In der folgenden Arbeit soll dass System Nazideutschlands mit dem der DDR am Beispiel ihrer Kunstpolitik verglichen werden. Die Diskussion der Vergleichbarkeit dieser beiden Systeme soll hier jedoch ausdrücklich nicht geführt werden. Durch den Vergleich können schließlich wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, verhindert man ihn, blockiert man damit den Fortschritt der Wissenschaft. Es werden zwei Herrschaftssysteme miteinander verglichen, deren geschichtliche Entwicklungen einmalig und individuell waren. Der entscheidende Unterschied ist hier wohl der, dass der Nationalsozialismus aus einer gescheiterten Demokratie heraus entstanden ist und die DDR aus einem oktroyierten Besatzungsregime.
Es soll im Folgenden untersucht werden, inwieweit die Kunstpolitik der beiden Systeme autoritär bzw. totalitär war, um daraus Rückschlüsse auf jeweils das gesamte Herrschaftssystem ziehen zu können. Dabei sind vor allem Organisationsstrukturen zu beleuchten. Dem voran wird zunächst ein Überblick über historische Ereignisse gegeben und dargestellt, wie die Systeme Kunst und Kultur beeinflussten und nach ihren Vorstellungen lenkten und welche Ansprüche sie an Kunst überhaupt hatten. Eine wichtige Frage ist die nach der Periodisierung der jeweiligen Herrschaftsdauer, sind sie jeweils als Einheit zu betrachten? Wohl kaum, im Nationalsozialismus stellt der Kriegsbeginn im Jahr 1939 eine Zäsur dar. Im System der DDR bringen vor allem die Wechsel an der Partei- und Staatsspitze sowie die Beschlüsse der Parteitage gewisse Kontinuitätsbrüche. Des Weiteren spielen hier die Führungswechsel in der Sowjetunion eine starke und einflussreiche Rolle.
Ohnehin ist in die Betrachtungen mit einzubeziehen, dass der Nationalsozialismus 12 Jahre und der Sozialismus in der DDR nahezu 40 Jahre wirkte, daraus ergeben sich Fragen nach der Durchsetzungskraft der jeweiligen politischen Entscheidungen. Dabei ist zu beachten, dass die Anfänge der nationalsozialistischen Kunstpolitik bereits vor der Machtergreifung im Januar 1933 zu suchen sind. Die Kunstpolitik in der sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949 wird hier nur zu Erläuterungszwecken beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kunstpolitik im Nationalsozialismus
2.1. Der staatliche Anspruch an Kunst und Kultur
2.2. Staatliche Beeinflussung der Kunst und Kultur
2.3. Die „Säuberung“ der deutschen Museen.
3. Kunstpolitik in der DDR
3.1. Der staatliche Anspruch an Kunst und Kultur
3.2. Kontinuitätsbrüche in der Kunstpolitik
3.3. Staatliche Beeinflussung der Kunst und Kultur.
4. Nazideutschland und die DDR, autoritär oder totalitär?
5. Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
Erklärung
1. Einleitung
In der folgenden Arbeit soll dass System Nazideutschlands mit dem der DDR am Beispiel ihrer Kunstpolitik verglichen werden. Die Diskussion der Vergleichbarkeit dieser beiden Systeme soll hier jedoch ausdrücklich nicht geführt werden[1]. Durch den Vergleich können schließlich wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, verhindert man ihn, blockiert man damit den Fortschritt der Wissenschaft[2]. Es werden zwei Herrschaftssysteme miteinander verglichen, deren geschichtliche Entwicklungen einmalig und individuell waren. Der entscheidende Unterschied ist hier wohl der, dass der Nationalsozialismus aus einer gescheiterten Demokratie heraus entstanden ist und die DDR aus einem oktroyierten Besatzungsregime[3].
Es soll im Folgenden untersucht werden, inwieweit die Kunstpolitik der beiden Systeme autoritär bzw. totalitär war, um daraus Rückschlüsse auf jeweils das gesamte Herrschaftssystem ziehen zu können. Dabei sind vor allem Organisationsstrukturen zu beleuchten. Dem voran wird zunächst ein Überblick über historische Ereignisse gegeben und dargestellt, wie die Systeme Kunst und Kultur beeinflussten und nach ihren Vorstellungen lenkten und welche Ansprüche sie an Kunst überhaupt hatten. Eine wichtige Frage ist die nach der Periodisierung der jeweiligen Herrschaftsdauer, sind sie jeweils als Einheit zu betrachten? Wohl kaum, im Nationalsozialismus stellt der Kriegsbeginn im Jahr 1939 eine Zäsur dar. Im System der DDR bringen vor allem die Wechsel an der Partei- und Staatsspitze sowie die Beschlüsse der Parteitage gewisse Kontinuitätsbrüche. Des Weiteren spielen hier die Führungswechsel in der Sowjetunion eine starke und einflussreiche Rolle. Ohnehin ist in die Betrachtungen mit einzubeziehen, dass der Nationalsozialismus 12 Jahre und der Sozialismus in der DDR nahezu 40 Jahre wirkte, daraus ergeben sich Fragen nach der Durchsetzungskraft der jeweiligen politischen Entscheidungen. Dabei ist zu beachten, dass die Anfänge der nationalsozialistischen Kunstpolitik bereits vor der Machtergreifung im Januar 1933 zu suchen sind. Die Kunstpolitik in der sowjetischen Besatzungszone von 1945 bis 1949 wird hier nur zu Erläuterungszwecken beleuchtet.
2. Kunstpolitik im Nationalsozialismus
2.1. Der staatliche Anspruch an Kunst und Kultur
Hitler stellte 1933 auf der Kulturtagung des Reichsparteitages der NSDAP ausführlich seine Vorstellungen bezüglich der Kunst des Dritten Reiches und ihrer Aufgaben vor. Dabei versuchte er, mit pseudowissenschaftlich hergeleiteten Phrasen zu begründen, warum die „Arier“ das Recht haben, alle existierende Kunst in Frage zustellen und die Kunstwelt neu zu gestalten[4]. Die Kunstanschauung des Nationalsozialismus bildete dennoch keine einheitliche Kunsttheorie aus. Stattdessen gab es eine Zusammenstellung verschiedenster und teilweise widersprüchlicher Aussagen und Konzepte. In erster Linie verfolgte man jedoch eine Fortführung der Kunstvorstellungen des Wilhelminischen Deutschlands mit einer übergewichtigen kleinbürgerlichen Komponente[5]. Echte Kunst rücke nach Hitler das Landleben, das „ewig Gesunde“ und vor allem das deutsche Volk in den Mittelpunkt[6]. Moderne Kunst hingegen verkörpere Internationalität und damit nicht das Deutschtum. Die Nationalsozialisten benutzten Kunst jedoch nicht nur, um politische Botschaften zu vermitteln, vielmehr sollte die Kunst Wünsche und Sehnsüchte in der Bevölkerung wecken und so ihre Verhaltensweisen lenken. Landschaftsmotive sollten die Schönheit des eigenen Landes aufzeigen und so Sehnsüchte nach fernen Ländern unterdrücken, Motive mit Müttern, Vätern und mehreren Kindern sollten das Familienleben harmonisieren und zu mehr Geburten animieren, muskulöse, schlanke Körper sollten den staatlichen Anspruch auf gesunde, kräftige und damit kriegsfähige Menschen verdeutlichen. Nach heutigen Ansichten stelle die zeitgenössische Kunst jedoch einen ästhetischen Totalausfall dar, sie wäre daher auch nicht als Nazikunst definierbar. Daraus wird nun geschlussfolgert, dass von dieser Kunst keine ideologische Wirkung ausgehen könne[7]. Die Meinung Achim Preiß’ darf jedoch bezweifelt werden, es ist wohl unstrittig, dass die Kunst der Nazis ideologisch stark gefärbt war und von ihr auch eine solche Wirkung ausging. So wurde beispielsweise die Frau oft aus der nationalsozialistischen Weltanschauung heraus als Zuchtstute abwegiger Rassenvorstellungen, als willenloses Objekt männlicher Begierde und als zuständig für die Versorgung und Pflege einer Kriegstreibenden Generation dargestellt[8]. Ob bestimmte Kunstwerke nun zur Ideologie des NS-Staates passten, hing oft von nicht eindeutig definierten und schlecht nachzuweisenden Eigenschaften ab. So entschieden die Nationalsozialisten mit ihrem provinziellen und teilweise stümperhaft- subjektiven Kunstverständnis darüber, was genehm und was nicht genehm war. Vor allem Hitler, der sich selbst seit seiner Ablehnung durch die Wiener Kunstakademie als verkanntes Genie und Kunstsachverständigen sah[9]. Viele der ästhetischen Prinzipien, die später in das Gedankengut und das Kunstverständnis des Dritten Reiches einflossen, stammen aus Hitlers Wiener Zeit.
2.2. Staatliche Beeinflussung der Kunst und Kultur
Der NS-Staat nutzte alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel, um die Kunst zu beeinflussen und nach seinem Verständnis zu lenken. Dazu wurden eine ganze Reihe von Institutionen, Gremien und Vereinigungen gegründet, die alle mehr oder weniger dem Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda und damit direkt Joseph Goebbels unterstanden. Daneben gab es unzählige Aktionen und Massenveranstaltungen gegen die systemfremde Kunst, wie zum Beispiel die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 in Berlin, welche einen öffentlichen Kampf gegen ungewollte Kunst eröffnete, oder die zahlreichen Ausstellungen von und Hetzkampagnen gegen ungewollte Kunstrichtungen.
Den Beginn nationalsozialistisch organisierter Kulturarbeit stellte die Gründung der „Nationalsozialistischen Gesellschaft für deutsche Kultur“ 1927 durch Alfred Rosenberg dar. Diese Gesellschaft wurde 1928/1929 zum „Kampfbund für deutsche Kultur“ übergeleitet. Eine tief greifende Struktur von Ortsgruppen, welche durch zahlreiche Vorträge den örtlichen „Kulturkampf“[10] organisierte, war schnell geschaffen. Bereits im März 1929 gab es 20 solcher Ortsgruppen. Sie führten Kampagnen gegen ungewollte Museumsleiter, Regisseure und Künstler im Allgemeinen. Im Jahre 1931 gliederte man den „Kampfbund für deutsche Kultur“ nach Berufsgruppen auf. Ziel dieses Vorgangs sollte die Ausschaltung aller Klassengegensätze, eine zentrale Lenkung und ideologische Indoktrination sein[11]. Für den NS-Staat war durch diese Organisation noch nicht genug Überwachung und Beeinflussung gewährleistet, so wurde am 22. September 1933 ein Gesetz zur Überführung der künstlerischen Berufsverbände in die „Reichskulturkammer“ herausgegeben, welche dann am 15. November 1933 gegründet wurde. Die Mitgliedschaft war für alle Künstler Pflicht und mit der Aufnahme in die Reichskulturkammer waren zahlreiche Untersuchungen zum Beispiel auf politische Verlässlichkeit und auf „rassische Abstammung“ verbunden. Eine Ablehnung der Aufnahme kam einem Berufsverbot gleich. Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 07. April 1933 versetzte Nazi-Beamte in die Lage, nicht arische Regierungsangestellte aus ihren Stellungen zu entlassen. Dadurch wurden allein mehr als 20 Museumsdirektoren und Kuratoren fristlos gekündigt. Viele nicht genehme Museumsleiter und Lehrstuhlinhaber wurden jedoch bereits vor 1933 zur Aufgabe ihrer Ämter gezwungen[12]. Auch die Reichskulturkammer unterlag dem Führerprinzip, deshalb waren demokratische Entscheidungen nicht mehr möglich. Diese neue Standesorganisation ermöglichte die totale Kontrolle des künstlerischen Lebens. Die Einrichtung der Kammer garantierte die Ausrichtung der Kunst auf die nationalsozialistische Weltanschauung. Die Kunst war nun im Wesentlichen gleichgeschaltet und von Staat und Regierung leicht zu beeinflussen, nun ging es noch darum, auch letzte oppositionelle Auffassungen von Kunst zu beseitigen. Daher wurde 1936 auch der „Nationalsozialistische Studentenbund“ aufgelöst, mit dem die von Alfred Rosenberg geführte Reichskulturkammer einen Richtungsstreit zum Beispiel in bezug auf den Expressionismus führte. Am 26. November 1936 folgte dann das Verbot der Kunstkritik, die durch den Kunstbericht ersetzt wurde. Von nun an war eine Analyse von Kunstwerken nicht mehr möglich, der Kunstbericht beschränkte sich auf das Aufzeigen der nationalsozialistischen Weltanschauung innerhalb eines Kunstwerkes. Alle Verlage wurden im NSDAP-Zentralverlag vereint und waren so leicht beeinflussbar. Schriftsteller durften ohnehin nur noch schreiben, wenn sie als systemkonform galten. Mit Kriegsbeginn im September 1939 flachte das Interesse der Nazis an der Gestaltung der Kunst etwas ab, was nicht bedeutet, dass es keine Kontrolle mehr gab. Mit der Ernennung Goebbels’ zum „Bevollmächtigten für den totalen Krieg“ schließlich folgte unter angeblichen Sparzwängen die Schließung vieler Theater und Museen, die radikale Kürzung öffentlicher Gelder für die Filmindustrie und große Teile der Reichskulturkammer wurden ausgeschaltet[13]. Die gesamte Aufmerksamkeit galt nunmehr dem Krieg und der Durchführung des grausamen und menschenverachtenden Planes von der „Endlösung der Judenfrage“.
[...]
[1] Sicherlich sind beide Regime sehr unterschiedlich, der Nationalsozialismus hat, begründet durch sein rassenbiologisches Denken, das schlimmste Verbrechen an der Menschheit begangen , die fabrikmäßige Vernichtung aller zur jüdischen Religion gehörigen Menschen in Europa. Diesen genozidalen Gedanken finden wir im Sozialismus der DDR nicht. Dieser und weitere prägnante Unterschiede zwischen Nationalsozialismus und DDR sind geläufig und hindern meines Erachtens nicht am Vergleich von Strukturen der Machterlangung, -festigung und -wahrung.
[2] Ich schließe mich hierbei der Argumentation Günther Heydemanns und Detlef Schmiechen - Ackermanns an. Heydemann, G.; Schmiechen - Ackermann, D.: Zur Theorie und Methodologie vergleichender Diktaturforschung, in: Heydemann, G.; Oberreuter, H. (Hrsg.): Diktaturen im Vergleich - Vergleichsaspekte. Strukturen, Institutionen und Verhaltensweisen, (=Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 389), Bonn 2003, S. 9 ff..
[3] Vgl. Heydemann, G.; Schmiechen - Ackermann, D., (Anm. 2) S. 9.
[4] Vgl. Hitlers Rede auf der Kulturtagung des Reichsparteitages der NSDAP 1933 in Nürnberg, in: Wulf, J.:
Die bildenden Künste im Dritten Reich, Eine Dokumentation, Berlin, Frankfurt/M., Wien 1983, S. 64-68.
[5] Vgl. Petsch, J.: Kunst im Dritten Reich. Architektur, Plastik, Malerei, Alltagsästhetik, Köln 31994 , S. 11.
[6] Vgl. Adam, P., Adam, P.: Kunst im Dritten Reich, Hamburg 1992, S. 14.
[7] Vgl. Preiß, A.: Das Dritte Reich und seine Kunst. Zum Umgang mit einer Blamage, in: Brock, B.; Preiß, A. (Hrsg.): Kunst auf Befehl? Dreiunddreißig bis Fünfundvierzig, München 1990, S. 260.
[8] Vgl. Hoffmann-Curtis, K.: Die Frau in ihrem Element. Adolf Zieglers Triptychon der „Naturgesetzlichkeit“, in: Berthold, H. (Hrsg.): NS-Kunst 50 Jahre danach, Marburg 1989, S.9ff.
[9] Vgl. Kershaw, I.: Hitler Bd. 1, 1889-1936, München 2002, S. 55 - 73.
[10] Dieses Schlagwort wurde im eigentlichen Sinne für die Krise des Bismarckschen Reiches mit der katholischen Kirche genutzt, im NS-Staat diente es zur Verdeutlichung des Staatlichen Kampfes gegen Systemfremde Kunst.
[11] Vgl. Petsch, J. (Anm. 5), S. 13.
[12] Vgl. Petsch, J. (Anm. 5), S. 13.
[13] Vgl. Kershaw, I.: Hitler Bd. 2 1936-1945, München 2002, S. 928.
- Citation du texte
- Matthias Kolodziej (Auteur), 2004, Autoritär oder totalitär? Nazideutschland und die DDR im Vergleich, am Beispiel ihrer Kunstpolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64105
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