Der Einzug der NPD in den sächsischen Landtag 2004 sorgte für Aufsehen in Deutschland. Nach 1968 war dies der erste Einzug in ein Landesparlament. Das gute Abschneiden gerade bei jungen, männlichen Wählern wurde mit der Einbindung von rechten Kameradschaften in die Partei begründet. Gerade in ländlichen Gebieten hatten die Kameradschaften junge Menschen für die NPD gewinnen können. Es ist auch schon seit längerem kein Geheimnis mehr, dass sich die Partei bewusst der, zum Teil militanten, Kameradschafts- und Neonaziszene geöffnet hat. Gemeinsam wurden Aktionen und Demonstrationen geplant und durchgeführt. Auf diese Zusammen-
arbeit zwischen Kameradschaften und NPD stützten sich auch die Verbotsanträge der Bundesregierung, des Bundestags und des Bundesrates gegen die NPD im Jahr 2001.
Daher wird die vorliegende Arbeit die Verbindung zwischen den freien Kamerad-
schaften und der NPD genauer betrachten. Es soll dabei der Frage nachgegangen werden, wie stark die Einbindung von Kameradschaften in die NPD ist und wie sie sich auf die Situation der NPD auswirkt. Und ist die Verflechtung überhaupt so stark, dass von einer gesteigerten Gefährlichkeit der NPD gesprochen werden kann?
Um dies herauszufinden wird zunächst auf die Geschichte der NPD seit Mitte der 90er Jahre eingegangen, da erst ab diesem Zeitpunkt von einer Verflechtung zwischen Kameradschaften und der NPD gesprochen werden kann. Ebenso werden die Kameradschaften genauer untersucht und dabei insbesondere ihre Zusammenarbeit mit der NPD. Unter diesen Gesichtspunkten kommt abschließend noch das NPD Verbotsverfahren in den Blick.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die NPD seit Mitte der 90er Jahre
3. Rechte Kameradschaften
3.1. Organisation
3.2. Programm
4. Die NPD und die Kameradschaften
4.1. Der Beginn der Zusammenarbeit
4.2. Gemeinsame Aktionen
4.3. Zusammenarbeit bei Wahlen
4.4. Kameradschaften und der NPD-Verbotsantrag
5. Fazit
1. Einleitung
Der Einzug der NPD in den sächsischen Landtag 2004 sorgte für Aufsehen in Deutschland. Nach 1968 war dies der erste Einzug in ein Landesparlament. Das gute Abschneiden gerade bei jungen, männlichen Wählern wurde mit der Einbindung von rechten Kameradschaften in die Partei begründet. Gerade in ländlichen Gebieten hatten die Kameradschaften junge Menschen für die NPD gewinnen können. (vgl. Röpke/Speit 2005, S. 188) Es ist auch schon seit längerem kein Geheimnis mehr, dass sich die Partei bewusst der, zum Teil militanten, Kameradschafts- und Neonaziszene geöffnet hat. Gemeinsam wurden Aktionen und Demonstrationen geplant und durchgeführt. Auf diese Zusammen-
arbeit zwischen Kameradschaften und NPD stützten sich auch die Verbotsanträge der Bundesregierung, des Bundestags und des Bundesrates gegen die NPD im Jahr 2001.
Daher werde ich die Verbindung zwischen den freien Kamerad-
schaften und der NPD genauer betrachten. Ich möchte heraus-finden, wie stark die Einbindung von Kameradschaften in die NPD ist und wie sie sich auf die Situation der NPD auswirkt. Und ist die Verflechtung überhaupt so stark, dass von einer gesteigerten Gefährlichkeit der NPD gesprochen werden kann?
Um dies herauszufinden gehe ich zunächst auf die Geschichte der NPD seit Mitte der 90er Jahre ein, da erst ab diesem Zeitpunkt von einer Verflechtung zwischen Kameradschaften und der NPD gesprochen werden kann. Ebenso untersuche ich die Kameradschaften genauer und dabei insbesondere ihre Zusammenarbeit mit der NPD. Unter diesen Gesichtspunkten betrachte ich abschließend noch das NPD Verbotsverfahren.
2. Die Geschichte der NPD seit Mitte der 90er Jahren
Seit Mitte der 90er Jahre zog die NPD durch Änderungen in ihrer Ideologie und Organisation verstärkt die Aufmerksamkeit auf sich. Zuvor war sie nach ihren Wahlerfolgen in den 60er Jahren in die Bedeutungslosigkeit gerutscht. Aus dieser Unscheinbarkeit holte sie der 1996 zum NPD-Bundesvorsitzenden gewählte Udo Voigt. Er stand maßgeblich für die programmatische Umorientierung der Partei. „In der zweiten Hälfte der 90er Jahre hat die NPD ideologisch verstärkt national-revolutionäre und national-bolschewistische Ideologieelemente, sowie Elemente eines nationalen Sozialismus aufgenommen.“ (Grumke/Wagner 2002, S. 402)Auch ihre Art, rechtsextreme Ausrichtungen umzusetzen und zu artikulieren hatte sich verändert. (vgl. Pfahl-Traughber 2002a, S. 30) Die Wahlerfolge blieben unter Voigt aber zunächst aus. Um dies zu ändern präsentierte Voigt 1997 das strategische „Drei-Säulen-Konzept“. Bei der ersten Säule, der „Schlacht um die Köpfe“ ging es um die Programmatik. Die zweite Säule, die „Schlacht um die Straße“, zielte auf die Massenmobilisierung und die dritte Säule, die „Schlacht um die Wähler“, war auf die Wahlteilnahme ausgerichtet. 2004 wurde das Konzept zusätzlich um die Säule „Kampf um den organisierten Willen“ erweitert. (vgl. Bundesministerium des Innern 2004, S. 24) Der „Schlacht um die Straße“ wurde von der Parteispitze die größte Bedeutung beigelegt. So sagte Voigt 1998: „Erst wenn wir den ‚Kampf um die Straße’ endgültig für uns entschieden haben, kann der ‚Kampf um die Parlamente’ mit der Aussicht geführt werden, keine schnell verschwindende Proteststimmen zu kanalisieren, sondern eine dauerhafte nationale Kraft zu etablieren.“ (Pfahl-Traughber 2002a, S. 40) Man möchte eine Bewegung des nationalen Widerstandes sein. „Nach ihrem Selbstverständnis ist die NPD die ‚revolutionäre Speerspitze’ innerhalb des ‚nationalen Lagers’. (Bundesrat 2001, S. 49) Um dies zum Ausdruck zu bringen, wurde 1998 die Aktionseinheit „Nationale Außerparlamentarische Opposition“ (NAPO) gegründet. Dieser Begriff steht stellvertretend als Synonym für den „Nationalen Widerstand“ auf der Straße. (vgl. Grumke/Wagner 2002, S. 407)
Erste Erfolge unter Voigt zeigten sich Ende der 90er Jahre in einem Anstieg der Mitgliederzahlen. Es traten vor allem junge männliche Mitglieder aus den östlichen Bundesländern in die NPD ein. Durch sie erlangte die Partei ihr Ziel von einer stärken Mobilisierungsfähigkeit und war somit in der Lage, öffentlichkeitswirksamere Aufmärsche zu organisieren. (vgl. Pfahl-Traughber 2002a, S. 32) Fast ein Drittel aller Mitglieder kamen 1998 aus dem sächsischen Landesverband, der bis heute der größte Landesverband innerhalb der NPD geblieben ist. Viele dieser neuen Mitglieder sympathisieren mit der Neonaziszene und gehörten Kameradschaften an. Die innerparteiliche Öffnung gegenüber den neonazistischen Aktivisten stellt eine der entscheidenden Änderungen in der Ära Voigt dar. (vgl. Pfahl-Traughber 2002b, S. 16)
Anfang 2001 leiteten die Bundesregierung, der Bundesrat und der Bundestag ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungs-
gereicht gegen die Partei ein. Begründet wurde dies mit einer Wesensverwandtschaft der NPD zum Nationalsozialismus und ihrer verfassungsfeindlichen Zielsetzung. Der NPD wurde vorgeworfen, diese Ziele durch eine aktiv-kämpferische und aggressive Weise durchzusetzen. Laut den Antragsstellern sprach dafür die von Zusammenarbeit der Partei mit Neonazis und Kameradschaften. (vgl. Bundesrat u. Bundestag 2001) Das Verfahren stellte das Bundesverfassungsgericht allerdings aufgrund der ‚V-Männer Problematik’ ein, da die V-Männer führende Positionen innerhalb der Partei besetzt hatten. Die Verwaltungsrichter konnten somit nicht ausschließen, dass diese Personen steuernden Einfluss auf die NPD besaßen. Diese Enthüllungen sorgten zwar für Unruhe in der NPD, konnten sie aber nicht schwächen. (vgl. Grumke/Wagner 2002, S. 411) Zwei Jahre später kam es zu dem größten Wahlerfolg unter Voigt. Die NPD zog 2004 bei der Landtagswahl in Sachsen mit 9,2 % der Stimmen in das Landesparlament ein.
In Sachsen ist sie organisatorisch am stärksten vertreten. Ihre Mitglieder hat sie dort vor allem aus einem bestimmten Jugendmilieu gewinnen können. Es sind meist männliche Jugendliche mit einer formal niedrigeren Bildung, die aus einer sozial schwachen Schicht stammen. (vgl. Pfahl-Traughber 2002 b, S. 28) Durch eine gute Verflechtung mit den vor Ort ansässigen Kameradschaften und dem Angebot von Freizeitmöglichkeiten konnten sie diese Jugendlichen für sich gewinnen. Der Erfolg der NPD in Sachsen kann somit zum Teil auch den Kameradschaften zugerechnet werden. (vgl. Röpke/Speit 2005, S. 190)
3. Kameradschaften
3.1. Organisation
Die Gründung der Kameradschaften war eine Reaktion auf die Verbotswelle von neonazistischen Vereinen Anfang der 90er Jahre. Um sich vor dem Zugriff des Staates besser schützen zu können, sammelten sich die Neonazis in losen Verbindungen, den „Kameradschaften“ oder auch „Freien Kameradschaften“. Vordergründig war hierbei nicht die Schaffung einer festen Organisation, sondern die Vernetzung von zersplitterten Gruppen und Aktivisten. (vgl. Grumke/Wagner 2002, S. 391)
Geleitet werden die Kameradschaften bis heute von langjährigen Neonazi-Kadern. Viele dieser Kameradschaften schließen sich für gemeinsame Aktionen in sog. ‚Kameradschaftsbündnissen’ oder auch ‚Aktionsbüros’ zusammen. Diese versuchen nicht nur die einzelnen Kameradschaften zu vernetzen, sondern sie organisieren auch überregionale Aufmärsche und bestimmen die ideologische Ausrichtung. (vgl. Bundesministerium des Innern 2004, S. 51) An der Spitze dieser Bündnisse stehen in Deutschland die Neonazis Christian Worch, Thorsten Heise und Thomas Wulff. Sie sind schon lange in der Neonazi-Szene aktiv und tragen durch ihre nachhaltige Ausstrahlung zum Erfolg des Modells der ‚Freien Kameradschaften’ bei. (vgl. Speit 2005, S. 21) Alle drei Neonazis gehörten vor der staatlichen Verbotswelle verschiedenen rechten Gruppierungen an. So war Heise der niedersächsische Landesvorsitzende der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und Wulff und Worch Spitzenfunktionäre der ‚Nationalen Liste’. Nach den Verboten 1995 waren es vor allem Wulff und Worch, die das Konzept der lokalen Kameradschaften entwickelten. Dieses Modell ist aufgrund des geringen Organisationsgrades für die zuständigen Behörden schwieriger zu verbieten. „Denn wenn kein Parteistatut, keine Mitgliederliste und keine Vereinskasse vorhanden sind, können auch die staatlichen Behörden kaum Verbote durchsetzen.“ (Speit 2005, S. 19) Dennoch kommt es hin und wieder zu Verboten von Kameradschaften. So wurde im Jahr 2000 der „Hamburger Sturm“ und 2004 die „Fränkische Aktionsfront“ verboten, da sie eine kämpferische Haltung gegen die freiheitliche Grundordnung und für den Nationalsozialismus aufwiesen. (vgl. Röpke/Speit 2005, S. 200)
Die Mitgliederzahlen in den einzelnen Kameradschaften variieren zwischen 5 und 20. Im Jahr 2001 waren 2.200 Neonazis in 150 solcher Gruppierungen eingebunden. (vgl. Grumke/Wagner 2002, S. 391) Dazu kommen noch zahlreiche Interessierte aus dem Umfeld. Gerade für Jugendliche ist das Organisationsmodell der Kameradschaften besonders attraktiv. Sie müssen nichts unterschreiben und gehen keine Verpflichtungen ein. Auch das Kameradschaftsleben ist für viele reizvoll. „Die jungen Leute sollten nicht mit langweiligem Parteileben genervt, sondern ungebunden nette Partys, spannende Aktionen und klare, selbst-
bewusste politische Bekenntnisse erleben.“ (Speit 2005, S. 19) Durch gemeinsame Besuche von Rechtsrock-Konzerten und gemeinsame Abende sollen sie leichter für eine ‚nationale Bewegung’ gewonnen werden. Das Ziel, die jungen Leute an lokale Gruppen zu binden, ist durch diese Aktionen erreicht worden. Die meisten Mitglieder sind daher mehrheitlich im Alter zwischen 18 und 35 Jahren. (vgl. Spiet 2005, S. 21)
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- Citation du texte
- Anonyme,, 2005, Rechte Kameradschaften und die NPD, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65013
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