Die Gesundheitsforschung ist eines der fünf Arbeitsgebiete des Forschungszentrums Karlsruhe. Es umfasst auch die Entwicklung von innovativen Geräten und Verfahren zur Diagnose und Therapie unter dem zentralen Gesichtspunkt der Patientenschonung. Ziel ist es dabei, die Qualität der medizinischen Versorgung zu steigern und einen Beitrag zur Kostensenkung im Gesundheitswesen zu leisten. Dazu arbeitet das Forschungszentrum mit zahlreichen externen Partnern aus der Wissenschaft und der Industrie zusammen. Im Institut für Medizintechnik und Biophysik (IMB) werden im Rahmen des Forschungsprogramms Medizintechnik unter anderem Manipulatorsysteme für Patienteneingriffe in Kombination mit Bildgebungsverfahren wie Computer- und Magnetresonanztomographie (CT und MRT) entwickelt. Dieses Anwendungsfeld bedingt den verstärkten Einsatz von technischen Kunststoffen, die kombinierte Anforderungen bezüglich physikalischer und chemischer Eigenschaften erfüllen. Seit etwa einem Jahr ist bekannt, dass ein Teil der im IMB verwendeten technischen Kunststoffe durch Beimischung bestimmter Additive antimikrobiell, das heißt Mikroorganismen bekämpfend, ausgestattet werden kann. Angesichts der Problematik von Infektionen, die durch Keimübertragung bei operativen Eingriffen verursacht werden, erscheint diese Eigenschaft sehr interessant für das IMB. Aufgabe der vorliegenden Diplomarbeit ist es, ausgehend vom derzeitigen Entwicklungsstand zu prüfen, ob der Einsatz von antimikrobiellen Materialien bzw. Oberflächen im klinischen Umfeld zweckmäßig ist. Auf Grundlage dieser Untersuchung sollen schließlich notwendige Schritte für eine Erfolg versprechende Markteinführung antimikrobiell ausgestatteter Medizintechnikkomponenten oder -produkte konzeptionell dargelegt werden. Thematik und Vorgehensweise der Arbeit werden in den folgenden einleitenden Abschnitten präzisiert. [...]
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation der Aufgabenstellung
1.2 Problemstellung und –abgrenzung
1.3 Zielsetzung der Arbeit
1.4 Vorgehensweise
2 Grundlagen: Probleme durch Mikroorganismen
2.1 Schäden in Technik und Industrie
2.2 Gesundheitsgefahren am Beispiel Krankenhausinfektionen
2.3 Zusammenfassung Grundlagen
3 Wirkprinzipien antimikrobieller Materialien
3.1 Entwicklungsstand antimikrobieller Kunststoffadditive
3.2 Triclosan
3.3 Silber
3.4 Stand der Wissenschaft
4 Einsatzmöglichkeiten antimikrobieller Materialien
4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.2 Diskussionsgrundlage Oberflächenkeimbelastung
4.3 Nutzenpotential aus technologischer Sicht
4.4 Zusammenfassung Einsatzmöglichkeiten
5 Technische Realisierung der Wirkprinzipien
5.1 Einfluss auf die Materialeigenschaften
5.2 Teilefertigung aus antimikrobiellen Materialien
5.3 Mehrkosten durch technischen Aufwand
6 Konzeption antimikrobieller Produkte
6.1 Grundlage der Produktkonzeption: Die Marktanalyse
6.2 Fertigungsstrategie (Make or Buy)
7 Kritische Reflexion
8 Fazit und Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anlagenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1: MIRA mit Transportsystem
Abbildung 1-2: MIRA im Einsatz
Abbildung 1-3: Vorgehensweise der Diplomarbeit
Abbildung 2-1: Bildung von Biofilmen
Abbildung 2-2: Biofilm aus Bakterien und EPS
Abbildung 2-3: Unterscheidung von Krankenhausinfektionen
Abbildung 2-4: Die häufigsten nosokomialen Infektionen
Abbildung 2-5: Die häufigsten Infektionserreger auf deutschen
Intensivstationen
Abbildung 2-6: Zellwandaufbau der meisten Bakterien
Abbildung 2-7: Wirkung von Penicillin auf bestimmte Bakterien
Abbildung 2-8: Resistenzentwicklung beispielhafter Bakterienarten
Abbildung 2-9: Abnehmende Desinfektionsmittelresistenz
Abbildung 2-10: Abtötung von S. aureus durch verschiedne
Ethanol-Konzentrationen
Abbildung 3-1: Funktionelle Gruppen von Triclosan
Abbildung 3-2: Wirkstoffverteilung innerhalb des Polymers
Abbildung 3-3: Wirksamkeitspräsentation: Triclosan in Küchenbrettern
Abbildung 3-4: Angriffspunkte von Silberionen bei Bakterien
Abbildung 3-5: Anionenstruktur von Zeolith A
Abbildung 3-6: Ionenaustausch einer silberbeladenen -Zeolith-Matrix
Abbildung 3-7: Wirkprinzip von Silber-Zeolith
Abbildung 3-8: Wirksamkeitspräsentation von Silber-Zeolith
Abbildung 3-9: Direct Inoculation Testaufbau mit Bakteriensuspension
Abbildung 3-10: Nanoporöses Silber (Elektromikroskopaufnahme)
Abbildung 3-11: Nano-Silber auf Silikatträger
Abbildung 3-12: Funktionsmodell der Silberresistenzproteine
Abbildung 3-13: Pfropfpolymerisation (graft polymerization) von
Oberflächen
Abbildung 4-1: Anteil der MRSA bezogen auf alle S. aureus - Isolate
bei nosokomialen Infektionen auf Intensivstationen
Abbildung 4-2: Grenze der Leistungsfähigkeit einer Technologie
Abbildung 4-3: Gesetz vom abnehmenden Grenzertrag
Abbildung 4-4: Nutzenpotential antimikrobieller Materialien
Abbildung 5-1: 6-Achsen-Variante des Manipulatorsystems MIRA
Abbildung 5-2: Prozessablauf zum Spritzgießen antimikrobieller
Formteile
Abbildung 6-1: Entscheidungsrahmen für den Bezug externer
Leistungen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2-1: Spannweiten der Biofilmexistenz nach Flemming
Tabelle 2-2: Die wichtigsten gram-positiven Bakterien
Tabelle 2-3: die wichtigsten gram-negativen Bakterien
Tabelle 4-1: Empfehlungen zur Hygienischen Händedesinfektion
Tabelle 5-1: Mehrkosten antimikrobieller Ausstattungen, Kalkulationsbeispiel
Tabelle 6-1 : Chancen und Risiken bei Einführung antimikrobieller
Fertigungsstrategie (Make or Buy)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Gesundheitsforschung ist eines der fünf Arbeitsgebiete des Forschungszentrums Karlsruhe. Es umfasst auch die Entwicklung von innovativen Geräten und Verfahren zur Diagnose und Therapie unter dem zentralen Gesichtspunkt der Patientenschonung. Ziel ist es dabei, die Qualität der medizinischen Versorgung zu steigern und einen Beitrag zur Kostensenkung im Gesundheitswesen zu leisten.[1] Dazu arbeitet das Forschungszentrum mit zahlreichen externen Partnern aus der Wissenschaft und der Industrie zusammen.
Im Institut für Medizintechnik und Biophysik (IMB) werden im Rahmen des Forschungsprogramms Medizintechnik unter anderem Manipulatorsysteme für Patienteneingriffe in Kombination mit Bildgebungsverfahren wie Computer- und Magnetresonanztomographie (CT und MRT) entwickelt. Dieses Anwendungsfeld bedingt den verstärkten Einsatz von technischen Kunststoffen, die kombinierte Anforderungen bezüglich physikalischer und chemischer Eigenschaften erfüllen.
Seit etwa einem Jahr ist bekannt, dass ein Teil der im IMB verwendeten technischen Kunststoffe durch Beimischung bestimmter Additive antimikrobiell, das heißt Mikroorganismen bekämpfend, ausgestattet werden kann. Angesichts der Problematik von Infektionen, die durch Keimübertragung bei operativen Eingriffen verursacht werden, erscheint diese Eigenschaft sehr interessant für das IMB.
Aufgabe der vorliegenden Diplomarbeit ist es, ausgehend vom derzeitigen Entwicklungsstand zu prüfen, ob der Einsatz von antimikrobiellen Materialien bzw. Oberflächen im klinischen Umfeld zweckmäßig ist. Auf Grundlage dieser Untersuchung sollen schließlich notwendige Schritte für eine Erfolg versprechende Markteinführung antimikrobiell ausgestatteter Medizintechnik-komponenten oder -produkte konzeptionell dargelegt werden. Thematik und Vorgehensweise der Arbeit werden in den folgenden einleitenden Abschnitten präzisiert.
1.1 Motivation der Aufgabenstellung
Die vorliegende Diplomarbeit wurde in der Konstruktionsgruppe der Fachabteilung Maschinenbau und Feinwerktechnik des IMB erarbeitet. Hier werden medizintechnische Geräte bis zur klinischen Erprobung entwickelt. Die Abbildungen 1-1 und 1-2 zeigen eine Designstudie von MIRA (Manipulator-system für die interventionelle Radiologie), eines der aktuellen Projekte im IMB. MIRA ist ein Manipulator für minimal invasive Eingriffe im Magnetresonanz- und Röntgentomographen. Mit ihm kann der Mediziner unter ständiger Bildkontrolle ferngesteuert und zielgenau zur gewünschten Körperstelle vordringen und beispielsweise eine Injektion vornehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Konstruktion derartiger medizinischer Geräte gelten verschärfte Anforderungen bezüglich Präzision und Sicherheit, die sich unter anderem aus dem Medizinproduktegesetz (MPG) ergeben. Für den Einsatz im Zentrum des Magnetresonanztomographen (MRT) kommen aufgrund der hohen Magnet-felder und der störungsempfindlichen Bildgebung nur Materialien in Betracht, die nicht ferromagnetisch oder elektrisch leitfähig sind, was bedeutet, dass auf die Verwendung von Metallen weitestgehend verzichtet werden muss. Die Auswahl alternativer Konstruktionsmaterialien bildet deswegen einen Schwerpunkt in der Entwicklungsarbeit. Zu diesem Thema wurden im IMB bereits beachtliche Anstrengungen unternommen. Eine interne Datenbank der wichtigsten medizintechnischen und MRT-tauglichen Werkstoffe, zusammengetragen aus Lieferanteninformationen, Testergebnissen und eigenen Erfahrungen, erleichtert den Konstrukteuren die Materialauswahl.
Anders als die meisten Materialkriterien ist die Eigenschaft „antimikrobiell“ jedoch nicht nach Normen eindeutig qualifizier- oder quantifizierbar. Es handelt sich hierbei bisher eher um ein Verkaufsargument der Zulieferer, dessen tatsächlicher Nutzen klärungsbedürftig ist.
In der Entwicklung von innovativen Medizinprodukten, wie sie im IMB betrieben wird, sollten einerseits die Chancen, die sich aus einer reduzierten Keimbelastung für das Patientenwohl und die Therapieeffizienz ergeben könnten, aktiv wahrgenommen werden. Andererseits muss jeder Mehraufwand anhand der zu erwartenden Nutzensteigerung bewertet und gerechtfertigt werden. Aus diesem Grund ist die nähere Untersuchung der Thematik für das IMB von Interesse.
Weiterhin erfordert die Bearbeitung der Thematik eine Verknüpfung technischer, wirtschaftlicher und medizinischer Disziplinen. Deshalb bietet die Aufgabenstellung eine geeignete Herausforderung für eine Diplomarbeit der interdisziplinär geprägten Fachrichtung Engineering / Technisches Management.
1.2 Problemstellung und –abgrenzung
Der Einsatz antimikrobieller Materialien ist zumindest auf klinischem Gebiet noch nicht etabliert. Es gibt noch keine normierten Wirksamkeitsnachweise, wie sie beispielsweise für Desinfektionsmittel in wässrigen Lösungen Standard sind.
Für die Bewertung des Nutzens solcher antimikrobiellen Materialien fehlen grundlegende Voraussetzungen. Es ist weder klar, wodurch die Wirkung der Additive genau zustande kommt, noch wie zuverlässig die Materialien potentielle Krankheitserreger unschädlich machen können. Darüber hinaus sollte vor einer Materialentscheidung geklärt werden, welche Auswirkungen die Beimischung von antimikrobiellen Wirkstoffen auf die Eigenschaften der Trägermaterialien hat.
Für die klinische Anwendung besteht weiterhin Klärungsbedarf in der Frage, wie stark sich eine bestimmte Oberflächenkeimreduzierung auf die eigentliche Problematik der Krankenhausinfektionen auswirkt. Eine Verminderung der Keimzahl auf bestimmten Oberflächen bedeutet nicht automatisch eine Abnahme der Infektionsraten im Krankenhaus. Erschwerend wirkt sich hier aus, dass die Expertenmeinungen und Studienergebnisse zu diesem Thema weit auseinander gehen.
Für eine Entscheidung über den Einsatz antimikrobieller Komponenten in den Entwicklungen des IMB fehlen Informationen darüber, wie Mediziner und insbesondere die Hygieneverantwortlichen in Kliniken und Gesundheitsbehörden, den Wirkprinzipien von antimikrobiellen Materialausstattungen gegenüberstehen und ob sie bereit sind, zusätzliche Mittel für deren Beschaffung zur Verfügung zu stellen.
Aufgrund begrenzter - vor allem zeitlicher - Ressourcen wird der Rahmen der Diplomarbeit wie folgt eingegrenzt:
- Es werden keine eigenen Feldstudien oder Labortests durchgeführt, die Informationsbeschaffung beschränkt sich dadurch hauptsächlich auf Quellenrecherche.
- Argumentationen über Wirksamkeit und Nutzen antimikrobieller Materialien werden auf das IMB-nahe Anwendungsfeld der klinischen Hygiene konzentriert.
- Die Produktkonzeption beschränkt sich auf eine Chancen-Risiken-Analyse.
1.3 Zielsetzung der Arbeit
Entsprechend der Aufgaben- und Problemstellung soll in dieser Arbeit der aktuelle Entwicklungsstand in Wissenschaft und Technik auf dem Gebiet der antimikrobiellen Materialien klar herausgestellt werden.
Auf Basis des derzeitigen Wissensstandes über den Zusammenhang von Oberflächenkeimbelastung und Krankenhausinfektionen soll der zu erwartende Effekt einer Anwendung antimikrobieller Materialien im klinischen Umfeld umrissen und eine Aussage über das Nutzenpotential dieser Technologie getroffen werden.
Weiterhin sollen die technischen Gegebenheiten und die zu erwartenden Mehrkosten für die Herstellung antimikrobiell wirksamer Produkte geklärt werden.
Diese Informationen sollen dem Leser einen Eindruck vom Aufwand - Nutzen - Verhältnis dieser Materialien vermitteln.
Ziel dieser Arbeit ist es:
- Die anwendungsbezogenen klinischen Zusammenhänge
- Die Technischen Voraussetzungen und
- Die wirtschaftlichen, marktbezogenen Rahmenbedingungen
so tief wie nötig zu erarbeiten und darzustellen, um eine realistische Bewertung der Technologie antimikrobieller Materialien zu ermöglichen.
Dies soll die Entscheidungsgrundlage für die wissenschaftliche und unternehmerische Frage liefern, ob und unter welchen Voraussetzungen antimikrobiell ausgestattete Komponenten oder Produkte bereits erfolgreich in Produkten für die klinische Anwendung integriert werden können oder ob noch Entwicklungsarbeit erforderlich ist.
1.4 Vorgehensweise
Die beschriebene Zielsetzung dieser Arbeit erfordert Eingangs eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Problematik der durch Mikroorganismen hervorgerufenen Schäden. Die gesamte Arbeit baut auf dem Verständnis dieser Problematik auf. Deshalb werden in den Grundlagen alle relevanten Informationen über Mikroorganismen in der Umwelt des Menschen der Arbeit vorangestellt. In den nachfolgenden Kapiteln wird immer wieder auf diese Grundlagen zurückgegriffen und darauf aufgebaut. Die weitere Abhandlung erfolgt zielgerichtet chronologisch: In Kapitel 3 werden bewährte und neuartige Wirkprinzipien zur Bekämpfung mikrobieller Schäden vorgestellt und die zwei wichtigsten Wirkstoffe zur Erzielung antimikrobieller Oberflächeneffekte näher beschrieben. Im darauf folgenden Kapitel werden die Nutzenpotentiale dieser Oberflächeneffekte im klinischen Einsatz erörtert. Nachdem der Nutzen veranschaulicht wurde, erfolgt die Darstellung der für das IMB relevanten technischen Realisierungsmöglichkeiten und der damit verbundenen Kosten.
Damit sind alle notwendigen Informationen für die abschließende Bewertung von Produktkonzepten gegeben. Die folgende Abbildung veranschaulicht diese Vorgehensweise unter Anführung der für die jeweiligen Kapitel vorwiegend genutzten Quellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1-3: Vorgehensweise in der Diplomarbeit
Erste zielgerichtete Recherchen während der Bearbeitungszeit dieser Diplomarbeit ließen erkennen, dass die Technologie der antimikrobiellen Oberflächenausstattung weniger - wie ursprünglich bei der Initialisierung dieser Thematik angenommen - aufgrund ihres Neuheitsgrades noch kaum Anwendung im klinischen Umfeld findet, sondern dass dafür eher grund-sätzliche Unklarheiten bezüglich der tatsächlichen Auswirkungen des Einsatzes dieser Technologie verantwortlich sind.
Aus diesem Grund hat sich der Schwerpunkt der Arbeit von der wirtschaftlichen Marktbetrachtung weg in Richtung einer grundlegenden Bewertung anti-mikrobieller Wirkprinzipien verschoben.
Zum Thema antimikrobielle Materialien ist kaum Literatur verfügbar, weswegen verstärkt auf aktuelle Quellen aus Fachzeitschriften und dem Internet sowie auf die Meinung von Experten aus Medizin und Informationen von Herstellern zurückgegriffen wurde.
Zitierweise:
Damit sich die Herkunft der jeweils verwendeten Quelle für den Leser der Arbeit nicht erst durch nachschlagen im Literatur- und Quellenverzeichnis erschließt, ist es sinnvoll, sie durch einen Vollbeleg mit allen bibliographischen oder sonstig relevanten Daten als Fußnote zu kennzeichnen. Da einige der Quellen mehrfach herangezogen werden, würde deren Zitierung als Fußnote, auch wenn sie als Kurzbeleg erfolgt, den Lesefluss durch große Fußzeilenbereiche beeinträchtigen und den Seitenumfang der Arbeit unnötig erhöhen. Deshalb werden wiederholt aufgeführte Quellen durch einen Kurzbeleg nach Vorbild der „Harvard – Zitierweise“ im laufenden Text zitiert (z. B. [Theisen, R. T, S. 146]). Bei Veröffentlichungen mit vielen - oder Internetquellen ohne Angabe von Autoren bezieht sich der Kurzbeleg auf einen prägnanten Bestandteil des Vollbelegs (z. B. [GBE S. 7] für Gesundheitsberichterstattung des Bundes, kurz GBE). Dieser Teil ist im Vollbeleg, sowohl in der Fußzeile als auch im Quellen- und Literaturverzeichnis, fett hervorgehoben. Die geschilderte Vorgehensweise entspricht zwar keiner der in der Fachliteratur vorgeschlagenen klassischen Zitierweisen[2], ist aber meiner Meinung nach für diese Arbeit am besten geeignet.
2 Grundlagen: Probleme durch Mikroorganismen
Um die Wirkung und den Nutzen antimikrobieller Materialien verstehen und bewerten zu können, ist es notwendig, zunächst die Probleme zu behandeln, die durch Mikroorganismen in der Umwelt hervorgerufen werden. Mikroorganismen sind mikroskopisch kleine, einzellige Organismen. Dazu zählen Bakterien, tierische Einzeller sowie ein Großteil der Algen und Pilze. In dieser Arbeit wird auch der Begriff Keim als Synonym für Mikroorganismen verwendet.
Mikroorganismen sind die ältesten nachgewiesenen Lebensformen auf der Erde. Insbesondere die Bakterien sind fähig, in allen bekannten Lebensräumen zu überleben und bilden damit oft die Grundlage für weiteres Leben. Deshalb sind sie unverzichtbarer Bestandteil der Umwelt.
Durch ihre Anpassungsfähigkeit und den daraus resultierenden Besiedlungs-druck sind sie allerdings in der so genannten Zivilisationsumwelt teilweise sehr problematisch. Unter Zivilisationsumwelt ist der vom Menschen existenziell an seine Lebensbedürfnisse angepasste, und vor allem durch Technik und Wirtschaft künstlich veränderte Lebensraum zu verstehen. Hier werden durch Mikroorganismen oft erhebliche Schäden hervorgerufen.
Im Rahmen dieser Arbeit soll die Besiedlung von Materialoberflächen bzw. Grenzflächen genauer betrachtet werden. Mikroorganismen auf Oberflächen können die Umgebung mit potentiellen Krankheitserregern kontaminieren, was eine direkte Gefahr für den Menschen darstellt. Weiterhin können sie das besiedelte Material angreifen bzw. die ursprüngliche Funktion dieser Oberfläche einschränken, was unter Umständen zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führt.
Die folgenden Abschnitte dieses Kapitels bieten einen kompakten Einstieg in die Problematik, indem Schäden in Industrie und Technik sowie Gefahren für den Menschen beispielhaft erläutert und visualisiert werden. Weiterhin werden alle biologischen und medizinischen Begriffe erklärt, die für die spätere Abhandlung von Bedeutung sind.
2.1 Schäden in Technik und Industrie
So vielfältig wie die Lebensräume von Mikroorganismen sind auch die möglichen Schäden, die sie in industriellen Anlagen und Wirtschaftsgütern allgemein anrichten können. Abgesehen von Reinraumanwendungen wie der Computerchipherstellung, wo schon mikroskopische Partikel aus der Luft zu Produktionsfehlern führen können, sind in der Industrie eher massenhafte Ansammlungen von Mikroorganismen in so genannten Biofilmen von Bedeutung.
Biofilme bilden sich, wenn Mikroorganismen sich an Grenzflächen heften und dort vermehren[3]. Anhand dieser Erscheinung kann der grundsätzliche Ansatz, Schäden, die durch Mikroorganismen verursacht werden mit antimikrobiell wirksamen Materialien einzudämmen, sehr gut verdeutlicht werden.
Die Bildung von Biofilmen ist in der folgenden schematischen Abbildung verdeutlicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Bildung von Biofilmen Quelle: www.microbelibrary.org © Wiencek
Einzelne Bakterien heften sich mit Hilfe ihrer äußeren Schleimschicht locker an die Oberfläche (Bakterienadhäsion). Danach setzen sie sich durch Wechselwirkung mit der Oberfläche fest und bilden eine gemeinsame Matrix aus extrapolymeren Substanzen (EPS). Diese Matrix dient den Bakterien vor allem als Schutz vor äußeren Einflüssen sowie als Nahrungsspeicher. Biofilme bestehen nur zu einem geringen Anteil aus Bakterien.
Der überwiegende Teil, ca. 70 - 95% besteht aus EPS, aus der einzelne Bakterien an die Umgebung abgegeben werden können und an die sich weitere Organismen anlagern können [vgl. Flemming H.-C, S. 1]. Biofilme bilden sich vorwiegend an Grenzflächen zu Wasser, Flächen, die regelmäßig mit Wasser in Berührung kommen oder in unmittelbarer Nähre zu Nahrungsquellen.
Die Abbildung 2-2 ist eine Rasterelektronenmiskrosop-Fotographie eines Biofilms auf einer Metalloberfläche.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Biofilm aus Bakterien und EPS Quelle: www.microbelibrary.org © Donlan &Gibbon
Das am einfachsten nachvollziehbare Beispiel für einen Biofilm ist der gewöhnliche Zahnbelag. Bestimmte Bakterien der Mundflora heften sich an die Zahnoberfläche und vermehren sich nach beschriebener Systematik. Der so entstandene Belag haftet fest auf dem Zahn. Über ihn wird Nahrung aufgenommen und gespeichert. Außerdem bietet er den Bakterien Schutz vor Speichel oder antiseptischen Lösungen wie Mundwässern. Die Abbauprodukte der Bakterien schädigen massiv die Zahnoberfläche: es kommt zu Zahnfäule in folge von Säureeinwirkung. Dieser Vorgang wird im allgemeinen Biodeterioration (mikrobielle Schädigung von Materialien) genannt. Um die Funktion der Zähne zu erhalten, bleibt also nur die regelmäßige mechanische Reinigung. Dies ist zeitaufwändig und arbeitsintensiv, aber letztlich die einzig effektive bzw. verträgliche Maßnahme.
Flemming hat in seiner Habilitationsschrift „Biofilme, Biofouling und mikrobielle Schädigung von Materialien“ die wirtschaftlichen Schäden von Biofilmen sehr gut zusammengefasst.
Es gibt nach seinen Aussagen kaum ein Material, das auch unter widrigen Bedingungen nicht durch Biofilme besiedelt werden kann. Dies wird in der folgenden Tabelle verdeutlicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-1: Spannweiten der Biofilmexistenz nach Flemming
Anders als beim Zahnbelag kann in der Technik bereits die bloße Anwesenheit von Biofilmen zu erheblichen Problemen führen: Dies wird Biofouling genannt. Biofilme haben andere physikalische und chemische Eigenschaften als das besiedelte Material. Sie können beispielsweise durch Isolation die Effizienz von Wärmetauschern herabsetzen. Durch ihre Viscoelastizität verbrauchen sie kinetische Energie in Wassertransportsystemen oder von Schiffen (bewachsene Schiffsrümpfe).
Die Biodeterioration reicht von chemischer Materialzersetzung, wie der mikrobiell induzierten Korrosion (MIC) von Metallen oder der Zersetzung von Weichmachern in Kunststoffen, bis zu Frostschäden in Gesteinsporen, die durch die wasserhaltige EPS hervorgerufen wird.
Der tatsächliche Umfang wirtschaftlicher Schäden durch Mikroorganismen ist nur schwer zu beziffern. Das liegt einerseits daran, dass Biofouling und Biodeterioration selten allein auftreten, sondern mit mechanischer Ablagerung oder chemischen Korrosionsprozessen einhergehen. Des weiteren wird die tatsächliche Ursache von mikrobiellen Schäden oft nicht erkannt.
Flemming führt dennoch aussagekräftige Beispiele an, so schätzt die US Navy den jährlichen Treibstoffmehrverbrauch durch den erhöhten Reibungswiderstand ihrer Schiffe auf 500 Mio. $. Weiterhin sind im Ontario Hydro’s Kraftwerk in wenigen Jahren durch MIC Kosten in Höhe von 55 Mio $ entstanden. Sie setzten sich aus Energieverlust, Materialersatz sowie Kosten für Reparaturen, zusätzliche Inspektionen und konstruktive Veränderungen der Wärmetauscher zusammen.
Biofilme können auch für den Menschen gefährlich werden, wenn sie sich beispielsweise auf Implantatoberflächen oder Kathetern bilden, oder wenn der Mensch mit durch Biofilme kontaminierten Medien in Berührung kommt[4]. Diese Effekte werden im nächsten Abschnitt im Zusammenhang behandelt.
2.2 Gesundheitsgefahren am Beispiel Krankenhausinfektionen
Im vorangegangenen Abschnitt wurde die große Spannweite mikrobiellen Lebens beschrieben und Schadenspotentiale verdeutlicht. Aufgabenstellung dieser Arbeit ist die Bewertung antimikrobieller Kunststoffe für den schwerpunktmäßigen Einsatz im klinischen Umfeld. Deshalb wird in diesem Abschnitt die Problematik der nosokomialen Infektionen (Krankenhausinfektionen) dargelegt. Welchen Umfang haben die Gesundheitsgefahren durch Mikroorganismen in klinischer Umgebung? Was bedeutet das für die Patienten und das Gesundheitssystem? Welche Infektionswege und Ursachen sind bekannt und welche Keime sind problematisch? Schließlich ist zu klären, wie Krankenhausinfektionen vermieden bzw. eingedämmt werden können.
Die folgende Abhandlung über nosokomiale Infektionen ist angelehnt an die Gesundheitsberichterstattung des Bundes.[5]
Begriffbestimmung nach dem Infektionsschutzgesetz [6]
- Krankheitserreger:
ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein
sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine
Infektion oder übertragbare Krankheiten verursachen kann,
- Infektion:
die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus,
- nosokomiale Infektion
eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand,
Mit der Formulierung im Infektionsschutzgesetz werden auch solche Infektionen als nosokomial angesehen, die im Zusammenhang mit medizinischer Behandlung außerhalb des Krankenhauses stehen, also beispielsweise in Arztpraxen. Die Einstufung als nosokomiale Infektion bedeutet nicht automatisch, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen medizinischer Behandlung und dem Auftreten der Infektion existiert, sie ist auch nicht als Synonym für ärztliches oder pflegerisches Verschulden zu verstehen. Die Bezeichnung ist unabhängig davon, ob die Infektion vermeidbar ist oder nicht [GBE S. 5, 6].
Die Definition von Krankheitserregern geht mit der Einbeziehung von Viren und „transmissiblen Agenzien“ (lat. für übertragbare wirksame Mittel, Prinzipien) wie Prionen über die Mikroorganismen hinaus. Prionen sind Proteinmoleküle, die unter anderem für die Übertragung von BSE verantwortlich gemacht werden.
2.2.1 Aktuelle Bedeutung der Thematik
Probleme, die mit nosokomialen Infektionen zusammenhängen, existieren bereits solange, wie Patienten in Krankenhäusern behandelt werden. Als Konsequenz hat sich mit der Krankenhaushygiene ein eigenständiger Bereich der Hygiene etabliert. Trotzt neuer Erkenntnisse über Infektionsquellen und Übertragungswege der Erreger, epidemiologischer* Untersuchungen und Anwendung neuer Labormethoden treten Krankenhausinfektionen immer mehr in den Vordergrund. Zurückzuführen ist dies auf mehrere Faktoren:
- Mit der Entwicklung moderner Medizin werden immer häufiger invasive Diagnose und Therapieverfahren angewendet. (!) (vlg. 1.1 Motivation der Aufgabenstellung)
- Die Patienten werden immer älter oder haben verminderte Abwehrkräfte.
- Erreger nosokomialer Infektionen wie Staphylokokken oder gramnegative Bakterien entwickeln Antibiotikaresistenzen und sind dadurch schwieriger zu bekämpfen.
Wie häufig treten Krankenhausinfektionen und mit welchen Folgen auf?
In der Literatur wird die Häufigkeit von Krankenhausinfektionen mit zwei unterschiedlichen Kennzahlen beschrieben. Diese Kennzahlen sind Prävalenz: die Menge von X in einem bestimmten Zustand (Querschnittsstudie) und Inzidenz: Menge von Zugang zu X (Längsschnittuntersuchung). Diese Daten dürfen nicht direkt miteinander verglichen werden, da länger andauernde Infektionskrankheiten mit größerer Wahrscheinlichkeit in einer Querschnittsstudie erfasst werden.
Eine 1990 durch die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) durchgeführte Auswertung von über 5000 Patientendaten aus dem Jahre 1987 ergab eine Inzidenz von 6,3%, das bedeutet, dass sich 6,3% aller Krankenhauspatienten im Laufe ihrer Behandlung infiziert haben. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurde die Gesamtzahl jährlicher Krankenhausinfektionen auf 706.000 hochgerechnet (altes Bundesgebiet).
Die derzeit umfangreichsten Daten zur Inzidenz von nosokomialen Infektionen liefert das Krankenhaus-Infektions-Surveillance* -System (KISS). Aktuellen Hochrechnungen auf dieser Datengrundlage zufolge muss in Deutschland von jährlich 500.000 bis 800.000 Fällen nosokomialer Infektionen ausgegangen werden. Das Risiko einer Infektion ist im Krankenhaus nicht gleich verteilt: Einer deutschen Studie von 1994 zufolge beträgt die Prävalenzrate bei Intensivpatienten durchschnittlich 15,3%, bei chirurgischen Patienten dagegen 3,6% und internistischen 3,0%.[GBE, S. 10]
Nicht offiziell bestätigten Berichten zufolge wird die Sterblichkeit durch Krankenhausinfektionen auf 30.000 – 40.000 Fälle pro Jahr in Deutschland geschätzt.[7]
Krankenhausinfektionen können die Patienten erheblich belasten, längere Verweildauern verursachen und, wie oben aufgezeigt, sogar zum Tod des Patienten führen. Weiterhin sind sie mit erheblichen Kosten verbunden. In Deutschland liegen der Gesundheitsberichtserstattung zufolge keinerlei aktuellen Berechnungen vor. Laut einer britischen Studie entstehen durch Krankenhausinfektionen dem Gesundheitssystem in Großbritannien Mehrkosten von etwa 930 Mio. Pfund pro Jahr infolge von zusätzlichem Pflegeaufwand in den Krankenhäusern. Die Zahl ergibt sich aus den durchschnittlichen Mehrkosten von 3154 Pfund pro Infektionsfall. Damit waren die Kosten 2,9 mal höher als bei uninfizierten Patienten[8].
KISS-Daten zufolge werden die Mehrkosten pro Infektionsfall mit MRSA (M ethicillin- r esistente S taphylococcus a ureus) auf Intensivstationen mit 20.000 DM beziffert[9], wobei es sich dabei sicherlich um eine der schwerwiegendsten Krankenhausinfektionen handelt.
2.2.2 Entstehung und Ursachen von Krankenhausinfektionen
Es wird grundsätzlich zwischen exogenen und endogenen Krankenhausinfektionen unterschieden. Die Abbildung 2-3 bietet dazu eine Übersicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-3: Unterscheidung von Krankenhausinfektionen
Exogene Infektionen entstehen durch Erregeraufnahme aus der Umwelt, unter anderem durch Kontakt mit Personen, kontaminierten Oberflächen, Luft oder Wasser. Von endogenen Infektionen wird gesprochen, wenn die Erreger von der patienteneigenen Flora stammen und vor allem durch ein schwaches Immunsystem zu Infektionen führen. Wurde der Erreger erst im Laufe des Krankenhausaufenthaltes Teil der Patientenflora, handelt es sich um sekundäre, bei Keimen aus der normalen Flora um primäre endogene Infektionen. Aus den gezeigten Entstehungsarten ergeben sich verschiedene ursächliche Faktoren für Krankenhausinfektionen.
- Patientenfaktoren: Krankheitsbedingte Vorschädigungen der Patienten und mit dem Alter einhergehende Multimorbidität (mehrere Krankheiten gleichzeitig vorhanden) steigern das Infektionsrisiko.
- Umwelt: Die Krankenhausumwelt begünstigt die Ausbreitung von Infektionen schon durch die Nähe zu anderen Patienten und den Kontakt von Personal und Geräten mit mehreren Patienten.
- Technologie: Der Einsatz neuer Technologien für Diagnostik und Therapie bietet oft auch neue Eintrittspforten für Krankheitserreger.
- Menschliche Faktoren: Medizinisches Personal ist auch als Folge von Effizienzsteigerungen im Gesundheitssystem stark belastet. Es besteht grundsätzlich die Gefahr, dass sinnvolle Hygienemaßnahmen aus Zeitmangel nicht ausreichend beachtet werden.
Wie groß der tatsächliche Anteil von Infektionen ist, die durch kontaminierte Oberflächen übertragen werden, geht aus der Literatur leider nicht hervor. Ebenfalls gibt es keine Studien oder Expertenaussagen zu dieser Fragestellung.
Aber auch wenn keine Aussage über den quantitativen Anteil von durch Oberflächenkontamination hervorgerufene Infektionen an der gesamten Infektionsrate gemacht werden kann, bleibt zu bemerken, dass sie grundsätzlich als Übertragungsweg dienen können.
2.2.3 Erreger nosokomialer Infektionen und Resistenzen
Krankenhausinfektionen werden oft erst als Problem wahrgenommen, wenn sie als Ausbrüche oder epidemisch* auftreten. Zwar treten nur etwa 2-10% aller Krankenhausinfektionen auf diese Weise auf, aber gerade für diese Erscheinungen gibt es Zahlen über deren Erreger. Die meisten Ausbrüche werden durch Bakterien hervorgerufen (71%), ca. 21% sind Virusinfektionen, 5% werden durch Pilze bedingt und 3% durch Parasiten [vgl. GBE S.9].
Da die Bakterien den deutlich größten Anteil bilden, erfolgt eine tiefere Auseinandersetzung mit diesen Krankheitserregern.
Welche Bakterien zu welchen Anteilen Auslöser von Krankenhausinfektionen sind, ist jeweils abhängig von der Infektionsart. Die Abbildung 2-4 zeigt die häufigsten Krankenhausinfektionen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-4: die häufigsten nosokomialen Infektionen [GBE S. 5]
Um nicht die jeweiligen Anteile der verschiedenen Bakterien an den gezeigten Infektionen auswerten zu müssen, wird an dieser Stelle auf eine Zusammenstellung der Krankheitserreger auf Intensivstationen zurückgegriffen. (siehe Abbildung 2-5)
Bemerkenswert ist hierbei, dass es sich zum Zeitpunkt der Untersuchung bei 15% der isolierten S. aureus Bakterien um multiresistente Stämme, genannt MRSA (M ethicillin- r esistente S taphylococcus a ureus), handelte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-5: Die häufigsten Infektionserreger auf deutschen Intensivstationen Quelle: P. Gastmeier
Um die Diskussion über die Wirksamkeit von Bioziden, Antiseptika und Antibiotika und die Resistenzproblematik besser nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll, sich zunächst mit der Unterteilung der verschiedenen Bakterienarten auseinanderzusetzen.
Bakterien werden grundsätzlich nach Ihrer Gattung und Art benannt.
z. B.: Staphylococcus aureus
Gegebenenfalls erfolgt noch ein Zusatz nach dem Artennamen mit Informationen über den Bakterienstamm. Oft wird der Gattungsname abgekürzt, wie in Abbildung 2-5 ersichtlich. Durch kontinuierlich wachsende Informationen erfolgen ständig Veränderungen der Gattungsnamen (Bacteria coli à Escheria coli, 1919)[10].
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal von Bakteriengattungen ist die so genannte Gram-Färbung. Diese ist zurückzuführen auf ein 1884 vom dänischen Biologen Gram entwickeltes Färbeverfahren. Durch den charakteristischen Aufbau der Bakterienzellwand stellen sich nach Anfärben der Bakterienzellen und kurzem Spülen in Alkohol in der Regel zwei Reaktionen ein: die gram-negativen (gram -) Bakterienarten werden vom Alkohol entfärbt, während gram-positive (gram +) eingefärbt bleiben. Die folgenden Tabellen bieten eine Übersicht der wichtigsten (problematischen) Bakterien im Krankenhaus.
[...]
[1] vgl. Das Programm Medizintechnik auf einen Blick, www.fzk.de
[2] siehe auch: Theisen, R. T, Wissenschaftliches Arbeiten, 11. Auflage, München: Verlag Vahlen, 2002, S. 189-203
[3] Flemming, H.-C.; Biofilme, Biofouling und mikrobielle Schädigung von Werkstoffen, Kommissionsverlag R. Oldenbourg, München 1994, S.1
[4] Davey, M. E, O´Toole, G. A, Microbial Biofilms: from Ecology to Molecular genetics, Microbiology and Molecular Biology Reviews, Dec. 2000, S. 856
[5] Robert Koch Institut (Hrsg.), Statistisches Bundesamt, Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE), Heft 8, nosokomiale Infektionen Juni 2002
[6] Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IFSG), Juli 2000, http://bundesrecht.juris.de
* Epidemiologie ist die Lehre von Krankheiten und deren Verbreitung, dt. Synonym: Seuchenkunde
* Surveillance: Aufsicht, Überwachung
[7] Schell, W., Krankenhausinfektionen sind auch ein rechtliches Problem 05/99
www.wernerschell.de
[8] Department of Health, PLHS, The socio-economic Burden of Hospital Acquired Infection, executive Summary, 2000, http://www.doh.gov.uk
[9] Gastmeier P., Resistenzsituation auf Intensivstationen-Ergebnisse des KISS-Projektes, 2001 www.antiinfectives-intelligence.de
* epidemisch = zeitlich begrenztes, massenhaftes Auftreten einer Infektionskrankheit à Epidemie
[10] Fachschaft Biologie, Einführung allgemeine Mikrobiologie, Vorlesungsskript, Uni Mainz, www.biologe.de
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- Stefan Kutter (Autor), 2003, Antimikrobielle Kunststoffe. Betrachtung des Wirkungs- und Marktpotentials, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63831
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