Im Jahre 1961 hat sich die Verfassung der Islamischen Republik Mauretanien (im folgenden: Mauretanien) zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 bekannt, deren Artikel 4 besagt: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.“1 Zudem hat Mauretanien, als letztes Land weltweit, die Sklaverei 1980 offiziell abgeschafft. Somit dürfte es dort keine Sklaven geben. Doch die Realität deckt sich hier nicht mit der Theorie. So gehen Schätzungen der Menschenrechtsorganisation SOS Esclaves davon aus, dass noch heute etwa 35 000 Menschen in Mauretanien versklavt sind.2 Unter welchen Voraussetzungen die Sklaven dabei leben und warum sich an der momentanen Situation nichts ändert, soll folgender Aufsatz klären.
Um die Sklaverei in Mauretanien zu verstehen, ist es dabei notwendig einen Blick auf die Gegebenheiten Mauretaniens zu werfen. Deshalb wird in Kapitel 2 zunächst eine Übersicht über das Land allgemein gegeben. Anschließend wird in Kapitel 3 die heutige Sklaverei in Mauretanien dargestellt, bevor in Kapitel 4 die wirtschaftlichen Aspekte der Sklavenarbeit aufgezeigt werden. Danach werden die Probleme für die tatsächliche Abschaffung der Sklaverei beschrieben. Abschließend wird in Kapitel 6 ein Ausblick gegeben über die Voraussetzungen für die Befreiung der letzten Sklaven. Die Seminararbeit geht dabei nur auf die Jahre vor 2005 ein, da zu diesem Zeitpunkt ein Regierungswechsel in Mauretanien stattgefunden hat und bislang unklar ist, wie sich dieser auf die Stellung der Sklaven ausgewirkt hat. Auch andere Quellen mögen veraltet erscheinen, allerdings gilt zu beachten, dass es nur wenig aktuelle Quellen über die Sklaverei in Mauretanien gibt. Dies hängt damit zusammen, dass es laut Ulrich Delius, Afrikareferent bei der Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen, „kein Problem gibt, das so totgeschwiegen wird, wie das Sklavenproblem in Mauretanien.“
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Mauretanien im Überblick
2.1 Geografische Lage
2.2 Bevölkerung
2.2.1 Bevölkerungszahlen und ethnische Gruppen
2.2.2 Gesellschaftliche Klassen
2.3 Politische Verhältnisse
2.4 Wirtschaftliche Verhältnisse
2.5 Geschichtliche Hintergründe Mauretaniens
3 Heutige Sklaverei in Mauretanien
3.1 Einordnung der mauretanischen Sklaverei
3.2 Rechtlicher Status der Sklaven
3.3 Das Leben der Sklaven bei ihren Herren
4 Wirtschaftliche Aspekte der Sklavenarbeit
4.1 Arbeit der Sklaven
4.2 Wirtschaftliche Vorteile durch Sklavenarbeit
4.3 Wirtschaftliche Abhängigkeit der Sklaven
5 Probleme bei der Abschaffung der Sklaverei
5.1 Gesellschaftliche Bindung der Sklaven an ihre Herren
5.2 Verleugnung der Sklaverei von Seiten der Regierung
5.3 Wirtschaftliche Hindernisse bei der Abschaffung der Sklaverei
6 Ausblick
1 Einleitung
Im Jahre 1961 hat sich die Verfassung der Islamischen Republik Mauretanien (im folgenden: Mauretanien) zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 bekannt, deren Artikel 4 besagt: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.“[1] Zudem hat Mauretanien, als letztes Land weltweit, die Sklaverei 1980 offiziell abgeschafft. Somit dürfte es dort keine Sklaven geben. Doch die Realität deckt sich hier nicht mit der Theorie. So gehen Schätzungen der Menschenrechtsorganisation SOS Esclaves davon aus, dass noch heute etwa 35 000 Menschen in Mauretanien versklavt sind.[2] Unter welchen Voraussetzungen die Sklaven dabei leben und warum sich an der momentanen Situation nichts ändert, soll folgender Aufsatz klären.
Um die Sklaverei in Mauretanien zu verstehen, ist es dabei notwendig einen Blick auf die Gegebenheiten Mauretaniens zu werfen. Deshalb wird in Kapitel 2 zunächst eine Übersicht über das Land allgemein gegeben. Anschließend wird in Kapitel 3 die heutige Sklaverei in Mauretanien dargestellt, bevor in Kapitel 4 die wirtschaftlichen Aspekte der Sklavenarbeit aufgezeigt werden. Danach werden die Probleme für die tatsächliche Abschaffung der Sklaverei beschrieben. Abschließend wird in Kapitel 6 ein Ausblick gegeben über die Voraussetzungen für die Befreiung der letzten Sklaven. Die Seminararbeit geht dabei nur auf die Jahre vor 2005 ein, da zu diesem Zeitpunkt ein Regierungswechsel in Mauretanien stattgefunden hat und bislang unklar ist, wie sich dieser auf die Stellung der Sklaven ausgewirkt hat. Auch andere Quellen mögen veraltet erscheinen, allerdings gilt zu beachten, dass es nur wenig aktuelle Quellen über die Sklaverei in Mauretanien gibt. Dies hängt damit zusammen, dass es laut Ulrich Delius, Afrikareferent bei der Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen, „kein Problem gibt, das so totgeschwiegen wird, wie das Sklavenproblem in Mauretanien.“[3]
2 Mauretanien im Überblick
2.1 Geografische Lage
Mauretanien befindet sich im Nordwesten Afrikas, im sogenannten Übergangsgebiet zwischen der Wüste Sahara und der Sahelzone. In dem islamischen Staat, der fast drei Mal so groß ist wie Deutschland, sind viele Gebiete unbewohnbar.[4] Bis auf den südlichen Landesteil, welcher an Senegal grenzt und dessen gleichnamiger Grenzfluss die einzig dauernd fließende Wasserquelle ist, wird das Klima als wüstenhaft bezeichnet. Weitere Nachbarstaaten sind im Norden und Nordosten Algerien und die Westsahara sowie im östlichen und südöstlichen Teil Mali.[5] Somit spielt Mauretanien als geographisches Bindeglied eine gewisse Vermittlerrolle zwischen dem westlichen Schwarzafrika (Südsahara–Afrika) und dem islamisch-arabischen Weißafrika (Maghreb) im Norden.
2.2 Bevölkerung
2.2.1 Bevölkerungszahlen und ethnische Gruppen
Im Mauretanien lebten im vergangenen Jahr 2,8 Millionen Einwohner; in der Hauptstadt Nouakchott 750000.[6] Der Anteil der nomadisierenden Bevölkerung ist von 83 Prozent im Jahr 1965 auf 4,8 Prozent im Jahr 2000 gesunken.[7] Die mauretanische Gesellschaft setzt sich aus drei Hauptgruppen zusammen: Den hellhäutigen Mauren arabisch-berberischen Ursprungs (30 Prozent) sowie den schwarzen Mauren schwarzafrikanischer Abstammung, die von den weißen Mauren unterdrückt und „arabisiert“ wurden (40 Prozent).[8] Die schwarzen Mauren, Haratin genannt, waren früher Vasallen für die adlige Schicht, allerdings erhoben sich einige in eine unabhängige Gesellschaftsklasse, die jedoch keine Anerkennung erhielt. Die formale Abschaffung der Sklaverei im Jahre 1980 ordnete an, dass alle ehemaligen Sklaven, bis dahin Abid genannt, fortan als Haratin bezeichnet werden, was für die „wahren Haratin“ eine Beleidigung war und darüber hinaus heute oft zu Verwirrung führt.[9] Neben den beiden genannten Gruppen existieren zudem die überwiegend im Süden des Landes lebenden Schwarzmauretanier (30 Prozent)[10], welche sich in verschiedene Stämme aufteilen lassen und eigene Sprachen sprechen.[11] Wie viele Menschen tatsächlich den einzelnen Gruppen angehören kann indes nicht gesagt werden, da die herrschenden weißen Mauren die Ergebnisse der Volkszählung geheim halten, wohlwissend, dass sie zahlenmäßig unterlegen sind.[12]
2.2.2 Gesellschaftliche Klassen
Die Unterteilung in ethnische Gruppen spiegelt nicht die Aufteilung in die verschiedenen sozialen Klassen wider. Denn der soziale Status in Mauretanien ist nicht nur eine Frage der Hautfarbe. So sind die weißen Mauren in ungleiche gesellschaftliche Klassen unterteilt, nämlich in die wohlhabendere Kriegerkaste der Hassanyia; die geistigen Marabuts, eine Priesterkaste; sowie die von den Hassanyi abhängigen Zenaga-Vasallen. Der soziale Status der schwarzen Mauren hingegen hängt von der Verbindungsdauer bzw. dem Grad der Mischehen mit den weißen Mauren ab. Innerhalb der Gesellschaft von weißen Mauren hat die Mischehe somit die Rassenunterschiede mehr und mehr verwischt.[13]
2.3 Politische Verhältnisse
Am 3. August 2005 wurde der seit 1984 amtierende Präsident Maaouya Ould Sid Ahmed Taya durch einen unblutigen Militärputsch gestürzt. Träger des Militärputsches waren die mauretanische Präsidentengarde BASEP und der bisherige Chef der Sicherheitsdienste, Oberst Ely Ould Mohamed Vall.[14] Er übernahm an der Spitze eines ins Leben gerufenen „Militärrats für Gerechtigkeit und Demokratie“ die Macht in Mauretanien. Vall versicherte, Reformen in Richtung Demokratie und Verfassungsmäßigkeit durchzuführen. Der Großteil der Oppositionsparteien, der Bevölkerung und auch der Zivilgesellschaft unterstütze ihn und damit den Sturz des ehemaligen Präsidenten Taya.[15] Dieser hatte in seiner Amtszeit unter anderem den Hass gegen die Afromauretanier geschürt, um vom Elend der Sklavenbevölkerung abzulenken.[16] Inwieweit sich die Stellung der Sklaven mit der neuen Regierung verbessert hat bzw. demokratische Veränderungen erfolgt sind, ist noch unklar. Dies wird sich wohl erst in den kommenden Jahren zeigen.
2.4 Wirtschaftliche Verhältnisse
Im Jahr 2003 betrug das Bruttosozialprodukt $1,2 Milliarden, das Wirtschaftswachstum 5,4 Prozent und die Inflationsrate 5,5 Prozent. Das Pro-Kopf-Einkommen zählte gerade mal $ 350.[17] Damit ist die Bevölkerung Mauretaniens eine der ärmsten der Welt. Das Land verfügt nur über zwei natürliche Ressourcen: Eisenerz und Fisch. Die Nachfrage nach Eisenerz, das fast 40 Prozent der Gesamtexporte ausmacht, hat allerdings stark nachgelassen. Und das reiche Fischvorkommen nimmt kontinuierlich ab, seit 1986 die Fischgründe entlang der Küste für ausländische Unternehmen geöffnet wurden. So ist auch diese Einnahmequelle gefährdet.
Ein weiteres Problem in Mauretanien ist die hohe Außenverschuldung. Im Jahr 2000 lag sie bei $ 2,5 Milliarden.[18] Seit der Aufnahme Mauretaniens in das erweiterte HIPC-Programm (Heavily Indebted Poor Countries) für hoch verschuldete Länder im Jahr 2000 nimmt diese Summe allerdings kontinuierlich ab. Dabei ist ein wesentlicher Punkt der neuen HIPC-Initiative die Forderung, dass das Schuldnerland die erlassenen Schuldbeträge für die Armutsbekämpfung verwendet.[19] Die mauretanische Regierung hat hierfür 2001 erfolgreich ein Armutsbekämpfungsstrategiepapier (Poverty Reduction Strategy Paper - PRSP) bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfond eingereicht. Nach einjähriger Umsetzung der vereinbarten PRSP-Maßnahmen – zu denen unter anderem die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums sowie die Entwicklung der Möglichkeiten zur Produktivität für Arme gehört – hat das Land 2002 den Vollendungszeitpunkt („Completion Point“) im Rahmen der erweiterten HIPC-Initiative erreicht. Damit werden Mauretanien insgesamt $ 1,1 Milliarden Schulden erlassen. Bis zum Jahr 2011 soll Mauretaniens Schuldendienst somit auf durchschnittlich $ 39 Millionen sinken. Der Internationale Währungsfond möchte Mauretanien 55 Prozent des Schuldendienstes bis 2007 erlassen, die Weltbank 65 Prozent bis zum Jahr 2019.[20]
[...]
[1] Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948
[2] Interview mit GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius, siehe Anhang 2
[3] Eben dort
[4] Hudgens und Trillo, The Rough Guide, S.300
[5] Siehe Karte von Mauretanien im Anhang 1
[6] Auswärtiges Amt, Länder- und Reiseinformationen: Mauretanien
[7] Schicho, Länderinformation Mauretanien
[8] Central Intelligence Agency, The World Factbook 2006 - Mauritania
[9] Hudgens und Trillo, The Rough Guide, S.300
[10] Central Intelligence Agency, The World Factbook 2006 - Mauritania
[11] Schweizerische Flüchtlingshilfe, Lageübersicht Mauretanien, S.3
[12] Bales, Die neue Sklaverei, S.110
[13] Hudgens und Trillo, The Rough Guide, S.300
[14] Central Intelligence Agency, The World Factbook 2006 - Mauritania
[15] Auswärtiges Amt, Länder- und Reiseinformationen: Mauretanien
[16] Hudgens und Trillo, The Rough Guide, S.317
[17] Auswärtiges Amt, Länder- und Reiseinformationen: Mauretanien
[18] Central Intelligence Agency, The World Factbook 2006 - Mauritania
[19] Auswärtiges Amt, Länder- und Reiseinformationen: Mauretanien
[20] VENRO, Länderprofil Mauretanien
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