Wie soll ein allmächtiger und auch guter Gott mit dem Bösen bzw. dem menschlichen Leid vereinbar sein? So lautet die Frage der Theodizee, die sich vorallem an die monotheistischen Religionen richtet. Die Bibel bedachte in den Büchern der Chronik, der Geschichte des Volkes Israel, und insbesondere im Buch Hiob dieses stets aktuelle Problem und gibt ihren eigenen Lösungsansatz.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Biblisches Glaubensverständnis
3. Bücher der Chroniken
3.1 Vergeltungsglaube
3.2 Geschichte Judas
4. Das Buch Hiob
4.1. Die Ursache des Leidens
4.2. Umgang mit dem Leid
4.3. Hiobs Wiederherstellung
5. Zusammenfassung
6. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Die Theodizee (theos θεός = Gott + díke δίκη = Gerechtigkeit) ist ein klassisches theologisches Problem der monotheistischen Religionen, die von einer Existenz eines allmächtigen und allwissenden[1], zugleich aber auch guten und barmherzigen[2] Gottes ausgehen. Wie soll ein solcher Gott mit dem Bösen, dem Leid und dem Tod in der Welt vereinbar sein?[3] Oder auch anders gefragt: Wenn Gott allmächtig und liebend ist, wie kann man dann das Übel in der Welt erklären?
In treffender Weise bedachte der griechische Philosoph Epikur das Problem:
„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott mi ß günstig, was ihm fremd ist,
oder er will es nicht und kann es nicht:
Dann ist er schwach und mißgünstig zugleich, also nicht Gott,
oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?“[4]
Die Problematik ist so alt wie die Menschheit selbst. Die Bezeichnung des Theodizee-Problems geht jedoch auf den Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) zurück. Leibniz zufolge ist die Theodizee „die Rechtfertigung der Güte Gottes angesichts des Leids in einer von Ihm abhängigen Welt“[5].
Wenn die drei Eckpfeiler des Problems betrachtet werden (Allmacht, Güte, Realität) erscheinen sie zueinander im Widerspruch zu stehen.
Man könnte feststellen, daß sie ein „Trilemna“ ergeben, in dem Sinne, daß zwei Ideen wohl miteinander zu vereinbaren wären, diese aber dann der dritten logisch widersprächen. Demnach kann die Theodizee als Versuch erachtet werden, der Versuchung zu widerstehen, daß solch ein Trilemna existiert.[6]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Angesichts von Katastrophen stellt sich die Frage nach der Theodizee (auch öffentlich) immer wieder neu. Das Problem der Theodizee kann jeden Menschen in seinen physichen und seelischen Leidenserfahrung betreffen. Es ist dadurch engstens mit dem Kern menschlicher Existenz und dem Glauben verbunden. Das Problem, sofern es überhaupt existiert, ist letztlich immer eine Rückfrage nach Gott und insbesondere auch seiner Gerechtigkeit.
Auf die Fragen nach der Theodizee gibt es vielfache und kaum einfache Antworten. Die Lösung des Problems kann darin bestehen, zu versuchen eine der Annahmen zu entkräften oder als nicht existent zu betrachten oder den Widerspruch als nicht legitim zu betrachten. Die wesentlichen möglichen Lösungsansätze sind:
- Das Böse wird relativiert;
- Gottes Eigenschaften sind neu zu durchdenken;
- Die Existenz Gottes wird negiert;
- Gott greift in die Welt nicht ein oder
- Sowohl an der Realität des Bösen als auch an Güte, Allmacht und Allwissenheit Gottes wird festgehalten.
Die Heilige Schrift „verarbeitet“ die menschlich Erfahrung des Leidens bzw. die Existenz des Bösen. Verschiedene biblische Gestalten ringen in unterschiedlichen Lebenssituationen um Antworten, die sie im jüdisch-christlichen Bereich letztlich (nur) von Gott erhalten.
Dem modernen Mensch (in seinem Anspruchdenken), der alles (natur)wissenschaftlich erfassen will, ist das Theodizeeproblem ein besonderer Stein des Anstoßes. Für ihn ist Elend, Leid und Not etwas, das er nicht logisch erfassen kann und somit etwas Negatives, das in der Welt nicht bestehen sollte. Da er es mit seinem Weltbild schwer vereinbaren läßt, neigt er zur Schlussfolgerung, daß es einen Gott nicht gäbe.
2. Biblisches Glaubensverständnis
Das (so genannte) Alte Testament der Heiligen Schrift ist ein Buch von Büchern, das von der Geschichte Gottes mit seinem auserwählten Volk handelt. Die Bibel erzählt die Geschichte Gottes mit den Menschen überhaupt und ist darüber hinaus Heilsgeschichte. Für den gläubigen Menschen beinhaltet sie das offenbarte Wort Gottes. Thesenartig seien für die weiteren Auslegungen die wichtigsten Grundzüge des biblischen Glaubensverständnisses erörtert:
Gott ist der Schöpfer der Welt und Herr der Geschichte. Er ist ein handelnder Gott, der in das Geschehen der Welt durch seine Vorsehung (rettend) eingreift. Er ist kein apathischer, sondern ein mitleidender Gott, der sich um das Wohl und Wehe seiner Geschöpfe kümmert.[7] Er offenbart sich dem Menschen und erteilt ihm seine Gebote bzw. Weisung. Dieses Gesetz ist das Heilsangebot Gottes an den Menschen, das der Mensch in seiner ihm gegeben Freiheit annehmen oder abschlagen kann. Die Befolgung wird dem Menschen Segen und somit Leben bringen, die Ablehnung wird ihm Fluch und den Tod bringen.[8] Gott vergilt den Menschen ihren Glaubensgehorsam mit Gutem und den Frevlern ihr böses Tun.
Gott spricht insbesondere durch von ihm auserwählte Menschen, die Propheten. Gott ist als personales Wesen ein Vater, der die Menschen formen und erziehen will.[9] Er ist darüber hinaus ein gerechter Gott. Dieses alttestamentliche Glaubensverständnis ist Grundlage und Voraussetzung der jüdischen (die seinen Ausdruck im Talmud findet), sowie der neutestamentlichen bzw. christlichen Theologie.[10]
[...]
[1] Vgl. etwa Genesis 17,1: „Ich bin Gott, der Allmächtige.“ Anstatt „der Allmächtige“ wäre eine passendere Übersetzung „der Allwissende“.
[2] Vgl. etwa Psalm 135,3 : „...denn der Herr ist gütig.“ Im hebräischen Orginaltext steht das Wort tov (gut) anstatt „gütig“, welches einen einfachen Inhalt hat .
[3] Das „Böse“ kann verschiedener Art sein; natürlich (etwa Tod, Krankheit oder Naturkatastrohen), sozial oder auch national.
[4] Dieser Text wurde durch den Kirchenschriftsteller Lactantius (ca. 250 bis nach 317) überliefert, dessen Theologie in diesen Formulierungen eingeflossen sein dürften.
[5] Gottfried Wilhelm Leibniz in seinem 1710 verfassten Werk „Essais de Théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l'homme et l'origine du mal. Das Problem der Theodizee war wohlgemerkt schon zu früheren Zeiten Gegenstand von Diskussionen, ohne mit diesem Begriff benannt worden zu sein.
[6] Ronald Green: „Theodicy“, The Encyclopedia of Religion, New York, London, 1987, 41.
[7] Dadurch unterscheidet sich der biblische Glaube etwa vom Kismetgedanken im Islam und der Verwerfung der Glücksuche im Buddhismus.
[8] Vgl. Deuteronomium 30,15-19: "Hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor. Wenn du auf die Gebote des Herrn, deines Gottes, auf die ich dich heute verpflichte, hörst, indem du den Herrn, deinen Gott, liebst, auf seinen Wegen gehst und auf seine Gebote, Gesetze und Rechtsvorschriften achtest, dann wirst du leben und zahlreich werden und der Herr, dein Gott, wird dich in dem Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen, segnen. Wenn du aber dein Herz abwendest und nicht hörst, wenn du dich verführen lässt, dich vor anderen Göttern niederwirfst und ihnen dienst -heute erkläre ich euch: Dann werdet ihr ausgetilgt werden; ihr werdet nicht lange in dem Land leben, in das du jetzt über den Jordan hinüberziehst, um hineinzuziehen und es in Besitz zu nehmen. Den Himmel und die Erde rufe ich heute als Zeugen gegen euch an. Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen."
[9] Vgl. Deuteronomium 8,5: „... sollst du die Erkenntnis gewinnen, daß der Herr, dein Gott, dich erzieht, wie ein Vater seinen Sohn erzieht.“ Der Katechismus der Katholischen Kirche spricht von der „göttlichen Erziehungskunst der heilschaffenden Liebe Gottes“.
[10] Nichtzuletzt Papst Johannes Paul II. hat bei vielen Gelegenheit darauf hingewiesen, daß der "Neue Bund" den alten nicht aufgelöst hat, sondern diesen aus christlichen Verständnis fortsetzt. Dabei bezieht er sich auf die Konzilserklärung Nostrae Aetate, die wiederum ihren Wurzergrund im Römerbrief findet: "Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er sich zuvor erwählt hat ... Nicht Du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt Dich! “ (Röm 11,2)
- Citation du texte
- Christian Machek (Auteur), 2006, Zur Theodizee in der Bibel-Reflexionen über die Bücher der Chronik und Hiob, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64070
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