Aggression und aggressives Verhalten sind immer wieder vieldiskutierte Themen und wissenschaftlich unterschiedlich definiert. Trotz unterschiedlicher Theorien und Erklärungsansätze lässt sich jedoch festhalten, dass sich Aggression und aggressives Verhalten in eine konstruktive und in eine destruktive Form unterteilen lässt.
Besonders im Bereich der Heimerziehung, wo Kinder und Jugendliche zu finden sind, die schon diverse Hilfen zur Erziehung durchlaufen haben, trifft der Sozialpädagoge auf solche, die als "Problemkinder" beschrieben werden; auf Kinder, die keiner mehr haben will. Diese zeigen oft dissozial-aggressives Verhalten, schlagen, zerstören, sind z.T. emotional so verarmt, dass destruktive Aggressionen für sie zum täglichen "Überleben" gehören.
Bei der Arbeit mit aggressiven Kindern und Jugendlichen geht es vor allem aber darum, eine Brücke zwischen die Kluft von Theorie und Praxis zu bauen. Was nützen die Theorien, wenn man nicht weiß, wie man sie im Umgang mit dem aggressivem Klientel einsetzen kann; wenn man nicht weiß, wie man, ohne gleich zu strafen, diesem Verhalten sinnig und nachhaltig entgegenkommen kann.
In dieser Abhandlung sollen verschiedene Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten vorgestellt werden. Sie soll nicht die Ursachen von Aggressionen beinhalten, sondern den praktischen Umgang im Alltag damit und lehnt sich an das Buch "Steuerung des aggressiven Verhaltens beim Kind" von Fritz Redl und David Wineman.
Die Autoren zeigen in ihrem Buch auf, wie der Sozialarbeiter/Sozialpädagoge in der Heimerziehung mit aggressiven Handlungen und Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen umgehen kann und welche Möglichkeiten der Intervention sich bieten.
Aufgrund meiner eigenen Tätigkeit in der Heimerziehung weiß ich um die Schwierigkeit des Umgangs mit aggressivem Verhalten, halte dies aber auch für eine der wichtigsten Hauptaufgaben als Sozialpädagoge, sich mit dieser Thematik nicht nur konfrontiert zu sehen, sondern sich vor allem schon im Vorfeld damit auseinanderzusetzen.
Es versteht sich von selbst, dass nicht alle Möglichkeiten des Umgangs mit aggressivem Verhalten aufgezeigt werden können und es sollte als selbstverständlich verstanden werden, dass die Techniken, Methoden und Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten sich dem Kind bzw. Jugendlichen und seinem Verhalten anpassen und nicht nach Schema F eingesetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Überlegungen zur Aggression und aggressivem Verhalten
2. Interventionstechniken bei aggressivem Verhalten
2.1 Bewusstes Ignorieren
2.2 Eingriff durch Signale
2.3 Kontrolle durch körperliche Nähe und Berührung
2.4 Engagement in einer "Interessengemeinschaft"
2.5 Affektive Zuwendung
2.6 Spannungsentschärfung durch Humor
2.7 Hilfestellung zur Überwindung von Hindernissen
2.8 Deutung als Eingriff
2.9 Umgruppierung
2.10 Umstrukturierung
2.11 Direkter Appell
2.12 Einschränkung der räumlichen Bewegungsfreiheit und der Verfügbarkeit von
Gegenständen
2.13 "Antiseptischer" Rauswurf
2.14 Physisches Eingreifen
2.15 Erlaubnis und "autoritatives Verbot"
2.16 Versprechen und Belohnungen
2.17 Bestrafungen und Drohungen
Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Einleitung
In dieser Hausarbeit sollen verschiedene Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten vorgestellt werden. Sie soll nicht die Ursachen von Aggressionen beinhalten, sondern den praktischen Umgang im Alltag damit. Diese Arbeit lehnt sich an das Buch "Steuerung des aggressiven Verhaltens beim Kind" von Fritz Redl und David Wineman.
Die Autoren zeigen in ihrem Buch auf, wie der Sozialarbeiter/Sozialpädagoge in der Heimerziehung mit aggressiven Handlungen und Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen umgehen kann und welche Möglichkeiten der Intervention sich bieten.
Aufgrund meiner eigenen Tätigkeit in der Heimerziehung weiß ich um die Schwierigkeit des Umgangs mit aggressivem Verhalten, halte dies aber auch für eine der wichtigsten Hauptaufgaben.
Diese Hausarbeit erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit in Bezug auf alle Möglichkeiten des Umgangs mit aggressivem Verhalten. Sie soll eine nur einige von vielen Möglichkeiten aufzeigen, wie der Sozialpädagoge/Sozialarbeiter aggressivem Verhalten entgegentreten kann, aber auch aufmerksam darauf machen, welche Möglichkeiten sich schon im Vorfeld ergeben, aggressives Verhalten in wünschenswerte Bahnen zu lenken.
1. Überlegungen zur Aggression und aggressivem Verhalten
Aggression und aggressives Verhalten sind immer wieder, vor allem aber durch ihre ständige Aktualität, vieldiskutierte Themen.
Aggressivität wird wissenschaftlich unterschiedlich definiert.
So spricht die Psychoanalyse davon, dass die Aggression als eine Folge von tiefsitzenden, seelischen Konflikten anzusehen ist. Für die Vertreter des Behaviorismus beruht Aggression hauptsächlich auf Lernprozessen in der Beobachtung und Nachahmung von Verhalten durch andere. Lorenz spricht von der Aggression als arterhaltende Funktion, die in der Form von Flucht oder Angriff in erster Linie das Überleben sichern soll.
Im Buch "Psychologie der Aggressivität" wird aggressives Verhalten wie folgt beschrieben:
"Als Aggression soll solches Verhalten bezeichnet werden, bei dem schädigende Reize gegen einen Organismus (oder ein Organismussurrogat) ausgeteilt werden. Dieses Verhalten muss als gerichtet interpretiert werden ( vom Wissenschaftler, nicht vom Opfer und nicht vom Täter)."[1]
Trotz unterschiedlicher Theorien und Erklärungsansätze lässt sich jedoch festhalten, dass sich Aggression und aggressives Verhalten in eine konstruktive und in eine destruktive Form unterteilen lässt, wobei es sich bei der konstruktiven Form um eine sozial wünschenswerte Form handelt, wie die Fähigkeit sich zu streiten, sich selbst zu behaupten oder sich gegen Unrecht aufzulehnen. Die destruktive Aggression ist sozial unerwünscht, da sie sich häufig in psychischen und physischen Angriffen gegenüber anderen, aber auch Gegenständen gegenüber zeigt.
Besonders im Bereich der Heimerziehung, wo Kinder und Jugendliche zu finden sind, die schon diverse Hilfen zur Erziehung durchlaufen haben, trifft der Sozialarbeiter/Sozialpädagoge auf solche, die als "Problemkinder"[2] beschrieben werden; auf Kinder, die keiner mehr haben will.
Diese zeigen oft dissozial-aggressives Verhalten, schlagen, zerstören, sind z.T. emotional so verarmt, dass destruktive Aggressionen für sie zum täglichen "Überleben" gehören.
Als Sozialarbeiter/Sozialpädagoge wird man hier täglich mit abweichendem Verhalten und Symptomen wie frechem und aggressivem Verhalten, Regelüberschreitungen, Weglaufen, Wutausbrüchen etc. konfrontiert.
Bei der Arbeit mit aggressiven Kindern und Jugendlichen geht es vor allem aber darum, eine Brücke zwischen die Kluft von Theorie und Praxis zu bauen.
Was nützen einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen die Theorien, wenn er nicht weiß, wie man sie im Umgang mit dem aggressivem Klientel einsetzen kann; wenn er nicht weiß, wie man, ohne gleich zu strafen, diesem Verhalten sinnig und nachhaltig entgegenkommen kann.
Es gilt gerade diesen Spagat zwischen Theorie und Praxis, insbesondere in der Heimerziehung, so zu meistern, dass keine der beiden Parteien, weder das Kind/der Jugendliche, noch der Sozialpädagoge/Sozialarbeiter, auf der Strecke bleibt.
Hier gilt es Möglichkeiten zur Steuerung dieses Verhaltens zu finden, um unerwünschtes und aggressives Verhalten in sozial wünschenswerte Bahnen zu lenken.
2. Interventionstechniken bei aggressivem Verhalten
Ich möchte hier nun, angelehnt an Redl und Wineman, die Techniken vorstellen, die ich selbst als praktikabel empfinde und erlebt habe. Es werden anhand von Beispielen die einzelnen Verhaltenauffälligkeiten vorgestellt, ihre Hintergründe kurz beleuchtet und eine entsprechende Möglichkeit der Steuerung aufgezeigt.
Für den Sozialarbeiter/Sozialpädagogen möchte ich das Synonym "Erwachsener" benutzen.
2.1 Bewusstes Ignorieren
Unerwünschtes oder aggressives Verhalten von Kindern und Jugendlichen ist meist von einer eigenen Energieladung gesteuert, hört aber häufig von allein auf, wenn diese Energie aufgebraucht ist. Gründe für diese Verhalten sind unterschiedlicher Natur. Meist soll ein bestimmtes Nahziel damit erreicht werden. Ist dieses Ziel dann erreicht, so verändert sich das unerwünschte Verhalten oder es wird meist mit der Zeit das Interesse daran verloren.
Unter bewusstem Ignorieren versteht man das Geschick des Erwachsenen, unerwünschtes oder aggressives Verhalten des Kindes/Jugendlichen in genau dieser Situation einzuschätzen und es eben zu ignorieren. Solange ein Verhalten im Rahmen des Erträglichen bleibt und keine Ansteckungswirkung auf andere Kinder/Jugendliche hat, führt Ignorieren mit weniger Aufwand und schneller zum Ziel als jedes Einschreiten.
Die Technik des bewussten Ignorierens ist dann angebracht, wenn das Verhalten des Kindes/Jugendlichen durch gewisse sekundäre Befriedigung motiviert ist.
Wenn z.B. ein Kind/Jugendlicher versucht, den Erwachsenen zu einer aggressiven Handlung zu provozieren, indem er auf die einfache Aufforderung, er möge doch bitte seine Hausaufgaben erledigen, mit übelsten Beschimpfungen reagiert, lässt sich dieses Verhalten leichter unterbinden, wenn die Provokation überhört wird.
2.2 Eingriff durch Signale
Zu Grenzüberschreitungen oder ungezügeltem Verhalten kommt es meist, wenn das ICH oder das ÜBER-ICH der Kinder/Jugendlichen in diesem bestimmten Augenblick gerade nicht wachsam genug ist, um dieses Verhalten zu verhindern oder, weil es von einer herausfordernden Versuchung überwältigt wurde.
Ein Beispiel dafür könnte sein, dass ein Kind einen Ball, der über die Hecke des Nachbarn geflogen ist, wiederholen möchte, nicht aber den Weg um die Hecke, sondern direkt über diese wählt.
Hier kann schon ein Kopfschütteln des Erwachsenen ausreichen, um das ICH oder ÜBER-ICH des Kindes/Jugendlichen anzusprechen und es so daran zu erinnern, dass es doch besser den Weg um die Hecke gehen soll. Das Signal des Erwachsenen dämmt hier direkt den Impuls ein, der das Problem erzeugt hätte. Kinder und Jugendliche sind häufig für diese Art der "nicht verbalen Mitteilungen"[3] empfänglicher als für verbale.
Eingriffe durch Signale sind allerdings dann nicht als sinnvoll zu bezeichnen, wenn das Verhältnis zwischen dem Kind/Jugendlichen und dem Erwachsenen erheblich gestört ist oder wenn die Erregung des Kindes/Jugendlichen einen solchen Grad erreicht hat, dass die darin enthaltenen Impulse vom ICH und ÜBER-ICH des Kindes/Jugendlichen nicht mehr bewältigt werden können.
Es wäre naiv, einen schweren Aggressionsausbruch durch ein Signal abwehren zu wollen. Das Signal als Methode der Steuerung von Verhalten ist somit anzuwenden, wenn die äußern Bedingungen noch nicht ernsthafter Natur sind.
2.3 Kontrolle durch körperliche Nähe und Berührung
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass einige der in ihrem ICH und ÜBER-ICH gestörten Kinder unabhängig von ihrem Alter, aus unterschiedlichen Gründen sehr stark auf körperliche Nähe reagieren. "Viele Erzieher halten Körperkontakt im Verlauf ihrer Arbeit mit den Kindern als unerläßliche Mittel der Kommunikation."[4] Diese übt oft einen beruhigenden Einfluss aus und wirkt als Unterstützung für das ICH und ÜBER-ICH. Diese Nähe darf allerdings nicht mit der Nähe einer drohenden Person verwechselt werden.
Ein Kind, dass über sein selbstgemaltes Bild mit Strichmännchen frustriert ist, da neben ihm ein anderes Kind sitzt, dass gut detaillierte Männchen malt und kurz davor ist, dass Bild dieses Kindes zu zerreißen, kann eine Unterstützung erfahren, indem sich der Erwachsene neben es setzt. Die nächste Reaktion dieses frustrierten Kindes wird wohl die Frage an den Erwachsenen sein, ob er ihm helfen könne.
Der Begriff Nähe ist allerdings für Kinder/Jugendliche in unterschiedlichen Situationen relativ und bei manchen genügt Nähe einfach nicht aus. Oft lassen sich aufkommende Erregung dämpfen oder ein aggressiver Ausbruch verhindern, wenn ein Erwachsener in der Nähe ist, z.B. die Hand des Kindes/Jugendlichen nimmt oder ihm freundschaftlich auf die Schulter klopft und eine begrenzte Anforderung stellt, indem er sagt "Komm, nimm es leicht und lass es!".
Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass diese Technik der Kontrolle durch körperliche Nähe und Berührung eine Reihe wichtiger "Kontraindikationen"[5] hat. So sind viele Beziehungen einiger Kinder/Jugendlicher zu manchen Erwachsenen entweder durch Überaggressivität oder durch ein Übermaß an direktem libidinösem Verlangen gestört. Hierbei wird das Problem durch Nähe und Berührung verschlimmert und nicht verbessert.
Die Vorteile dieser Technik überwiegen allerdings. Sie " vermeidet (.) eine sekundäre Aggression gegenüber dem ErwachsenenDiese Technik bietet auch die Möglichkeit, "leise" vorzugehen, ohne etwas aufzubauschen; die ursprünglich laufende Tätigkeit wird durch diese Art des Eingreifens weniger gestört "[6].
2.4 Engagement in einer Interessengemeinschaft
Häufig ist es so, dass jüngere Kinder, die etwas interessiert, fasziniert oder die etwas Neues haben, dies sogleich dem Erwachsenen zeigen und erklären wollen.
Bei verhaltensauffälligen und emotional gestörten Kindern hält dies noch weit bis in das Jugendalter an. Die Bewältigung neuer Erfahrungen und der damit verbundenen Verlockungen und Ängste, fällt leichter, wenn der Erwachsenen miteinbezogen wird.
Die Technik des Interessenengagements ist sicherlich nicht imstande, ein hohes Aggressionspotential hinter dem Verhalten des Kindes/Jugendlichen zu bewältigen, dient jedoch als Mittel zur Vermeidung potentiell gefährlicher Konfliktsituationen.
Ein Kind, das seine neue Spielzeugpistole dazu verwendet, um einem anderen Kind durch sein Verhalten Angst einzujagen und somit einen Konflikt entstehen lässt, kann man gut damit ablenken, indem man sich für sein Spielzeug interessiert, es sich zeigen lässt, sich seinen Gebrauch, seine Vor- und Nachteile, durchaus auch im Beisein der andern Kinder, erklären lässt.
[...]
[1] Selg, Mees, Berg, Psychologie, S. 7
[2] vgl. Mehringer, Heilpädagogik, S. 11
[3] vgl. Trieschmann, Whittaker, Brendtro, Erziehung S. 103
[4] Trieschmann, Whittaker, Brendtro, Erziehung S. 104
[5] vgl. Redl/Wineman, Steuerung S. 30
[6] Redl/Wineman, Steuerung S. 31
- Citar trabajo
- Stephanie Scheck (Autor), 2004, Möglichkeiten der Steuerung aggressiven Verhaltens bei Kindern und Jugendlichen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63450
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