Seit Mitte der 1980er Jahre wurde das Kabel-TV-Netz im städtischen Bereich in Deutschland flächendeckend verlegt. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hat Zugang zu Kabel-TV: Von knapp 38 Mio. TV-Haushalten sind 22 Mio. bereits angeschlossen (Stand 1999, Stritzl 2002: 198). Das ist theoretisch eine ideale Voraussetzung, um das Kabel-TV-Netz als Triple Play1-Plattform zu etablieren.
Tatsächlich aber wurden in den letzten Jahren Telefon- und Mobilfunknetze mit Milliardenaufwand ausgebaut, so dass für nahezu jeden Kunden dieser Netze, der das wünscht, Triple Play möglich ist. Kabel-TV-Kunden dagegen können ihr Netz oft "nur" zum Fernsehen nutzen, weil die Modernisierung nur schleppend durchgeführt wird. Daher berücksichtigen auch Artikel in Publikumszeitschriften zum Thema Telefonie und Internet nur selten das Kabel-TV-Netz, so dass der Informationsstand der potenziellen Kunden eher gering ist und sie neue Angebote kaum nachfragen.
"Dass das TV-Kabel sein Potenzial in Deutschland aber nicht entfalten kann, bisher keine ernsthafte DSL-Konkurrenz ist und die multimedialen Zukunftspläne auf nicht absehbare Zeit in den Schubladen bleiben werden, hat seine Ursachen weniger in der technischen Machbarkeit, sondern vor allem in den komplizierten markt- und medienpolitischen Verhältnissen des deutschen Kabelmarktes." (Teltarif 2006: 1)
Diese "komplizierten markt- und medienpolitischen Verhältnisse" sind Gegenstand meiner Untersuchung. Dafür nutze ich die Methode der Policy-Analyse, die "nach den Ursachen des zuweilen nur bescheidenen Erfolgs politisch rational geplanter gesellschaftlicher Veränderung fragt" (Windhoff-Héritier 1987: 14 f.).
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2 Die Akteure
2.1 Akteure der europäischen Politik
2.1.1 Die Europäische Kommission
2.1.2 Der Ministerrat
2.2 Akteure der nationalen Politik
2.2.1 Regierungen und Parlamente
2.2.2 Das Bundeskartellamt
2.3 Marktakteure
2.3.1 Kabelnetzbetreiber
2.3.2 Programmanbieter
3 Problemdefinition
3.1 Die Rahmenbedingungen
3.2 Ziele der europäischen Politik
4 Agenda-Gestaltung
5 Politikformulierung
5.1 EU-Grünbücher
5.2 EU-Richtlinien
5.3 Nationale Gesetzgebung
6 Politikimplementation
6.1 Schwierigkeiten durch frühere Entscheidungen
6.1.1 Schnelle Einführung des Privatfernsehens
6.1.2 Frühe Liberalisierung des Netzausbaus
6.2 Die Privatisierung der Deutschen Bundespost
6.3 Die Privatisierung der Netzebene
6.4 Chronologie
7 Termination/Evaluation
7.1 Technologische Entwicklung
7.2 Ökonomische Entwicklung
7.3 Medienpolitische Entwicklung
8 Zusammenfassung
Quellenverzeichnis
Abbildungen
Abb. 1: Triple Play-Plattformen
Abb. 2: Zentrales Akteurs- und Interaktionssystem „Information Society“ in Europa
Abb. 3: Die Netzebenen des deutschen Kabel-TV-Netzes
Abb. 4: Sterntypologie = Vermittlungsnetz und Baumtypologie = Verteilnetz
Abb. 5: Breitbandanschlüsse je 100 HH in 2003
Tabellen
Tab. 1: Relevante EU-Grünbücher
Tab. 2: Relevante EU-Richtlinien
Tab. 3: Nationale Gesetzgebung
Tab. 4: Die größten Kabelnetzbetreiber
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorbemerkung
Bei Zitaten wurde die vorliegende Rechtschreibung übernommen. Für eigene Ergänzungen in Zitaten verwende ich das Kürzel „so“.
1 Einführung
Seit Mitte der 1980er Jahre wurde das Kabel-TV-Netz im städtischen Bereich in Deutschland flächendeckend verlegt. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hat Zugang zu Kabel-TV: Von knapp 38 Mio. TV-Haushalten sind 22 Mio. bereits angeschlossen (Stand 1999, Stritzl 2002: 198). Das ist theoretisch eine ideale Voraussetzung, um das Kabel-TV-Netz als Triple Play[1] -Plattform zu etablieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Triple Play-Plattformen (Krone 2006: 86)
Tatsächlich aber wurden in den letzten Jahren Telefon- und Mobilfunknetze mit Milliardenaufwand ausgebaut, so dass für nahezu jeden Kunden dieser Netze, der das wünscht, Triple Play möglich ist. Kabel-TV-Kunden dagegen können ihr Netz oft „nur“ zum Fernsehen nutzen, weil die Modernisierung nur schleppend durchgeführt wird. Daher berücksichtigen auch Artikel in Publikumszeitschriften zum Thema Telefonie und Internet nur selten das Kabel-TV-Netz, so dass der Informationsstand der potenziellen Kunden eher gering ist und sie neue Angebote kaum nachfragen.
„Dass das TV-Kabel sein Potenzial in Deutschland aber nicht entfalten kann, bisher keine ernsthafte DSL-Konkurrenz ist und die multimedialen Zukunftspläne auf nicht absehbare Zeit in den Schubladen bleiben werden, hat seine Ursachen weniger in der technischen Machbarkeit, sondern vor allem in den komplizierten markt- und medienpolitischen Verhältnissen des deutschen Kabelmarktes.“ (Teltarif 2006: 1)
Diese „komplizierten markt- und medienpolitischen Verhältnisse“ sind Gegenstand meiner Untersuchung. Dafür nutze ich die Methode der Policy-Analyse, die „nach den Ursachen des zuweilen nur bescheidenen Erfolgs politisch rational geplanter gesellschaftlicher Veränderung fragt“ (Windhoff-Héritier 1987: 14 f.). Zunächst betrachte ich die in diesem Policy-Zyklus relevanten Akteure.
2 Die Akteure
Nach Windhoff-Héritier kann man drei Gruppen von Akteuren unterscheiden, die am Implementationsprozess beteiligt sind (vgl. Windhoff-Héritier 1987: 92 f.):
- Die „Politikformulierer“. Hier betrachte ich die Akteure auf europäischer und auf nationaler Ebene genauer.
- Die Durchführenden (Zulieferer). Hierunter verstehe ich die Marktakteure, unterschieden nach Kabelnetzbetreibern und Programmanbietern.
- Die Adressaten (Empfänger). Das sind die Bürger, denen Teilhabe an der „Information Society“ ermöglicht werden soll. Aufgrund von Problemen bei der Politikimplementation, die ich noch genauer aufzeigen werde, verhalten sich die meisten Bürger dem von der Politik geplanten Angebot gegenüber passiv. Zwar empfangen 54 % der TV-Haushalte Fernsehen über Kabel (vgl. ANGA 2006a). Dass aber auch Telefonie und Internetzugang über Kabel möglich sind, ist vielen unbekannt, die Nachfrage dementsprechend gering.
2.1 Akteure der europäischen Politik
Campbell/Konert nennen den Ministerrat, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament als politische Akteure auf europäischer Ebene (s. Abb. 2). Tatsächlich aber hat das Europäische Parlament nur eine kontrollierende Funktion. Kommissare müssen zwar vom Parlament bestätigt werden und die gesamte Kommission kann abberufen werden. Einfluss auf einzelne Aspekte des politischen Prozesses hat das Parlament jedoch nicht. Anders als nationale Parlamente kann es Gesetze bzw. Richtlinien weder vorschlagen noch beschließen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Zentrales Akteurs- und Interaktionssystem „Information Society“ in Europa (Campbell/Konert 1998: 17)
2.1.1 Die Europäische Kommission
Die einzelnen Kommissare werden von den Regierungen der Mitgliedsstaaten nach einem bestimmten Verteilschlüssel entsandt. Nach der Bestätigung durch das europäische Parlament sind sie für fünf Jahre im Amt. In dieser Zeit sind sie nur dem „Gemeinschaftsinteresse“ verpflichtet und können einzeln weder von den nationalen Regierungen noch vom Parlament abberufen werden. Die Kommission kann nur insgesamt abberufen werden. Sie erarbeitet u. a. Diskussionsgrundlagen für die weitere Entwicklung der Gemeinschaft (Grünbücher), Vorschläge zur Umsetzung (Weißbücher) und Richtlinien.
2.1.2 Der Ministerrat
Der Ministerrat besteht aus den nationalen Fachministern (oder Staatssekretären) eines bestimmten Politikbereiches. Von der Kommission erarbeitete Vorschläge für neue Förderprogramme oder Richtlinien werden hier endgültig entschieden.
2.2 Akteure der nationalen Politik
2.2.1 Regierungen und Parlamente
Richtlinien sind geltendes Recht in der Europäischen Union, müssen aber noch in nationales Recht umgesetzt werden. Ansprechpartner für die EU ist zunächst die Bundesregierung. Die jeweiligen Gesetze müssen von den Parlamenten beschlossen werden, je nach im Grundgesetz geregelter Zuständigkeit vom Bundestag oder von den Länderparlamenten. Um Einheitlichkeit für die Medien bzw. den Rundfunk im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten, werden Staatsverträge geschlossen.
2.2.2 Das Bundeskartellamt
Das Bundeskartellamt ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und sollte nach politischen Vorgaben entscheiden (Schutz des Wettbewerbs). Dennoch sind die Entscheidungen nicht immer vorhersehbar oder nachvollziehbar. Im untersuchten Policy-Zyklus hatte das Bundeskartellamt einen entscheidenden Einfluss (s. S. 14).
2.3 Marktakteure
2.3.1 Kabelnetzbetreiber
Das deutsche Kabel-TV-Netz ist in vier Ebenen unterteilt (s. Abb. 3). Die notwendige Modernisierung muss hauptsächlich auf Ebene 3 vorgenommen werden. Den direkten Zugang zum Endkunden haben aber nur die Netzbetreiber der Ebene 4.
Den ursprünglichen Aufbau der Infrastruktur der Ebene 3 hat hauptsächlich die Deutsche Bundespost (ab 1996 Deutsche Telekom AG) aus öffentlichen Mitteln geleistet. Durch die Privatisierung des Kabel-TV-Netzes gingen diese Netzteile (etwa 18 Mio. angeschlossene Haushalte) in den Besitz einiger internationaler Investoren über. Daneben werden etwa 4 Mio. Haushalte, überwiegend in den neuen Bundesländern, von freien Betreibern (Ebene 3 und 4) versorgt (Zahlenangaben: ANGA zitiert nach Woldt 2002: 36).
Die Betreiber der Ebene 4 sind fast durchweg kleinere Unternehmen aus dem Handwerk und der Wohnungswirtschaft, die im Verband ANGA organisiert sind. Die ANGA vertritt 126 Mitglieder, die rund 9 Mio. Haushalte bedienen (Stand: Mai 2006).
„Es müssen die Betreiber aller Ebenen an einem Strang ziehen, d. h. sich in technologischer wie ökonomischer Hinsicht koordinieren ('Harmonisierung'), um die 'Breitbandkabelwelt' entlang der Wertschöpfungskette erfolgreich realisieren zu können.“ (Stritzl 2002: 126)
Stritzl vertritt in seinem Buch weitgehend die Sichtweise der kleinen Ebene 4-Netzbetreiber, die die Übernahme durch die großen Ebene 3-Netzbetreiber befürchten. Für diese Unternehmen, die den Großteil der Investitionen übernehmen müssen, stellt sich Situation anders dar:
„Bleibt weiterhin die Mehrzahl der Kabelhaushalte außerhalb des direkten Zugriffs der großen Netzbetreiber, wird für diese die Durchsetzung neuer Geschäftsmodelle erschwert.“ (Woldt 2002: 43)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Die Netzebenen des deutschen Kabel-TV-Netzes (ANGA 2006b)
2.3.2 Programmanbieter
Die Programmanbieter unterscheiden sich nach öffentlich-rechtlichen Sendern und privaten Anbietern, deren Interessen sich nur partiell überschneiden.
Zu den privaten Anbietern zählen die privaten Voll- und Spartenfernsehsender, die im Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e. V. (VPRT) organisiert sind. Daneben gibt es Homeshopping- und Entertainmentanbieter, die besonders von der geplanten Rückkanalfähigkeit profitieren würden, da dadurch Massen- und Individualkommunikation in einem Medium kombiniert wären und die Interessenten nicht mehr zum Anrufen (und damit Medienwechsel) motiviert werden müssten. Aber auch neue Angebote wie Video-on-Demand sind erst nach einer Modernisierung der Kabelnetze möglich. Allen privaten Anbietern gemein ist das Interesse an einem großen Verbreitungsgrad bei möglichst geringen Kosten.
[...]
[1] Unter „Triple Play“ wird das gleichzeitige Angebot von Telefonie, Internet und Fernsehen über ein einziges Netz verstanden. Dafür muss dieses Netz über eine große Bandbreite und Rückkanalfähigkeit verfügen.
- Arbeit zitieren
- Katharina Sobottka (Autor:in), 2006, Der Kabel-TV-Markt in Deutschland: Warum das Potential des Kabel-TV-Netzes bis heute nicht ausgenutzt wird. Eine Policy-Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63836
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