Die Arbeit befasst sich mit den Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinde gegen Maßnahmen der Rechtsaufsicht bzw. fachaufsichtlichen Weisungen in Hessen.
Zunächst wird kurz auf die geschichtliche Entwicklung aufsichtsrechtlicher Strukturen eingegangen um den Begriff der Aufsicht zu definieren. In der Folge werden die Mittel der Aufsicht, die Aufsichtsbehörden und die Durchführung der Aufsicht skizziert.
Daran anknüpfend wird dargelegt, wie der Primärrechtsschutz einer Gemeinde gegen Aufsichtsmaßnahmen der Rechts- bzw. Fachaufsicht gutachterlich zu prüfen ist, wobei auf typische Klausurprobleme eingegangen und der Aufbau der Klage dargestellt wird.
Schließlich wird eine kurze Einführung in den Sekundärrechtsschutz der Gemeinde gegen eine aufsichtsrechtliche Weisung gegeben.
Inhaltsverzeichnis
A. Vorwort
B. Aufgaben der Gemeinde und Beaufsichtigung durch den Staat
I. Aufgaben der Gemeinde
1. Selbstverwaltungsaufgaben
2. Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung
3. Auftragsangelegenheiten
II. Begriff der Kommunalaufsicht
1. Inhalt und Entwicklung
2. Arten und Umfang der Aufsicht
a) Rechtsaufsicht
aa) Kommunalaufsicht im engeren Sinne
bb) Sonderaufsicht
b) Fachaufsicht
3. Aufsichtsmittel
a) Mittel der präventiven Aufsicht
b) Mittel der repressiven Aufsicht
aa) Informative Mittel
bb) Beanstandung
cc) Anweisung und Ersatzvornahme
dd) Bestellung eines Beauftragten und Auflösung der Gemeindevertretung
4. Aufsichtsbehörden
C. Rechtsschutz der Gemeinden gegen Aufsichtsmaßnahmen
I. Primärrechtsschutz gegen Aufsichtsmaßnahmen der Rechtsaufsicht
1. Klage der Gemeinden
a) Einzelprobleme
b) Klagegegner
c) Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen
d) Materielle Gesichtspunkte
aa) Opportunitätsgrundsatz
bb) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
cc) Grundsatz der Subsidiarität
2. Vorläufiger Rechtsschutz
II. Primärrechtsschutz gegen Aufsichtsmaßnahmen der Fachaufsicht
1. Klage der Gemeinden
a) Statthafte Klageart
aa) Keine VA-Qualität mangels fehlender Außenwirkung
bb) Außenwirkung auch bei fachaufsichtlichen Maßnahmen
cc) Stellungnahme
b) Klagebefugnis
2. Formlose Rechtsbehelfe
III.Sekundärrechtsschutz gegen Aufsichtsmaßnahmen
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Vorwort
Die vorliegende Bearbeitung befasst sich mit der Frage des Rechtsschutzes der Gemeinden gegen Maßnahmen der Kommunalaufsicht und fachaufsichtlicher Weisungen. Der Inhalt soll sich zwar besonders an den problematischen Punkten des eingelegten gemeindlichen Rechtsmittels orientieren, aber auch über die typischen Prüfungsproblematiken hinaus, den Hintergrund, sowie die Entwicklung aufsichtsrechtlicher Strukturen darlegen.
Intendiert ist die Darstellung des Gesamtgefüges in welchem sich die Gemeinde befindet, sowie den eingesetzten Instrumenten und der Funktionsweise der staatli- chen Aufsicht. Dies erfordert zunächst deren Darstellung. Darauf aufbauend, soll dann auf die Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinde eingegangen werden.
B. Aufgaben der Gemeinde und Beaufsichtigung durch den Staat
I. Aufgaben der Gemeinde
Der Bestand der Gemeinden als Rechtssubjekte im staatsorganisatorischen Auf- bau, ist ein grundgesetzlich verankertes Faktum.1 Die von den Gemeinden im Bundesgebiet wahrgenommenen und wahrzunehmenden Aufgabenfelder differie- ren jedoch strukturell teilweise in den einzelnen Bundesländern. So muss man sich zunächst mit dem Begriff der dualistischen und der monistischen Aufgaben- struktur auseinandersetzen, um dann Klarheit über die gemeindlichen Aufgaben zu erlangen. Unter dem dualistischen Aufgabenbegriff ist die Separation kommu- naler Selbstverwaltungsaufgaben und staatlicher Auftragsangelegenheiten zu ver- stehen, der auf die „im 19. Jahrhundert herrschende Anschauung eines Gegensat- zes von Staat und Gesellschaft, sowie von Staat und Kommune“2 zurückgeht. Dem steht der monistische Aufgabenbegriff gegenüber, der nicht mehr zwischen staatlichen und gemeindlichen Aufgaben unterscheidet, sondern vom Begriff der einheitlichen „öffentlichen Aufgabe“ ausgeht.3 Folge dieser Sichtweise ist, dass die Gemeinde „kompetenziell nicht nur Träger spezifischer kommunaler Aufgaben [ist], sondern sie auch sämtliche staatlichen Aufgaben auf der Gemeindeebene erledigt“4.
Dem Weinheimer Entwurf und somit der monistischen Aufgabenstruktur haben sich die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein angeschlossen.5
1. Selbstverwaltungsaufgaben
Zu der ersten Aufgabengruppe der Gemeinden zählen die Selbstverwaltungsauf- gaben. Der Staat gewährt den Gemeinden im Rahmen des Art. 28 Abs. 2 GG u.a. das Recht „…alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“. Darunter fallen alle Angelegenhei- ten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben.6 Der Inhalt des Selbstverwaltungsrechts wird durch die Gemeindeho- heiten konkretisiert. Im Einzelnen sind dies: Planungs-, Organisations-, Personal-, Finanz-, Satzungs-, Kultur- und Gebietshoheit.7 Beispiele für Aufgaben, die die Gemeinde aufgrund dieses Rechts wahrnimmt sind die Bauleitplanung, die Ab- fallbeseitigung oder die Aufstellung von Denkmälern etc.
2. Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung
Ein weiteres Aufgabengebiet stellen die Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung dar. Hierunter sind Aufgabenfelder i.S.d. § 4 Abs. 1 HGO zu verstehen, die der Gemeinde übertragen werden. Der Gemeinde kann dadurch ein Tätigkeitsfeld aufgetragen werden, ihr bleibt aber die Einzelausführung offen, wie dem § 4 Abs.
1 S. 2 HGO zu entnehmen ist. Hierunter fallen z.B. die Aufgaben der Bauaufsicht, der Gefahrenabwehr oder der Naturschutzbehörden.8 Streitig ist die rechtliche Einordnung dieses Aufgabentypus. So wird teilweise für die Einordnung als Selbstverwaltungsaufgabe votiert9, ebenso jedoch auch für eine Einordnung als Auftragsangelegenheit10 oder als Mischtypus eigener Art11. Da das Gesetz die Weisungsbefugnisse der jeweiligen Aufsichtsbehörde festlegt, ist die praktische Bedeutung dieser Streitfrage gering. Eine kurze Stellungnahme soll dennoch erfolgen. Gegen die Einordnung als Selbstverwaltungsaufgabe muss die fehlende selbstständige Entscheidungsbefugnis der Gemeinde angeführt werden. Sie unter- liegt bei Aufgaben nach § 4 Abs. 1 HGO de facto den Weisungen der Aufsichts- behörde, auch wenn sich diese nicht auf die Einzelausführung beziehen sollen.12 Interessant, aber nach m.E. unbrauchbar, erscheint die Einordnung als Mischty- pus. Zwar findet dadurch eine Klassifizierung der Aufgaben statt, es fehlt jedoch an einer rechtlichen Konsequenz die es rechtfertigen würde eine weitere Aufga- benklasse zu schaffen. Einleuchtender erscheint es dagegen, die Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung den Auftragsangelegenheiten zuzuweisen. Der Unter- schied läge darin, dass bei Letzteren eine umfassende Weisungsbefugnis der Auf- sichtsbehörde bestünde und nicht nur eine allgemeine.
3. Auftragsangelegenheiten
Als letzte Aufgabengruppe sind Auftragsangelegenheiten zu nennen. Inhaltlich handelt es sich bei diesen Aufgaben um staatliche Tätigkeiten, die der Bund und die Länder den Gemeinden zur Ausführung übertragen.13 Seit dem 01.04.2005 regelt § 4 Abs. 2 HGO explizit die Übertragung von Auftragsangelegenheiten auch an Oberbürgermeister (OBM) und Bürgermeister (BM). Zuvor fand sich die Legitimation für die Übertragung solcher Aufgaben an den BM oder den OBM im (jetzt aufgehobenen) § 146a HGO. Hierunter fallen z.B. Ausbildungsförderung und der Katastrophenschutz.14
II. Begriff der Kommunalaufsicht
1. Inhalt und Entwicklung
Freilich stellt die Gewährung von Aufgabenfeldern keinen Freibrief für die Gemeinde dar, der ihr jede Art des Tätigwerdens erlaubt. Der Staat ist gem. Art. 20 Abs. 3 GG auch verpflichtet, die Rechtmäßigkeit des kommunalen Verwaltungshandelns sicherzustellen.15 Dieser Überwachungsaufgabe kommen die Länder im Wege der Kommunalaufsicht nach.
Schlägt man den Begriff der „Aufsicht“ bzw. den der „Selbstverwaltung“ nach, so ist die häufigste getroffene Aussage in diesem Zusammenhang, dass die Aufsicht ein Korrelat zum Selbstverwaltungsrecht ist.16
Der Inhalt dieser Aussage wird jedoch erst auf den zweiten Blick deutlich. Verständlich wird die Wechselwirkung von Aufsicht und Aufgabenwahrnehmung erst durch die Beleuchtung ihrer Entwicklung.
Denkbar wäre es schon vom Bestehen einer Art von Aufsicht über mittelalterliche Städte und Gemeinden auszugehen.17 Zwar kann man in der mittelalterlichen Kir- che, dem Gerichts- und Richterwesen und auch gerade im Lehensrecht eine Art von Verwaltung sehen. Aber dies alles reicht nicht aus, um von Verwaltung und der damit einhergehenden Beaufsichtigung im Sinne der Neuzeit zu sprechen.18 Insbesondere fehlte es zum damaligen Zeitpunkt auch an einem wesentlichen Merkmal der Aufsicht, nämlich einer Art der Selbstverwaltung der Städte und Dörfer.19
Wenn nun also das Auftreten von Staatsaufsicht durch den Beginn einer als Staat organisierten Gesellschaft bedingt ist, so muss man klären, wann diese entstand, um auch dort mit der Betrachtung von Staataufsicht beginnen zu können. Leider lässt sich hierfür jedoch kein genauer Startzeitpunkt festlegen. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Entwicklungsprozess.
Erst durch die Auswirkung der Reformation im 16. Jahrhundert und der dadurch einhergehenden Machtverschiebung - weg von Kirche und Kaiser, hin zu Landes- fürsten, deren Anspruch in der unumschränkten Herrschaft in ihrem Landesteil lag - kann von einer schleichenden Entwicklung hin zum Staatssystem gesprochen werden.20 Zu dieser Zeit setzt nun auch die praktisch erste Form organisierter Aufsicht, das sogenannte „Recht der Oberaufsicht“ (ius supremae inspectionis)21 ein. Dieses Instrument steht für den Drang der Landesfürsten sich als Instanz über die Städte und deren Institutionen zu stellen, öffentliche wie private, und diese praktisch zu kontrollieren.22 Daraus folgte mit der Zeit eine Staatsorganisation, die geprägt war von der „einheitlich- zentralistischen Staatsverwaltung“23 mit einem streng hierarchisch ausgerichteten Verwaltungsapparat, der durch das hörige und ultra-disziplinierte Beamtentum mit dem jeweiligen Fürsten an der Spitze repräsentiert wurde.24
Ein einschneidendes Ereignis stand für die Verwaltungsordnung, vor allem die Frage der Selbstverwaltung und die damit immer verknüpfte Rolle der Staatsauf- sicht, im Jahr 1808 an.25 Durch die Preußische Städteordnung wurde der Selbst- verwaltung von Städten und Gemeinden ein Grundstein gelegt, der auch heute noch deren Basis darstellt. War der Staat noch zum des Ende 18. Jahrhunderts ein autoritärer Obrigkeitsstaat, der die „Untertanen“ in sich beherbergte26, so sollte es nun ein Nebeneinander von Staat und Gesellschaft, repräsentiert durch deren „Bürger“27, geben. Der Staat sollte durch oder gerade für die Bürger existieren und nicht umgekehrt. Was die Organisation in den Städten angeht, können ab dann beträchtliche Parallelen zu unseren heutigen Gemeindeordnungen gefunden werden: Allzuständigkeit der Städte bei der Regelung eigener Angelegenheiten28, das Gestaltungsgremium Stadtverordnetenversammlung29, der Magistrat als Ver- waltungsbehörde30, die Steuerhoheit31 und hier am wichtigsten, die Zuwendung zur beschränkten Kommunalaufsicht32, weg von der vollumfänglichen Bevor- mundung, wie sie zuvor praktiziert wurde33.
Durch die politischen Ereignisse der Jahre nach dem Wiener Kongress (1814- 15)34 bis und über die Märzrevolution hinaus, in denen die restaurativen, konser- vativen Kräfte trotz der liberalen Bewegungen im Endeffekt erstarkten, wurde das Reformwerk „revidiert“ und wies danach doch einige gravierende Veränderungen auf. Besonders im hier relevanten Teil der Staatsaufsicht kam durch den § 139 lit.
b) Rev. PrStO 1831 eine Generalklausel hinzu, die eine wesentliche Errungen- schaft der PrStO 1808 zerstörte.35 War die Aufsicht eben noch eine Rechtsauf sicht, die nur „in wenigen, gesetzlich enumerierten Fällen“36 ausgeübt werden sollte, so kam man nun wieder zu alter Überwachung zurück. Die Grenzen der Staatsaufsicht wurden verwischt, was eine „teilweise Wiederherstellung der staatlichen Vormundschaft“37 bedeutete.
Diese Entwicklung setzte sich auch in der Zeit der Weimarer Republik fort, die dann in den NS-Staat mündete. Die Praxis der Staatsaufsicht zeigte zum damali- gen Zeitpunkt große Ähnlichkeit zu jener der konstitutionellen Monarchie.38 Be- sonders zum Ausdruck kam dies durch die exzessive Nutzung des vielzitierten Notverordnungsrechts nach Art. 48 Abs. 2 WRV, der den Weg zur Machtergrei- fung Hitlers ebnete. Ob zum Zeitpunkt des Nationalsozialismus Institute wie Selbstverwaltung und Staatsaufsicht überhaupt vorhanden waren, muss für den NS- Staat genauso bezweifelt werden, wie für die Zeit vor 1808.39
Die darauf folgende zweite deutsche Republik sicherte die Selbstverwaltungsgarantie letztendlich durch die Verankerung in Art. 28 Abs. 2 GG.
Das Prinzip der Kommunalaufsicht und das Verständnis von Rechtsprechung und Literatur von ihr als „notwendiges Gegenstück“ zur Selbstverwaltung, lässt sich mit dem Anriss der geschichtlichen Entwicklung auf einige wenige, jedoch essen- tielle Bedingungen eingrenzen: Bestehen eines Verwaltungsapparates, Selbstver- waltungsrecht der beaufsichtigten Stelle, Einsatz der Aufsicht nur in einzelnen (Extrem-) Fällen.
Wie die praktische Handhabung der Aufsicht nach dieser Entwicklung erfolgt, soll im Folgenden gezeigt werden.
2. Arten und Umfang der Aufsicht
Faktisch teilt sich die Staatsaufsicht in Hessen in drei voneinander zu trennende Teile ein: die Kommunal- und Rechtsaufsicht40, Fachaufsicht und Sonderaufsicht. Hierzu ist zu sagen, dass in der Literatur teilweise verschiedene Gliederungsmus- ter vorkommen. So gibt es die Auffassung, dass Kommunalaufsicht im weiteren Sinne die Bereiche Rechts- und Fachaufsicht umfasst.41 Bei der Rechtsaufsicht wird dann zwischen der Kommunalaufsicht im engeren Sinne und der Sonderauf- sicht unterschieden.42 Nach anderer Ansicht wird grob zwischen den drei Auf- sichtsarten Kommunal-43, Fach- und Sonderaufsicht unterteilt.44 Es wird sich hier mit folgender Begründung für ersteren Aufbau entschieden. Unter Laien wird der Begriff der Kommunalaufsicht sicher synonym für alle Bereiche der Aufsicht verwand. Im juristischen und kommunalpolitischen Sinne kann man erwarten, dass die Terminologie eingehalten wird. Dies soll hier auch nicht in Frage gestellt werden. Doch ist gerade das Kommunalrecht ein Bereich, der durch seine enge Bindung an den Bürger vor Ort, sich um eine auf den ersten Blick überschaubare Terminologie bemühen sollte. Zieht man den Begriff Kommunalaufsicht „vor die Klammer“ und stößt erst danach ins Detail vor, so kann unter Umständen eine wünschenswerte Überschaubarkeit erreicht werden. Aus dogmatischen Gründen ist diese Unterscheidung ebenfalls vorzuziehen, da hier eine nachvollziehbare Abgrenzung zwischen Rechtsaufsicht, welche Kommunalaufsicht im engeren Sinne und Sonderaufsicht enthält und der Fachaufsicht im Allgemeinen getroffen wird.
Die Kommunalaufsicht im weiteren Sinne gliedert sich somit in die Bereiche Rechtsaufsicht und Fachaufsicht. Wobei sich die Rechtsaufsicht in die Kommunalaufsicht im engeren Sinne und der Sonderaufsicht einteilen lässt.
a) Rechtsaufsicht
aa) Kommunalaufsicht im engeren Sinne
Die Kommunalaufsicht im engeren Sinne ist die Aufsicht des Staates über die Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden.45 Gemäß gesetzlicher Grund- lage des § 135 S. 1, 1. Alt. HGO ist diese Form der Aufsicht auf eine Rechtskon- trolle der kommunalen Verwaltungshandlungen gerichtet.46 Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Begriff Rechtskontrolle den abschließenden Umfang für diese Aufsichtsart darstellt47, das heißt: keine Zweckmäßigkeitskontrolle, namentlich Beeinflussung von Ermessensfragen, die in gemeindlicher Kompetenz stehen.48 Eine zweite Aufgabe ergibt sich direkt aus § 135 S. 1, 2. Alt HGO hinsichtlich der Weisungsaufgaben nach § 4 Abs. 1 HGO. Auch dieser Bereich wird lediglich mit dem Mittel der Rechtskontrolle überwacht49, das heißt, es darf hier ebenfalls keine Zweckmäßigkeitskontrolle durchgeführt werden.50 Die Kommunalaufsichtsbehör- de hat zwar die Durchsetzung der fachlichen Weisungen unter Umständen auch mit dem Mittel des § 139 HGO zu verfolgen, ist jedoch nicht dazu befugt diese Weisungen hinsichtlich ihrer Richtigkeit und Berechtigung zu beurteilen.51
bb) Sonderaufsicht
Als zweiter Bereich der Rechtsaufsicht neben der Kommunalaufsicht im engeren Sinne, ist die Sonderaufsicht zu nennen.
Sonderaufsicht ist staatliche Einflussnahme auf gemeindliche Selbstverwaltungs- angelegenheiten durch Behörden, deren Zuständigkeit in besondern Gesetzen ge- regelt ist und die nicht den allgemeinen Kommunalaufsichtsbehörden zugeordnet sind.52 Eine Notwendigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass es bei besonderen Bereichen unentbehrlich erscheint, die jeweilige Fachbehörde bei der Überwa- chung der an die Gemeinde übertragenen Angelegenheiten dieses Spektrums um- fassend zu beteiligen.53 Die Sonderaufsichtsbehörden haben eine präventive Wei- sungstätigkeit, dass heißt sie können in dem von ihnen übertragenen Bereich Wei- sungen aussprechen und haben dafür auch eine Befugnis zur Recht- und, hier im Gegensatz zu Kommunalaufsicht im engeren Sinne, zur Zweckmäßigkeitsprüfung im Rahmen ihrer Weisungsbefugnis.54
[...]
1 Vgl. v. Münch/Löwer, Art. 28 Rn. 41; v. Mangoldt/Tettinger, Art. 28 Rn. 155.
2 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 174.
3 Vgl. Lange in FS-Ridder, S. 66; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 541 f.; BirkenfeldPfeiffer/Gern, Rn. 174.
4 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 174.
5 Vgl. § 2 HGO; § 2 I GemO BaWü; § 2 GemO NRW; § 2 I 1 GemO SH.
6 Vgl. Meyer/Stolleis, StVRH, S. 182.
7 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 84 ff.
8 Vgl. § 53 II HBO; § 84 HSOG; § 30 Abs. 4 HENatG.
9 Vgl. Jesch in DÖV 1960, S. 739; Peters in DÖV 1964, S. 754.
10 Vgl. Borchmann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 71; Berkenhoff in DVBl. 1955, S. 347; Schweer in DVBl. 1956, S. 703; Schmidt/Kneip, HGO-Komm, § 4, Rn. 1.
11 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 182 m.w.N.; OVG Lüneburg in DVBl. 1958, S. 803.
12 Vgl. Lange in FS-Ridder, S. 67.
13 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 183.
14 § 39 BaföG; §§ 2, 10 KatSchG.
15 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 709; Schmidt/Kneip, HGO-Komm, § 135,Rn. 2.
16 Vgl. BVerfGE 6, 104 (108); Borchmann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 175; BirkenfeldPfeiffer/Gern, Rn. 709; Wiegelmann, HHKR, S. 111.
17 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, S. 39.
18 Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 80 ff.
19 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 19; Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 80 ff.
20 Thoma, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, S. 724 ff.; Hartung, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 57 ff.
21 Kahl, Staatsaufsicht, S. 41.
22 Merten, Deutsche Verwaltungsgeschichte, S. 53 f.
23 Kahl, Staatsaufsicht, S. 44.
24 Kahl, Staatsaufsicht, S. 44.
25 BVerfGE 11, 266 (274); 69, 92 (107).
26 Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 14; Stolleis in Vierhaus, Bürger und Bürgerlichkeit im Zeitalter der Aufklärung, S. 65 ff.
27 Stolleis in Vierhaus, Bürger und Bürgerlichkeit im Zeitalter der Aufklärung, S. 65 ff.
28 Knemeyer, Regierungs- und Verwaltungsreformen in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts, S. 106; Becker in HBKWP, S. 116.
29 Kahl, Staatsaufsicht, S. 75.
30 Kahl, Staatsaufsicht, S. 75.
31 Kahl, Staatsaufsicht, S. 75.
32 v. Meier, Die Verwaltungsorganisation unter Stein und Hardenberg, S. 316.
33 Kahl, Staatsaufsicht, S. 50 f.
34 Brockhaus, Bd. 15, S. 241 f.
35 Vgl. Zuhorn, Probleme der Kommunalaufsicht gesehen von der Selbstverwaltung, S. 249.
36 Kahl, Staatsaufsicht, S. 92.
37 Zuhorn, Probleme der Kommunalaufsicht gesehen von der Selbstverwaltung, S. 249.
38 Vgl. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, S. 77 ff.; Thoma, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, S. 724 ff.
39 Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 176 f.
40 Knemeyer geht von einer Synonymität dieser Begriffe aus: vgl. Knemeyer in HBKWP, S. 266. 6
41 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 714.
42 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 715.
43 Zu verstehen als Rechtsaufsicht.
44 Wiegelmann, HHKR, S. 116 ff.; Borchmann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 177 f.
45 Wiegelmann, HHKR, S. 116; Borchmann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 177; Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 715.
46 BVerwGE 2, 329 (334); Borchmann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 177; BirkenfeldPfeiffer/Gern, Rn. 715; Meyer/Stolleis, StVRH, S. 249.
47 Wiegelmann, HHKR, S. 116.
48 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Rn. 715; Knemeyer in HBKWP, S. 271; Borch- mann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 177; Wiegelmann, HHKR, S. 116; Stober, Kommu- nalrecht, S. 148 f.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 806; Schmidt/Kneip, HGO-Komm, § 135, Rn. 2.
49 Birkenfeld-Pfeiffer/Gern, Kommunalaufsicht, Rn. 715.
50 HessVGH HSGZ 1982, 259 (260 f.).
51 HessVGH HSGZ 1982, 259 (260).
52 BVerfG DÖV 1987, S. 344.
53 HessVGH NVwZ 1984, 666 (667).
54 Borchmann/Breithaupt/Kaiser, Kommunalrecht, S. 178.
- Citation du texte
- Mahdi Daneshzadeh Tabrizi (Auteur), 2006, Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Rechtsaufsicht und fachaufsichtliche Weisungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65087
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