Die vorliegende Arbeit ist die schriftliche Ausführung des Referates mit dem Titel „The Civic Culture - The Original“. Es ist eine deskriptiv angelegte Arbeit, welche die Logik, die Prämissen und die Ergebnisse der Studie zusammenfasst. Grundsätzlich beschäftigt sich die Arbeit mit der Studie selbst und nicht mit deren theoretische und praktische Weiterentwicklung. Eine Replikation der Kritik an der Konzeption und Durchführung wird hier nicht geleistet, da diese so zahl- und facettenreich ist, dass mehrere Aufsätze dieser Art sich damit beschäftigen müssten. 1 Die Civic Culture-Studie wurde zwischen 1959 und 1963 von den amerikanischen Politologen Gabriel Almond und Sidney Verba durchgeführt. Ihr Vorgehen und ihre Ergebnisse sind in der 562- Seiten starken Monografie „The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations“ erfasst. Bei der Planung und Operationalisierung der experimentartigen, komparativen Demokratie-Studie erhielten Almond/Verba Unterstützung von renommierten empirischen Sozialforschern ihrer Zeit, wie etwa Lijphardt, Rosenberg und Lazarsfeld. Das Werk gilt als Pionier-Arbeit und ihre Autoren gelten als (moderne) Begründer der Politischen Kultur-Forschung. In der allgemeinsten Form (Minimal-Definition) bezeichnet Politische Kultur die subjektive Dimension der sozialen Grundlagen politischer Systeme, wobei angenommen wird, dass Einstellungen und Verhalten der subjektiven Dimension veränderbar und lernbar sind. Das Interesse an Politischer Kultur, an der Betrachtung des einzelnen Menschen und seinen Einstellungen innerhalb der Vergleichenden Politikwissenschaft entstand in den 50er und 60er Jahren. Seitdem rangiert Politische Kultur als globaler, sozialwissenschaftlicher Sammelbegriff, als Nominaldefinition, die je nach wissenschaftlicher Zuordnung eine spezifische inhaltliche Ausfüllung (Referenz) erhält. Iwand, der 1983 einen gründlichen Bericht zur Studie sowie zu deren Rezeption und Weiterentwicklung vorlegte, benennt 14 verschiedene Referenz-Möglichkeiten des Begriffs. [...]
Einleitung
Die vorliegende Arbeit ist die schriftliche Ausführung des Referates mit dem Titel „The Civic Culture - The Original“. Es ist eine deskriptiv angelegte Arbeit, welche die Logik, die Prämissen und die Ergebnisse der Studie zusammenfasst. Grundsätzlich beschäftigt sich die Arbeit mit der Studie selbst und nicht mit deren theoretische und praktische Weiterentwicklung. Eine Replikation der Kritik an der Konzeption und Durchführung wird hier nicht geleistet, da diese so zahl- und facettenreich ist, dass mehrere Aufsätze dieser Art sich damit beschäftigen müssten.[1] Die Civic Culture-Studie wurde zwischen 1959 und 1963 von den amerikanischen Politologen Gabriel Almond und Sidney Verba durchgeführt. Ihr Vorgehen und ihre Ergebnisse sind in der 562- Seiten starken Monografie „The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations“ erfasst. Bei der Planung und Operationalisierung der experimentartigen, komparativen Demokratie-Studie erhielten Almond/Verba Unterstützung von renommierten empirischen Sozialforschern ihrer Zeit, wie etwa Lijphardt, Rosenberg und Lazarsfeld. Das Werk gilt als Pionier-Arbeit und ihre Autoren gelten als (moderne) Begründer der Politischen Kultur-Forschung. In der allgemeinsten Form (Minimal-Definition) bezeichnet Politische Kultur die subjektive Dimension der sozialen Grundlagen politischer Systeme, wobei angenommen wird, dass Einstellungen und Verhalten der subjektiven Dimension veränderbar und lernbar sind. Das Interesse an Politischer Kultur, an der Betrachtung des einzelnen Menschen und seinen Einstellungen innerhalb der Vergleichenden Politikwissenschaft entstand in den 50er und 60er Jahren. Seitdem rangiert Politische Kultur als globaler, sozialwissenschaftlicher Sammelbegriff, als Nominaldefinition, die je nach wissenschaftlicher Zuordnung eine spezifische inhaltliche Ausfüllung (Referenz) erhält. Iwand, der 1983 einen gründlichen Bericht zur Studie sowie zu deren Rezeption und Weiterentwicklung vorlegte, benennt 14 verschiedene Referenz-Möglichkeiten des Begriffs[2]. Heute ist die Forschung zu Politischer Kultur ein interdisziplinäres Unternehmen und besteht aus einer Vielzahl von Theorien und Methoden - ein Facettenreichtum, der sowohl,- die sei nicht wertend vorangestellt,- auf die Stärke als auch auf die Weichheit des Konzepts hinweist.
1. Kontextualisierung der Civic Culture-Studie
Die Erfahrung von Totalitarismen, besonders im nationalsozialistischen Deutschland, waren nach dem Zweiten Weltkrieg Anlass für eine Neuorientierung der Politikwissenschaft. Der Vernunftglaube der Aufklärung und das Vertrauen in demokratische Strukturen wurden enttäuscht. Dies führte zu einer Abkehr vom institutionen-zentrierten Ansatz führte. Es hatte sich gezeigt, dass formale Prozesse und Institutionen demokratischer Systeme wie Verfassung, freie Wahlen, Parlamentarismus sowie das Nebeneinander von Parteien und Interessengruppen nicht deren Erfolg, das heißt Stabilität und Effektivität, garantierten. Almond/Verba wandten sich daher Einstellungen gegenüber dem politischen System, das heißt Politischer Kultur, als Variable und Faktor von Demokratie zu. Bildlich gesprochen ging es ihnen darum, die „Software“ (Kultur) zu beschreiben, die mit der „Hardware“ (demokratische Institutionen) zu stabilen, effektiven Systemen führt. Die primäre und plausible Feststellung war, dass Kultur und Struktur kompatibel sein müssten. Neben der jüngsten Vergangenheit veranlasste ebenso die Gegenwart der Nachkriegszeit die Vergleichende Politikwissenschaft zu neuen Fragestellungen: Die Liberalisierungstendenzen in Asien und Afrika, der von den Menschen antizipierte Zugang zu den Errungenschaften der Moderne sowie die Formation neuer Staaten in diesen Erdteilen („national explosions“) zeugten von einem tiefgreifenden kulturellem Wandel. Almond/Verba nahmen an, dass eine am Westen orientierte „Weltkultur“ entstände, die prognostizierbaren Technologisierungs- und Produktionsprozessen folgte. Ebenso wäre deren Regulierung durch effiziente Bürokratie, (die viel mit Technologisierung gemeinsam hat, nämlich Rationalität und Autorität) höchstwahrscheinlich. Unvorhersehbar und daher problematisch bliebe der politische Charakter der entstehenden „Weltkultur“:
While the movement toward technology and rationality of organization appears with
great uniformity throughout the world, the direction of political change is less clear.
But one aspect of this new world political culture is discernable: it will be a political
culture of participation.[3]
Der Modus der politischen Partizipation wäre demnach nicht determiniert: möglich wäre die Teilnahme des freien Bürgers am demokratischen Entscheidungsprozess ebenso wie die (erzwungene) an totalitären Vollstreckungsprozessen in der Rolle des Untertan. Damit sich das demokratische Modell in den „neuen Nationen“ durchsetzte, wäre eine konsistente Politische Kultur erforderlich. Eine Transformation kultureller Werte ähnlich der Transformation von Produktionstechnologien erachteten Almond/Verba als schwierig: Erstens weil die Übermittlung von Idealen und Werten aufgrund deren diffusen Charakters schwierig wäre und sich im Prozess veränderten. Die Schwierigkeit der Kompatibilität wäre in der Politischen Kultur selbst begründet. Zweitens, verfügten die neuen Nationen, über archaische Systeme ohne ausdifferenziertes politisches System demgegenüber sich eine Politische Kultur entwickeln könnte.
2. Forschungsinteresse
Aus der Problematik erwuchs ein dreifaches Erkenntnisinteresse: Almond/Verba fragten erstens, wie in einem politischen System Stabilität, Effektivität und Legitimität hergestellt werden soll . Tatsächlich suchten sie nicht nach einer Theorie einer beliebigen politischer Ordnung, sondern konkret nach den Bedingungen („working principles“) einer Demokratie , wie sie in den Vereinigten Staaten und Großbritannien herrschte[4]. Die Politische Kultur und Demokratie in diesen Ländern ist für sie das Ziel, an dem andere Staaten gemessen werden. Almond/Verba entwickelten von diesem Ziel aus eine normative Demokratietheorie. Die Theoriebildung begann auf der Mikroebene der politischen Gemeinschaft, also beim einzelnen Menschen, genauer gesagt, bei dessen verschiedenen sozialen Rollen und seinen Orientierungs-, Verhaltens- und Einstellungsmustern gegenüber dem politischen System.
Die zweite Komponente ihres Erkenntnisinteresses war methodischer Art. Almond/Verba fragten, wie ihre Theorie zur Politischen Kultur operationalisiert werden könne. Sie verpflichteten sich einer empirischen Prüfbarkeit ihrer Thesen und mussten dazu Pollitische Kultur als Variable von anderen Variablen/Orientierungen extrahieren.
Schließlich verfolgten Almond/Verba ein funktional-technologisches Erkenntnisinteresse. Eingebettet in eine Theorie der Modernisierung sollte ein Beitrag zu einer Theorie des politischen Wandels und der politischen Entwicklung geleistet werden. Dieses Interesse ist mit der Transformation sich entwickelnder und Entstehung neuer Staaten (z.B. ehemalige Kolonien) zu sehen.
[...]
[1] Siehe z.B.: Franz Urban Pappi (1986): Politische Kultur. Forschungsparadigma, Fragestellungen, Untersuchungsmöglichkeiten, in: Max Kaase (Hrsg.): Politische Wissenschaft und Politische Ordnung, Wiesbaden S. 279-291, Karl Rohe (1987): Politische Kultur und kulturelle Aspekte von politischer Wirklichkeit- konzeptionelle und typologische Überlegungen zu Gegenstand und Fragestellung Politischer Kultur-Forschung, in: Berg-Schlosser, Dirk/ Schissler, Jakob (Hrsg.) Politische Kultur in Deutschland. Bilanz und Perspektiven der Forschung (PVS Sonderheft). Opladen, S. 39-48
[2] Wolf Michael Iwand (1983): Paradigma Politische Kultur. Konzepte, Methoden, Ergebnisse der Political Culture Forschung in der Bundesrepublik, Dresden, S. 85-87
[3] Gabriel Almond/Sidney Verba (1963): The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations, Princeton, hier S. 4
[4] op. cit. S. 5, S. 43-76
- Arbeit zitieren
- Stefanie Groll (Autor:in), 2006, The Civic Culture-Political Attitudes and Democracy in Five Nations, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63509
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