Die Europäische Union 1 stellt in ihren alljährlichen Regelmäßigen Berichten über die Fortschritte Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt fest, dass Bulgarien den rechtlichen Rahmen zur Korruptionsbekämpfung kontinuierlich verbessert. Jedoch werden in jedem Bericht die stockenden Justizreformen, als grundlegendes Hindernis bei der Durchführung der Rechtsnormen angesehen und darauf verwiesen, dass Korruption nach wie vor ein ernsthaftes Problem darstellt. 2 Aufgrund dieser Feststellung und in anbetracht der Befürchtung, „dass die EU mit der Erweiterung nach Osten das Problem Korruption in nicht unerheblichem Umfang importiert“ 3 , ist es dringend geboten die Phase der Beitrittsverhandlungen, mit dem Ziel der Vollmitgliedschaft in die EU, als möglichen Garant für die Korruptionsbekämpfung in den Bewerberländer zu analysieren. Eine solche Analyse soll dazu beitragen die aktuellen Korruptionsdebatten auf die effektive und konstruktive Bekämpfung dieses Phänomens umzulenken. (In einem weiter unten aufgeführten Abschnitt wird explizit auf die EU-Politik zur Bekämpfung von Korruption eingegangen werden). In Anbetracht des voraussichtlichen EU-Beitritts Bulgariens im Jahr 2007, die immer noch hohe Korruption dort und der Beanstandung dieses Problems durch die EU, wird es die Aufgabe dieser Seminararbeit sein, anhand von Variablen eine mögliche Kausalität von EU-Osterweiterung und Korruptionsabbau politikwissenschaftlich zu analysieren und konkreter, sich auf die Fragestellung zu konzentrieren: In welchem Zusammenhang stehen die Phase der Beitrittsverhandlungen eines Bewerberlandes zur EU und Korruption in der staatlichen Administration der Kandidatenstaaten? Wobei zu beachten ist, dass bei dem in der Fragestellung implementierten Kausalnexus, das zu erklärende Phänomen, also die Korruption in der staatlichen Administration, als abhängige Variable betrachtet wird und die unabhängige Variable, also die Phase der Beitrittsverhandlungen eines Bewerberlandes als diejenige Phase, in der die notwendigen politischen, ökonomischen, rechtlichen und institutionellen Weichen für den EU-Beitritt gestellt werden, verstanden wird. [...]
Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung und Fragestellung
II. EU-Beitrittsverhandlungen – skizzierter Überblick
III. Institutionen
1. Definition
2. Institutionalisierung
IV. Korruption
1. Definitionsansatz
2. Herangehensweise und Thematisierung
3. Funktionsweise
3.1. Mechanismen von politischer Korruption
3.2. Zur institutionellen Korruption
4. Gründe für Korruption – allgemein
5. Politik der Europäischen Union zur Bekämpfung der Korruption
V. Politische Prozesse, Administration und Korruption
VI. Schlussbetrachtungen
VII. Quellen und Literatur
VIII. Anmerkungen
I. Einleitung und Fragestellung
Die Europäische Union[1] stellt in ihren alljährlichen Regelmäßigen Berichten über die Fortschritte Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt fest, dass Bulgarien den rechtlichen Rahmen zur Korruptionsbekämpfung kontinuierlich verbessert. Jedoch werden in jedem Bericht die stockenden Justizreformen, als grundlegendes Hindernis bei der Durchführung der Rechtsnormen angesehen und darauf verwiesen, dass Korruption nach wie vor ein ernsthaftes Problem darstellt.[2] Aufgrund dieser Feststellung und in anbetracht der Befürchtung, „dass die EU mit der Erweiterung nach Osten das Problem Korruption in nicht unerheblichem Umfang importiert“[3], ist es dringend geboten die Phase der Beitrittsverhandlungen, mit dem Ziel der Vollmitgliedschaft in die EU, als möglichen Garant für die Korruptionsbekämpfung in den Bewerberländer zu analysieren. Eine solche Analyse soll dazu beitragen die aktuellen Korruptionsdebatten auf die effektive und konstruktive Bekämpfung dieses Phänomens umzulenken. (In einem weiter unten aufgeführten Abschnitt wird explizit auf die EU-Politik zur Bekämpfung von Korruption eingegangen werden).
In Anbetracht des voraussichtlichen EU-Beitritts Bulgariens im Jahr 2007, die immer noch hohe Korruption dort und der Beanstandung dieses Problems durch die EU, wird es die Aufgabe dieser Seminararbeit sein, anhand von Variablen eine mögliche Kausalität von EU-Osterweiterung und Korruptionsabbau politikwissenschaftlich zu analysieren und konkreter, sich auf die Fragestellung zu konzentrieren: In welchem Zusammenhang stehen die Phase der Beitrittsverhandlungen eines Bewerberlandes zur EU und Korruption in der staatlichen Administration der Kandidatenstaaten? Wobei zu beachten ist, dass bei dem in der Fragestellung implementierten Kausalnexus, das zu erklärende Phänomen, also die Korruption in der staatlichen Administration, als abhängige Variable betrachtet wird und die unabhängige Variable, also die Phase der Beitrittsverhandlungen eines Bewerberlandes als diejenige Phase, in der die notwendigen politischen, ökonomischen, rechtlichen und institutionellen Weichen für den EU-Beitritt gestellt werden, verstanden wird. Hierbei werde ich in der Seminararbeit nur sehr kurz auf die unabhängige Variable eingehen und die intervenierende Variable – Institutionalisierung - knapp skizzieren. Die Hypothese, auf die diese Arbeit gründet, ist, dass die Phase der Beitrittsverhandlungen der Kandidatenländer in keinem kausalen Zusammenhang mit der Korruptionsbekämpfung in der staatlichen Verwaltung steht. Versteht man, im weitesten Sinne, unter Korruption den Missbrauch eines politischen Mandats zur Erlangung eines Vorteils für sich oder eines Dritten[4], so beruht die aufgeführte Annahme primär auf die Theorie, dass […] die Entstehung, Stabilisierung oder Veränderung von politischen Institutionen direkte und zeitlich unmittelbare Auswirkungen auf die Machtverhältnisse haben, was ein zirkulärer Prozess ist, in dem politische Kräfte versuchen werden, die Unsicherheit der politischen Ergebnisse durch eine optimale Gestaltung des Zugangs für sich selbst zu reduzieren und somit redistributive Institutionen entstehen, die die Position einer bestimmten politischen/ sozialen Gruppe oder Koalition auf Kosten einer anderen oder mehrerer anderer verbessern oder stabilisieren.[5]
Da in der Seminararbeit ein möglicher kausaler Zusammenhang der Phase der Beitrittsverhandlungen der Kandidatenländer und der Korruptionsbekämpfung analysiert werden wird, visiert diese bei der Untersuchung der Hypothese die Einzelfallstudie – Bulgarien – an.[6]
Aufgrund des Mangels an empirischen Erhebungen, die Korruption messen, ist ihre Operationalisierung schwierig. Deshalb sind für die Analyse der Hypothese
Indikatoren für die Objektivierung von Korruption aus anderen Sekundärquellen verwandt worden, wie etwa journalistische und politikwissenschaftliche Publikationen, periodische historische Faktenbücher und andere relevante nationale und internationale Quellen, die kritisch-analytisch wissenschaftlich exzerpiert und bearbeitet wurden.
II. EU-Beitrittsverhandlungen – skizzierter Überblick
Mit dem endgültigen Kollaps der kommunistischen Systeme Anfang der 1990er Jahre in den osteuropäischen Ländern, setzten im generellen parallel dazu ablaufende ökonomische, politische und gesellschaftliche Transformationsprozesse ein, die die Umgestaltung der staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Institutionen von zentralisierter Planwirtschaft hin zu funktionierender Marktwirtschaft, von einparteien-diktatorischen Systemen hin zu parlamentarischer Demokratie und die „Rückkehr nach Europa“[7] zum Ziel hatten. Diese Transformationsländer orientierten sich relativ schnell in Richtung Europäische Gemeinschaft und erhofften sich Wohlstand, Frieden, Freiheit, Sicherheit etc., durch einen möglichen Beitritt zu dieser.
Im Folgenden werde ich nicht auf die Genesis und den Etappen der EU-Osterweiterung eingehen sondern vielmehr versuchen, einen knappen Überblick der Beitrittsverhandlungen zu skizzieren.
Zunächst stellt der Beitritt suchende Staat einen Antrag an den Rat. Dieser nimmt ihn zur Kenntnis und leitet ihn an die Kommission weiter. Die Kommission ihrerseits erstellt eine Stellungnahme, die Bezug auf das Erfüllen bzw. Nichterfüllen der politischen Kriterien (Demokratie und Rechtstaatlichkeit; Menscherechte und Schutz von Minderheiten), der wirtschaftlichen Kriterien (Funktionsfähige Marktwirtschaft; die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten), der Fähigkeit, der sich aus dem gemeinsamen Besitzstand ergebenden Pflichten zu übernehmen und der Fähigkeit der EU sich zu erweitern. Danach beschließt der Rat einstimmig über die Aufnahme von Verhandlungen. Die Beitrittsverhandlungen werden als bilaterale Regierungskonferenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und dem einzelnen Bewerberland geführt. Die Verhandlungsführung liegt bei der EU-Ratspräsidentschaft, dem Verhandlungsrahmen unterliegen die 31 Kapitel des acquis communautaire (Landwirtschaft, Energie, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Justiz und Inneres etc.) und die Arbeitskontakte mit den Bewerberländern werden hauptsächlich von der Kommission unterhalten.[8]
Die Tatsache, dass jedes Bewerberland, um von der Verhandlungs- in die Ratifikationsphase überzutreten, die 31 Kapitel des gemeinsamen Besitzstands übernehmen muss, verdeutlicht die enormen politischen und wirtschaftlichen Anstrengungen, die diese Länder aufbringen müssen. D.h., es müssen, auch unter erheblichen innenpolitischen Druck, mehr oder weniger etablierte Praktiken und Verfahren modifiziert, Gesetze erlassen, geändert oder abgeschafft, die Administration und die dazu gehörenden Institutionen umstrukturiert und angepasst, nationale Strategien und Politiken zum Teil neu definiert werden u.a.
Folglich kann behauptet werden, dass die Phase der Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union, dieser der Transition respektive Transformation zumindest ansatzweise ähnelt. Die weitere Argumentation bei der Analyse der Hypothese, wird sich mitunter auf diese These stützen.
III. Institutionen
1. Definition
Versucht man Institutionen zu definieren, so kann man sich dabei ökonomischer, politikwissenschaftlicher, soziologischer oder auch anthropologischer Interpretationsansätze bedienen. Grob skizziert, sind Institutionen demnach Einrichtungen, die bestimmte Zwecke erfüllen und die soziales Handeln vermitteln. Sie stellen ein Ordnungsgebilde aus Richtlinien, Regeln, Verhaltensweisen und Beschränkungen dar, die die zwischenmenschlichen Beziehungen erleichtern, als Orientierung in der sozialen Umwelt und für die Aufrechterhaltung der Abläufe des gesellschaftlichen Lebens dienen sollen. Dementsprechend kann man behaupten, dass Institutionen die „Spielregeln einer Gesellschaft“[9] sind. Folglich sind politische Institutionen, seien das Parteien, Verfassungen oder ähnliches, der Regulator respektive Initiator staatlicher Ordnung, die durch konkret definierte Regeln zwar nicht vollständig politische Prozesse kontrollieren können, jedoch diese beeinflussen. Funktionierende, demokratische Institutionen, wohl gemerkt die „Pluralität von Institutionen“[10], sind es, die den Bestand von Gesellschaften, zum Teil auch die Prosperität und ein bestimmtes zivilisatorisches Niveau, und deren Stabilität auf Dauer gewährleisten und anhand derer man die Leistungsfähigkeit bzw. die Belastbarkeit von Gesellschaften ermitteln kann. Somit zeigen die Institutionen, in diesem Zusammenhang auch die politischen, die Konstruktion und die Beschaffenheit der inneren Strukturen einer Gesellschaft auf, also auch deren Rigidität bzw. Flexibilität. Demzufolge stellen in demokratischen Systemen, die institutionellen Kapazitäten und die genannte Mannigfaltigkeit von Institutionen ein Kriterium zur Bewertung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dar.
[...]
[1] Im Folgenden wird „Europäische Union“ auch als „EU“ bezeichnet werden.
[2] Vgl. dazu: Regelmäßiger Bericht über die Fortschritte Bulgariens auf dem Weg zum Beitritt 2000-2004
[3] Delhey, Jan, Korruption in Bewerberländern zur Europäischen Union, Berlin 2002
[4] Vgl. dazu: Dietz, Markus, Korruption - Eine institutionenökonomische Analyse, Berlin 1998
5 Vgl. dazu: Rüb, Friedbert W., Zur Funktion und Bedeutung politischer Institutionen in Systemwechselprozessen. Eine vergleichende Betrachtung. In: Systemwechsel 2
[6] Die Motivation für diese Arbeit ging von der Korruptionsproblematik in Bulgarien aus. Die Seminararbeit wird hieraus, ohne dieses Phänomen auf das Beitrittskandidatenland Bulgarien konkret zu fixieren, versuchen die Problematik zu generalisieren, aber auch nicht die Anwendbarkeit der Hypothese auf die anderen Kandidatenländer – Rumänien, Türkei, Kroatien – beanspruchen.
[7] Dauderstädt, Michael, EU-Osterweiterung: Wirkungen, Erwartungen und Interessen in den Beitrittsländern. In: Lippert, Barbara (Hrsg.), Osterweiterung der Europäischen Union – die doppelte Reifeprüfung, Bonn 2000
[8] Vgl. dazu: Lippert, Barbara, Erweiterung. In: Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang (Hrsg.), Europa von A bis Z, Bonn 2000
[9] North, Douglass C., Institutionen, institutioneller Wandel und Wirtschaftsleistung, Tübingen 1992
10 Merkel, Sandschneider, Segert (Hrsg.), Systemwechsel 2. Die Institutionalisierung der Demokratie, Opladen 1996
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