichnet. Anfang der 70er Jahre setzte eine Entwicklung ein, die Standorte in Deutschland aufzulösen und die Produktion in Billiglohnländer zu verlagern. Seit 1973 verkleinerte sich der Beschäftigtenstand drastisch, ganze Betriebe wurden stillgelegt oder entließen große Teile ihrer Belegschaft. 1979 arbeiteten nur noch 320.000 Menschen in der Textilproduktion, also weniger als die Hälfte der Anzahl, die noch 20 Jahre vorher beschäftigt war.[9]
[...]
[1] Altvater, Elmar/Mahnkopf, Birgit: Grenzen der Globalisierung. Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft, Münster 1996,
[2] Martin, Hans-Peter/Schumann, Harald: Die Globalisierungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand, Reinbek 1996,
[3] In letzter Zeit mehren sich jedoch die Stimmen der Menschen, die sicherstellen wollen, dass ihr Kapital nicht im Zusammenhang mit Arbeitsplatzabbau, Ausbeutung oder umweltschädigendem Verhalten benutzt wird. Es haben sich so genannte „ethic fonds“ gebildet, die Aktiengesellschaft unter dem Aspekt zur Investition auswählen, inwieweit diese sich an Umweltschutzauflagen und Menschenrechten orientieren.
[4] Sofern hinter den transnationalen Konzernen Einzelpersonen als Eigentümer stehen, kommt eine Konkurrenzvariante hinzu, die auf den ersten Blick nur allzu menschlich erscheint: Der Wunsch, der Erste oder der Beste in einer Wettbewerbssituation zu sein. So gab z.B. der US-Medienmogul Ted Turner zu, dass er lange Zeit mit sich habe kämpfen müssen, bis er eine Spende zugunsten von einigen Universitäten und Umweltschutzinitiativen in Höhe von 200 Mio. Dollar tätigen konnte. Seine Sorge galt der Platzierung auf der Liste des Magazins „Forbes“ in der die 400 reichsten Menschen der Erde angeführt werden. Durch Turners Spende bekamen die anderen einen Vorsprung. Dies führt Turner jedoch nicht dazu, das System der Auflistung an sich zu hinterfragen, sondern zu dem Wunsch, dass alle Superreichen z.B. eine Milliarde Dollar abgeben sollten, so dass sich nichts am Listenplatz ändern würde. (vgl. Martin, Hans-Peter/ Schumann, Harald: a.a.O., S. 263 f.
[5] Martin, Hans-Peter/Schumann, Harald: a.a.O.,
[6] Vgl. Ebd.
[7] Vgl. a.a.O., S. 179 f.
[8] Die 1996 beschlossene Fusion der Schweizer Pharma-Riesen Ciba-Geigy und Sandoz, die wegen drohender Massenentlassungen von vielen Schweizern mit Empörung aufgenommen wurde, rief den „Wiener Erzbischof Schönborn auf den Plan, der das Vorgehen der beiden Konzerne auf den Punkt brachte: „Wenn zwei der weltgrößten Chemiekonzerne fusionieren, obwohl es beiden wirtschaftlich bestens geht, und dabei 15.000 Arbeitsplätze „freisetzen“, so ist das nicht ein Sachzwang, der den allmächtige Gott „freier Markt“ dekretiert hat, sondern die Dividendengier einiger weniger.“
[9] Gewerkschaft Textil-Bekleidung, 1980, zitiert nach Wirtz, Hermann-Josef: Kleider machen Leute – Leute machen Kleider. Baumwolle, Textilien und Bekleidung in der Weltwirtschaft, Wuppertal 1981,
- Citar trabajo
- MA Annette Wallbruch (Autor), 2000, Die sozialen Folgen der Globalisierung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65132
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