Diese Hausarbeit im Rahmen meines 1. Staatsexamens beschäftigt sich mit Theaterprojekten in der Grundschule. Zu diesem Thema wurde ich durch einen Artikel in einer Zeitschrift inspiriert, welcher sich mit der Inszenierung eines Musicals beschäftigte. Da sich mein Interesse mehr auf den Deutsch- als auf den Musikunterricht bezieht, war der Bogenschlag zum fächerübergreifenden Unterricht von Kunst und Deutsch schnell getan. Die Symbiose von geschriebenen, gelesenen oder gesprochenen Wörtern, der Kulisse, den Kostümen- und der davon erzeugten Stimmung erschaffen die Möglichkeit eines ganzheitlichen, ästhetischen Unterrichts in Form einer Theaterinszenierung, mit der ich mich im Folgenden beschäftigen werde.
Meine Informationsquellen sind eine Mischung aus Fachliteratur, eigenen Erfahrungen, einem Unterrichtsversuch und Gesprächen mit erfahrenen Fachleuten.
Mit dieser Arbeit möchte ich eine Art Leitfaden entwickeln, um dem Leser einen kleinen aber motivierenden Einblick in die Möglichkeiten und Vorgehensweisen des Theaters zu geben. Um diesen erwähnten Einblick zu schaffen beginne ich mit den Rahmenrichtlinien für den Kunst- und Deutschunterricht an der Grundschule, den fachspezifischen Problemen, möglichen Lösungen und schließlich den Vorteilen eines fächerübergreifenden Unterrichts dieser Fächer. Anschließend betrachte ich einige Arbeitsformen sowie Zielsetzungen des Theaters und ihre mögliche Verwirklichung. Nachdem ich dann einen Überblick über die verschiedenen Arten und Arbeitsweisen gegeben habe, komme ich zu den Möglichkeiten und der konkreten Planungen eines Theaterspiels in der Grundschule.
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einführung
1.1 Der Deutschunterricht
1.2 Der Kunstunterricht in der Schule heute
1.2.1 Das Problem der Organisation
1.2.2 Das Problem der vorzeigbaren Resultate
1.2.3 Das Problem der Ausbildung
1.3 Die Rahmenrichtlinien für das Fach Kunst
2 Arbeitsformen des Theaters in der Grundschule
2.1 Fächerübergreifender Unterricht
2.1.1 Entstehung der Unterrichtsfächer
2.1.2 Die Verwirklichung von fächerübergreifendem Unterricht
2.1.3 Die Vorteile
2.1.4 Fächerübergreifender Unterricht der Fächer Kunst und Deutsch
2.1.5 Das Einsetzen ästhetisch-künstlerischer Arbeitsformen im Kunst- und Deutschunterricht
2.2 Projektunterricht und projektorientierter Unterricht
2.2.1 Was ist Projektunterricht / projektorientierter Unterricht
2.2.2 Theater im Projektunterricht
3 Ziele des Theaters in der Grundschule
3.1 Ästhetische Bildung im Kindertheater
3.2 Kreativität
4 Theaterformen
4.1 Revue
4.2 Pantomime
4.3 Figurentheater
4.4 Schattentheater
4.5 Puppen- und Figurenspiel
4.6 Masken
5 Planung eines Theaterstücks
5.1 Organisation
5.2 Die Frage nach der Planbarkeit
5.2.1 Adaption einer Textvorlage
5.2.2 Theaterspiele aus Vorgabe von Konfliktsituationen
5.2.3 Erst die Figuren, dann die Geschichte
5.3 Die Wichtigkeit der Story
5.4 Bühne, Bühnenbild und Requisiten
5.4.1 Historik der Bühne
5.4.2 Die Bühne in der Schule
5.4.3 Das Bühnenbild
5.4.4 Exkurs: Unterrichtsversuch „Die Wirkung von Farben“
5.4.4.1 Beschreibung des Versuchs
5.4.4.2 Unterrichtsskizze
5.4.4.3 Ergebnisse Unterrichtssequenz "Farbcollage"
5.4.4.4 Ergebnisse Unterrichtssequenz "Bühnenbild"
5.4.4.5 Abschließende Gedanken zum Unterrichtsversuch
5.5 Text- und Szenenentwicklung
5.5.1 Improvisation
5.5.2 Anregungen durch Gegenstände
5.5.3 Ein Bild als Spielanlass
5.5.4 Ideen – und dann?
5.6 Proben und Aufführung
5.6.1 Proben Die Proben können unterteilt werden in Leseproben, Stellproben, Arbeitsproben, Durchlaufproben, Hauptproben und Generalprobe
5.6.2 Plakate und Eintrittskarten Aufführung
6 Fazit
QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS
Anhang
Interview Grundschule Stadtflur / Marlies Hölters
Interview Spreewald Grundschule / Monika Neumann
Gesprächsfaden Interview
Informationsbroschüre Spreewald Grundschule
1 Einführung
Diese Hausarbeit im Rahmen meines 1. Staatsexamens beschäftigt sich mit Theaterprojekten in der Grundschule. Zu diesem Thema wurde ich durch einen Artikel in einer Zeitschrift inspiriert, welcher sich mit der Inszenierung eines Musicals beschäftigte. Da sich mein Interesse mehr auf den Deutsch- als auf den Musikunterricht bezieht, war der Bogenschlag zum fächerübergreifenden Unterricht von Kunst und Deutsch schnell getan. Die Symbiose von geschriebenen, gelesenen oder gesprochenen Wörtern, der Kulisse, den Kostümen- und der davon erzeugten Stimmung erschaffen die Möglichkeit eines ganzheitlichen, ästhetischen Unterrichts in Form einer Theaterinszenierung, mit der ich mich im Folgenden beschäftigen werde.
Meine Informationsquellen sind eine Mischung aus Fachliteratur, eigenen Erfahrungen, einem Unterrichtsversuch und Gesprächen mit erfahrenen Fachleuten.
Mit dieser Arbeit möchte ich eine Art Leitfaden entwickeln, um dem Leser einen kleinen aber motivierenden Einblick in die Möglichkeiten und Vorgehensweisen des Theaters zu geben.
Um diesen erwähnten Einblick zu schaffen beginne ich mit den Rahmenrichtlinien für den Kunst- und Deutschunterricht an der Grundschule, den fachspezifischen Problemen, möglichen Lösungen und schließlich den Vorteilen eines fächerübergreifenden Unterrichts dieser Fächer. Anschließend betrachte ich einige Arbeitsformen sowie Zielsetzungen des Theaters und ihre mögliche Verwirklichung. Nachdem ich dann einen Überblick über die verschiedenen Arten und Arbeitsweisen gegeben habe, komme ich zu den Möglichkeiten und der konkreten Planungen eines Theaterspiels in der Grundschule.
1.1 Der Deutschunterricht
Der Deutschunterricht bietet zahlreiche Möglichkeiten Lesen und Schreiben zu vermitteln. Die Rahmenrichtlinien des Faches klären, dass es im Deutschunterricht um weitaus mehr gehen sollte, als nur Lesen und Schreiben zu lehren. Die Kinder sollen unter anderem Texte hören, lesen und vortragen, Texte kreativ verändern und schließlich zur Teilnahme am literarischen Leben geführt werden.[1] Diese Notwendigkeit wird durch die neuste Pisa-Studie untermauert, die belegt, dass sinnentnehmendes oder gar sinngestaltendes Lesen nicht gut vermittelt wurde.
Wie diese Anforderungen in einem fächerübergreifenden Unterricht von Kunst und Deutsch, durch Theaterspiele und Theaterprojekte erfüllt werden können, wird in den folgenden Kapiteln beschrieben.
1.2 Der Kunstunterricht in der Schule heute
Kunstunterricht ist wie jeder Unterricht, in jeder Schule und von Lehrer[2] zu Lehrer verschieden. Die Frage ist, ob der Kunstunterricht in all seinen Möglichkeiten genutzt wird und die Kinder in ihren kreativen und künstlerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten ausreichend gefördert werden. Im Folgenden möchte ich auf die aktuelle Situation des Kunstunterrichts, seine geringes Ansehen, die daraus resultierenden Probleme und mögliche Problemlösungen eingehen.
1.2.1 Das Problem der Organisation
Der Kunstunterricht hat in der Schule meist eine eher sekundäre Stellung im Curriculum. Er wird oft als eine Art Entspannungsunterricht hinter die primären Fächer wie Deutsch oder Mathe gelegt, weil es angeblich keiner großen Anstrengung bedarf ein wenig mit Farben und Pinseln umzugehen. Auch entfällt der Kunstunterricht schneller einmal als die anderen Fächer, weil ihm nicht die gebührende Wichtigkeit zugesprochen wird.
Diese Zustände lassen Verständnis für die ästhetisch-künstlerische Wichtigkeit des Kunstunterrichts vermissen und bedürfen einer Änderung.
Um dem Kunstunterricht einen angemessenen Platz im Unterrichtsablauf einzuräumen, ist es wichtig, den Kollegen die zahlreichen wertvollen ästhetischen Möglichkeiten und somit die Wichtigkeit des Kunstunterrichts vor Augen zu führen. Diese Möglichkeiten die der Kunstunterricht bietet, wie beispielsweise den fächerübergreifenden und projektorientierten Unterricht, die ästhetische Bildung, die Förderung von Sozialverhalten und der Kreativität, werde ich in den Kapiteln 2 und 3 näher beschreiben.
Das Verständnis der Eltern hingegen könnte durch einen Elternabend gefördert werden. Der Kunstunterricht darf
„(…) nicht den Eindruck erwecken, Kunst sei lediglich etwas Spielerisches, das keiner besonderen Kenntnisse und Anstrengungen bedürfe. Die Grundschule muss hingegen Fähigkeiten entwickeln und Kenntnisse vermitteln, die bei einem Schwinden der kindlichen Naivität in der Adoleszenz ein Vertrauen in die dann sicherlich in ihren Äußerungsformen gewandelten, aber nach wie vor vorhandenen kreativen und künstlerischen Kräfte stärkt.“[3]
Wichtig ist also das Vermitteln von Grundlagen die für die Ausbildung der ästhetischen und bildnerischen-kreativen Anlagen und Fähigkeiten nötig sind.[4] Zu dieser Überzeugung sollten auch die Eltern gelangen damit der Kunstunterricht im Allgemeinen einen höheren Stellenwert erreicht und um ebenso dem nun folgenden Problem entgegen zu wirken.
1.2.2 Das Problem der vorzeigbaren Resultate
Da Kinder oft bereits von den Kern- oder Lernfächern erschöpft sind, wenn sie in den Kunstunterricht kommen, neigen viele Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer dazu „Schnellkunst“[5] zu lehren. Es werden „künstlerische Projekte“ in Angriff genommen, welche leicht und schnell herzustellen sind und als ansprechend empfunden werden. Der Aspekt des ansprechenden Endproduktes geht auch sehr stark auf die Erwartungshaltung der Eltern zurück. Diese erwarten zu Ostern oder anderen Feiertagen beispielsweise Fensterbilder die typische Motive enthalten und einer gewissen „Norm“ entsprechen. Durch diese Erwartungen sind Lehrer oft bemüht, die Kinder im Kunstunterricht in eine Richtung zu leiten, die nicht mehr viel schöpferische Freiheit zulässt. Es wird oft bei fachfremden Lehrern, die Kunst unterrichten, auf vorgeschnittene Tonpapierteile, Schablonen und konkrete Vorgaben zurückgegriffen, die zwar den Eltern ein befriedigendes Mitbringsel ihrer Kinder garantiert, jedoch der Kreativität und der persönlichen künstlerischen Entwicklung des Kindes nicht förderlich sind.
Durch die allgemeine Förderung des Verständnisses für den Kunstunterricht (siehe: Das Problem der Organisation), sollte auch die Toleranz für kreative, individuelle Endprodukte der Kinder gestärkt werden. Meiner Meinung nach wird die Absurdität einiger Kunstprojekte dem aufmerksamen Betrachter bei einem Rundgang durch einige Grundschulen bewusst werden. Häufig ist es Usus, die entstandenen Endprodukte aus dem Kunstunterricht zur Gestaltung der Klassen- oder Flurwände zu nutzen. Bei genauer Betrachtung scheinen die Fensterbilder oder gemalten Bilder fast identisch zu sein. Die Vorgaben für die Kunstprojekte, welche häufig aus Vorlagen entnommen werden sind oftmals so konkret und vorgedacht, dass die Individualität und Kreativität der Kinder auf die Farbauswahl minimiert ist. Wenn nun die Kinder ihr einzelnes Bild mit nach Hause bringen sind die meisten Eltern vom Werk ihres Kindes begeistert, weil die Formen und Anordnungen ihrer Vorstellung entsprechen.
Es ist natürlich schwierig und auch nicht unbedingt notwendig immer auf solche Vorlagen zu verzichten, nur sollte man auch den Mut haben Neues auszuprobieren und sich auf die kindliche Sicht der Dinge einzulassen. Wenn diese Einstellung den Eltern sowie den Kollegen mitgeteilt wird hat der Kunstunterricht mehr Möglichkeiten dem Kind künstlerischen Freiraum und somit eine freiere Entwicklung im Sinne der Kreativität zu ermöglichen. Die Kinder sollen wie im freien Schreiben, die Möglichkeit haben, eigenen bildnerischen Farb- und Formenausdruck zu gewinnen.
1.2.3 Das Problem der Ausbildung
Abgesehen von den (durch die Geringschätzung des Kunstunterrichts des schulischen Umfelds geschaffenen) Schwierigkeiten mit denen der Kunstlehrer zu kämpfen hat, liegt bereits vorher in der Ausbildung der Fachlehrer ein tiefer liegendes Problem, welches Meike Aissen-Crewett in ihrem Buch Kunstunterricht in der Grundschule meiner Meinung nach treffend beschreibt.
„Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer werden in Sachen Kunst von den Hochschulen nicht immer angemessen ausgebildet. Oft genug wird die künstlerische Seite überbetont und die didaktische Seite vernachlässigt. Da kommen Praktikantinnen und Praktikanten, Referendarinnen und Referendare, Lehrerinnen und Lehrer in die Schule, die keine oder eine unzulängliche Vorstellung davon haben, wie man eine Stunde hält, wie man mit Schülerinnen und Schülern umgeht und ihnen den Zugang zur Kunst und zur ästhetisch-künstlerischen Betätigung verschafft, wie man die künstlerische Praxis, die man an den Hochschulen gelernt hat, in die Alltagstätigkeit des Kunsterzieherin und des Kunsterziehers umsetzt.“[6]
Die Lösung dieses Problems ist Sache der Hochschulen und außerdem im Rahmen dieser Hausarbeit nicht ausreichend zu bearbeiten. Meinerseits kann ich nur sagen, dass die Lehrer die ich im Laufe meines Studiums kennen gelernt habe, absolut hilfsbereit waren und mir hilfreiche Tipps und Einblicke in die Praxis des Kunstunterrichts gewährten und dadurch Defizite der Ausbildung ausgleichen.
1.3 Die Rahmenrichtlinien für das Fach Kunst
Die Rahmenrichtlinien für die Grundschule im Fach Kunst vom niedersächsischen Kultusminister sehen vor, dass die Behandlung der verbindlichen „Inhalte“ etwa 2/3 der zur Verfügung stehenden Unterrichtszeit erfordern sollte.[7] Somit ist 1/3 des Kunstunterrichts zur freien Verfügung des Lehrers. Das sich aber auch die verbindlichen, im Kunstunterricht zu vermittelnden Inhalte, sehr gut durch Theaterspiele vermitteln und abdecken lassen möchte ich im Folgenden herausstellen.
Unabhängig der Jahrgänge ist der Kunstunterricht der Grundschule in drei Bereiche unterteilt. Das „ Räumliche Gestalten“, das „Farbige Gestalten“ und die „Grafik“. Das „Räumliche Gestalten“ soll Gestaltungsformen beinhalten die dreidimensionalen Charakter haben.[8] „Der Bereich „Farbiges Gestalten“ umfasst die Arbeitsverfahren Collagieren, freies Malen und angewandtes Malen.“[9] Der dritte und letzte Bereich - die "Grafik“ stellt Ansprüche an die Ausbildung der Teilbereiche Handzeichnung, Druckgrafik und Schrift.[10]
Da ein Theaterprojekt in seinen Möglichkeiten, was die Einbringung von thematischen oder methodischen Ansprüchen angeht, nahezu unbegrenzt ist, ist die Rechtfertigung eines Theaterprojektes gegenüber den Rahmenrichtlinien nicht nur unproblematisch sondern fordert es sogar. Der Bereich des „Räumlichen Gestaltens“ findet seinen Platz in der Herstellung von Requisiten oder Bühnenbildern. Das „Farbige Gestalten“ kann in Form von Kostüm-, Bühnenbild- oder Plakatgestaltung stattfinden. Ebenso wie die Ansprüche an die grafische Entwicklung die besonders gut für die Entwicklung von Plakaten für die Ankündigung des Stückes oder für die Herstellung von Eintrittskarten verwendet werden kann.
Zur Bestätigung dieser Ansicht, möchte ich den hessischen Rahmenplan vergleichend hinzuziehen. Dieser enthält konkrete Vorschläge und Forderungen bezüglich der Kulturellen Praxis sowie des Darstellenden Spiels.[11]
„Darstellendes Spiel als prägnantes Beispiel für Kulturelle Praxis in der Grundschule verbindet sinnlich-körperliches Erleben mit kreativem Gestalten und sozialem und kognitivem Lernen. “[12] Weiter äußert der hessische Rahmenplan den Anspruch das Darstellende Spiel „…zu einem alltäglichen Element der unterrichtlichen Gestaltung werden zu lassen.“10 Im Bereich des Kunst-, Literatur- oder Musikunterrichts bietet das Darstellende Spiel den Kindern Möglichkeiten um Gedanken, Gefühlen und Vorstellungen Ausdruck zu verleihen. Auch wird an dieser Stelle die Entwicklung grundlegender Fähigkeiten wie Beobachten, Wahrnehmen sowie die sprachlichen, mimischen und körperlich-gestischen Mittel der Kinder durch das ständige Einbringen von Theaterspielen in den Unterricht, laut Rahmenplan gefördert.[13]
Die weiteren Vorteile des darstellenden Spiels liegen, laut der Verfasser des hessischen Rahmenplans, in der Kreativitätsförderung, dem Entwickeln von sozialen Fähigkeiten und den Möglichkeiten des fächerübergreifenden Unterrichts. Mit eben diesen Aspekten sowie weiteren Vorteilen und Möglichkeiten beschäftige ich mich im folgenden Kapitel.
2 Arbeitsformen des Theaters in der Grundschule
2.1 Fächerübergreifender Unterricht
2.1.1 Entstehung der Unterrichtsfächer
Der fächerübergreifende Unterricht hat in Deutschland eine Geschichte, die durch einige die „klassische“ Einteilung in Unterrichtsfächer bis heute manifestiert ist.
Erst im 19. Jahrhundert entstanden die „klassischen“ Schulfächer, die in gefächerter Form unterrichtet wurden. Diese Entwicklung wurde an der Wende des 19./20. Jahrhunderts durch die Reformpädagogik unterbrochen, welche unter anderem Forderungen Berthold Ottos nach Gesamtunterricht oder die Erkenntnis der Nützlichkeit von ungefächertem oder fächerübergreifenden Unterricht durch die Reformpädagogen Peter Petersen und Célestin Freinet beinhaltete.
Diese ungefächerte Form des Unterrichts war noch an den Volksschulen bis zu den 50er und 60er Jahren häufig vorzufinden, bis mit der Bildungsreform eine Veränderung eintrat: Die Betonung der Fachlichkeit allen Unterrichts.
Die strenge und wissenschaftliche Unterteilung der Unterrichtsfächer hält bis in die Schule der heutigen Zeit an. Allerdings entstanden Mitte der 80er Jahre erneut Gestaltungsformen für einen Unterricht, der stärker den Weltzugang und den Mittelpunkt der Kinder einbeziehen soll.[14]
2.1.2 Die Verwirklichung von fächerübergreifendem Unterricht
Die Forderungen aus den 80er Jahren sind in der Regel unter dem Stichwort des „Offenen Unterrichts“ zusammengefasst. Bei der Realisierung dieser Unterrichtsformen stößt man häufig auf das Problem der zeitlichen Gliederung des Schultages, die kaum eine abweichende Form des Unterrichts zulässt, sowie das Fachlehrerprinzip, welches die Organisation eines fächerübergreifenden Unterrichts erschwert.
Obwohl der fächerübergreifende Unterricht sogar Einzug in die Rahmenpläne fast aller Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland gehalten hat, findet man ihn häufig nur in Form von „Ersatzunterricht“, im Rahmen von Projektwochen oder als „Ausnahmeunterricht“.[15]
Bereits in den Rahmenrichtlinien des Niedersächsischen Kultusministers wird für den Kunstunterricht eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fächern empfohlen.[16]
Wie nützlich fächerübergreifender Unterricht grundsätzlich und in dem speziellen Fall eines Theaterprojektes sein kann, werde ich in den folgenden Abschnitten erläutern.
2.1.3 Die Vorteile
Die Schule soll Kinder lehren, Methoden und Fähigkeiten zu entwickeln, um Gegenwarts- und Zukunftsprobleme zu lösen, sowie aktiv ihre Lebensgestaltung in die Hand zu nehmen. Angesichts dieser Komplexität der Probleme bedarf es Mehrperspektivität die ein einzelnes Fach nur schwerlich erzeugen kann. Das Konzept des fächerübergreifenden Unterrichts bietet diesbezüglich mehr Möglichkeiten.[17]
Der grundsätzliche Vorteil dieses fächerübergreifenden Unterrichts liegt in dem Versuch, gewohnte Sichtweisen aufzubrechen und zu erweitern. Im herkömmlichen Unterricht in Form der einzelnen Fächer besteht eine mehr oder weniger klare Begrenzung des Faches und somit auch der Bearbeitungsmöglichkeiten. Es fehlt die Frage nach und Anschaulichkeit von Alternativen. Durch fächerübergreifenden Unterricht gewinnen die Schüler und Schülerinnen eine distanzierte Betrachtungsmöglichkeit aus der sie gewinnbringende Blicke auf die Wirklichkeit werfen können. Beispielsweise ein Thema aus dem Erdkundeunterricht könnte durch das Aufgreifen im Kunst- und Deutschunterricht eine weitergehende Erfahrung und effektiveres Lernen zur Folge haben.
In einem Aufsatz über Kreativität und fächerübergreifendes Lernen formuliert Ludwig Duncker die Annahme: „ Eine Erfahrungsorientierung des Unterrichts erfordert deshalb immer wieder die Entstrukturierung des Fächerbezugs.“ Bestätigung dafür findet man laut seiner Aussage in den Erfolgen jedes Projektunterrichts oder anderen offenen Lernformen.
Zu beachten sei allerdings, dass ein Projekt auch eine gewisse Systematik innehat, die es dem auf das Projekt folgenden Unterricht erlaubt, an die dort behandelten Inhalte anzuschließen. ( Was manchmal im „allzu offenen Unterricht“ vernachlässigt wurde)
Diese Forderung lässt sich bei einem Theaterprojekt sowie bei jedem anderen Projektthema meiner Meinung nach einfach erfüllen, da man mit etwas Einfallsreichtum Brücken zu jedem Thema schlagen kann und Kinder grundsätzlich gewonnene Erkenntnisse in ihr zukünftiges Handeln einbeziehen werden.
2.1.4 Fächerübergreifender Unterricht der Fächer Kunst und Deutsch
Von der Nützlichkeit; sogar der Verpflichtung eines fächerübergreifenden Unterrichts, besonders in der Symbiose mit dem Fach Kunst, weiß auch Meike Aissen-Crewett in ihrem Buch Kunst in der Grundschule.[18] Ihrer Meinung nach findet Lernen gerade dann am gründlichsten statt, wenn es ganzheitlich ist. Dies kommt, durch die eher unnatürliche Einteilung und die künstliche Bildung von Einheiten in Form von Schulfächern, zu kurz. Im Kunstunterricht sieht sie die „Basiserziehungen“ allen zu vermittelnden Wissens. „(…) die Fähigkeit, Symbole zu erkennen, diese zu unterscheiden und zu deuten, Phantasie und Kreativität zu entwickeln und diese nutzbar zu machen, die Wahrnehmung zu schärfen, Wesentliches zu erfassen.“ [19] Dies sind Fähigkeiten die im Kunstunterricht vermittelt werden sollten, und ebendiese Fähigkeiten sind dem Lernen in anderen Fächern förderlich. Aus dieser Erkenntnis heraus schlussfolgert sie, dass der Kunstunterricht das gesamte Curriculum durchziehen sollte.
Nun stellt sich die Frage, warum speziell eine Symbiose des Kunst- und Deutschunterrichts Sinn macht? Da wären zum einen die Ähnlichkeiten der Fächer, wie zum Beispiel die Tatsache, dass Kunst ebenso über ein Vokabular und eine Grammatik verfügt wie das Fach Deutsch. Dieses Vokabular des Kunstunterrichts besteht aus Elementen und Prinzipien der Gestaltung. Wie die Funktion der Grammatik für die Sprache, sind die Grundprinzipien einer Komposition für ein Kunstwerk.
Auch ist die Kunst eine Form der Kommunikation, ebenso wie die Sprache. Man muss lernen beides zu lesen, zu sprechen und zu erschaffen. Nehmen wir nur ein Beispiel aus der aktuellen Lebenswelt der Kinder: Wenn man nämlich einmal Computerspiele, Computerprogramme oder –animationen nach Text- und Bildanteilen analysiert, beherrschen die Bildanteile eindeutig die „Bildfläche“. Möchte ich also als Auszubildender in diesem Bereich arbeiten, habe ich nur eine Chance wenn Schule mir diese Ausdruckssprache vermittelt hat.
Wenn ein fächerübergreifender Unterricht auf Dauer schwer zu verwirklichen ist, ist zumindest die Integration von ästhetisch-künstlerischen Arbeitsformen dem Lernen in allen Fächern förderlich. Speziell das szenische Spiel belebt und bereichert die Unterrichtsstoffe.[20]
2.1.5 Das Einsetzen ästhetisch-künstlerischer Arbeitsformen im Kunst- und Deutschunterricht
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass manche zu unterrichtenden Inhalte von den Schülern besser behalten und mit mehr Enthusiasmus bearbeitet werden, wenn eben diese Inhalte nicht im Frontalunterricht durch den Lehrer einseitig vermittelt werden, sondern ein Erarbeiten aus verschiedenen Perspektiven, in verschiedenen Sozialformen und durch verschiedene Mittel erfolgt. Damit meine ich beispielsweise, im Deutschunterricht die Bearbeitung von Texten, nicht durch die eintönige und einseitige Vermittlung von Fakten, sondern das Erarbeiten und sinnliche Erfahren der Inhalte. (Stichwort: Lernen mit allen Sinnen)
Möglichkeiten der Bearbeitung von Texten im Kunst- und Deutschunterricht
Die Vorschläge die ich an dieser Stelle mache, habe ich zum einen in meinem Fachpraktikum an der Franz-Hecker-Schule im Deutschunterricht einer dritten Klasse selber durchgeführt zum anderen werde ich einige Ideen hinzufügen die ich in Praxisvorschlägen gelesen oder aus Erfahrungsberichten anderer Lehramtsstudenten aufgenommen habe.
Beispiele für den Umgang mit Texten
Kreuzworträtsel:
In Anlehnung an herkömmliche Kreuzworträtsel bearbeiten die Kinder Fragen und Buchstabenkombinationen und bekommen gleichzeitig Inhalte vermittelt. Ein Lösungswort erhöht den Ehrgeiz der Kinder. Dies könnte auch gut der Lernkontrolle der Inhalte eines im Rahmen des Unterrichts gelesenen Textes dienen.
Literatur vorstellen:
Die Kinder haben die Möglichkeit Inhalte von Büchern und Geschichten, die sie kennen, wiederzugeben und eine begründete Wertung vorzunehmen. Diese können den anderen Kindern als Empfehlung oder Warnung dienen.
Bibliotheksbesuch:
Auch der Deutschunterricht eignet sich zum Wahrnehmen außerschulischer Lernorte. Die Kinder erfahren beispielsweise wie in einer Bibliothek vorzugehen ist. Sie haben die Möglichkeit sich verschiedene Bücher anzusehen und auszuleihen. Alleine die Auswahl so vieler Bücher übt auf die meisten Kindern eine Faszination aus, die möglicherweise Anreiz zum (mehr) lesen bietet.
Bücherkiste:
Die Kinder legen mit eigenen und mit Büchern der Bibliothek eine Bücherkiste an. Diese kann ein bestimmtes Thema als Leitfaden haben wie beispielsweise Märchen oder Gedichte, oder es ist einfach eine Bücherkiste die der ständigen Verfügbarkeit von Literatur dient, der sich die Kinder nach Lust und Laune bedienen können. Dadurch erhalten die Kinder außerhalb des Unterrichts die Möglichkeit, sich weiter mit Literatur allgemein oder dem Thema, welchem die Bücherkiste gewidmet ist, zu beschäftigen und sich Bücher anzusehen oder zu lesen. Außerdem ist die Anwesenheit einer thematischen Bücherkiste visuell reizvoll und Kinder haben eine ständige reizvolle Erinnerung an das Thema.
Hörspiele:
Hier liegt der Schwerpunkt offensichtlich auf den auditiven Reizen. Die Kinder versuchen bei der Herstellung eines Hörspiels, Texten Charakter zu verleihen und lernen Texte zu interpretieren und in ein auditives Medium zu transferieren. Hier können die Kinder selbst verfasste oder vorgegebene Texte vertonen. Ebenfalls ist eine fächerübergreifende Kooperation mit dem Fach Musik durch musische Untermalung des Hörspiels nahe liegend. Im Kunst- und Werkunterricht können Instrumente gebastelt werden, die der Vertonung behilflich sind oder man gestaltet ein Kassettencover oder ein Plakat für das Hörspiel.
Das Aufnehmen von Hörspielen kann für Kinder besonderer Anreiz sein, welcher Abwechslung zum herkömmlichen Deutschunterricht bietet. Die Kinder könnten während des Hörspiels die Texte, die wiedergegeben werden, beispielsweise laut mitlesen.
Lieder:
Man lernt ein Lied zum Thema z. B. zum Thema Märchen, das Lied „Der Märchenprinz“[21]. Dies schafft eine musische Abwechslung mit Themenbezug.
Literatur im Kunstunterricht
man könnte…
- Figuren aus einer Geschichte malen:
Dieser Vorgang bedarf der genauen Betrachtung eines Textes. Das Kind muss verstehen was es liest um es visuell umzusetzen.
- Figuren gestalterisch (evtl. als Puppen) charakteristisch typisieren
- Orte aus den Geschichten als Impuls für die Malerei nehmen:
Beispielsweise Landschaftsbeschreibungen bieten einen guten Anlass um zu malen und erfordern ebenso eine intensive Auseinandersetzung mit dem Text der als Vorlage dient.
Der mögliche, fächerübergreifende Umgang im Kunst- und Deutschunterricht
Weitere Möglichkeiten, die Theaterspiele bieten, werde ich noch im weiteren Verlauf der Arbeit erläutern. Die nun folgenden Beispiele des Umgangs mit einem Thema, sollen nur „auf der Hand Liegendes“ vor Augen führen: Die problemlose Verknüpfung und damit einhergehende wechselwirkende Unterstützung von Methoden und Inhalten des Deutsch- sowie Kunstunterrichts.
Der fächerübergreifende Unterricht könnte einfach in der Kombination der Methoden der beiden Unterrichtsfächer bestehen. Beispielsweise ein Hörspiel, das im Deutschunterricht angefertigt wird, kann Grundlage sein um Figuren/Puppen zu bauen die nach dem Hörspiel handeln.
Denkbar ist auch die Entwicklung einer Bildergeschichte nach einem im Deutschunterricht gelesenen Märchen. Anders herum könnte eine im Kunstunterricht entworfene gemalte oder gestaltete Figur Anlass geben, um daraus eine Geschichte zu schreiben oder Texte für diese Figur zu verfassen.
Ich habe hiermit nur im Ansatz die Möglichkeiten (welche im Rahmen dieser Arbeit nicht in ihrer Unbegrenztheit erschöpfend aufgezeigt werden können) angedeutet um zu zeigen wie abwechslungsreich und wechselwirkend Literatur, Text und Sprache im fächerübergreifenden Unterricht bearbeitet werden kann.
Wie förderlich und empfehlenswert Projektunterricht und projektorientierter Unterricht allgemein und in Kombination mit einem Theaterprojekt ist, versuche ich im nächsten Abschnitt zu klären.
2.2 Projektunterricht und projektorientierter Unterricht
Zu erst einmal stellt sich die Frage: Was ist Projektunterricht? Wodurch zeichnet er sich aus? Um dann daraufhin zum Sinn und Zweck dieser Unterrichtsform allgemein und im Zusammenhang mit Theater in der Grundschule zu kommen.
2.2.1 Was ist Projektunterricht / projektorientierter Unterricht
Dagmar Hänsel stellt in ihrem Buch[22] zwei wichtige Positionen und daran geknüpfte Erwartungen an Projektunterricht nebeneinander dar. Natürlich gibt es zahlreiche disparate Meinungen zu diesem Thema. Die folgenden beiden Standpunkte sollen exemplarisch darstellen, welche Grundzüge Projektunterricht aufweisen sollte. Eine Position ist die von Karl Heinz Flechsig [23] der folgende Merkmale des Projektunterrichts unterscheidet:
„…
- Umweltbezug
- Problemorientierung
- Integration von Lernen und Handeln
- Fächerübergreifende Information
- Integration von kognitiven, sozialen, affektiven und motorischen Leistungen
- Produktherstellung
- Selbsttätigkeit der Lernenden …“ [24]
Herbert Gudjons [25] hingegen stellte andere Merkmale eines Projektunterrichts auf, und zwar:
„…
- Situationsbezug
- Orientierung an den Interessen der Beteiligten
- Selbstorganisation und Selbstverantwortung
- Gesellschaftliche Praxisrelevanz
- Zielgerichtete Projektplanung
- Einbeziehung vieler Sinne
- Soziales Lernen
- Interdisziplinarität…“ [26]
Einem Projektunterricht müssten laut Flechsig, Gudjons und Hänsel, alle dieser Merkmale zu Grunde liegen. Ein projektorientierter Unterricht sollte sich wenigstens einer dieser Merkmale bedienen. Wenn man also herkömmliche Unterrichte betrachtet, ist es wahrscheinlich, dass immer eines dieser Merkmale festzustellen ist und somit der Unterricht projektorientiert genannt werden kann. Um die Definition des „wirklichen“ Projektunterrichts klarer zu gestalten bedient sich Hänsel in ihren Ausführungen der Projektmethoden von Karl Frey [27], welche die Vorgehensweise und den Ablauf eines Projektunterrichts beschreiben.
„…
1. Projektinitiative
2. Auseinandersetzung mit der Projektinitiative (Projektskizze)
3. Gemeinsame Entwicklung des Betätigungsgebietes (Projektplan)
4. Projektdurchführung
5. Beendigung des Projekts
6. Fixpunkte
7. Metainteraktion …“ [28]
Frey definiert den Projektunterricht bei beliebigem Thema durch die besondere Art und Weise der Bearbeitung. Eine Reduzierung auf die eine (nach Flechsig oder Gudjons) oder andere (nach Frey) Definition von Projektunterricht ist nicht möglich, sondern die Gesamtheit – also die Merkmale sowie die Methoden, bestimmt, ob Unterricht als Projektunterricht angesehen wird.
2.2.2 Theater im Projektunterricht
Wichtig für diese Arbeit ist nun, inwieweit Projektunterricht mit einem Theaterprojekt zu vereinbaren ist. Um dieses darzustellen, betrachte ich die unter Punkt 2.2.1 zitierten Merkmale und ihre Erfüllung durch verschiedene Aspekte des Theaters.
Bestätigungen dieser Möglichkeiten die Theater bietet, werde ich außerdem im Laufe der Arbeit genauer klären.
Der Bezug zur Umwelt der Kinder ist bei jeglichen Theaterspielen gegeben, da die Kinder im improvisierten Spiel immer ihre Erfahrungen und Meinungen ihrer persönlichen Umwelt mit einbringen. Außerdem ist es leicht Themen für Theaterspiele zu wählen, welche eben diese Umwelt der Kinder besonders stark einbeziehen können. Dadurch wird auch eine gesellschaftliche Praxisrelevanz erreicht und den Prozess des sozialen Lernens angeregt. Dies geschieht unter anderem durch das Probehandeln [29] dass durch Theaterspiele ermöglicht wird. Die Kinder haben die Gelegenheit spielerisch Konflikte und deren Lösung zu durchleben und daraus zu lernen. Somit ist auch die Integration von Lernen und Handeln gegeben.
Die Kongruenz der Forderung nach Integration kognitiver, sozialer, affektiver, motorischer Leistungen sowie die Einbeziehung vieler Sinne und den ästhetischen Möglichkeiten des Theaters werden von mir im nächsten Kapitel unter Punkt 3.1 näher erläutert.
Die Interdisziplinarität ist offensichtlich bei der Komplexität welche die Inszenierung eines Theaterstückes hat. Es besteht aus der Ideenfindung, der Textproduktion, dem Schauspiel sowie den gestalterischen Aktivitäten für Bühnenbilder und Kostüme. Außerdem bietet ein Theaterprojekt ausgezeichnete Möglichkeiten um fächerübergreifend zu agieren. (Vgl. Punkt 2.1)
Die Kinder können mehr oder weniger mit in den Entwicklungsprozess eines Theaterstückes einbezogen werden womit auch die Selbsttätigkeit der Kinder gewünscht reguliert werden kann. Letztendlich bildet die Theateraufführung zum einen eine ständige und konkrete Zielorientierung und ein Endprodukt.
Insgesamt ist die Produktion eines Theaterprojektes in meinen Augen prädestiniert für die Durchführung von Projektunterricht an der Grundschule.
3 Ziele des Theaters in der Grundschule
3.1 Ästhetische Bildung im Kindertheater
Die Grundmaxime der ästhetischen Bildung bestehen darin, dass „(…) Menschen Handlungsweisen besser verstehen, wenn sie sie selbst vollzogen haben und Gedanken, Vorstellungen und Handlungsentwürfe vollkommener begreifen, wenn sie an ihrer Formulierung beteiligt waren. (…)“[30]
Die Überlegung über den Nutzen oder die Notwendigkeit von Kindertheater beginne ich mit einer Betrachtung der Kinder- und Jugendkultur. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist eine Entwicklung einer Kinder- und Jugendkultur zu beobachten. Jede Generation versucht sich laut des Pädagogen Siegfried Bernfelds durch „eigene Interessen und Ideale, ja eine eigene Sprache und Gesittung zu schaffen“[31]. Das Ausmaß der Jugendkultur hat mittlerweile die Erwachsenen als alleinige Repräsentanten der Wirklichkeit verdrängt. Der Unterschied zu Früher liegt darin, dass „(…) alle Generationen heute gleichermaßen vor einer Wirklichkeit (stehen), die sie vorwiegend nur medial erleben, die ihnen aus zweiter Hand gegeben wird. (…) Damit hat die Eigenständigkeit einer >>Jugendkultur der Jugend<< ihr Ende erreicht.“[32] In dieser von den Medien geprägten – oder gar diktierten, wenn man dem Absender des oben verwendeten Zitats zustimmt, Jugendkultur, gibt es ein fast ausschließliches Interesse für die, den Alltag der Kinder beherrschenden Medien wie Fernsehen, Internet, Video oder Computerspiele. Hier ist es nun wichtig den Kindern eine Gegen- bzw. Antikultur zu bieten.[33] Nun muss man sich erst einmal die Frage stellen, welche Möglichkeiten und Ziele das Kindertheater haben kann und eventuell haben sollte. Oft wird versucht Kindertheater wie Fernsehen zu gestalten - quasi Fernsehen, nur live. Dies äußert sich beispielsweise in der Annäherung der Theaterdramaturgie an die Schnittdramaturgie von Filmen und Videoclips. Das Theater kann aber gar nicht ästhetisch mit den elektronischen Medien konkurrieren – sollte es auch gar nicht, da der Wert des Theaters nicht in der Fernsehimitation liegt.[34] Schließlich ist die Kultur des darstellenden Spiels viel älter als diese.
Aber was ist dann der Sinn und Zweck des Theaters, welcher die Fortführung von Projekten des Kindertheaters begründet?
Bereits Erich Kästner forderte 1946 im Feuilleton-Teil der „Neuen Zeitung“ die Einrichtung eines ständigen Kindertheaters in jeder größeren Stadt.[35] Diesen Aufruf verfolgt er viel Jahre hindurch. Ziemlich detailliert schildert Kästner, wie dieses Theater von Kindern für Kinder aussehen soll. Eine komplette theatralische Kinderwelt soll durch diese Kindertheater erschaffen werden. Eine Welt in der Theaterstücke entworfen werden, Bühnenbilder hergestellt, geschauspielert und musiziert wird.
Mit dem enormen Anwachsen der Medienlandschaft haben sich zwar die Voraussetzungen von Damals verändert, der Anspruch und die Erwartungen an das Kindertheater sind die gleichen geblieben. Das Theater soll dem dialogischen Umgang und dem freien Gebrauch von Gestus, Mimik und Wort alle Türen öffnen.[36]
„(…) Unterhaltung im Theater ist gekoppelt an Sinnproduktion im sinnlichen Erleben seiner Zuschauer – was das Fernsehen für sich nicht in Anspruch nehmen kann. (…) Theater kann jeden Ort zu jeder Zeit in eine theatralische Situation verwandeln. Es bedarf nur eines Spielers und eines Zuschauers. So wird das Theater zu einem einmaligen Versuchsort für Verkörperungsentwürfe und Ausdrucksformen, zu einem Bilderort der Sinne, Gefühle, Wünsche und der Persönlichen wie sozialen Beziehungen der Menschen untereinander.“[37]
Ebendiesen Vorteil sieht auch Monika Neumann[38] im Theater an der Grundschule. Meistens sind die Themen der Theaterinszenierungen Konflikte aus dem Umfeld der Kinder. Bereits während des Entwicklungsprozesses des Theaterstückes wie beispielsweise der Textentwicklung durch Improvisation (Kapitel 5.5.1) haben die Kinder die Möglichkeit in spielerischer Art und Weise auf vorgegebene Situationen und sich daraus entwickelnde Umstände zu reagieren. Dies fördert unter anderem die soziale Kompetenz der Kinder.
Die Kinder sollen „(…) die Freiheit haben, eigene und fremde Fiktionen zu entwerfen und zu verwerfen, auch Luftschlösser der Phantasie so weit zu bauen, daß diese auf den Brettern der Bühne vor dem Zuschauer standhalten, diese Kernforderung bleibt als Maxime gültig.“[39]
Eine weitere weniger tiefgehende Zielsetzung ist die, dass der Unterricht vieler Fächer durch ein Theaterprojekt belebt und bereichert werden kann. Das Wort im Deutschunterricht bekommt beispielsweise bei der Textentwicklung mehr Spannung und Greifbarkeit. Die Arbeiten im Kunstunterricht werden Teil eines wichtigen, großen Ganzen wie zum Beispiel bei der Herstellung von Bühnenbildern, Kulissen oder Requisiten.
3.2 Kreativität
Der Bergriff der Kreativität >>creativity<< wurde von dem amerikanischen Psychologen J.P. Guilford eingeführt, der damit eigene sowie andere, unabhängig voneinander betriebene und in der Tendenz unterschiedliche amerikanische Forschungsrichtungen in einem Begriff zusammenfasste.[40]
In einem Vortrag den J.P. Guilford 1950 als Präsident der American Psychological Associoation hielt, nennt er Tätigkeiten die kreativem Verhalten zugrunde liegen. Diese Tätigkeiten wie beispielsweise Entdecken, Entwerfen, Erfinden, Planen und Ordnen sind Arten des Verhaltens die nach Guilford, wenn sie in bemerkenswertem Grade aufzuweisen, ein Indikator für Kreativität eines Menschen sind.[41]
[...]
[1] Vgl. Niedersächsischer Kultusminister (Hg.): Rahmenrichtlinien für die Grundschule, Deutsch, Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1984.
[2] Im Rahmen dieser Arbeit, wird zu Gunsten der besseren Lesbarkeit, auf eine maskuline und feminine Personenzuschreibung verzichtet.
[3] Aissen-Crewett, Meike: Kunstunterricht in der Grundschule, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig 1992, S.13.
[4] Vgl. ebendiese S.15.
[5] ebendiese S.11.
[6] Aissen-Crewett, Meike: Kunstunterricht in der Grundschule, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig 1992, S. 11.
[7] Vgl. Der Niedersächsische Kultusminister (Hg.): Rahmenrichtlinien für die Grundschule, Kunst, Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover 1985, S. 7.
[8] Vgl. ebendieser, S. 8.
[9] Ebendieser, S. 9.
[10] Vgl. Der Niedersächsische Kultusminister (Hg.): Rahmenrichtlinien für die Grundschule, Kunst, Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover 1985, S. 10.
[11] Vgl. Hessisches Landesinstitut für Pädagogik (HeLP) (Hg.): Ängstlicher Riese und mutige Maus. Darstellendes Spiel in der Grundschule, HeLP, Wiesbaden 2000, S. 142 ff.
[12] Hessisches Landesinstitut für Pädagogik (HeLP) (Hg.): Ängstlicher Riese und mutige Maus. Darstellendes Spiel in der Grundschule, HeLP, Wiesbaden 2000, S. 145.
[13] Vgl. Hessisches Landesinstitut für Pädagogik (HeLP) (Hg.): Ängstlicher Riese und mutige Maus. Darstellendes Spiel in der Grundschule, HeLP, Wiesbaden 2000, S. 145.
[14] Vgl. Stübig, Frauke (Hg.): Zur Wirksamkeit von fächerübergreifendem Unterricht. Eine empirische Untersuchung der Sicht von Schülerinnen und Schüler, kassel university press GmbH, Kassel 2002, S. 13.
[15] Vgl. Stübig, Frauke (Hg.): Zur Wirksamkeit von fächerübergreifendem Unterricht. Eine empirische Untersuchung der Sicht von Schülerinnen und Schüler, kassel university press GmbH, Kassel 2002, S. 13.
[16] Vgl. Der Niedersächsische Kultusminister (Hg.): Rahmenrichtlinien für die Grundschule, Kunst, Schroedel Schulbuchverlag GmbH, Hannover 1985, S. 8.
[17] Vgl. Stübig, Frauke (Hg.): Zur Wirksamkeit von fächerübergreifendem Unterricht. Eine empirische Untersuchung der Sicht von Schülerinnen und Schüler, kassel university press GmbH, Kassel 2002.
[18] Aissen-Crewett, Meike: Kunstunterricht in der Grundschule. Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig 1992.
[19] Ebendiese S. 16.
[20] Breitig, Renate; Neubauer, Simone: Schülertexte szenisch spielen. Grundschul-Theater bei den „Musischen Wochen“ in Berlin, in: Kindertheater aktuell in GRUNDSCHULE und PRAXIS GRUNDSCHULE, November 1996.
[21] „Der Märchenprinz“ Text und Musik von Gerhard Schöne.
[22] Hänsel, Dagmar (Hg.): Das Projektbuch Grundschule, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1986.
[23] Prof. Karl-Heinz Flechsig unterrichtet Interkulturelle Didaktik in Göttingen.
[24] Hänsel, Dagmar (Hg.): Das Projektbuch Grundschule, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1986, S. 17.
[25] Prof. Dr. Herbert Gudjons unterrichtet an der Universität Hamburg im Fachbereich Erziehungswissenschaft.
[26] Hänsel, Dagmar (Hg.): Das Projektbuch Grundschule, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1986, S. 17.
[27] Prof. Dr. Dieter Frey, Dipl.-Psych., lehrt Sozial- und Wirtschaftspsychologie an der Ludwig-Maximilian-Universität München.
[28] Hänsel, Dagmar (Hg.): Das Projektbuch Grundschule, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1986, S. 20.
[29] Vgl. im Anhang: Interview in der Spreewaldgrundschule / Monika Neumann
[30] Richter Reichenbach, Karin-Sophie: Ästhetische Bildung. Grundlagen ästhetischer Erziehung, Shaker Verlag, Aachen 1998, S. 221.
[31] Vgl. Schneider, Wolfgang (Hg.): Grimm & Grips 1. Jahrbuch für Kinder- und Jugendtheater 1987/88, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1987, S. 55.
[32] Schneider, Wolfgang (Hg.): Grimm & Grips 1. Jahrbuch für Kinder- und Jugendtheater 1987/88, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1987, S. 56.
[33] Vgl. im Anhang: Interview an der Spreewald Grundschule / Monika Neumann.
[34] Vgl. Schneider, Wolfgang (Hg.): Grimm & Grips 1. Jahrbuch für Kinder- und Jugendtheater 1987/88, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1987, S. 59.
[35] Vgl. Doderer, Klaus: Ein ständiges Kindertheater in jeder größeren deutschen Stadt!. Erich Kästners Forderung von 1946 in: Kindertheater aktuell in GRUNDSCHULE und PRAXIS GRUNDSCHULE, November 1996.
[36] Vgl. ebendiese.
[37] Schneider, Wolfgang (Hg.): Grimm & Grips 1. Jahrbuch für Kinder- und Jugendtheater 1987/88, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1987, S. 59 f.
[38] Vgl. im Anhang: Interview der Spreewaldgrundschule / Monika Neumann.
[39] Doderer, Klaus: Ein ständiges Kindertheater in jeder größeren deutschen Stadt!. Erich Kästners Forderung von 1946 in: Kindertheater aktuell in GRUNDSCHULE und PRAXIS GRUNDSCHULE, November 1996 S. 2.
[40] Vgl. Guilford, J.P.: Kreativität, in: Ulmann, Gisela (Hg.): Kreativitätsforschung, Neue Wissenschaftliche Bibliothek Psychologie, Kiepenheuer & Witsch, Köln 1973.
[41] Vgl. ebendieser, S. 26.
- Citar trabajo
- Cathrin Weerning (Autor), 2004, Umsetzung von Theaterprojekten in der Grundschule, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64464
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