„Deutschland wird älter!“ Mit dieser etwas zweideutig klingenden Aussage kann man das sich bei uns abzeichnende Szenario treffend beschreiben. So wird der Anteil der über 60-Jährigen von derzeit rund 24% auf ca. 26% in 2010 und auf sage und schreibe 34% in 2030 ansteigen.
Gleichzeitig ist das durchschnittliche Geld- und Sachvermögen in keiner anderen Altersgruppe so hoch wie bei den 50- bis 69-Jährigen. Spätestens hier gewinnt dieses Thema auch für die Banken an Bedeutung. Darüber hinaus sind sie in der Altersgruppe „51 bis 70 Jahre“ in Bayern für rund 73% als Hausbank die wichtigste Bankverbindung. Wie aber können Universalbanken diesen enormen Wettbewerbsvorteil zu ihren Gunsten ausnutzen?
Die Diplomarbeit wurde von 3 Bankpraktikern im Rahmen ihres Studiengangs zum Dipl. Bankbetriebswirt BA erstellt. Thema der Arbeit ist "Best Ager mit Zukunft - Zukunft mit Best Ager! - Die aktive Begleitung der 55- bis 65-jährigen Privatkunden in den Ruhestand". Nach Durchführung einer Literaturrecherche und einer empirischen Untersuchung werden in anschaulicher Weise Handlungsempfehlungen für Universalbanken für die erfolgreiche Marktbearbeitung dieser Zielgruppe vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Allgemeine Beschreibung der Zielgruppe
2.1 Demografische Entwicklung
2.2 Die aktuellen Kundenbeziehungen der Best Ager
2.3 Die aktuelle Einkommenssituation und deren Entwicklung
2.4 Die aktuelle Vermögenssituation und deren Entwicklung
2.5 Grundsätzliche Einstellungen im Finanzverhalten
2.6 Die Ziele der Best Ager für die Zukunft
2.7 Ansprüche und Erwartungen an die Produkte der Universalbanken
2.8 Ansprüche und Erwartungen an das Umfeld der Universalbanken
2.9 Die strategische Betrachtung der Kundengruppe aus dem Blickwinkel der Universalbanken
2.10 Theoretische Ansatzpunkte
2.10.1 Kundenbindungsmanagement
2.10.2 Customer Relationship Management
3 Empirische Untersuchung
3.1 Kundenbefragung
3.1.1 Methode
3.1.2 Vorgehensweise
3.1.3 Untersuchungsumfang
3.1.4 Fragen
3.1.5 Auswertung und Ergebnisbeschreibung
3.2 Datenerhebung bei den beteiligten Banken
3.3 Fazit
4 Handlungsempfehlungen für die Universalbanken
4.1 Das Human Capital als herausragende Ressource
4.1.1 Die soziale Kompetenz des Beraters als Erfolgsfaktor
4.1.2 Die fachliche Qualität des Beraters als Erfolgsfaktor
4.2 Die Kundenberatung als Schlüssel zur Potenzialausschöpfung
4.2.1 Das intensive Beratungsgespräch als Zugang
4.2.2 Die richtigen Vertriebsansätze für den Erfolg
4.2.3 Die professionelle Finanzplanung für den Übergang in den Ruhestand
4.2.4 Die Vermittlung von Experten
4.3 Die strategischen Ansatzpunkte
4.3.1 Die Wirkung der Geschäftsstellenpolitik
4.3.2 Die Werbung für die Best Ager
4.3.3 Das Image als Grundlage des Vertrauens
4.3.4 Mit Kooperationen bei den Best Agern punkten
4.3.5 Die Ausgestaltung der Produkte
4.3.6 Die Segmentierung der Zielgruppe
4.3.7 Die Investitionen in die Technik
4.3.8 Ansatzpunkte im Rahmen des CRM
4.4 Die Einführung der aktiven Best Ager-Begleitung in der Universalbank
5 Resümee und Ausblick
II Abbildungsverzeichnis
1.) Kundenreichweite (Kunden 50 Jahre und älter)
2.) Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland
3.) Altersaufbau nach Altersgruppen der Bevölkerung in Deutschland
4.) Durchschnittlich zu erwartende weitere Lebenszeit im Alter von 60 Jahren
5.) Hauhaltsnettoeinkommen nach Alter und Geschlecht
6.) Vermögen pro Haushalt nach Alter
7.) Zufriedenheit der Gesetzlich-Rentenversicherten mit der Alters- 8 sicherung
8.) Mc-Kinsey-Matrix
9.) Ansoff-Matrix
10.) Wirkungskette Kundenbindung
11.) Darstellung der Zielsetzungen von CRM
12.) Wann beginnt der Ruhestand
13.) Monatliches Hauhalts-Netto-Einkommen
14.) Ist weiteres Immobilienvermögen vorhanden
15.) Derzeitiger Betrag monatlich für den Vermögensaufbau
16.) Derzeitiger Betrag monatlich für Rückzahlung von Krediten
17.) Anteil Bankgeschäfte mit unserem Institut
18.) Zusammenhang „Persönlicher Berater und dessen Wichtigkeit“
19.) Zusammenhang „Persönlicher Berater und Beratungsqualität“
20.) Zusammenhang „Persönlicher Berater und Beurteilung Hausbank“
21.) Zusammenhang „Geldanlagen bei anderen Banken und Einkommen“
22.) Ziele bei der Geldanlage
23.) Zusammenhang „Einkommen und erwartete Geldeingänge“
24.) Zusammenhang „Beratungsbedarf zu Übertragung von Besitz und vorhandenes Immobilienvermögen“
25.) Zusammenhang „Verbesserungsbedarf in unserem Haus mit Gesamtheit der Kunden und Kunden mit persönlichem Berater“
III Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort:
Für uns als berufstätige Studierende waren viele Mentoren, Freunde, Lehrer und Ratgeber zur Erstellung dieser Studienarbeit unerlässlich.
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Hermann Laßleben, der uns immer als zuverlässiger, erfahrener Unterstützer und Ratgeber zur Seite stand und damit wesentlich zum Gelingen des Werkes beigetragen hat.
Wir möchten uns auch bei den Vorgesetzten in unseren Banken, sowie bei den Kolleginnen und Kollegen unserer Häuser recht herzlich bedanken, die uns bei der Bereitstellung und Auswertung der Datenbestände sowie bei der Durchführung der Kundenbefragung so toll unterstützt haben.
Ebenfalls bedanken wir uns bei allen Kunden, die mit ihren ehrlichen Antworten bei der Kundenbefragung eine wichtige Grundlage für diese Studienarbeit geschaffen haben.
Zu guter Letzt möchten wir uns auch bei unseren Lebenspartnern, bei unseren Familien und Kindern recht herzlich dafür bedanken, dass sie uns die Zeit und die Freiräume gewährt haben, intensiv am Thema zu arbeiten und uns in den „Schlachten der Studienarbeit“ beschützten, wie damals Mentor den Telemachos.
Juni 2006
Ludwig Frischmann Alois Kraller Stefan Meier
IV Studienarbeit
1 Einleitung
„Deutschland wird älter!“ - Mit dieser etwas zweideutig klingenden Aussage kann man das sich bei uns abzeichnende Szenario treffend beschreiben. So wird der Anteil der über 60-Jährigen von derzeit rund 24% auf ca. 26% in 2010 und auf sage und schreibe 34% in 2030 ansteigen.1
Gleichzeitig ist das durchschnittliche Geld- und Sachvermögen in keiner anderen Altersgruppe so hoch wie bei den 50- bis 69-Jährigen.2
Spätestens hier gewinnt dieses Thema auch für die Banken an Bedeutung.
Die Sparkassen und Genossenschafts- banken (in der Folge auch als Univer- salbanken bezeichnet) haben sowohl in Bayern als auch im gesamten Bundes- gebiet in der Altersgruppe “50 plus“ eine Kundenreichweite von ca. 90%.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: TNS Infratest, FMDS, Trends im Finanzmarkt, 12.2004
Abbildung 1: Kundenreichweite (50 Jahre und älter)
Darüber hinaus sind sie in der Altersgruppe „51 bis 70 Jahre“ in Bayern für rund 73% als Hausbank die wichtigste Bankverbindung.3
Wie aber können Universalbanken diesen enormen Wettbewerbsvorteil zu ihren Gunsten ausnutzen?
1.1 Problemstellung
Während für die jüngeren Zielgruppen eine Vielzahl von Konzepten und Strategien vorliegt, wird das Kundenklientel der „55- bis 65-Jährigen“ von den Banken bislang noch meist vernachlässigt.4
So gibt es bei verschiedenen Instituten zwar mittlerweile eine Reihe von clubähnlichen Vereinigungen oder auch kostengünstigen Konten für Senioren - doch vielleicht liegt genau darin das Problem. Diese Kunden wollen nicht als Senioren bezeichnet werden. Rund 70% in diesem Alter fühlen sich um bis zu 15 Jahre jünger Best Ager mit Zukunft - Zukunft mit Best Ager! Team: Frischmann, Kraller, Meier Die aktive Begleitung der 55- bis 65-jährigen Privatkunden in den Ruhestand und meinen auch jünger auszusehen.5 Außerdem wollen diese Kunden nicht das Gefühl haben, dass eigens für sie etwas produziert oder gestaltet worden ist.6 Wie soll man also vorgehen, um in diesem stark wachsenden Segment als Universalbank erfolgreich zu sein?
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Arbeit ist, festzustellen, wie Universalbanken die aktive Begleitung der 55- bis 65-jährigen Privatkunden in den Ruhestand optimieren können, um dadurch die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen und die Kundenbindung langfristig zu sichern.
Es sollen dazu Handlungsalternativen erarbeitet und aufgezeigt werden, die zur Verbesserung der zielgerichteten Bearbeitung dieses Segments dienen. Der Fokus liegt dabei weniger auf der Neukundengewinnung, als vielmehr auf der Erhaltung und Optimierung bestehender Kundenverbindungen.
Abgrenzung:
Begriffe wie „Neue Alte“, „Junge Alte“, „50-plus-Segment“, „Silberne Reserve“, „busy fit oldies“, „future seniors“, „master consumers“, „Best Ager“, „Silver Ager“ usw. überschwemmen derzeit den Markt.7 Wir haben uns im Rahmen dieser Studienarbeit auf das genau definierte Segment der 55- bis 65-Jährigen konzentriert. Diese Kunden, von uns als Best Ager bezeichnet, stellen einen sehr wichtigen Baustein im Privatkundengeschäft der Universalbanken dar.
1.3 Vorgehensweise
In Kapitel 2 wird die Zielgruppe genauer beschrieben. Anhand umfangreicher Literatur- und Statistikrecherchen wird zunächst die aktuelle Situation dargestellt, ehe im Anschluss daran die Bedürfnisse und Wünsche der Best Ager erläutert werden. Abschließend werden strategische Ansatzpunkte und Theorien beleuchtet. Kapitel 3 enthält die empirische Untersuchung. Der Untersuchungsumfang und der Fragenkatalog werden vorgestellt, die Auswertung und die Ergebnisse werden erläutert. Im Kapitel 4 werden aufbauend auf die Ergebnisse Lösungen, Handlungsalternativen und deren Implementierungen vorgeschlagen. Das Kapitel 5 schließt das Werk mit einem Resümee und einem Ausblick.
2 Allgemeine Beschreibung der Zielgruppe
2.1 Demografische Entwicklung
Die deutsche Bevölkerung wird immer älter. Eine mittlerweile allseits bekannte Tatsache ist die stetige Veränderung der früher einmal als Alterspyramide bezeichneten Darstellung der Altersstruktur der Deutschen. Als Pyramidenform zu Beginn des 20. Jahrhunderts begonnen, ähnelt der derzeitige Aufbau einem Baum, ehe er sich in den nächsten Jahrzehnten bis hin zum Jahre 2050 einem Pilz bzw. einem Zylinder annähert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Statistisches Bundesamt, 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (2003)
Abbildung 2: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland
Betrachtet man diese Entwicklung genauer (siehe nachfolgende Tabelle), werden drei wesentliche Punkte sichtbar:
1. Die Anzahl der in Deutschland lebenden Menschen sinkt.
2. Der prozentuale Anteil der 20- bis 59-Jährigen sinkt deutlich.
3. Der prozentuale Anteil der über 60-Jährigen steigt überdurchschnittlich an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Statistisches Bundesamt, 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (2003)
Abbildung 3: Altersaufbau nach Altersgruppen der Bevölkerung in Deutschland
Die genannten Zahlen lassen sich aber auch anderweitig ableiten. So steigt die durch- schnittliche Lebenserwartung (siehe Grafik) in den nächsten Jahrzehnten kontinuierlich an. Hatte ein 60-jähriger Mann im Jahr 2000 durchschnittlich noch 19,2 Jahre zu erwar- tende Lebenszeit, so erhöht sich diese bis ins Jahr 2035 auf 22,7 Jahre. Für die Banken bedeutet dies letztendlich, dass ein heute 55- jähriger Kunde noch rund 25 Jahre Kunde der Bank sein kann - Tendenz steigend!
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Durchschnittlich zu erwartende weitere Lebenszeit im Alter von 60 Jahren
2.2 Die aktuellen Kundenbeziehungen der Best Ager
Bei näherer Betrachtung dieser Kundengruppe stellt man verschiedene, für die Banken sehr interessante Gemeinsamkeiten fest. Diese Kunden besitzen einen zumeist umfangreichen Versicherungsschutz.8 Hier gibt es eher Klärungsbedarf darüber, welche Versicherungen nicht mehr benötigt werden, als dass neuer Versicherungsbedarf bestehen würde. Bei der Geldanlage werden tendenziell die klassischen Anlageformen der Banken bevorzugt, da der sorglose und risikoreiche Umgang mit Geld eher abgelehnt wird.9
Mit wachsender Dynamik nutzt die Kundengruppe das Internet. Rund 41% der 56- bis 60-jährigen bzw. rund 31% der 61- bis 65-jährigen Deutschen sind im „Netz“.10 Dies bedeutet allerdings nicht gleichzeitig, dass diese Kunden auch das OnlineAngebot ihrer Banken nutzen.
Die Best Ager sind seit vielen Jahren Kunden der Bank11 und haben ein hohes Maß an Vertrauen zu ihrem persönlichen Berater:12 Vertrauensaufbau und Vertrauens- pflege zwischen Bankberater und Kunde spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.13 Im Allgemeinen wird dieser Kundengruppe nachgesagt, dass sie eine relativ hohe Bankentreue besitzt. Es ist aber keinesfalls gesichert oder bewiesen, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. Die künftige Generation der Best Ager ist informierter - genauso wird ihnen eine gewisse Wechselbereitschaft nachgesagt.14
Weitergehende detaillierte Ausführungen zum Anlageverhalten sowie zu den Wünschen und Zielen der Best Ager sind im empirischen Teil dieser Studienarbeit ab Seite 17 nachzulesen.
2.3 Die aktuelle Einkommenssituation und deren Entwicklung
Da sich die Kunden mit rund 55 Jahren häufig auf dem Höhepunkt ihrer beruflichen Karriere befinden, beziehen sie in der Regel auch überdurchschnittliche Einkommen.15
Ungeachtet der hohen Einkommen ist für die Banken vor dem Hintergrund der Potenzialausschöp- fung auch ein weiterer Aspekt wich- tig. Durch den Wegfall von Belas- tungen, wie z. B. Rückzahlung von Immobilienkrediten, Ausbildungs- kosten für die Kinder usw.16, wird die tatsächliche Verfügbarkeit des Ein- kommens für andere Verwendungen erhöht.17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: EVS2003,1. Halbjahr
Abbildung 5: Haushaltsnettoeinkommen n. Alter/ Geschlecht
Anspracheanlass wäre hier, die nicht für den Konsum verwendeten Mittel optimal für die künftigen Ziele und Erfordernisse der Best Ager „arbeiten zu lassen“ und dies über entsprechendes Cross-Selling der Bank abzudecken.
Während von der Geburt bis hin zum 55. Lebensjahr kontinuierlich mehr gespart wird, verändert sich dieses Muster ab dem 55. Lebensjahr deutlich. Mit ein Hauptgrund ist, dass von da an das Thema Altersvorsorge nur noch situativ abgedeckt werden muss. So ist es nicht verwunderlich, dass die Sparquote in diesem Segment deutlich von knapp 14% auf unter 9% fällt. (siehe Anlage Nr. 1) In dem so genannten „Langlebigkeitsrisiko“, d. h. dem Risiko arm zu werden, weil in dem überraschend langen Lebensabschnitt das Kapital zu früh verzehrt ist, besteht aber weiterhin Vorsorgebedarf für die Best Ager und damit einhergehend auch eine Aufgabe für die Banken, hier durch innovative Lösungen zu helfen. Denn schon der bekannte irische Schriftsteller Oscar Wilde wusste: „Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Heute da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt!“
2.4 Die aktuelle Vermögenssituation und deren Entwicklung
In den Veröffentlichungen findet man Schlagwörter wie „Die reichsten Alten aller Zeiten“18 oder „Ein Schatz im Silbersee“19, welche bereits andeuten, dass man durchaus von vermögenden Best Agern sprechen kann.
Mit einem durchschnittlichen Bruttogeldvermögen von 58,6 TEUR besitzt die von uns untersuchte Kundengruppe tatsächlich die höchsten Bestände. Der größte Posten entfällt dabei mit 22,2 TEUR auf Versicherungsguthaben, welche sich jedoch bis zum 65. Lebensjahr durch Auszahlungen entsprechend verringern und zum Teil in erhöhten anderen Anlageformen wiederzufinden sind.20 (siehe Anlage Nr. 2)
Zu dem Geldvermögen kommt ein beträchtliches Immobilienvermögen, welches größtenteils bereits entschuldet ist bzw. bis zum Eintritt in den Ruhestand entschuldet sein wird.21 So liegt der durchschnittliche Immobilienbestand der 50- bis 59-jährigen Kunden bei ca. 150,0 TEUR (gegenüber Immobilienkrediten von 24,9 TEUR). Im nächsten Segment (60 - 69 Jahre) beträgt der Immobilienbesitz „nur noch“ 122,9 TEUR, davon 9,6 TEUR Verbindlichkeiten. (siehe Anlage Nr. 3) Bei Betrachtung der künftigen Entwicklung kommt ein wichtiger Faktor hinzu. Die bereits bestehenden Vermögenswerte der Best Ager werden aufgrund erheblicher Erbvolumina noch weiter ansteigen. In den nächsten Jahren dürften allein 2 Billionen Euro an Hinterlassenschaften an 50- bis 69-jährige Erben übertragen werden.22
Nebenstehendes Schaubild zeigt, dass die älteren Menschen immer reicher werden. Ver- gleicht man die Jahre 1998 bis 2003, erkennt man, dass die Vermögenszuwächse, sowohl prozentual als auch absolut, bei den „Ruhe- ständlern“ am stärksten gestiegen sind. Dies verdeutlicht das enorme Potenzial (= Wachs- tum), welches, beginnend mit unserer Ziel- gruppe, auch nach der aktiven Begleitung in den Ruhestand noch vorhanden ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: EVS 2003, ZEW
Abbildung 6: Vermögen pro Haushalt nach Alter
Vor diesem Hintergrund sollten sich Universalbanken zwei zentralen Dingen widmen. Zum einen ist es wichtig, die großen Vermögensbestände der Best Ager während der Begleitung in den Ruhestand zu optimieren, zum anderen dürfen sie diese Kunden bei eintretenden Vermögenszuwächsen (z. B. durch Erbschaften) nicht „alleine lassen“.
2.5 Grundsätzliche Einstellungen im Finanzverhalten
Die von uns betrachtete Zielgruppe wird u. a. von einem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis in ihren Entscheidungen geleitet.23 Sicherheit nimmt mit fortschreitendem Alter einen immer größeren Stellenwert ein. Sowohl die Absicherung des eigenen Vermögens wie auch die gesicherte Zukunft der Kinder leiten die Best Ager bei ihren Anlageentscheidungen.24 Aufgrund ihrer Lebens- erfahrung handeln sie nach dem Motto „Man weiß nie, was die Zukunft bringt“ und legen somit verstärkten Wert auf die Möglichkeit, kurzfristig für etwaige Notfälle gerüstet zu sein.25
Der Hauptwunsch und somit die Maxime ihres Handelns liegt jedoch darin, durch eine ausreichende Altersversorgung, gepaart mit zusätzlichen Erträgen aus ange- legtem Vermögen, im Ruhestand ein finanziell selbstbestimmtes Leben zu führen.26 Nachfolgendes Schaubild spiegelt zwei Dinge wider. Die aktuell 56- bis 64-Jährigen sind zu fast drei Vierteln (72,6%) mit ihrer Altersvorsorge zufrieden. Hier besteht anscheinend wenig Handlungsbedarf. Anderseits, und hier liegt es am Blickwinkel des Betrachters, fühlt sich nur ein Drittel (34,9%) gut bis sehr gut „versorgt“.
Betrachtet man zusätzlich die
Zufriedenheit "Alterssicherung"
Altersgruppe darunter, fällt auf,
dass hier nur noch gut die Hälfte (58,6%) zufrieden ist. Für die Universalbanken bedeutet dies erstens, dass man auch bei den Best Agern die Altersvorsorge noch punktuell verbessern kann und zweitens, dass die kom- mende Generation der Best Ager weniger zufrieden mit der Alters- vorsorge sein wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: DIA 2005, Sozioökonomisches Panel (SOEP)
Abbildung 7: Zufriedenheit der Gesetzlich-Rentenversicherten mit der Alterssicherung (2002)
2.6 Die Ziele der Best Ager für die Zukunft
Die typisch bayerische Redensart „Haupt´sach g´sund“ ist für die Best Ager absolut zutreffend formuliert.27 Einen nicht minder hohen Stellenwert nimmt neben der Gesundheit auch der Ausbau und der Erhalt des geschaffenen Lebensstandards in der Zukunft ein.28 Blickt man nach vorne, so ist der Ausstieg aus dem Berufsleben und der damit verbundene Eintritt in den (Vor-)Ruhestand das nächste klare Ziel der betrachteten Kundengruppe. Dieser Schritt stellt im Regelfall für jeden Betroffenen eine einschneidende Veränderung seiner gesamten persönlichen Situation dar. Aber nicht nur persönlich sondern auch finanziell ändert sich zu diesem Zeitpunkt einiges. Anzunehmen wäre hierbei, dass es für jeden künftigen „Ruheständler“ wichtig ist, zu wissen, ob und wie er in seiner neuen Situation finanziell versorgt ist - was er sich noch leisten kann und was evtl. nicht mehr. Bei vielen Best Agern steht nach dem Eintritt in den Ruhestand z. B. das Thema Reisen ganz oben auf der Wunschliste.29 Die bereits in der Einleitung erwähnte Tatsache, dass sich die betrachtete Zielgruppe Best Ager mit Zukunft - Zukunft mit Best Ager! Team: Frischmann, Kraller, Meier Die aktive Begleitung der 55- bis 65-jährigen Privatkunden in den Ruhestand deutlich jünger fühlt30, schränkt sie in ihren Gedanken und Vorstellungen nicht ein. Aktive ältere Menschen fangen ein Studium an, gehen auf Weltreise, suchen sich neue Hobbys, erwerben ein Urlaubsdomizil oder renovieren und gestalten das vorhandene Wohneigentum nach ihren Wünschen neu.31 Um diesen sicherlich vorhandenen Nachholbedarf32 in den genannten Bereichen abzudecken, ist eine funktionierende Liquiditätsplanung unerlässlich. „Man gönnt sich was und weiß das Gute auch zu schätzen“ - darauf sollten sich die Banken einstellen. So müssen bereits heute schlüssige Anlagestrategien für spätere Ausschüttungen zur Lebensgestaltung und zur Rücklagenbildung für die Best Ager erarbeitet werden.
2.7 Ansprüche und Erwartungen an die Produkte der Universal- banken
Wichtig sind den Best Agern vor allem Produkte von hoher Qualität, hohem Komfort und hoher Sicherheit33, die nach Möglichkeit auch noch einfach verständlich sind.34 Viele latente Bedürfnisse haben sie aber noch gar nicht wahrgenommen35, da sie in ihrer persönlichen Situation oder auch in ihrem Umfeld noch nicht direkt davon betroffen waren. Umso wichtiger ist es für die Banken, Lösungen bzw. Produkte für solche Situationen im Vorfeld bereit zu halten.
Es handelt sich dabei z. B. um nachfolgend genannte Ereignisse:
-Krankheiten
-Wegzug der Kinder
-Ausstieg aus dem Berufsleben
-Tod des Partners
-Erhaltene Erbschaften
Aufgrund der langjährigen Beziehung zu Banken sind den Best Agern Finanzplanungen und entsprechend ähnliche Beratungsformen bereits bekannt.36 Trotz all ihrer Erfahrung und ihrer zum Teil auch bestehenden Voreingenommenheit37 entstehen aber auch immer wieder Chancen, neue Produkte und Lösungen, die die oben genannten Kriterien erfüllen bzw. einen eindeutigen Mehrwert bieten, im Vertrieb zu etablieren und zu placieren.
2.8 Ansprüche und Erwartungen an das Umfeld der Universal- banken
Neben den genannten Ansprüchen an die optimale Versorgung mit Beratung, an die Qualität der Produkte und an attraktive, aber doch einfach verständliche Lösungen für ihre Bedürfnisse und Probleme, haben die Best Ager noch ganz eigene Anforderungen an das Umfeld ihrer Bank.
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass sie die Filiale als Vertriebsweg bevorzugen.38 Da der schriftliche wie auch der persönliche Kontakt zur Bank im Vordergrund steht39, erscheint es unter dem Gesichtspunkt der optimalen Kundenzufriedenheit unerlässlich, ein Filialnetz von ausreichender Dichte aufrecht zu erhalten. Wie bereits erwähnt, spielt der Aspekt der Sicherheit eine sehr große Rolle im Denken und Handeln dieser Kunden. Sicherheit entsteht insbesondere durch Vertrauen. Vertrauen zum Berater ebenso wie das Vertrauen in die allgemeine Beratungsleistung und in die Erfahrungen im Auftreten des Instituts - kurz gesagt in das Image der Bank.40 Um dies auszubauen bzw. weiter zu stärken, ist es erforderlich, eine erkennbare Werbe- und Marketinglinie zur Ansprache dieser Kundengruppe konsequent zu verfolgen.
Untersuchungen des Deutschen Fachverlages in Frankfurt haben ergeben, dass der Vertrauensaufbau und die Vertrauenspflege zwischen Bankberater und Kunde eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt und die Fachkompetenz des Beraters oft von nachrangiger Bedeutung ist.41 Erst danach kommt bei den meisten der Wunsch nach möglichst guten Konditionen.42
Vor dem Hintergrund dieser Aussagen muss zusätzlich zum ausreichenden Filialnetz auch die Kontinuität des persönlichen Ansprechpartners als wichtiger Baustein zur Kundenbindung und Potenzialausschöpfung gesehen werden.
2.9 Die strategische Betrachtung der Kundengruppe aus dem Blickwinkel der Universalbanken
Stellt man sich als Universalbank die drei strategischen Grundfragen,43 so kommt man - vereinfacht ausgedrückt - zu folgenden Ergebnissen:
1.) In welchen Geschäftsfeldern wollen wir tätig sein?
Das Privatkundengeschäft (inkl. der Kundengruppe der Best Ager) mit nahezu all seinen Facetten zählt wohl bei jeder Universalbank zu den im Vordergrund stehenden strategischen Geschäftsfeldern. Gründe hierfür können sowohl das Selbstverständnis der Bank, deren Zielsetzung als auch deren Auftrag sein.
2.) Wie wollen wir den Wettbewerb in diesen Geschäftsfeldern bestreiten?
Hier sollte als allgemeine Stoßrichtung die Hervorhebung innerhalb dieses Segments durch eine hohe Beratungsgüte sowie durch innovative Lösungen und Produkte angesehen werden.
3.) Was ist unsere längerfristige Erfolgsbasis (Kernkompetenz)?
Wie bereits erwähnt, haben Sparkassen und Genossenschaftsbanken innerhalb des beschriebenen Segments die absolute Marktführerschaft. Großes Potenzial ist vorhanden, die notwendigen Ressourcen sind gegeben und die durchaus vorhandenen Kompetenzen sollten durch zielgerichtete Maßnahmen weiter verbessert werden.
Nach erfolgter Betrachtung bzw. Analyse des Unternehmens und der Umwelt, auf denen die strategischen Planungen grundsätzlich beruhen, werden die Ergebnisse daraus zu Szenarien verdichtet. Daraus lassen sich die strategischen Optionen auf Gesamtunternehmensebene ableiten und bestimmen.
Das mit am meisten verbreitete Konzept stellt dabei der so genannte Portfolioansatz dar. Im Mittelpunkt hierbei steht der Vergleich der unterschiedlichen Geschäftsfelder in punkto Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken.
Anhand des bereits beschriebenen relativen Marktanteils (= Hausbank für ca. 73%, vgl. Seite 1) im Vergleich zu den stärksten Konkurrenten und dem hohen Marktwachstum (vgl. Abbildung Nr. 6 auf Seite 7), das hier weniger das reine Geschäftswachstum widerspiegelt als vielmehr die noch vorhandenen Potenziale, kann das Geschäftsfeld der Best Ager in der BCG-Matrix44 (siehe Anlage Nr. 4) durchaus bei den „Stars“, zumindest jedoch an der Schwelle dazu, eingruppiert werden.
Bei einer nicht nur auf zwei Dimensionen reduzierten Darstellung (siehe nachfolgende Mc-Kinsey-Matrix45 ) werden die Positionierung des Geschäftsfeldes „Best Ager“ und die daraus abzuleitenden Strategien noch deutlicher.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Müller-Stewens/Lechner (2001), S. 230
Abbildung 8: Mc-Kinsey-Matrix (eigene Darstellung)
Abgeleitet aus der BCG- und der Mc-Kinsey-Matrix lässt sich dadurch eine selektive, evtl. sogar eine eindeutige Wachstumsstrategie festmachen. Dies bedeutet, dass die Marktführerschaft weiter ausgebaut werden sowie Stärken auf- bzw. Schwächen abgebaut werden sollen und in Teilbereichen sogar investiert werden kann. Möglichkeiten des Wachstums zur Sicherung des Bestandes und zur Steigerung der Rentabilität zeigt die nachfolgend abgebildete Ansoff-Matrix.46 Hier können die verschiedenen Optionen klar und einfach verständlich dargestellt werden, was die operative Umsetzung erleichtert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eschenbach/Kunesch (1996), S. 42
Abbildung 9: Ansoff-Matrix (eigene Darstellung)
2.10 Theoretische Ansatzpunkte
In Anbetracht des Zieles der Potenzialausschöpfung bestehender Kundenverbindungen werden nachfolgend zwei mögliche Lösungsansätze genauer erklärt.
2.10.1 Kundenbindungsmanagement
Aufgabe ist die Erzeugung einer langfristigen, ertragsstarken Kundenbindung. Ein systematisches Kundenbindungsmanagement erfordert deshalb eine zielgerechte Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle aller auf den aktuellen Kundenstamm gerichteten Maßnahmen mit dem Ziel, dass die Kunden auch in Zukunft die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten oder intensiver pflegen. Die Kundenbindung steht somit im Mittelpunkt einer Wirkungskette. Die einzelnen Elemente Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität und Kundenbindung beeinflussen sich wechselseitig.47
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kompendium Management, Bankakademie
Abbildung 10: Wirkungskette Kundenbindung
Phase 1 beschreibt den Erstkontakt zum Kunden durch Inanspruchnahme einer Dienstleistung bzw. durch den Kauf eines Produkts. Der Kunde bildet sich in Phase 2 ein persönliches Zufriedenheitsurteil über den Vorgang. Werden die Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen, kann Kundenloyalität entstehen (Phase 3). Dieser Ausdruck beschreibt ein grundsätzliches Vertrauensverhältnis, eine positive Einstellung zur Leistungsfähigkeit des Anbieters, was bereits zu einer geringeren Wechselbereitschaft führen kann. Der Übergang zur Kundenbindung wird in Phase 4 vollzogen, wenn sich diese Überzeugung in realem Wiederkauf- oder Cross-Buying- Verhalten (= Kunden greifen auch zu anderen Angeboten des angestammten Lieferanten) beziehungsweise in Weiterempfehlungen an potenzielle Kunden niederschlägt. Durch die eintretenden Wirkungseffekte wird ein höherer ökonomischer Erfolg erzielt (Phase 5).48
2.10.2 Customer Relationship Management (= CRM)
Obwohl CRM in der heutigen Zeit ein gängiger und oft genannter Begriff ist, existiert keine allgemein gültige Definition. CRM kann innerhalb eines Unternehmens aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden, was zu einer breiten Vielfalt von Definitionsansätzen führt.49 Kunz beschreibt CRM folgendermaßen: Kundenbeziehungsmanagement ist die Summe aller unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen, die auf den Aufbau und die Erhaltung von länger dauernden Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden abzielen.50 Nach unserer Auffassung ist folgende Definition für CRM am treffendsten: CRM ist ein ganzheitlicher strategischer Ansatz zur kundenorientierten Ausrichtung von Unternehmen mit den Zielen einer Verbesserung der Kundenbindung und einer Erhöhung der Kundenprofitabilität. Wesentliche Komponenten sind neben der Strategiedefinition im CRM die daraus resultierende Ausgestaltung der Kundenbeziehungen, die Konzeption von Organisation/Prozessen und der entsprechende Einsatz von IT-Systemen/Technologien.51
Das Ziel von CRM ist es, durch Ausrichtung aller relevanten Prozesse auf die Kundenbedürfnisse, die Kundenzufriedenheit und somit die Kundenbindung zu erhöhen und hierdurch eine Steigerung des Gewinns und des Unternehmenswertes herbeizuführen. Um dieses Hauptziel zu erreichen, werden allgemeine Unterziele definiert, an denen alle kundenrelevanten Abteilungen der Unternehmung ausgerichtet werden (siehe nachfolgendes Schaubild).52
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Uebel/Helmke/Dangelmaier (2004)
Abbildung 11: Darstellung der Zielsetzungen von CRM
Der Einsatz von konkreten Kundenbindungsmaßnahmen und CRM-Systemen sollte im Rahmen einer kundenorientierten Strategie immer „Hand in Hand“ erfolgen.
Best Ager mit Zukunft - Zukunft mit Best Ager! Team: Frischmann, Kraller, Meier Die aktive Begleitung der 55- bis 65-jährigen Privatkunden in den Ruhestand
3 Empirische Untersuchung
Um die in Kapitel 2 erarbeiteten Aussagen zu untersuchen, wurde entsprechend der Zielsetzung der Studienarbeit eine empirische Untersuchung durchgeführt. Die Untersuchung orientierte sich methodisch an dem Buch „Empirische Sozialforschung“ von Helmut Kromrey, erschienen 2000 im Verlag Lekse + Budrich, Opladen sowie an den Unterlagen des Management-Studiengangs der Bankakademie.
In einem weiteren Schritt wurden die Kundenbestände und Bilanzen von verschiedenen Banken im Bereich der Zielgruppe untersucht.
3.1 Kundenbefragung
3.1.1 Methode
Als wissenschaftlich geeignete Erhebungsmethode im Kundenbereich unserer empirischen Untersuchung wird der Fragebogen angesehen. Vom Forschungsansatz her stellt diese empirische Erhebung eine Diagnose des klar abzugrenzenden Themas der Bedeutung der Best Ager für die Universalbanken dar - der Ausgangspunkt war die zu untersuchende Problemstellung. Verschiedene Hypo- thesen bildeten den Bezugsrahmen der Forschung. Das theoretische Modell, d. h. die Variablen, die in den Hypothesen vorkommen, wurden mit Hilfe eines Fragebogens operrationalisiert - anders ausgedrückt, in Fragen „übersetzt“.
3.1.2 Vorgehensweise
Der Fragebogen war vollständig standardisiert, d. h. sämtliche Fragen waren explizit vorformuliert. Die Fragen selbst waren überwiegend geschlossen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten. Die Untersuchung erfolgte stichpunktbezogen. Ein Anschluss an eine vorhergehende Untersuchung (Zeitreihenuntersuchung) erfolgte nicht. Besonderes Augenmerk wurde auf die Gestaltung der Fragen gelegt. Folgende Regeln wurden dabei beachtet:
a) Einfache Formulierung
b) Eindeutige Fragen bzw. einheitlicher Bezugsrahmen
c) Keine Überforderung der/des Befragten
d) Vermeidung von Suggestivfragen
e) Bei abgestuften Beurteilungen zu Sachverhalten oder Aussagen waren diese so genannten Einschätzungsskalen eindeutig verbal bezeichnet
3.1.3 Untersuchungsumfang
Entsprechend der Fragestellung nach der Potenzialausschöpfung im beschriebenen Segment bei Universalbanken wurden Best Ager-Kunden (= Privatkunden, noch berufstätig, Alter zwischen 55 und 65 Jahren) von drei verschiedenen Banken befragt. Bei den Banken handelte es sich um die Sparda-Bank München eG, die Sparkasse Dingolfing-Landau und die VR-Bank Vilsbiburg eG.
Durch die Divisionalisierung in drei unterschiedliche Bankengruppen und zahlreiche, verschiedenartige Filialen in zwei bayerischen Regierungsbezirken sollte eine möglichst hohe Aussagekraft der Umfrage erreicht werden.
Die Fragebögen wurden an die Berater versandt (siehe Schreiben in Anlage Nr. 5), die sie an ihre ausgewählten Kunden verteilten (siehe Schreiben in Anlage Nr. 6). Die Berater mussten im Privatkundengeschäft tätig sein und gliederten sich auf in
- Servicemitarbeiter
- Kundenberater
- Geschäftsstellenleiter
- Finanzberater bzw. Individualkundenberater (mit zugeordneten Kunden)
Der Versand und der Rücklauf erfolgten von Januar bis Februar 2006. Es wurden insgesamt 280 Fragebögen ausgegeben. Vor der Verteilung der Fragebögen erfolgte ein Pretest, der an sechs Personen der Zielgruppe durchgeführt wurde. Ziel dabei war zum einen, die durchschnittliche Dauer zu ermitteln und zum anderen, die gewählten Formulierungen auf Eindeutigkeit und Verständlichkeit hin zu überprüfen.
3.1.4 Fragen
Der Fragebogen mit insgesamt 39 Fragen gliederte sich in fünf Teile und ist in Anlage Nr. 7 enthalten.
In Teil A wurden persönliche Daten der Kunden erfragt. Wichtig war hierbei, dass es sich nur um ganz allgemeine Dinge wie Alter, Geschlecht oder Beruf handelte, um die Gefahr der Demotivation, wenn Einkommen oder Vermögen „am unteren Rand“ der Auswahlmöglichkeiten liegen, zu vermeiden. Teil B enthielt Fragen zur Bankverbindung der Kunden. Es ging dabei nicht nur um die Verbindung zum betreffenden Institut, es wurden auch Fragen zur Intensität eventuell vorhandener anderer Bankverbindungen gestellt. Außerdem wurden die bisherigen Erfahrungen und Eindrücke erfragt. Die zukünftige finanzielle Gesamtsituation der Kunden wurde in Teil C erfragt. Fragen zu Wünschen und Anforderungen an die Hausbank wurden im Teil D gestellt - manche dieser Fragen wurden bewusst mit den bisherigen Erfahrungen und Eindrücken aus Teil B verglichen. Im Teil E wurden abschließend die persönlichen finanziellen Verhältnisse erfragt.
Auf der ersten Seite erklärten die Autoren das Motiv für die Umfrage und versicherten, die Anonymität der befragten Kunden zu wahren.
3.1.5 Auswertung und Ergebnisbeschreibung
Die folgende Auswertung und Ergebnisbeschreibung enthält die wesentlichen Untersuchungsergebnisse. Verschiedene, für Kapitel 4 sehr wichtige Verknüpfungen wurden dargestellt. Die komplette Auswertung kann den Anlagen Nr. 8 (Ergebnis- tabellen) und Nr. 9 (Ergebnisdiagramme) entnommen werden.
Rücklauf:
Von den 280 verteilten Fragebögen kamen 186 Stück zurück. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 66,4%.
Teil A:
Das Verhältnis von Männern und Frauen lag bei den Befragten bei 68,8% zu 31,2% (Frage 1). 71,0% waren zwischen 55 und 58 Jahren alt, 23,1% entfielen auf die Altersgruppe 59 bis 62 Jahre, wohingegen nur 5,9% zwischen 63 und 65 Jahren waren (Frage 2). Auf Nachfrage gaben die Berater an, dass unter den Berufstätigen in diesem Alter wesentlich mehr Männer vertreten sind. Außerdem war es teilweise schwierig, ab einem bestimmten Alter überhaupt noch Berufstätige zu finden. Damit bestätigte sich auch in unserem Untersuchungsgebiet das in Deutschland vorhandene durchschnittliche Renteneintrittsalter von rund 61 Jahren (siehe Anlage Nr. 10). Mehr als 80% der Befragten sind verheiratet (Frage 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fast spiegelbildlich zu Frage 2 treten ca. 65% der Befragten in frühestens drei Jahren in den (Vor-)Ruhestand. Für nur rund ein Drittel beginnt dieser Abschnitt bereits innerhalb der nächsten drei Jahre (Frage 6).
Abbildung 12
Entgegen der Reihenfolge im Fragebogen soll an dieser Stelle gleich Teil E (= konkrete finanzielle Verhältnisse) näher betrachtet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13
Frage 37 - Ist weiteres Immobilienvermögen vorhanden?
Über 90% der Best Ager wohnen „in den eigenen vier Wänden“ (Frage 36). Die Frage nach weiterem Immobilien- vermögen wurde von 61,3% verneint. Die restlichen Kunden der Zielgruppe verfügen über unterschiedlich hohe Immobilienvermögenswerte. (Frage 37)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14
Interessante Potenziale lassen die beiden folgenden Schaubilder erkennen. Mehr als die Hälfte der Befragten wenden monatlich mehr als 250 € für den Vermögensaufbau auf. Nur ca. 10% wenden nichts dafür auf. Gut 43% der Best Ager sind teilweise gleichzeitig noch dabei sich zu entschulden - die Mehrheit wendet in diesem Alter keine Beträge zur Kreditrückzahlung auf (Frage 38 und 39).
Frage 38 - Welchen Betrag verwenden Sie derzeit monatlich für Ihren Vermögensaufbau?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 16
Bei Betrachtung der monatlichen Ansparungen erkennt man, dass insbesondere „Besserverdiener“ mehr sparen (Frage 38 zu 35, siehe Schaubild in Anlage Nr. 9).
Teil B:
Die Hälfte der befragten Kunden bezeichnet die betreffende Bank als ihre alleinige Hausbank. Für weitere 40,8% ist die betreffende Bank zwar die Hausbank, jedoch unterhalten sie mindestens eine weitere Nebenbankverbindung. Für 6,5% ist die betreffende Bank die Nebenbankverbindung, wohingegen 2,7% sagten, sie hätten keine direkte Hausbank und teilen ihre Bankgeschäfte auf mehrere Institute auf (Frage 9).
Rund 55% tätigen mehr als 95% ihrer Geschäfte über die betreffende Bank, weitere knapp 27% zumindest mehr als drei Viertel. Potenzial ergibt sich hierbei aus den anderen Kunden. 10,2% wickeln zwischen 50% und 75% ihrer Geschäfte mit der jeweiligen Bank ab. Insgesamt 7,6% liegen bei weniger als der Hälfte (Frage 10).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17
Ein in unseren Augen sehr wichtiger Aspekt, der im weiteren Verlauf immer wieder betrachtet wird, ist die Frage nach einem persönlichen Berater (Frage 11). Anzumerken ist dabei, dass die Beantwortung dieser Frage das subjektive Gefühl der Kunden widerspiegelte - es ging nicht darum, ob in den Kundendateien der Banken „irgendwelche“ Beraternamen vorhanden sind. 71,5% gaben an, einen persönlichen Berater zu haben. 25,3% verneinten diese Frage und 3,2% sagten sogar, sie würden es nicht wissen.
Im nächsten Schritt wurde nach der Wichtigkeit eines solchen persönlichen Beraters gefragt. Hier sagten 86% (54,3% und 31,7%), dass ein persönlicher Berater sehr wichtig bzw. wichtig ist. Für 11,3% ist er weniger wichtig, für 2,7% ist er gar nicht wichtig (Frage 12).
Betrachtet man die Wichtigkeit des
Frage 11.1 mit 12.1 und 12.2 - Zusammenhang zwischen
persönlichen Beraters mit dem tat- sächlichen Vorhandensein, ergibt sich folgendes Bild: Fast alle Kunden, die einen persönlichen Berater haben, gaben an, dass ihnen dieser wichtig oder sehr
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18
Gefragt nach dem gewünschten Alter (Frage 13) des persönlichen Beraters sagte gut die Hälfte, es sei ihnen egal. Auffallend ist hier, dass sich nur 1,6% einen Berater wünschen, der zwischen 20 und 30 Jahre ist. Kunden, die sich konkret auf ein „Wunsch-Alter“ festlegten, sagten am häufigsten (23,1%), dass der Berater zwischen 41 und 50 Jahre alt sein soll.
Der überwiegenden Mehrzahl, genauer gesagt 84,4%, ist es hingegen egal, ob es sich dabei um einen männlichen oder einen weiblichen Berater handelt (Frage 14). Bei der Frage nach den bisherigen Erfahrungen mit ihrer Hausbank sagten 76,9%, dass die Beratungen und die daraus abgeleiteten Empfehlungen immer auf die persönlichen Wünsche und Ziele zugeschnitten sind (Frage 15).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 19
steigerte sich die Quote von 76,9% auf 84,2%. Die Aussagen, dass Empfehlungen oft zu wenig konkret, die Prüfung der Situation oftmals ungenau ist, oder dass der Berater doch „nur wieder was verkaufen“ möchte, reduzierten sich bei den Kunden mit persönlichem Berater merklich. Kunden mit persönlichem Berater fühlen sich also besser beraten.
Die Beurteilung der Hausbank wurde nach mehreren Kriterien erfragt (Frage 16). Vor allem in den Bereichen „Kompetente Beratung“, „Freundlicher Service“ und „Erreichbarkeit der Filiale“ konnte ein gutes bis sehr gutes Ergebnis erzielt werden. Die Bereiche „Gute Zinsen/Konditionen“ und „Günstige Gebühren“ wurden nur von jeweils zirka einem Viertel der Befragten mit gut oder sehr gut beurteilt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 20
Insgesamt 74,2% haben in den letzten drei Jahren keine größeren Geldbeträge bei einem anderen Anbieter angelegt. 21,5%, also fast der gesamte Rest, tat dies wegen besserer Konditionen. Nur vereinzelt wurden Geldanlagen bei anderen Anbietern des besseren Services wegen bzw. wegen besserer Beratung oder wegen anderer Gründe getätigt (Frage 17). Dieses Ergebnis bestätigt auch die Antworten der vorhergehenden Frage, wie gut bzw. schlecht Beratung, Service, Konditionen usw. empfunden werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 21
Während 94,1% der Befragten in der unteren Einkommensgruppe keinerlei Geldanlagen bei anderen Anbietern tätigen, sinkt diese Quote bei den höheren Einkommen auf rund 62% ab. Anders ausgedrückt: Je höher die Einkommen, desto mehr Geld wird bei anderen Anbietern angelegt.
Gefragt, ob Themen wie „Ermittlung der Versorgungslücke“, „Finanziell möglicher Zeitpunkt für den Vorruhestand“, „Vermögensoptimierung“ usw. bisher Inhalte von Beratungsgesprächen waren, antworteten jeweils weniger als ein Viertel (8,1% - 24,7%) mit „ja“ (Frage 19).
Bei der allgemeinen Frage nach einem Check-Gespräch (Frage 20) gab gut die Hälfte der Befragten (51,1%) an, keinen Wert darauf zu legen, wohingegen 29,0% keines gemacht haben, obwohl sie es gerne gehabt hätten. Die Quote der gewünschten Gespräche verdoppelt sich bei einer einfachen Änderung der Fragestellung - weg vom eher allgemeinen Ausdruck „Check-Gespräch“ hin zu anlassbezogenen Fragestellungen wie z. B. „steuersparende Vermögensübertragung“ auf rund 63% (vgl. Frage 33).
Der Aussage, dass zufriedene Kunden kleine Preisdifferenzen im Vergleich zu anderen Wettbewerbern in Kauf nehmen, stimmten 83,3% der Befragten zu. Diese sehr hohe Quote belegt einmal mehr, dass die Kundenzufriedenheit zentrales Thema und damit von hoher Wichtigkeit und Bedeutung ist (Frage 21).
78,5% der Best Ager fühlen sich von der Werbung direkt in der Bank gut angesprochen. Weniger gut fühlen sich die Kunden durch Anzeigen in Zeitungen bzw. Zeitschriften und durch Funk und Fernsehen angesprochen (Frage 22).
Gefragt nach den verfolgten Zielen bei der Geldanlage - hier waren Mehrfach- nennungen erlaubt - war die Altersvorsorge mit 73,1% die meistgenannte Antwort.
[...]
1 vgl. o. V., 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, 2003
2 vgl. o. V., EVS 2003, ZEW
3 vgl. o. V., ICON Wirtschafts- und Finanzmarktforschung GmbH, Juni 2003
4 vgl. Nolte/ Ambrozy (2004), S. 60
5 vgl. Mildner-Blumenthal, BBE (2002), S. 28
6 vgl. Meyer-Hentschel (2000), S. 632
7 vgl. Martin, M. (2005), S. 12
8 vgl. Meyer-Hentschel (2000), S. 647
9 vgl. Meyer-Hentschel (2000), S. 646-647
10 vgl. Martin, M. (2005), S. 48
11 vgl. Schulz, B. (2005), S. 5
12 vgl. Kleimeyer, A. (2005), S. 57
13 vgl. Meyer-Hentschel (2000), S. 648
14 vgl. Verheugen, E. (2005), S. 15
15 vgl. o.V., Vorsorgen 50 plus (2005), S. 4
16 vgl. Kleimeyer, A. (2005), S. 56
17 vgl. Gersmann, H. (2005), taz vom 15.02.2005
18 vgl. Leschinsky, A. (1997) S. 54
19 vgl. Nolte, B. (2004) S. 60
20 vgl. Martin, M. (2005) S. 66
21 vgl. Schulz, B. (2005) S. 34
22 vgl. Hunke, G. (2005) S. 562
23 vgl. Verheugen/Wetterauer-Kopka (2006), S. 35
24 vgl. Schulz, B. (2005), S. 58
25 vgl. Sieweck J. (2000), S. 276
26 vgl. Schulz, B. (2005), S. 55
27 vgl. Martin, M. (2005), S. 51
28 vgl. Meyer-Hentschel (2000), S. 646
29 vgl. Schulz, B. (2005), S. 38
30 vgl. Martin, M. (2005), S. 51
31 vgl. Englert, J. (2004), S. 64
32 vgl. Hunke, G. (2005), S. 562
33 vgl. Martin, M. (2005), S. 76
34 vgl. Kleimeyer, A. (2005), S. 57
35 vgl. Schulz, B. (2005), S. 80
36 vgl. Dzienziol/Kundisch (2005), S. 51
37 vgl. Martin, M. (2005), S. 72
38 vgl. Wülfinghoff, M. (2004), S. 38
39 vgl. Claßen, S. (2005), S. 42
40 vgl. Martin, M. (2005), S. 74-76
41 vgl. Meyer-Hentschel (2000), S. 634 u. 648
42 vgl. Englert, J. (2004), S. 64
43 vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 154 ff
44 vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 209
45 vgl. Müller-Stewens/Lechner (2001), S. 230
46 vgl. Eschenbach/Kunesch (1996), S. 42
47 vgl. Kompendium Management Bankakademie (2005), S. 900
48 vgl. Homburg/Bruhn (1999), S. 9 ff.
49 vgl. Wolf, E.E. (2001), S. 67
50 vgl. Kunz, H. (1996), S. 18
51 vgl. Wolf, E.E.(2001), S. 79
52 vgl. Uebel/Helmke/Dangelmaier (2004), S. 5
- Quote paper
- Ludwig Frischmann (Author), Alois Kraller (Author), Stefan Meier (Author), 2006, Best Ager mit Zukunft – Zukunft mit Best Ager! Potenzialausschöpfung für Universalbanken durch aktive Betreuung der 55- bis 65-jährigen Privatkunden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64219
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