Trotz Schwierigkeiten, umweltrelevante Veränderungen direkt wahrzunehmen, scheint in der Bevölkerung Problembewusstsein für Umweltzerstörung hinblickend zukünftiger Generationen durchaus existent. Konkrete Handlungen richten sich allerdings in der Regel nicht danach und Diskrepanzen zwischen Bewusstsein und Verhalten sind in der psychologischen Forschung längst bekannt. In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, welche psychologischen Faktoren hierzu beitragen und Einfluss auf umweltgerechtes Verhalten, vor allem in Hinblick auf Erhaltung von Ressourcen und Sicherung von Lebensgrundlagen, nehmen können. Neuerer Ergebnisse werden dabei theoretisch diskutiert. Bei der Beschreibung der Einflüsse erfolgt kein Anspruch auf Vollständigkeit, die Weite dieser Problematik kann nicht erschöpft werden und der Schwerpunkt liegt auf einer ökopsychologischen Expertise.
Zuerst erfolgt eine Beschreibung des Begriffsfelds Umweltbewusstsein. Bezogen auf umweltgerechtes Verhalten wird der in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren aktuell gewordene Begriff der Nachhaltigkeit bzw. der nachhaltigen Entwicklung herausgestellt und in einem für den Kontext ausreichenden Umfang betrachtet, hinblickend schützenden Verhaltens natürlicher Grundlagen für zukünftige Generationen.
Anschließend werden differente Einflussfaktoren aufgezeigt und durch aktuelle, neuere Ergebnisse gestützt und diskutiert. Ausgewählte Theorien werden zur Erklärung herangezogen. Der Blick erfolgt zuerst auf demographische Variablen, welchen bereits in zahlreichen Untersuchungen nachgegangen wurde. Auf diese Variablen wird im Verlauf der Arbeit immer wieder verwiesen, auch um gezielt Individualität im nachhaltigen Verhalten herausstellen zu können. Danach wird der Zusammenhang zwischen Wissen und umweltgerechtem Verhalten geschaffen und die Bekanntheit des Leitbildes der Nachhaltigkeit aufgezeigt. Bevor ein Blick auf den Einfluss von Normen sowie der Betrachtung zukünftiger Folgen eigenen Tuns geworfen wird, stellt sich die viel diskutierte Frage der Abhängigkeit nachhaltigen Verhaltens von Einstellungen und Werten. Hierbei wird auf gesellschaftliche Wertmuster und den Lebensstil sowie die Lebensqualität explizit eingegangen. Diese Komponenten üben wesentlichen Einfluss auf umweltgerechtes Generationenverhalten.
Gliederung
1 Einleitung und Ausblick
2 Wissenschaftliche und ökopsychologische Zugänge zu umweltgerechtem Verhalten
2.2 Das Aufkommen des Begriffes der Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung
2.2.1 Individuelle Generationen-Nachhaltigkeit im Umweltverhalten
3 Einflüsse auf Generationen-Nachhaltigkeit In umweltgerechtem Bewusstsein und Verhalten
3.1 Soziodemographische Variablen in Zusammenhang mit individueller Nachhaltigkeit
3.1.1 Alter und Lebensphase bzw. Haushaltssituation
3.1.2 Bildungs- und Einkommenseffekte
3.1.3 Geschlechtsspezifik
3.2 Wissen beeinflusst Nachhaltigkeit
3.2.1 Bekanntheit des Nachhhaltigkeitsbegriffs
3.2.2 Engagement und Verantwortungsbewusstsein
3.2.3 Die Theorie des geplanten Verhaltens von Ajzen
3.3 Die Wirkung von Einstellungen und Werten auf eine
nachhaltige Entwicklung
3.3.1 Gesellschaftliche Wertmuster und Lebensstile
3.3.2 Wohlbefinden und Lebensqualität als wichtige Werte
3.4 Normen wirken auf Generationen-Nachhaltigkeitsbewusstsein in
umweltgerechtem Verhalten
3.4.1 Das Norm-Aktivierungs-Modell von Schwartz und dessen Ein- bettung in die Betrachtung zukünftiger Folgen eigenen Handelns
4 Einflüsse bedingen Diskrepanzen und Barriern
in Bezug auf nachhaltiges Umweltverhalten
4.1 Erklärung durch die Low-Cost-Hypothese
5 Ausblick
6 Resümee und Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung und Ausblick
Trotz Schwierigkeiten, umweltrelevante Veränderungen direkt wahrzu-nehmen, scheint in der Bevölkerung Problembewusstsein für Umwelt-zerstörung hinblickend zukünftiger Generationen durchaus existent. Konkrete Handlungen richten sich allerdings in der Regel nicht danach und Diskrepanzen zwischen Bewusstsein und Verhalten sind in der psychologischen Forschung längst bekannt. In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, welche psychologischen Faktoren hierzu beitra-gen und Einfluss auf umweltgerechtes Verhalten, vor allem in Hinblick auf Erhaltung von Ressourcen und Sicherung von Lebensgrundlagen, nehmen können. Neuerer Ergebnisse werden dabei theoretisch disku-tiert. Bei der Beschreibung der Einflüsse erfolgt kein Anspruch auf Voll-ständigkeit, die Weite dieser Problematik kann nicht erschöpft werden und der Schwerpunkt liegt auf einer ökopsychologischen Expertise.
Zuerst erfolgt eine Beschreibung des Begriffsfelds Umweltbewusstsein. Bezogen auf umweltgerechtes Verhalten wird der in diesem Zusammen-hang in den letzten Jahren aktuell gewordene Begriff der Nachhaltigkeit bzw. der nachhaltigen Entwicklung herausgestellt und in einem für den Kontext ausreichenden Umfang betrachtet, hinblickend schützenden Verhaltens natürlicher Grundlagen für zukünftige Generationen.
Anschließend werden differente Einflussfaktoren aufgezeigt und durch aktuelle, neuere Ergebnisse gestützt und diskutiert. Ausgewählte Theori-en werden zur Erklärung herangezogen. Der Blick erfolgt zuerst auf de-mographische Variablen, welchen bereits in zahlreichen Untersuchungen nachgegangen wurde. Auf diese Variablen wird im Verlauf der Arbeit immer wieder verwiesen, auch um gezielt Individualität im nachhaltigen Verhalten herausstellen zu können. Danach wird der Zusammenhang zwischen Wissen und umweltgerechtem Verhalten geschaffen und die Bekanntheit des Leitbildes der Nachhaltigkeit aufgezeigt. Bevor ein Blick auf den Einfluss von Normen sowie der Betrachtung zukünftiger Folgen eigenen Tuns geworfen wird, stellt sich die viel diskutierte Frage der Abhängigkeit nachhaltigen Verhaltens von Einstellungen und Werten. Hierbei wird auf gesellschaftliche Wertmuster und den Lebensstil sowie die Lebensqualität explizit eingegangen. Diese Komponenten üben we-sentlichen Einfluss auf umweltgerechtes Generationenverhalten.
Abschließend wird die Low-Cost-These zur Erklärung der aus psycholo-gischen Faktoren resultierenden Differenzen zwischen Bewusstsein und Verhalten in Bezug auf Generationen-Nachhaltigkeit herangezogen.
Im Ausblick wird auf die Suffizienz als eine Möglichkeit der Intervention hingewiesen. Durch ein Resümee wird die Arbeit abgeschlossen und werden Kerngedanken nochmals zusammengefasst.
2 Wissenschaftliche und ökopsychologische Zugänge zu umweltgerechtem Verhalten
Das Umweltbewusstsein ist zu einem aktuellen gesellschaftlichen Phänomen und westeuropäisch brisanten Thema herangewachsen. Die alltägliche Begiffsverwendung, die sich nach Katzenstein (2003) als unterschiedlich und situationsspezifisch erweist, sowie meist in Erschlie-ßung aus dem Gesprächs- oder Textzusammenhang in vorwiegend negativer Färbung ergibt, muss vom wissenschaftlichen Verständnis und Gebrauch abgegrenzt werden (vgl. Spada, 1990).
Eine einheitliche Vorstellung einer wissenschaftlichen Definition ist nach Homburg und Matthies (1998) jedoch nicht vorzufinden und das Kon-strukt Umweltbewusstsein findet sich in einer Vielzahl sozialwissen-schaftlicher Studien, ohne steter theoretischer Einbettung oder expliziter Definition (vgl. auch Fuhrer, 1997; Bamberg, 1996). Uneinigkeiten beste-hen nach Katzenstein (2003) u.a. in der Annahme des Umweltbewusst-seins als Werthaltung oder eindimensionale Einstellung. Ein abwärts ge-hender Trend der Bedeutung des Wissens im Zusammenhang mit dem Umweltbewusstsein ist zu verzeichnen (siehe Kap. 3.3; vgl. Kruse, 1995; Fietkau, 1984). Mehrere Konzeptualisierungen und Operationalisierungen zur Erfassung sind existent (z.B. Van Liere & Dunlap, 1980, Urban, 1991, Fietkau, 1984, Hines, Hungerford & Tomera, 1986/87, Stern, 1992, alle zitiert nach Fuhrer, 1995, S. 93-98; vgl. auch Fuhrer, 1997).
Innerhalb der Psychologie wird nach Homburg und Matthies (1998) zwischen umweltbewusstem, umweltschützendem und umweltrelevan-tem Verhalten differenziert. Als umweltbewusst kann ein Verhalten erst bezeichnet werden, wenn sich die handelnde Person über die Umweltre-levanz ihres Verhaltens, also über sämtliche Handlungen, die sich direkt oder indirekt, lokal oder global auf die Umwelt auswirken, im Klaren ist. Bei der Erhebung des Umweltbewusstsein, sowie der Differenzierung von Mehrkomponentenkonzepten und eindimensionalen Ansätzen bei den verschiedenen Erklärungsansätzen, erfolgt der Hinweis auf weitere Literatur (vgl. z.B. Katzenstein, 2003; Homburg & Matthies, 1998; Übersicht in Fischer, 2002, S. 13). Vorhandensein umweltgerechter Ein-stellungen wird durch die Befragung des deutschen UBA (2004) nachge-wiesen, oft entsteht jedoch eine Kluft zwischen Bewusstsein und Verhal-ten, es kann nicht zwangsläufig von einer positiven Korrelation dieser Variablen ausgegangen werden (vgl. Kap. 3.2.1; Kap. 4). Auf Reichert (1993, in Reichert & Zierhofer, 1993, S. 1-2) sei hierbei verwiesen, er definiert den Zusammenhang von Mensch und Umwelt, sowie die darin bestehende Problematik, als weit und komplex (siehe auch Kruse, 1995). Der Begriff umweltgerecht wird durch die folgende Beschreibung des Konstrukts Nachhaltigkeit nachvollziehbar (vgl. z.B. Nantke, 2002).
2.2 Das Aufkommen des Begriffes der Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung
In engem Zusammenhang mit umweltgerechtem Verhalten hat sich der Begriff der Nachhaltigkeit bzw. nachhaltigen Entwicklung in den letzten Jahren verbreitet (Nantke, 2002; UBA 2004). Ursprünglich aus der forst-wirtschaftlichen Diskussion des 18./19. Jhd. stammend, zur Sicherung der natürlichen Regenerationsrate bei Rodung des Waldes (vgl. z.B. Priewasser, 2003), tauchte der Begriff sustainable development in einem offiziellen Dokument erstmals 1980 auf, bei der Verkündung einer World Conservation Strategy zur dauerhaften umweltverträglichen Nutzung von Arten durch die World Conservation Union (IUCN), dem World Wildlife Fund (WWF) und dem United Nations Environment Programme (UNEP). „Zu einem Leitbild mit weltweiter Resonanz“, hält Reheis fest, „wurde die Idee der nachhaltigen Entwicklung durch die Umwelt- und Entwicklungs-Konferenz der UNO in Rio de Janeiro 1992“ (2005, S. 13).
Uneinigkeiten in Bezug auf die Begrifflichkeit von Nachhaltigkeit, begin-nend bei der Übersetzung aus dem Englischen, bestehen nach Ebling-haus und Stickler (1996) seit jeher. Trotz gewisser oberflächlicher Ähn-lichkeiten der Definitionen zeigen sich unterschiedliche Auffassungen in deren Details, es kommt zu mehrfacher Bedeutung, Verwendung und in-haltlicher Widersprüchlichkeit. Nachhaltige Entwicklung ist die mittlerwei-le im deutschsprachigen Raum am weitesten verbreitete und in der deutschen Fassung der Rio-Dokumente meist verwendete Übersetzung, neben anderen wie z.B. zukunftssicher, aufrechterhaltbar oder dauernd erhaltbar (vgl. auch Kuckartz, 2006; Vaterlaus, 1996). Unter Nachhaltig-keit wird dabei ein normatives Konzept zur Lösung internationaler Um-weltgefährdung diskutiert (Homburg & Matthies, 1998). Nachhaltigkeits-konzepte sollten nach Schachtschneider „sämtliche Bereiche mensch-licher Entwicklung integrieren und damit so etwas wie ein Strukturmodell einer nachhaltigen Gesellschaft aufzeigen“ (2005, S. 33). Reheis stellt fest, „das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung... zielt im Gegensatz zu früheren Umwelt- und Entwicklungskonzepten auf eine explizite Integra-tion von Ökologie, Okonomie und Sozialem“ (2005, S. 306, Hervorhe-bung v. Verf.) und betont einen nur in diesem Kontext diskutierbaren Um-gang mit der Natur. Argumente zur Integration der Psychologie in den Nachhaltigkeitsdiskurs bringen Cervinka et al. (2001). Auf eine dreifach notwendige Begrenzung hinsichtlich Raum, Zeit und Inhalt macht Vaterlaus (1996) aufmerksam und betrachtet das Konzept als einen Prozess. Ferner ist nachhaltige Entwicklung als regulative Idee zu verstehen (Bohnenschneider, 2003, S.1-3).
Theorien der Nachhaltigkeit stehen in unmittelbarer Beziehung zu Ge-rechtigkeit, beinhalten inter- und intragenerationelle Gerechtigkeit (vgl. Ott & Döring, 2004; Reheis, 2005). Gerechtigkeit wird, so Kuckartz (2006), innerhalb der nachhaltigen Entwicklung auf unterschiedlichen Ebenen charakterisiert. Einerseits versteht man darunter Gerechtigkeit zwischen armen und reichen Ländern, wie etwa Nord-Süd-Gerechtigkeit, anderer-seits Gerechtigkeit in der heutigen Gesellschaft im Zuge der auseinan-derklaffenden Entwicklung zwischen Armut und Reichtum, sowie Ge-rechtigkeit zwischen den Generationen, der Hinterlassung einer Welt mit gleichen Chancen und Ressourcen (vgl. auch Priewasser, 2003).
2.2.1 Individuelle Generationen-Nachhaltigkeit im Umweltverhalten
Zur individuellen Nachhaltigkeit zwischen Generationen existieren eben-falls mehrere Definitionen, eine frühe befindet sich in einem Bericht der Vereinigten Nationen, nachhaltige Entwicklung ist demnach eine Ent-wicklung, die „Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Be-dürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“ (1987, zit. nach Bohnenschneider, 2003, S. 1). Eine Beschreibung zum gesellschaftli-chen Verständnis von Generationen-Nachhaltigkeit liefern Meadows, Meadows und Randers: „Eine Gesellschaft ist dann nachhaltig, wenn sie so strukturiert ist und sich so verhält, daß sie über alle Generationen existenzfähig bleibt“ (1992, zit. nach Fuhrer & Wölfing, 1997, S. 17-18). Ein Nachhaltigkeitskonzept sei, so Ott und Döring (2004), in diesem Zu-sammenhang als Theorie gerechter Verteilung von Gütern zwischen Generationen zu spezifizieren und eine Generation darf nur so stark in die Umwelt eingreifen, dass sie Optionen künftiger Generationen nicht einschränkt (vgl. auch Priewasser, 2003). Fuhrer und Wölfing halten fest: „Die Zerstörung der Lebensgrundlagen widerspricht dem Recht auf Mitsprache von Millionen von Menschen, was ihr eigenes Schicksal betrifft“ (1997, S. 75). Ekardt (2005) betrachtet Generationengerechtig-keit unter philosophischem Blickwinkel (vgl. auch Ott & Döring, 2004). Der Mensch selbst wird von Preuss als größte Umweltkatastrophe beschrieben: „Die Vernichtung unserer Lebenswelt wird durch uns Menschen selbst herbeigeführt ... Denn wir sind die Verursacher all jeder Störungen im ökologischen Gefüge“ (1991, S. 13-14).
3 Einflüsse auf Generationen-Nachhaltigkeit in umweltgerechtem Bewusstsein und Verhalten
Vielschichtige psychologische Faktoren wirken auf individuelles Genera-tionenverhalten und können hemmend, auch destruktiv bei der Gewähr-leistung und Hinterlassung einer Welt mit gleichen Lebens- und Entwick-lungschancen sein. Nach verständniszusammenhängender Klärung des Begriffsfeldes werden einige diskutiert, auf internationale Niveauunter-schiede wird nicht näher eingegangen (vgl. Franzen & Meyer, 2004; Reicher & Zierhofer, 1993). Eine verlgleichende Betrachtung des Umwelt-verständnisses innerhalb der EU findet sich in Schleicher (1995).
3.1 Soziodemographische Variablen in Zusammenhang mit individueller Nachhaltigkeit
Zusammenhänge zwischen umweltschützendem Verhalten und soziode-
mographischen Variablen wurden, so Kals (1996), bereits zu einem frü-hen Forschungszeitpunkt untersucht, aus Gründen relativ problemloser Erfassung sowie dadurch, dass Ergebnisse zielführend zur segmentier-ten Förderung eingesetzt werden können und umweltpolitisch bedeut-sam sind (vgl. z.B. im Bereich der Verkehrsmittelwahl: Priewasser, 2003). Ergebnissen sind dabei nicht immer repräsentativ, differente Perspekti-ven von Personen bedingen ein komplexes Geflecht interpersoneller Ent-scheidungsprozesse am Weg zur konkreten Handlung (vgl. Urban, 1986; Hillenbrand, 1993, zit. nach Schahn & Giesinger, 1993). Ambivalente Bereitwilligkeit ist beim umweltbewussten Handeln festzustellen, u.a. durch eine unklare Generationen-Grenze.
3.1.1 Alter und Lebensphase bzw. Haushaltssituation
Trotz eines erkennbaren statistischen Zusammenhangs in einer großen Anzahl empirischer Untersuchungen zum Alter, das nach Urban (1986) meist als stärkste soziographische Determinatante ermittelt wurde, pos-tuliert sich dieser als uneinheitlich und insgesamt gesehen nicht allzu ausgeprägt in Bezug auf einzelne Variablen (vgl. auch Priewasser, 2003). Die meisten auf das Alter bezogenen Studien haben einen negativen Alterseffekt gefunden (vgl. z.B. Franzen & Meyer, 2004; Kals, 1996), welcher nach Franzen und Meyer eher „nicht als Alterseffekt, sondern als Kohorteneffekt interpretiert“ (2004, S. 122) werden muss.
In der Studie des UBA Deutschlands von 2004 zeigen sich keine über-wältigenden Altersunterschiede individueller Generationen-Nachhaltig-keit. Ab einem Alter von 30 Jahren lässt sich eine relativ gleichmäßige Verteilung feststellen, darunter zeigen sich unterdurchschnittliche Werte, gerade bei der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen. Umgekehrt verläuft diese Tendenz in Punkto Einstellungen zur Entdramatisierung (vgl. auch Kuckartz, 2006). Eine Studie zum Umweltbewusstsein Jugendlicher befindet sich in Fuhrer und Wölfing (1997, S. 133-157). Zum umweltge-rechten Verhalten von Schülern existieren, so Gebauer, vergleichsmäßig wenig Studien (Braun, 1983; Untersuchungen in der USA zum „Littering Behavior“: Reich & Robertson, 1979, Burgess et al., 1971, alle zit. nach Gebauer, 1995). Gebauer geht dem Umweltbewusstsein von Grundschü-lern nach, Kinder erzielten in einer Meta-Analyse von 17 Untersuchun-gen einen niedrigeren Wert im Umweltbewusstsein als Erwachsene (Hines, Hungerford & Tomera, 1986, zit. nach Gebauer, 1995). Auch von Kromer und Zuba (2000) werden mangelhaft vorhandene Daten konkre-ten Umwelthandelns, gerade im Kontext von Nachhaltigkeit, beobachtet und ihnen nach fehlt eine umfassende, sich vorwiegend mit der Zielgrup-pe der Jugendlichen befassende Studie im deutschsprachigen Raum. Sie halten fest, das Österreichische Institut für Jugendforschung sei bemüht, „einen vertiefenden Einblick über Umweltwissen und –handeln von jungen Menschen im Kontext der Nachhaltigkeit herauszuarbei-ten“ (S. 1). Altersgruppenspezifische Verhal-tenstendenzen, beginnend bei unmittelbarer Wahrnehmung ökologischer Bedrohungen in naher Umwelt, existieren demnach bereits bei 3- bis 10-Jährigen. „Je mehr Kinder und Jugendliche frühzeitig in einen Partizipationsprozess einge-bunden werden ... desto größer sind die Chancen auf ein bewusstes Umwelthandeln in späteren Jahren“ (S. 3).
Im Indikatorenbericht des österreichischen Bundesministeriums zur Nachhaltigkeit (2006) wird der Haushaltssituation Rechnung getragen. Der stete Rückgang von Großfamilien- bzw. überhaupt Familienhaus-halten wird dabei als eine Ursache für ein immer noch leicht steigendes Abfallaufkommen in Österreich, trotz Forcierung effektiver Maßnahmen, aufgezählt. Ein Aufkommen vermehrter Singlehaushalte führt zu Modifi-kationen im Kaufverhalten mit Tendenz zu abfallintensiverem Verhalten, wie etwa durch den Konsum portionierter Einwegmahlzeiten.
3.1.2 Bildungs- und Einkommenseffekte
Ein vermuteter Bildungseffekt bestätigt sich in den meisten empirischen Untersuchungen (Urban, 1986; Preisendörfer & Franzen, 1996, zitiert nach Franzen & Meyer, 2004, S. 119-137).
In dem Modell von Urban konnte die Länge der Schulzeit als „universell gültige soziodemographische Variable“ nachgewiesen werden, „je länger diese andauerte, umso stärker sollte sie die Ausprägungen der Umwelt-Variable positiv beeinflussen“ (1986, S. 374). Bezüglich Zustimmung zur Generationen-Nachhaltigkeit zeigt sich eine positive Korrelation mit der Schulbildung, besonders offensichtlich ist diese in Bezug auf die Einstel-lung zur Entdramatisierung (Kuckartz, 2006). Wissen über intragenera-tionale Umweltprobleme hängt zwangsläufig mit Schulbildung bzw. allge-meiner Ausbildung zusammen (vgl. Kap. 3.2). Schulbildung und infolge Einkommen sowie Berufsprestige werden meist als soziale Schichtung zusammengefasst und die Korellation der Höhe der sozialen Schicht mit umweltbewussten Einstellungen und Verhaltensweisen untersucht (vgl. Kals, 1996). Urban verweist auf das Wertwandel-Modell von Inglehart (1982, zit. nach Urban, 1986, S. 368), in diesem Wertvariationen auf-grund von Berufserfahrungen als Milieu-Effekte spezialisiert werden und als Verstärker von Kohorten-Effekten wirken. Das Ausmaß des Autover-kehrs etwa ist nach Beiträgen des deutschen UBA zur nachhaltigen Entwicklung (Nantke, 2002) auch heute noch stark schicht- und damit einkommensabhängig. Ein direkt bzw. einfach angenommener positiver Effekt von Einkommen und Wohlstand auf umweltgerechtes Verhalten scheint nach Kuckartz (2006) jedoch fraglich. Ein Ansatzpunkt ökologi-scher Gerechtigkeit tut sich nach Kuckartz neben der Rücksichtnahme auf folgende Generationen auch bei der Frage nach stärkerem Aussetz-en von Umweltbelastungen sozial Benachteiligter auf, etwa beim sich Leisten-Können von Bioprodukten als gesundheitsrelevanter Punkt.
3.1.3 Geschlechtsspezifik
Obwohl Untersuchungen zu demographischen Variablen eindeutige Er-gebnisse bezüglich der Geschlechtsspezifik liefern (Preisendörfer, 1999, zit. nach Weller, 2004, S. 38) hält Kals (1996) fest, dass erwartete theo-retische Zusammenhänge zwischen der Geschlechtsvariable und um-weltbewussten Einstellungen und Verhaltensweisen unterschiedlich sind. Geschlechtsneutralität im Umweltverhalten ist nicht festzustellen, jedoch kommt es selten zu expliziten Äußerungen bezüglich des Einflusses von Geschlechtsverhältnissen. Weller beschreibt diesen als eine Art „Subtext und „hidden curriculum“ zwischen den Zeilen“ (2004, S. 7). Geschlechts-differenzen individueller Nachhaltigkeit zeigen sich in verschiedenen Stu-dien, etwa bei Antworten über Recyclingbeteiligung oder im Konsumver-halten (Preisendörfer, 1999, Bodenstein et al., 1997, Döcker et al., 1994, alle zitiert nach Weller, 2004). Gerade die Risikowahrnehmung ist bei Frauen ausgeprägter. Sie nehmen meist die Versorgerrolle im Haushalt ein und sorgen „bei umweltbedingten Allergien für die richtige Ernähr-ung ... und/oder verhindern, dass ihre Kinder im Freien spielen, wenn die Schadstoffbelastung in der Luft zu hoch ist“ (Nantke, 2002, S. 21) (vgl. hierzu auch Kuckartz, 2006; Weller, 2004). Bereits Mädchen schnitten im individuellen Umweltverhalten besser ab als Jungen, wobei sich hin-sichtlich Informationsverhalten und umweltpolitischen Aktionen keine sig-nifikanten Unterschiede auftaten (Braun, 1984, zit. nach Gebauer, 1995). Mädchen zeigten auch stärkere Affekte gegenüber der Umweltzer-störung, handeln jedoch deshalb nicht automatisch umweltbewusster (Gebauer, 1995). Franzen und Meyer sehen ein höheres Umweltbe-wusstsein von Frauen unterschiedlich begründet, etwa in geschlechts-spezifischer Arbeitsteilung, in engerer Naturverbundenheit der Frauen aus biologischen Gründen oder in der geringeren Technikorientiertheit dieser. Ergänzend halten sie fest, dass Studien mit dem ISSP 1993 Zweifel an der Gültigkeit geschlechtsspezifischer Unterschiede für verschiedene Länder auftun (vgl. 2004, S. 123).
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- Arbeit zitieren
- Eva Wittmann (Autor:in), 2006, Einflussfaktoren umweltgerechten Verhaltens - im Hinblick auf neue Ergebnisse individueller Nachhaltigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64580
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