Welcher Prozess führt dazu, dass beim Gang durch den Supermarkt ein Produkt gekauft wird, ein anderes jedoch nicht? Warum fällt es so viel schwerer, sich für ein neues Auto zu entscheiden, als für ein neues Waschmittel? In ihrer Arbeit über „Entscheidungs-Wellen“ unterteilen Lye, Shao, Rundle-Thiele und Fausnaugh (2005) die verschiedenen Entscheidungstheorien nach Forschungsansätzen in normative, behavioristische und naturalistische Theorien. Auf Grundlage dieser Unterscheidung sollen die verschiedenen Ansätze hier vorgestellt und diskutiert werden. Alle drei beschäftigen sich mit der Frage, welche Vorgänge im Organismus letztlich zur Kaufentscheidung führen, nähern sich dem Problem aber auf unterschiedliche Weise. Anhand wesentlicher Aspekte soll im Rahmen dieser Hausarbeit ein Eindruck über Stärken und Schwächen der Theorien und Modelle vermittelt werden. Die vorgenommene Kategorisierung soll dabei eine inhaltliche Entwicklung aufzeigen, die einen Ausblick auf die mögliche Richtung zukünftiger Forschungsarbeiten in der Entscheidungstheorie gibt. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Normative Entscheidungstheorie
2.1. Rationalität
2.2. Dominanz
2.3. Erwartungsnutzentheorie
3. Behavioristische Entscheidungstheorie
3.1. Deskriptiver Ansatz und Kritik an rational choice
3.2. Entscheidungsziele
4. Naturalistische Entscheidungstheorie
4.1. Image-Theory
4.2. Entscheidungsprozess
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
1. Einführung
Welcher Prozess führt dazu, dass beim Gang durch den Supermarkt ein Produkt gekauft wird, ein anderes jedoch nicht? Warum fällt es so viel schwerer, sich für ein neues Auto zu entscheiden, als für ein neues Waschmittel? In ihrer Arbeit über „Entscheidungs-Wellen“ unterteilen Lye, Shao, Rundle-Thiele und Fausnaugh (2005) die verschiedenen Entscheidungstheorien nach Forschungsansätzen in normative, behavioristische und naturalistische Theorien. Auf Grundlage dieser Unterscheidung sollen die verschiedenen Ansätze hier vorgestellt und diskutiert werden. Alle drei beschäftigen sich mit der Frage, welche Vorgänge im Organismus letztlich zur Kaufentscheidung führen, nähern sich dem Problem aber auf unterschiedliche Weise. Anhand wesentlicher Aspekte soll im Rahmen dieser Hausarbeit ein Eindruck über Stärken und Schwächen der Theorien und Modelle vermittelt werden. Die vorgenommene Kategorisierung soll dabei eine inhaltliche Entwicklung aufzeigen, die einen Ausblick auf die mögliche Richtung zukünftiger Forschungsarbeiten in der Entscheidungstheorie gibt.
2. Normative Entscheidungstheorie
Die normative oder rationale Entscheidungstheorie geht auf von Neumann und Morgenstern (1944) zurück, die in ihrem Buch „Theory of Games and Economic Behaviour“ u.a. Arbeiten von Bernoulli aufgriffen, weiterentwickelten und in ein allgemeines theoretisches Konzept brachten. Der Begriff „normativ“ impliziert die Beschreibung eines Soll-Verhaltens. Anhand einiger grundlegender Axiome wird ein Entscheidungsmodell entwickelt, das zunächst keinen Anspruch darauf erhebt, dem tatsächlichen Entscheidungsverhalten zu entsprechen. Da dies natürlich das langfristige Ziel ist, gab und gibt es immer wieder Erweiterungen und Anpassungen des Modells. Der so beschriebene Mensch wird nach Pareto (1906) auch als „Homo Oekonomicus“ bezeichnet.
Der Homo Oekonomicus ist ausschließlich an der Maximierung seines Nutzens interessiert und handelt somit rein egoistisch. Seine Entscheidungen sind dabei auf ein Rationalitätskonzept gestützt, das sich mathematisch formulieren lässt und auf den Grundsätzen der Logik beruht. Kern dieser Rationalität ist die Annahme, dass es feste und klare Präferenzen gibt und dass sich unsichere Ereignisse in Wahrscheinlichkeiten ausdrücken lassen (Brown, 2005). Aufgrund dieser Rationalitätspostulate, die im Folgenden näher beschrieben werden, spricht man im Zusammenhang mit der normativen Entscheidungstheorie auch von „rational choice“ Modellen.
2.1. Rationalität
Als grundlegende Kriterien für rationale Entscheidungsprozesse unterscheidet man prozedurale Rationalität und Konsistenz, die Eisenführ und Weber (2003) wie folgt beschreiben:
Prozedurale Rationalität: Prozedurale Rationalität setzt zunächst einmal voraus, dass das richtige Problem gelöst wird. Zur Informationsbeschaffung soll der Entscheider einen angemessenen Aufwand betreiben. In vielen vereinfachten Modellen wird vollständige Information angenommen, was rein technisch aber nicht notwendig ist und in der Praxis auch selten vorkommt. Viel wichtiger ist hingegen, dass der Entscheider klare Erwartungen bezüglich der Zukunft trifft, d.h. das Eintreten eines unsicheren Ereignisses muss in Wahrscheinlichkeiten benannt werden können. Außerdem müssen die Ziele und Präferenzen des Entscheiders vollständig bekannt sein. Aus ihnen lässt sich eine individuelle Nutzenfunktion herleiten, auf die im nächsten Kapitel näher eingegangen wird.
Konsistenz: Die vier wichtigsten Kriterien für Konsistenz lauten:
Zukunftsorientierung: Alternativen werden ausschließlich nach ihren Konsequenzen bewertet;
Transitivität: wenn A besser als B ist und B besser als C, dann muss A auch besser als C sein;
Invarianz: das Entscheidungsproblem wird unabhängig von der Form der Darstellung gelöst;
Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen.
Diese Kriterien bilden einen engen Rahmen, in dem sich reale Entscheidungen nicht immer abbilden lassen. Tatsächlich verfügen Menschen z.B. nicht immer über klare Präferenzen, oder sie sind sich derer nicht immer bewusst. Während sich an der Konsistenz einer Entscheidung im Rahmen der normativen Theorie nicht rütteln lässt, können die Kriterien der prozeduralen Rationalität in vielen Fällen aufgeweicht werden: Eine streng rationale Entscheidung benennt unter vielen Alternativen direkt die Beste als optimale Lösung; andererseits kann in vielen Fällen bereits der Ausschluss aller nicht-optimalen Lösungen zur besten Entscheidung führen. Die Alternativen werden dann nicht einzeln bewertet, sondern nach den Grundsätzen der Dominanz miteinander verglichen: übertrifft beispielsweise eine Alternative eine andere in allen betrachteten Merkmalen (Attributen), dann spielt die Gewichtung dieser Merkmale keine Rolle mehr (Eisenführ & Weber, 2003). Die verschiedenen Dominanzkonzepte sollen nun näher erläutert werden.
2.2. Dominanz
Im Folgenden werden vier Arten der Dominanz nach von Busse Colbe, Laßmann (1989) und Eisenführ, Weber (2005) vorgestellt: absolute Dominanz, Zustandsdominanz, stochastische Dominanz und Zeitdominanz.
Absolute Dominanz: Wenn die schlechtmöglichste Ausprägung eines Merkmals einer Alternative nicht schlechter sein kann, als die beste Ausprägung desselben Merkmals bei einer anderen Alternative, so spricht man von Zustandsdominanz. Bei der Wahl eines Fortbewegungsmittels wird das Auto in vermutlich jedem Merkmal (z.B. Tempo, Komfort, Parkmöglichkeiten) eine Pferdekutsche absolut dominieren.
Zustandsdominanz: Wenn eine Alternative in allen wesentlichen Merkmalen einer anderen gleicht, sie aber in mindestens einem Merkmal übertrifft, spricht man von Zustandsdominanz. Für Zustands- und absolute Dominanz reicht es, dass die vorhandenen Attributsausprägungen im Sinne von „besser“ oder „schlechter“ geordnet werden können, also in ordinaler Skalierung - im Gegensatz zu kardinaler Skalierung, bei der auch die Abstände zwischen den Alternativen bekannt sein muss. Dadurch ist die individuelle Nutzenfunktion zwar nicht mehr für alle Werte definiert aber die Konsequenzen bleiben in einer gewissen Ordnung, z.B. monoton steigend.
Stochastische Dominanz: Wenn nicht nur Unsicherheit über die eigenen Präferenzen herrscht, sondern auch über die Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen, kann stochastische Dominanz als Entscheidungsregel dienen. Dies soll zunächst ein Beispiel verdeutlichen: Beim Kauf von Müsli werden zwei Alternativen betrachtet, Müsli A und Müsli B. Es herrscht Unsicherheit darüber, welches Müsli besser schmeckt. Außerdem fehlt bei beiden Packungen der Preis. Diesen wird man erst an der Kasse erfragen und dann auf jeden Fall hinnehmen. Man nimmt an, dass beide Packungen gleich teuer sind und dass Müsli A vermutlich besser schmecken wird. Damit dominiert A stochastisch über B, weil die Wahrscheinlichkeit, dass A eine bessere Ausprägung hat als B beim Preis gleich ist und beim Geschmack sogar höher. Es verhält sich hier also ähnlich wie bei der Zustandsdominanz, nur dass zusätzlich noch Unsicherheit über die Zustände herrscht.
Zeitdominanz: Dieses Dominanzkriterium ist z.B. bei verschiedenen Zahlungs- oder Finanzierungsmodellen interessant. Es kann angewendet werden, wenn sich die Attribute verschiedener Alternativen im Zeitablauf ändern. Ähnlich wie bei der Zustandsdominanz werden dann die Merkmalsausprägungen zu verschiedenen Zeitpunkten verglichen. Dominanz herrscht, wenn eine Alternative in jedem Zeitpunkt als gleich gut und in mindestens einem Punkt als besser betrachtet wird. Auf diese Weise lässt sich auch das Phänomen der Ungeduld darstellen.
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- Quote paper
- Robin Wuchter (Author), 2006, Kaufentscheidungen - Entscheidungstheorien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64400
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