Die Sprache der Sportberichterstattung darf wohl als eigene Gattung der Zeitungssprache allgemein gelten. In theoretischen Überlegungen und anhand von konkreten Beispielen aus diversen Zeitungen werden diese "eigenen Gesetze" dargestellt.
1. Inhaltsverzeichnis
2 Einführung
2.1 Untersuchungsgegenstand
2.2 „Sportliche Expansion“ in den Medien
3 Theoretische Analyse
3.1 Sportsprache und journalistische Texttypen
3.2 Sprachstil Sport
3.2.1 Dominanz der Substantive
3.2.2 Wechselwirkungen mit anderen Sprachfeldern
3.2.3 Anglizismen
3.2.4 Synonyme
3.2.5 Klischees und Phraseologien
3.2.6 Aktiv vs. Passiv
3.2.7 Wollen und Können
4. Analyse der Artikel
4.1 BILD
4.2 kicker
4.3. Oberhessische Presse (OP)
5. Fazit
6. Anhang
6.2. Zeitungsartikel
6.2. Literaturverzeichnis
2 Einführung
2.1 Untersuchungsgegenstand
„Und wieder einmal offenbarte der Pokal seine eigenen Gesetze. Im Spiel David gegen Goliath besiegte der Drittligist nach einer beeindruckenden Abwehrschlacht den haushohen Favoriten.“
So oder so ähnlich könnte ein Auszug aus einem Bericht über den DFB-Pokal lauten, der, wie in der Welt des Fußballs landläufig bekannt, eben „seine eigenen Gesetze hat“. Frei nach dem Motto: „Alles ist möglich.“
Das Ziel dieser Arbeit ist darzustellen, auf welche Weise auch die Verwendung der Sprache in der Sportberichterstattung nach ihren „eigenen Gesetzen“ strukturiert ist.
Um diesen großen Bereich einzugrenzen, werde ich im „Praxisteil“ zwei Einschränkungen vornehmen: Zum einen sollen nur die Printmedien untersucht werden, da Sportberichterstattungen in Fernsehen, Radio und Zeitung trotz Gemeinsamkeiten dennoch unterschiedlich strukturiert sind. Das liegt unter anderem an der vorhandenen, bzw. nicht vorhandenen Möglichkeit der Live-Übertragungen, der Verwendung von bewegten Bildern und dem Unterschied zwischen geschriebener und gesprochener Sprache. Exemplarisch beziehe ich mich auf Textbeispiele aus drei Zeitungen bzw. Zeitschriften, die sich im Anhang dieser Arbeit finden:
- Oberhessische Presse
- kicker
- BILD
Die zweite Einschränkung bezieht sich auf die Sportart, um eine bessere Vergleichsbasis herzustellen. Hier wurde Fußball gewählt, weil der „Volkssport Nummer eins“ den größten medialen Raum aller Sportarten einnimmt. Allerdings scheint der „[…] eigene Sprachstil [des Sports] relativ unabhängig von den verschiedenen Sportarten […]“ zu sein.[1]
Diese Untersuchungen finden sich im zweiten Teil der Arbeit. Zuvor soll das Thema indes in einem theoretischen Block beleuchtet werden, der aufgrund der Sekundärliteratur, nicht so eingeschränkt wurde wie der Praxisteil. Hier geht es um die Sprache der Sportberichterstattung im Allgemeinen. Folgende Punkte und Fragestellungen sollen als Basis sowohl für die theoretische als auch für die praktische Untersuchung dienen:
- Entwicklung des Sports in den Medien
- Unterschiedliche Texttypen innerhalb der Berichterstattung; Überschriften
- Unterschiede zwischen verschiedenen Zeitungstypen
- Wechselbeziehungen zwischen der medialen Sportsprache und anderen sprachlichen Bereichen (besonders Militär <-> Sport <-> Politik)
- Eigene „Sport-Phraseologien“ und „Klischees“
- (Sonder-)Wortschatz
- Stilmittel
- Synonymbildungen
Erwähnt werden muss noch, dass es sich bei der Untersuchung nicht um die Sprache des Sports als Wissenschaftssprache handelt, denn auch diese gibt es, seitdem sich die relativ junge Sportwissenschaft entwickelt hat. Dabei handelt es sich aber um einen völlig anderen Bereich, der vor allem mit anderen Wissenschaftssprachen (Medizin, Physik, Pädagogik, Soziologie etc.) korrespondiert. So besteht der Unterschied der Sprache der Sportwissenschaft und der medialen Sportsprache in der Gruppe der Rezipienten: Mediale Sportberichte führen zu einem Sachverständnis unter Laien. Die „Welt des Sports“ entwickelt eine enorme „Breitenwirkung“ in vielen Bereichen des Alltags.[2]
2.2 „Sportliche Expansion“ in den Medien
In den Zeitungen von heute hat der Sport seinen festen Bestandteil gefunden. Neben den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur oder Lokalteilen ist er nicht mehr wegzudenken. Es gibt wohl keine Tageszeitung ohne eigenes Sportressort. Live-Übertragungen von Großsportereignissen im Fernsehen haben stets höchste Einschaltquoten. Dieser Status quo ist das Ergebnis eines Prozesses. Sowohl Quantität als auch Qualität der Sportberichte haben sich anscheinend synchron zu der wachsenden Bedeutung des Sports und dem Interesse der Öffentlichkeit entwickelt. Dies ist vor allem ein medienspezifisches Phänomen: Was von Presse oder Fernsehen angeboten wird, muss ja auch seinen Abnehmer finden. Und umgekehrt müssen sich öffentliche Interessen in den Medien wieder finden. Es besteht also eine wechselseitige Abhängigkeit. Dies wird deutlich, wenn man ein Beispiel außerhalb des Sports betrachtet: die Börse. Aktienmärkte, an sich keine Neuheit, erlebten gegen Ende der 1990er Jahre einen Boom. Mit der explodierenden Zahl an Kleinaktionären fanden Börsensendungen und Wirtschaftsteile Einzug in die Medien. Quoten und Auflagen entscheiden über Themen.
Seit 1900 beginnen Sportressorts sich in den Zeitungen zu entwickeln. Die Vorstufe dazu bildeten im 19. Jahrhundert die Turnfachpresse (stark ideologisch) und die „Sportfachblätter“. Fast jede Sportart besaß Ende des 19. Jahrhunderts ein eigenes „publizistisches Organ“. Die erste sportjournalistische Nachricht über einen Boxkampf wurde jedoch bereits im Jahr 1681in dem englischen Blatt „True Protestant Mercury“ veröffentlicht. Lediglich während der beiden Weltkriege geht die Sportberichterstattung zurück, was während der Zeit des Nationalsozialismus mit der generellen Einschränkung der Pressefreiheit zusammenhängt. Im Jahre 1933 existierten 400 Sportzeitschriften.[3]
Nach dem Zweiten Weltkrieg spezifiziert sich die Sportberichterstattung kontinuierlich. Heute geht es nicht mehr nur um das „Berichten“ im wörtlichen Sinne, also Zahlen und Fakten nach den Kriterien einer journalistischen Meldung (Wer?, Was? Wann? Wo?). Das Spektrum an Informationsvermittlung über den Sport ist größer geworden. Hintergrundberichte, Reportagen, Talkrunden oder Kommentare sind gefragt. Durch diese komplexeren Anforderungen in der Berichterstattung sind auch die Ansprüche an die verwendete Sprache vielseitiger geworden. Hier besteht die Kunst bei der in Sportberichten benutzen Sprache: Die Welt des Sports ist eine Welt aller gesellschaftlicher Schichten (anders als in anderen öffentlichen Bereichen, wie Kultur, Politik oder Wirtschaft). Also darf sie weder unter-, noch überfordern.
Sportberichte gehören im weiteren Sinne zur Unterhaltungssparte. Dies führt letztlich dazu, dass auch die für den Sport in Medien benutzte Sprache unterhalten, das heißt, kreativ sein sollte.
Aus historischer Sicht kann man festhalten, dass Sport zwar schon eine ganze Weile Raum in den Medien (v.a. Zeitungen) einnimmt. Die Expansion des Sports in diesen ist aber mit der immens gestiegenen Zahl der Rezipienten gestiegen.
3 Theoretische Analyse
3.1 Sportsprache und journalistische Texttypen
In Kapitel 2.2 dieser Arbeit heißt es, dass die Anforderungen an die Sportberichterstattung komplexer geworden sind. Diese Komplexität beinhaltet unter anderem die Heterogenität der Texttypen, die durch ihre jeweiligen Spezifika Auswirkungen auf die in ihnen verwendete Sprache haben. Dabei ist zu beachten, dass jeder Texttyp andere Ziele verfolgt. In jedem Fall ist allen Typen gemeinsam, durch die verwendete Sprache auf eine bestimmte Art und Weise aufmerksam zu machen:
„Journalistische Sprache soll in erster Linie Aufmerksamkeit erregen, damit sich der Leser angesprochen fühlt und den entscheidenden Anreiz bekommt, den entsprechenden Artikel auch zu lesen.“[4]
Überschriften und Schlagzeilen spielen hierbei eine bedeutende Rolle und können aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften als eigener Texttyp bezeichnet werden. Zwar finden sich auch in Radio oder Fernsehen Schlagzeilen (weniger Überschriften), in den Printmedien jedoch sind sie oft der Indikator für das Interesse am Artikel. Sie muss neugierig machen, den Leser zum Lesen animieren. Wipper schreibt Überschriften und Schlagzeilen deshalb einen „Apellcharakter“ zu.[5] Die wichtigste Eigenschaft der Überschriften (in allen journalistischen Bereichen) ist ihre Prägnanz. Ihr Satzbau ist oft stark verkürzt, beispielsweise durch das Fehlen von Artikeln oder Verben. Dadurch erfüllen Überschriften meist nicht die linguistischen Minimalkriterien eines Satzes (besonders aus valenztheoretischer Sicht). Trotzdem werden in Sportüberschriften mehr Verben verwendet als in anderen Bereichen. Dies gilt besonders für die reinen Berichte, in denen das Geleistete, das „Getane“ (Verben = „Tu-Wörter“) in den Vordergrund rückt. Aus morphologischer Sicht ist bemerkenswert, dass Überschriften zwar oft mit einem Ausrufe- oder einem Fragezeichen, niemals aber mit einem Punkt enden.
Im Bereich des Sports gibt es im Wesentlichen zwei Überschriftsbereiche, die abhängig vom Texttyp sind. Bei einem einfachen Bericht über ein Sportereignis, verkünden Überschriften oft Namen, Zahlen oder wichtige Ergebnisse[6], sie haben also eher einen sachlichen Charakter (z.B.: Bayern siegt dank Ballack 1:0). Bei Reportagen, Hintergrundberichten oder Kommentaren rücken vermehrt Aspekte in den Vordergrund, das heißt, Zitate, Randnotizen, „Skandale“ oder auch Kuriositäten (z.B.: Kahn auf Rekordjagd: Seit 1987 Minuten ohne Gegentor) Dieser Bereich erfordert vermehrt Kreativität. Die Überschrift soll zwar in den Text hineinführen, deshalb ist es korrekt, dass sie „wahr in der Aussage und attraktiv für den Leser“[7] sein muss. Die Wahrheit kann sich aber auch beim Lesen des Textes aus einem ganz anderen Blickwinkel herausstellen, als die Überschrift vielleicht hätte vermuten lassen. Zum Beispiel: Ailton im Rausch! (BILD-online 27.8.05). Im Verlaufe des Textes stellt sich heraus, dass der Spieler nicht etwas Drogen konsumiert hat, sondern sein drittes Tor im dritten Spiel erzielt hat, quasi im „Torrausch“ ist.
[...]
[1] Wipper 2003, 93.
[2] Dankert 1969, 1.
[3] Vgl. Wipper 2003, 128-131. Hier findet sich eine detaillierte Darstellung „zur Geschichte der Sportpresse“.
[4] Wipper 2003, 93.
[5] Wipper 2003, 94.
[6] Vgl. Wipper 2003, 94.
[7] Schneider; Raue 2003, 187.
- Arbeit zitieren
- Till-Bastian Fehringer (Autor:in), 2005, Die 'eigenen Gesetze' der Sportsprache und Sportberichterstattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63659
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