In dieser Arbeit sollen im folgenden Abschnitt zunächst die Gedanken Thomas HOBBES’ nachgezeichnet werden, der neben vielen anderen den Versuch unternahm, die allgemeingültigen Kriterien moralischen – und rechtlichen Handelns aufzustellen. Besonders herausgestellt sei zunächst die Methodik, mit der HOBBES seine Aufgabe zu bewältigen sucht. Als Textgrundlage des dritten Abschnitts (C.) dienen Auszüge2 aus HOBBES Leviathan von 1651 und Vom Menschen 1658.
Schlussendlich werden HOBBES Kritiker zu Wort kommen, die sein Menschenbild in den kommenden Jahren anzweifeln, aber auch ergänzen und auch deutlich machen, inwieweit Begriffsinhalte von ihrer Zeit bestimmt werden. Es stellt sich die Frage: Was bleibt von HOBBES nach inzwischen über 300 Jahren Werte- und Normen-Diskussion? Ist seine Staatsform, aus dem zeithistorischen Kontext herausgenommen, wirklich ein Ideal oder nur eine Übergangslösung, um den Menschen unter Kontrolle zu bringen?
Gliederung
Einleitung
A. Kurzbiographie
B. Moderner Methodentransfer – ein Paradigma der Naturwissenschaft
I. Etwas mehr more geometrico
II. Hobbesches Vertragswesen
C. Psychologische Grundlegung des Egoismus
I. Ein Leben unter Wölfen
II. Wie sich ein Wolf die Zähne zieht
III. Wie man einen gezähmten Wolf zahm hält
1. Der Verzicht auf ein Gut
2. Die Art des Verzichts
3. Zu erstrebende Güter
4. Ausdruck von Affekten
D. Kritik aus den eigenen Reihen
E. Was bleibt?
Literaturliste
Einleitung
Nicht zuletzt der „Stern“-Serie „Sehnsucht nach alten Werten“ vom Ende des letzten Jahres konnte man entnehmen, dass ‚Werte’ und ‚Normen’[1] ein ständig diskutiertes aber auch weites Feld sind.
Inwieweit Werte und Normen in einer Gesellschaft tonangebend sind, scheint vor allem dann interessant zu sein, wenn die aktuelle Trendlinie dies offenkundig korrespondiert. Vielleicht wird zu diesem Anlass der verstaubte „Knigge“ aus dem Regal hervorgeholt, vielleicht hört man einen Politiker in der aktuellen Arbeitsmarktpolitik von „gefräßigen Heuschrecken“ sprechen oder sieht sich von einer kleinen inneren Stimme genötigt, eben nicht bei einer roten Ampel über die Kreuzung zu laufen, obwohl gerade keiner guckt.
Was für den einen eine einfache – automatisierte – Verhaltensweise ist, führt einen anderen vielleicht in ein moralisches Dilemma.
Doch wer entscheidet wie in bestimmten Situationen und in welcher Weise gehandelt werden kann oder darf? Wird überhaupt bewusst gehandelt und jede Handlung reflektiert, gibt es so etwas wie einen ‚Normen-Kanon’ nach dem wir das entscheiden können?
In dieser Arbeit sollen im folgenden Abschnitt zunächst die Gedanken Thomas HOBBES’ nachgezeichnet werden, der neben vielen anderen den Versuch unternahm, die allgemeingültigen Kriterien moralischen – und rechtlichen Handelns aufzustellen[SJ1][SJ2]. Besonders herausgestellt sei zunächst die Methodik, mit der HOBBES seine Aufgabe zu bewältigen sucht. Als Textgrundlage des dritten Abschnitts (C.) dienen Auszüge[2] aus HOBBES Leviathan von 1651 und Vom Menschen 1658.
Schlussendlich werden HOBBES Kritiker zu Wort kommen, die sein Menschenbild in den kommenden Jahren anzweifeln, aber auch ergänzen und auch deutlich machen, inwieweit Begriffsinhalte von ihrer Zeit bestimmt werden. Es stellt sich die Frage: Was bleibt von HOBBES nach inzwischen über 300 Jahren Werte- und Normen-Diskussion? Ist seine Staatsform, aus dem zeithistorischen Kontext herausgenommen, wirklich ein Ideal oder nur eine Übergangslösung, um den Menschen unter Kontrolle zu bringen?
A. Kurzbiographie
Thomas HOBBES wurde am 5. April 1588 im südwestenglischen Westport in der Nähe von Malmesbury geboren und war ein hochbegabtes Kind, dessen Talente durch einen wohlhabenden Onkel gefördert wurden. Mit nur 17 Jahren beendete HOBBES sein Studium mit dem akademischen Grad eines Baccalaureus Artium an der Universität Oxford und wird, da er nicht in Oxford unterrichten wollte, Hauslehrer bei der adligen Familie CAVENDISH und dem späteren Earl of DEVONSHIRE. Diese Anstellung bindet ihn in einem freundschaftlichen Verhältnis sein ganzes Leben an die Familie CAVENDISH und eröffnet HOBBES viele Perspektiven.[3]
So reist HOBBES mehrere Male als Begleiter auf Bildungsreise durch Europa und hat Zugang zu den angesehensten Geistes- und Naturwissenschaftlern der Neuzeit, wie u.a. Francis Bacon, Abbé Marin Mersenne, René Descartes und Galileo Galilei. Weiterhin lässt ihm seine Anstellung viel Raum für eigene Studien, zeitausschöpfende Übersetzungen griechischer Texte in die englische Sprache und bietet ihm, bis in den Tod am 4. Dezember 1679, persönlichen Schutz.
B. Moderner Methodentransfer – ein Paradigma der Naturwissenschaft
Es ist abzusehen, dass HOBBES in einer äußerst produktiven, aber auch turbulenten, Zeit lebte. GALILEI leitete ein neues physikalisches Zeitalter ein und die Methoden der mathematischen Wissenschaften rückten vermehrt in den Fokus der Philosophie, Szientismus[4] ist ein neues Schlagwort. HOBBES selbst kam erst 1630 in Paris mit der Geometrie in Kontakt, doch früh genug, um deren methodische Vorgehensweise in seine politische Philosophie einfließen zu lassen.
I. Etwas mehr more geometrico
In den folgenden Jahren greift der Dreißigjährige Krieg, der zunächst in Böhmen als Religionskrieg begann, um sich und führt zu einer gesamteuropäischen Machtauseinandersetzung. Nach Einberufung des „Kurzen“ Parlaments sieht sich HOBBES, der in seinen gerade erschienen Elements of Law[5] die Vorzüge einer absolutistischen Herrschaft herausgearbeitet hatte, bedroht und flieht 1640 nach Paris ins Exil (vgl. MÜNKLER 1993: 43).
Nachdem nun auch in England der Bürgerkrieg ausbrach, kam HOBBES zu dem Entschluss, dass dieser „hätte vermieden werden können, wenn die Moralphilosophie und die politische Wissenschaft jene Fortschritte der Naturwissenschaften gemacht hätte“ (SPETH 2002: 96). Die Fortschritte von denen er spricht, spiegeln sich in seiner analytische Methode wieder, die HOBBES in seinen Elements erstmals im Rahmen der politischen Philosophie anwendete. In De Cive[6] nun stellt er sie deutlicher heraus. Wie dem Titel schon zu entnehmen ist, steht der Bürger im Mittelpunkt des Interesses. Dies tut er ganz bewusst im Gegensatz zum bisherigen Staatsverständnis, in dem versucht wurde, die Qualität eines Staates auszuzeichnen, also verschiedene Formen von Autoritäten auszulegen:
Was meine Methode anlangt, so habe ich mich nicht mit bloßer Deutlichkeit im Vortrage begnügt, sondern geglaubt, mit der Materie des Staates beginnen, dann zu dessen Entstehung und Gestaltung und dem ersten Ursprung der Gerechtigkeit übergehen zu müssen. Denn aus den Elementen aus denen sich eine Sache bildet, wird sie am besten erkannt [...]
Ebenso muß bei der Ermittlung des Rechtes des Staates und der Pflichten der Bürger der Staat zwar nicht aufgelöst werden, aber doch gleichsam als aufgelöst betrachtet werden, d.h. es muß richtig erkannt werden, wie die menschliche Natur geartet ist, wieweit sie zur Bildung des Staates geeignet ist oder nicht, und wie die Menschen sich zusammentun müssen, wenn sie eine Einheit werden wollen (HOBBES in Übers. von GAWLICK 1994: 67f.).
Bevor man etwas konstruieren kann, muss man es in seine kleinsten, nicht mehr teilbaren, Bausteine zerteilen und deren Beziehungen untereinander verstehen. Erst dann kann man aus den Bausteinen etwas Neues schaffen.
Die Bürger sind also die ‚Bausteine’ aus denen der Staat gemacht ist, von ihrer Vernunft hängt die Staatsbildung ab, sie fügen sich nicht einfach in ihr Schicksal innerhalb einer vorgegebenen Staatsschablone.
II. Hobbesches Vertragswesen
Diesen Gedanken führt HOBBES im Leviathan noch weiter aus und fügt seinem ganzen Konstrukt verschiedene Vertragsklauseln hinzu, die auf die menschliche Vernunft bauen – und nur darauf.
C. Psychologische Grundlegung des Egoismus
Beginnen wir, wie HOBBES es tat, bei den Bausteinen – den Menschen. Diese sind, in ihren Fähigkeiten (ihrem Geist und ihrer Stärke) so geschaffen, dass sie alle gleich sind. Während ARISTOTELES hier die Grundlage einer friedlichen Gesellschaft sieht, baut HOBBES aus dem selben Gleichheitsprinzip ein konstitutiv egoistisches Menschenbild auf:
Dass alle Menschen gleich sind, bedeutet auch, dass sie nach den gleichen Dingen streben und dass sich somit alle gleich gefährlich werden. Und da jeder für sich selbst handelt und eine Verbrüderung nur als Zweckbund zur Erreichung eines Ziels nicht aber zu Teilung des Zielgegenstand eingegangen wird, herrscht vollkommene Konkurrenz – Krieg, eines jeden gegen einen jeden (bellum omnium contra omnes).
[...]
[1] Die Begriffe ‚Werte’ und ‚Normen’ sind an dieser Stelle als die Worthülsen genannt, als die sie auch in der aktuellen Debatte auftauchen, also ohne Eigenwertung.
[2] HOBBES, THOMAS: Psychologische Grundlagen des Egoismus. In: Texte der Ethik; BIRNBACHER, D. (Hrsg.), HOERSTER, N., S.169 – 178, München12 2003.
[3] Vgl. KERSTING, 2002.
[4] Szienismus (nach KERSTING, 2002): Kritische Bezeichnung für Versuche der Übertragung von Methoden und Prinzipien naturwissenschaftlicher Forschung auf Probleme der Philosophie. (Brockhaus in zwei Bänden, 1984). So formten beispielsweise Francis BACON und John LOCKE den engl. Empirismus aus.
[5] Im Folgenden mit „Elements“ abgekürzt.
[6] De Cive: Erschien im Vorabdruck 1942, 1947 dann in endgültiger Fassung.
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