1.Einleitung und Gemeindebegriff
Gemeinden stehen in der Rangfolge hinter Bund und Ländern auf unterster Ebene im dreistufigen Verwaltungsaufbau Deutschlands.1 Sie besitzen im Zuge ihrer Selbstverwaltung eigene Aufgabenbereiche und eine eigene Finanzwirtschaft, welche ihnen sowie vom Bund, als auch von den Ländern, die die Aufsicht über die Gemeindeverwaltungen üben, zugewiesen werden.2 Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetztes besagt demnach: „den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln […]“. Mit dieser Rechtssetzung lassen sich die verschieden Hoheitsgebiete in die Personalhoheit, die Organisationshoheit, die Finanzhoheit, die Planungshoheit und die Rechtsetzungshoheit differenzieren, welche jedoch auch beschränkt sind.3 Doch wie eng begrenzt dieser gesetzliche Rahmen die so genannte „Selbstverwaltung“ der Gemeinden tatsächlich? Können sich die Gemeinden wirklich frei von Bund und Ländern fühlen, oder ist diese Freiheit „pseudolegitimiert“? Wie stark sind die Gemeinden von staatlicher (finanzieller) Unterstützung abhängig? Diesen Fragen möchte ich in Bezug auf die meiner Ansicht nach zentralsten Bereiche kommunaler Selbstverwaltung nachgehen, mit Hilfe derer der Bund und die Länder zugleich auch den stärksten Einfluss auf die Gemeinden ausüben können: der Aufgabenstellung an die Gemeinden und der Finanzhoheit der Gemeinden. Die finanzielle Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben werde ich dabei konkret am Fallbeispiel des Haushaltsplans der Stadt Chemnitz betrachten und Schlussfolgerungen in Bezug auf ihre finanzielle (Un-)Abhängigkeit ziehen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung und Gemeindebegriff
2. Aufgaben von Gemeinden
2.1. Selbstverwaltungsaufgaben
2.1.1 Freiwillige Aufgaben
2.1.2 Pflichtaufgaben ohne Weisung
2.2. Fremdverwaltungsaufgaben
2.2.1 Pflichtaufgaben nach Weisung
2.3. Instrumente zur Aufgabenerledigung
3. Finanzen
3.1. Einnahmen
3.1.1 Steuern
3.1.2 Gebühren und Beiträge
3.1.3 Finanzzuweisungen
3.2. Ausgaben
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung und Gemeindebegriff
Gemeinden stehen in der Rangfolge hinter Bund und Ländern auf unterster Ebene im dreistufigen Verwaltungsaufbau Deutschlands.[1] Sie besitzen im Zuge ihrer Selbstverwaltung eigene Aufgabenbereiche und eine eigene Finanzwirtschaft, welche ihnen sowie vom Bund, als auch von den Ländern, die die Aufsicht über die Gemeindeverwaltungen üben, zugewiesen werden.[2] Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetztes besagt demnach: „den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln […]“. Mit dieser Rechtssetzung lassen sich die verschieden Hoheitsgebiete in die Personalhoheit, die Organisationshoheit, die Finanzhoheit, die Planungshoheit und die Rechtsetzungshoheit differenzieren, welche jedoch auch beschränkt sind.[3] Doch wie eng begrenzt dieser gesetzliche Rahmen die so genannte „Selbstverwaltung“ der Gemeinden tatsächlich? Können sich die Gemeinden wirklich frei von Bund und Ländern fühlen, oder ist diese Freiheit „pseudolegitimiert“? Wie stark sind die Gemeinden von staatlicher (finanzieller) Unterstützung abhängig? Diesen Fragen möchte ich in Bezug auf die meiner Ansicht nach zentralsten Bereiche kommunaler Selbstverwaltung nachgehen, mit Hilfe derer der Bund und die Länder zugleich auch den stärksten Einfluss auf die Gemeinden ausüben können: der Aufgabenstellung an die Gemeinden und der Finanzhoheit der Gemeinden. Die finanzielle Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben werde ich dabei konkret am Fallbeispiel des Haushaltsplans der Stadt Chemnitz betrachten und Schlussfolgerungen in Bezug auf ihre finanzielle (Un-)Abhängigkeit ziehen.
2. Aufgaben von Gemeinden
Prinzipiell lassen sich in Gemeinden 3 Aufgabenbereiche unter-scheiden, welche rechtlich in den jeweiligen Gemeindeordnungen festgelegt und erläutert sind. Speziell in der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (kurz: SächsGemO) werden sie in § 2 unter-schieden.[4] Formal ist es möglich eine erste Vorunterscheidung zwischen eigenen Aufgaben der Gemeinden (Selbstverwaltungs-aufgaben) zum einen, und staatlichen Aufgaben (Fremdverwaltungs-aufgaben) zum anderen zu unterscheiden.[5] Im Folgenden werde ich diese Spektren jeweils anhand einiger Beispiele näher erläutern
2.1. Selbstverwaltungsaufgaben
2.1.1 Freiwillige Aufgaben
Freiwillige Aufgaben beziehen sich auf den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden.[6] Den Kommunen steht somit frei, ob und wie sie diese Aufgaben wahrnehmen und erfüllen, sie bestimmen selbst darüber.[7] In der Gemeindeordnung wird festgelegt, dass diese eigene Verantwortung zur Aufgabenerfüllung „im Rahmen ihrer Leistungs-fähigkeit“[8] erfolgen soll, also zum Beispiel in Bezug auf ihre jeweiligen finanziellen Möglichkeiten.[9] In diesen Bereich fallen unter Anderem das Angebot an Sportstätten, wie zum Beispiel die Entscheidung über Bau einer neuen Turnhalle oder eines neuen Schwimmbades und der Öffentliche Personennahverkehr.[10]
2.1.2 Pflichtaufgaben ohne Weisung
Es gibt natürlich auch Aufgaben, die laut Gemeindeordnung diesen durch das Gesetz zur Erfüllung auferlegt werden können. Daher ist die Kommune rechtlich dazu verpflichtet diese Aufgaben zu erledigen. Die Einschränkung „ohne Weisung“ besagt hierbei, dass sie aber zumindest über die Art und Weise der Erledigung frei zu entscheiden befugt ist[11], wodurch sich auch diese Aufgaben formal dem „eigenen Wirkungskreis“ der Gemeinden zurechnen lassen.[12] Unter diese Kategorie fallen insbesondere Aufgaben der Kulturpflege, der Jugendarbeit, der Kinderbetreuungseinrichtungen, der Wasserversorgung beziehungs-weise der Abwasserbeseitigung, sowie der Straßenreinigung und viele mehr.
2.2. Fremdverwaltungsaufgaben
2.2.1 Pflichtaufgaben nach Weisung
Weitere Aufgaben, die von den Kommunen im Auftrag des Staates zu erfüllen sind, wären die Pflichtaufgaben nach Weisung. Hierbei ist die Aufgabenerfüllung in der von Bund oder Ländern vorgegebenen Art und Weise zu tun.[13] Es handelt sich somit um Aufgaben des „übertragenen Wirkungskreises“ oder „Fremd-verwaltungsaufgaben“[14]. Das bedeutet im Wesentlichen, dass es sich um staatliche Aufgaben handelt, die von den übergeordneten Gebietskörperschaften, also Bund oder Land aufgrund gesetzlicher Bestimmungen auf die Gemeinden übertragen werden.[15] Dabei nutzt der Staat die Behördenorganisation der Gemeinden und überwacht so weitestgehend mittels seiner Weisungen deren Ausführung.[16] Allerdings ist hierbei noch anzumerken, dass die Gemeinden trotz dessen über einen geringen Spielraum verfügen können.[17] Beispiele sind hier unter Anderem die Auszahlung von Sozialhilfe und Wohngeld, die Bereitstellung von Feuerwehr und Rettungsdiensten[18], sowie Aufgaben der örtlichen Polizei und der Meldeangelegenheiten[19].
2.3. Instrumente zur Aufgabenerledigung
Zur erfolgreichen Erledigung der verschiedenen Aufgabenkomplexe ist es notwendig, dass die Gemeinden auch über angemessene Instrumente zur Erwirkung bestimmter Aufgaben beziehungsweise zur erfolgreichen Durchsetzung von Anordnungen bei den Bürgern verfügen. Hierbei kann es zwischen den einzelnen Kommunen zu großen Unterschieden kommen. Aufgrund dessen werde ich hier kurz alle möglichen verfügbaren Mittel kurz erläutern. Zum einen können die Kommunen Gebote und Verbote erheben. Sie sind charakteristisch für das hoheitliche Tätigwerden der Verwaltung, es werden hierzu Verwaltungsakte erlassen.[20] Unter Verwaltungsakten versteht man im engeren Sinne laut Manfred G. Schmidt „eine in Ausübung öffentlicher Gewalt getroffene hoheitliche Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls, die eine unmittelbare rechtliche Wirkung besitzt“[21]. Gebote und Verbote sind so genannte „harte Instrumente“.[22] Des Weiteren besitzt die Kommune auch andere Rechtsakte, wie zum Beispiel die Widmung einer Straße. Zur dritten Kategorie, dem Verwaltungszwang, zählen beispielsweise die Erhebung von Zwangsgeld, Zwang oder Ersatzvornahmen. Darüber hinaus reagieren Gemeinden auch auf Nichtbeachtung von Regelungsnormen in Form von beispielsweise Bußgeldern.[23] Ein Fünftes Instrument, auf das Kommunen zurückgreifen können, wäre im positiven Sinne der Anreiz beziehungsweise im negativen Sinn, das Gegenstück dazu, die Abschreckung (weiche Instrumente). Diese können materiell oder immateriell erfolgen. Ein Beispiel für ein immateriellen Anreiz wäre die Verleihung der Ehrenbürgerschaft (§ 26 Gemeindeordnung (kurz: GemO)), oder auch die Benennung von Straßen, Gebäuden oder Plätzen (§ 5 Abs. 4 GemO).[24] Hierbei besagt zur näheren Erläuterung zum Beispiel § 26 GemO über die Ehrenbürgerschaft, dass der Gemeinderat an Personen, „die sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Gemeinde oder das Wohl der Bürger verdient gemacht haben“[25], die Ehrenbürgerschaft verleihen kann, wobei diese allerdings auch „aus wichtigem Grund durch Beschluss des Gemeinderats aberkannt werden“[26] kann. Gemeinden sind auch in der Lage Vereine zu fördern. Ihre Mittel hierzu bestehen aus finanziellen Transfers. Sie gehören zum Standartrepertoire der kommunalen Instrumente zur Aufgabenerledigung und werden in Form von Subventionen oder Sozialleistungen vergeben. Dabei werden zwei Fördermöglichkeiten unterschieden: die Förderung des Vereins als solchen, institutionelle Förderung genannt, und die Förderung bestimmter Maßnahmen oder Vorhaben der Vereine, die so genannte Projektförderung.[27] Ein weiteres Instrument von Kommunen ist die Bereitstellung von Sachleistungen und Dienstleistungen mit oder auch ohne Entgelt. Laut § 2 Abs. 1 der Sächsischen Gemeindeordnung (kurz: SächsGemO) haben die Gemeinden für das „soziale, kulturelle und wirtschaftliche Wohl ihrer Einwohner“[28] zu sorgen, und die dafür erforderlichen öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen. Neben diesen physisch in Anspruch zu nehmenden Institutionen, gehören hier auch Arbeitsleistungen, wie zum Beispiel die Straßenreinigung.[29] Ein achtes Mittel der Gemeinden zur Durchführung ihrer Aufgaben liegt darin in Form von Informationen Warnungen, Empfehlungen, oder auch Appelle zu äußern. Diese werden auch persuasive, überzeugende Instrumente genannt. Eng daran gebunden können Gemeinden mit Handlungen der Vorbildfunktion an ihre Bürger appellieren. Möchte also eine Gemeinde zum Beispiel etwas Spezielles im Verhalten ihrer Einwohner erreichen, kann sie mit Taten in dieser Richtung einen Anfang machen und vorbildlich handeln. Das letzte Instrument in den Händen der Kommunen ist die Strukturierung.[30] Hierbei geht es um „die Beeinflussung der Organisations-, Personal-, Prozess- und Entscheidungsstrukturen außerhalb der Verwaltung“[31]. Dieser kleine Einblick soll hier genügen.
[...]
[1] Vgl. Horst Pötzsch: Die deutsche Demokratie, Bonn 2004, S. 94.
[2] Vgl. ebd., S. 94.
[3] Vgl. Uwe Andersen/ Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems, Bonn 2003, S. 196ff.
[4] Vgl. Manfred Schleer: Kommunalpolitik in Sachsen. Bürger, Politiker und Verwaltungen in Gemeinden, Städten und Landkreisen, Dresden 2003, S. 380.
[5] Vgl. Andreas Kost/ Hans-Georg Wehling: Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland – eine Einführung, in: diess. (Hrsg.): Kommunalpolitik in den deutschen Ländern. Eine Einführung, Bonn 2003, S. 16f.
[6] Vgl. Pötzsch (Anm. 1), S. 94.
[7] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 229.
[8] Ebd., S. 228.
[9] Vgl. Pötzsch (Anm. 1), S. 94.
[10] Vgl. Werner Relle>
[11] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 228f.
[12] Vgl. Pötzsch (Anm. 1), S. 94.
[13] Vgl. Rellecke (Anm. 10), S. 257.
[14] Wolfgang Scherf/ Kai Hofmann: Die kommunale Finanzverwaltung in Deutschland, in: Andreas Kost/ Hans-Georg Wehling (Hrsg.): Kommunalpolitik in den deutschen Ländern. Eine Einführung, Bonn 2003, S. 320.
[15] Vgl. ebd., S. 320.
[16] Vgl. Pötzsch (Anm. 1), S. 94.
[17] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 229.
[18] Vgl. Pötzsch (Anm. 1), S. 95.
[19] Vgl. Rellecke (Anm. 10), S. 257.
[20] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 241.
[21] Manfred G. Schmidt: Wörterbuch zur Politik, Stuttgart 2004, S. 762.
[22] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 242.
[23] Vgl. ders., S. 241.
[24] Vgl. ders., S. 241.
[25] Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO). Neufassung in der Bekanntmachung vom 18. März 2003, §26 Abs. 1, in: www.slpb.de/infoseiten/download/gemeindeordnung.pdf am 27.Januar 2006.
[26] Ebd, § 26, Abs. 2.
[27] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 241.
[28] Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (Anm. 25), § 2, Abs. 1.
[29] Vgl. Schleer (Anm. 4), S. 242.
[30] Vgl. ders., S. 242.
[31] Schleer (Anm. 4), S. 242.
- Citar trabajo
- Aileen Enders (Autor), 2006, Kommunale Aufgaben und deren Finanzierung in der sächsischen Gemeinde in Hinblick auf deren staatliche Unabhängigkeit am Fallbeispiel der Stadt Chemnitz im Jahr 2005, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63691
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