In meiner Hausarbeit habe ich mich mit der Frage befasst, inwieweit die Integration von Migrantenkindern in die deutschen Grundschulen bisher gelungen ist. Unter dem Begriff Migrantenkinder möchte ich alle ausländischen Kinder, die aus den verschiedensten Gründen nach Deutschland kamen, zusammenfassen. Hierzu gehören unter anderem die Kinder von Arbeitsmigranten, Asylbewerbern, Flüchtlingen und Aussiedlern aus Osteuropa (vgl. Diehm/ Radtke, 1999, S.116). Den Begriff der Integration möchte ich zudem nicht als Synonym für Assimilation verstanden wissen, wie es oft der Fall ist. Mir geht es nicht darum herauszufinden, ob sich die Migranten an unser Unterrichtssystem angepasst haben und wie Deutsche geworden sind (vgl. Hinz, 1993, S.186-188). Ich möchte vielmehr untersuchen, inwieweit es funktioniert, Migranten in unser Schulsystem so zu integrieren, dass ihre eigene Persönlichkeit dabei erhalten bleibt.
Die Frage nach der Integration von Migrantenkindern gewinnt in den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung. Ganz besonders betroffen sind hierbei die Grundschulen. Während im Schuljahr 1965/66 nur 3.767 ausländische SchülerInnen die deutschen Grund- und Hauptschulen besuchten, so waren es im Schuljahr 1970/71 bereits 15.550. Diese Zahlen stiegen stetig an und so besuchten im Schuljahr 2000/01 bereits 62.179 ausländische SchülerInnen die Grund- und Hauptschulen (vgl. http://www.kultusministerium. hessen.de/downloads/statistiken2001/ 6.5.Auslaendische Schueler.pdf Rev. 11.6.02). Allein in der Stadt Frankfurt am Main waren in diesem Schuljahr von den 21.088 Grundschülern 7.829 ausländischer Herkunft (vgl. http://kultusministerium.hessen.de/downloads/statistiken2001/6u6.1_Deutsche_u Auslaender.pdf Rev. 11.6.02). Diese Zahlen zeigen, dass es höchste Zeit ist, sich ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen, da es sich nicht mehr um eine zu vernachlässigende Minderheit handelt, sondern um eine echte Herausforderung. [...]
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Entstehung der „Problematik“
3. Rechtliche Grundlagen zur Integration von Migrantenkindern
4. Phasen der Bewältigung von kultureller Hetero-genität in der Vergangenheit
4.1 Erste Phase
4.1.1 Das Rotationskonzept
4.1.2 Das Integrationskonzept
4.1.3 Das Optionskonzept
4.2 Zweite Phase
4.3 Dritte Phase
5. Neuere Ansätze der Bewältigung von kultureller Heterogenität
5.1 Der Krefelder Modellversuch
5.2 Der Mainzer Modellversuch
5.3 Das Modell der Egerstorff-Schule in Hannover-Linden
5.4 Das Essener Handlungsprogramm zur Sprachförderung
5.5 Die Frankfurter Vorlaufkurse
5.6 Zweites Gesetz zur Qualitätssicherung in hessischen Schulen
6. Stellungnahme zu den Texten
7. Schlussbetrachtung
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In meiner Hausarbeit habe ich mich mit der Frage befasst, inwieweit die Integration von Migrantenkindern in die deutschen Grundschulen bisher gelungen ist. Unter dem Begriff Migrantenkinder möchte ich alle ausländischen Kinder, die aus den verschiedensten Gründen nach Deutschland kamen, zusammenfassen. Hierzu gehören unter anderem die Kinder von Arbeitsmigranten, Asylbewerbern, Flüchtlingen und Aussiedlern aus Osteuropa (vgl. Diehm/ Radtke, 1999, S.116). Den Begriff der Integration möchte ich zudem nicht als Synonym für Assimilation verstanden wissen, wie es oft der Fall ist. Mir geht es nicht darum herauszufinden, ob sich die Migranten an unser Unterrichtssystem angepasst haben und wie Deutsche geworden sind (vgl. Hinz, 1993, S.186-188). Ich möchte vielmehr untersuchen, inwieweit es funktioniert, Migranten in unser Schulsystem so zu integrieren, dass ihre eigene Persönlichkeit dabei erhalten bleibt.
Die Frage nach der Integration von Migrantenkindern gewinnt in den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung. Ganz besonders betroffen sind hierbei die Grundschulen. Während im Schuljahr 1965/66 nur 3.767 ausländische SchülerInnen die deutschen Grund- und Hauptschulen besuchten, so waren es im Schuljahr 1970/71 bereits 15.550. Diese Zahlen stiegen stetig an und so besuchten im Schuljahr 2000/01 bereits 62.179 ausländische SchülerInnen die Grund- und Hauptschulen
(vgl. http://www.kultusministerium. hessen.de/downloads/statistiken2001/ 6.5.Auslaendische Schueler.pdf Rev. 11.6.02). Allein in der Stadt Frankfurt am Main waren in diesem Schuljahr von den 21.088 Grundschülern 7.829 ausländischer Herkunft
(vgl. http://kultusministerium.hessen.de/downloads/statistiken2001/6u6.1_Deutsche_u Auslaender.pdf Rev. 11.6.02). Diese Zahlen zeigen, dass es höchste Zeit ist, sich ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen, da es sich nicht mehr um eine zu vernachlässigende Minderheit handelt, sondern um eine echte Herausforderung.
Im Bezug auf das Seminar bedeutet dies eine nähere Auseinandersetzung mit der im Seminar angesprochenen Ausländerproblematik in deutschen Schulen bzw. Kindergärten. Gleichzeitig ist es eine Spezifizierung der Problematik, da der Aspekt der verschiedenen Integrationsmodelle von Migrantenkindern nicht speziell zur Sprache kam.
Als Literatur zu meiner Hausarbeit dienten mir vor allem die einführende Literatur von I. Diehm/ F.-O. Radtke „Erziehung und Migration“, von A. Hinz „Heterogenität in der Schule“, von A. Prengel „Pädagogik der Vielfalt“, sowie von G. Auernheimer „Einführung in die interkulturelle Erziehung“. Neuere Informationen zur Thematik habe ich dem Internet und der Tageszeitung entnommen.
Zunächst möchte ich im Folgenden einen Blick auf die Entstehung der „Problematik“ werfen, d.h. einen kurzen geschichtlichen Rückblick machen. Danach werden die rechtlichen Grundlagen zur Integration von Migrantenkindern verdeutlicht. Anschließend will ich zeigen, wie in der Vergangenheit mit dem Thema der Integration von Migranten umgegangen wurde. Hierfür habe ich die von Nieke vorgenommen Unterteilung in drei Phasen übernommen. Die Phasen zwei und drei beziehen sich zwar nicht direkt auf die Schule, sind aber meines Erachtens zum Verständnisses des Umgangs mit kultureller Heterogenität in der Vergangenheit wichtig und damit notwendiges Hintergrundwissen zur Beantwortung meiner Fragestellung. Auf eine Anfang der 90er Jahre entstandene vierte Phase, die Auseinandersetzung mit dem jugendlichen Rechtsextremismus, möchte ich nicht näher eingehen, da das Thema Rechtsextremismus ein eigenständiges Feld darstellt, welches nicht direkt für die Klärung meiner Fragestellung notwendig ist. Des Weiteren werden einige neuere Modelle und Maßnahmen zur Integration von Migrantenkindern dargestellt. Abschließend werde ich zu den Texten Stellung nehmen und dann in einer Schlussbetrachtung erläutern, inwieweit eine Integration der Migrantenkinder gewährleistet ist und einen Ausblick geben, was eventuell noch zu tun ist.
2. Die Entstehung der „Problematik“
Alles begann mit dem Anwerben von Gastarbeitern aus Süd- und Südosteuropa in den 60er Jahren. Die Regierung ging von einer baldigen Rückkehr der zumeist ledigen Gastarbeiter aus. Zu diesem Zeitpunkt waren die wenigen Migrantenkinder kein Grund für besondere Maßnahmen. Bald wurde jedoch deutlich, dass sich mehr und mehr Gastarbeiter auf einen längeren Aufenthalt in Deutschland einstellten und ihre Familien nachholten. So entstanden Anfang der 70er Jahre die ersten größeren Veröffentlichungen zu dem Thema Migrantenkinder in deutschen Schulen. Dies führte zu einer „ersten Bestandsaufnahme und Problemvergewisserung von seiten der Wissenschaft“ (Auernheimer 1995, S.6). Zunächst betrachtete man vor allem die Sprachschwierigkeiten dieser Kinder, da man sie möglichst umgehend in den Unterricht integrieren wollte. Dass Deutschland zu einer multikulturellen Gesellschaft geworden war, wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht wahrgenommen. Dies gestand man sich erst zu Beginn der 80er Jahre ein. Man erkannte an, dass Deutschland nicht mehr nur Gastarbeiter beschäftigte, sondern zu einem Einwanderungsland geworden war (vgl. Auernheimer, 1995, S. 5-10). Über die Gastarbeiter hinaus zog die wirtschaftliche Stärke der BRD auch Flüchtlingsströme aus der südlichen Hemisphäre an. Viele Menschen flohen vor Unterdrückung oder den Folgen von Bürgerkriegen. Zudem kamen seit Beginn der 90er Jahre viele Menschen aus Ost- und Südosteuropa in den Westen, weil sie nach dem Zusammenbruch der planwirtschaftlich verwalteten Gesellschaften nach einem besseren Lebensstandard suchten. Gleichzeitig kehrten viele Aussiedler aus Osteuropa zurück nach Deutschland (vgl. Auernheimer, 1995, S.38). All dies führte zu einer sehr großen Sprachenvielfalt innerhalb der deutschen Schulen. Nun waren die LehrerInnen nicht nur mit der Heterogenität einer Lerngruppe mit deutschen Kindern, sondern einer noch viel größeren Heterogenität konfrontiert.
3. Rechtliche Grundlagen zur Integration von Migrantenkindern
Ein erstes wichtiges Datum für die Behandlung der Problematik ist der Beschluss der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) von 1964. Dieser legte die Schulpflicht für Kinder aller Kulturen ab dem sechsten Lebensjahr beziehungsweise ab dem Zeitpunkt der Einreise fest. Bei Kindern von AsylbewerberInnen wird jedoch noch immer in vielen Bundesländern eine Ausnahme gemacht. Die Schulpflicht dieser Kinder ist lediglich in den Bundesländern Bayern, Hessen und Niedersachsen gewährleistet. Die Bundesländer Hamburg, Baden-Württemberg und Berlin bieten immerhin eine Betreuung auf Wunsch oder Antrag der Erziehungsberechtigten an. Dieses Beispiel macht den Stellenwert eines Beschlusses der KMK deutlich. Zumeist sind es nur Empfehlungen, die einen breiten Auslegungsspielraum lassen (vgl. Hinz, 1993, S. 234, 235). Ein weiterer Bestandteil des Beschlusses von 1964 war, dass schulorganisatorische Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Regelunterricht getroffen werden sollten, um den Eintritt in die deutsche Schule zu erleichtern. Auf der anderen Seite wurde jedoch auch der sprachlichen Förderung in der jeweiligen Muttersprache eine große Bedeutung zugesprochen (vgl. Prengel, 1995, S. 66). Dies zeigt bereits die später noch deutlicher werdende Doppelstrategie der KMK (vgl. Hinz, 1993, S. 235).
Schon bald wurde der Ruf nach einem weiteren Beschluss der KMK immer lauter, da in vielen Vorbereitungsklassen große Missstände herrschten. So lautete der Beschluss der KMK von 1971, die ausländischen Kinder sollten so schnell wie möglich in die ihrem Alter beziehungsweise ihren Leistungen entsprechende Regelklasse eingeschult werden. Der Besuch des muttersprachlichen Unterrichts wurde zur Kann-Bestimmung. Die Länder bekamen zudem die Möglichkeit ihre Verantwortung hierfür an die Konsulate weiterzugeben. Es wird somit deutlich, dass der Schwerpunkt dieses Beschlusses ganz klar auf der Seite der Integration liegt, auch wenn die damalige Ausländerpolitik noch von einer „naturwüchsigen“ Rotation ausging (vgl. Hinz, 1993, S. 235).
Nun kamen jedoch mehr und mehr Migranten nach Deutschland und die deutschen Regelklassen stießen bald an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. So begannen die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Berlin erneut mit eher segregierenden Maßnahmen. Der KMK-Beschluss von 1976 folgte dieser Entwicklung und empfahl eine Doppelstrategie mit den beiden Perspektiven der Integration in das Aufnahmeland und der Reintegration in das Heimatland. Eine solche Vorgehensweise ist dem Sinne nach bis heute üblich. Kritiker dieses Beschlusses, wie zum Beispiel Boos-Nünning & Henscheid, bemängeln jedoch, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen im Grunde keiner der beiden Zielsetzungen wirklich entsprechen. Wie soll Integration funktionieren, wenn ihr gleich drei verschiedenen segregierende Maßnahmen, wie nationale Ersatzschulen, besondere Klassen und zweisprachige Klassen, entgegenstehen? Auch die Reintegration kann bei den sehr geringen Bemühungen im Bereich des muttersprachlichen Unterrichts nicht klappen (vgl. Boos-Nünning & Henscheid 1987, S. 280 zitiert nach Hinz, 1993, S. 235).
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- Ricarda Schäfer (Author), 2002, Integration von Migrantenkindern in deutsche Grundschulen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63900
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