Die vorliegende Belegarbeit soll die Frage untersuchen, ob das Internet mittlerweile eine solch hohe Bedeutung erlangt hat, dass es unter die .allgemein zugänglichen Quellen des Grundgesetzes fällt, die jedermann zur Verfügung stehen sollten. Gleichzeitig sollen der Stand der deutschen Rechtsprechung zu diesem Thema und die rechtlichen Rahmenbedingungen ermittelt werden. Nicht nur aufgrund des starken Wachstums der Internetnutzung, sondern auch wegen der sich immer weiter verschärfenden sozialen Lage in Deutschland gewinnt dieses Thema an Brisanz.
Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte des Internets möchten wir zunächst seine unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten darstellen. Darauf aufbauend sollen die Nachteile von Menschen, die nicht über einen Internetzugang verfügen, geschlussfolgert werden. Anschließend wird die Internetnutzung in Deutschland und ihre Entwicklung charakterisiert, um die Relevanz unseres Themas zu untersuchen. Dem gleichen Zweck dient die Analyse der Verschuldungssituation in Deutschland. Darauf aufbauend werden die rechtlichen Hintergründe für das Thema beleuchtet. Ein abschließendes Fazit soll unsere Thesen bündeln und einen Ausblick auf die Zukunft geben.
Das Internet ist für viele Menschen unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Seine vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten, darunter die Kommunikation per E-Mail oder der private Einkauf in Online-Shops, erleichtern den Alltag und eröffnen viele neue Möglichkeiten, am sozialen Leben teilzuhaben. Eine der wichtigsten Funktionen - die der Informationsgewinnung - ist gleichzeitig ein vom Grundgesetz garantiertes Grundrecht aller Menschen unserer Gesellschaft.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Geschichte des Internets
3 Nutzungsmöglichkeiten des Internets
3.1 Informationsgewinnung und -verbreitung
3.2 Kommunikation und Datenaustausch
3.3 Electronic Business und Electronic Government
3.4 Unterhaltung und Lernen
3.5 Peer-to-Peer-Systeme
3.6 Fallstudie „Wikipedia“
3.7 Nachteile von Menschen ohne Internet
4 Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland
5 Armut und Verschuldung in Deutschland
5.1 Erhebungen der Bundesregierung
5.2 Erhebungen des Statistisches Bundesamtes
5.3 Schuldenreport
5.4 SCHUFA-Schulden-Kompass zur Schuldensituation
6 Rechtsgrundlagen
6.1 Recht auf Information
6.2 Pfändung
6.3 Pfändung und Internet
7 Fazit
8 Abbildungsverzeichnis
9 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
Ist der Internetzugang heute oder bald eine notwendige Voraussetzung für die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft in Deutschland?
Das Internet ist für viele Menschen unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Seine vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten, darunter die Kommunikation per E-Mail oder der private Einkauf in Online-Shops, erleichtern den Alltag und eröffnen viele neue Möglichkeiten, am sozialen Leben teilzuhaben. Eine der wichtigsten Funktionen – die der Informationsgewinnung – ist gleichzeitig ein vom Grundgesetz garantiertes Grundrecht aller Menschen unserer Gesellschaft.
Die vorliegende Belegarbeit soll deshalb die Frage untersuchen, ob das Internet mittlerweile eine solch hohe Bedeutung erlangt hat, dass es unter die „allgemein zugänglichen Quellen“ des Grundgesetzes fällt, die jedermann zur Verfügung stehen sollten. Gleichzeitig sollen der Stand der deutschen Rechtssprechung zu diesem Thema und die rechtlichen Rahmenbedingungen ermittelt werden. Nicht nur aufgrund des starken Wachstums der Internetnutzung, sondern auch wegen der sich immer weiter verschärfenden sozialen Lage in Deutschland gewinnt dieses Thema an Brisanz.
Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte des Internets möchten wir zunächst seine unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten darstellen. Darauf aufbauend sollen die Nachteile von Menschen, die nicht über einen Internetzugang verfügen, geschlussfolgert werden. Anschließend wird die Internetnutzung in Deutschland und ihre Entwicklung charakterisiert, um die Relevanz unseres Themas zu untersuchen. Dem gleichen Zweck dient die Analyse der Verschuldungssituation in Deutschland. Darauf aufbauend werden die rechtlichen Hintergründe für das Thema beleuchtet. Ein abschließendes Fazit soll unsere Thesen bündeln und einen Ausblick auf die Zukunft geben.
2 Die Geschichte des Internets
1969 Die ersten vier Knoten des ARPANET als Vorläufer des Internets gehen im Auftrag der US-Luftwaffe in Betrieb.
1971 Das ARPANET besitzt 15 Knoten. Telnet und FTP werden entwickelt. Intel stellt den ersten Mikroprozessor vor.
1972 Ray Tomlinson entwickelt das erste E-Mail-Programm.
1973 Das Transmission Control Protocol (TCP) wird publiziert.
1974 Die ersten Rechner außerhalb der USA sind an das ARPANET angeschlossen.
1977 Das ARPANET hat 111 angeschlossene Rechner.
Paul Allen und Bill Gates gründen Microsoft; Steve Wozniak und Steve Jobs und gründen Apple.
1981 Der erste IBM-PC wird vorgestellt.
1982 Das spätere EUnet-Projekt bietet erste Netzwerkdienste in Deutschland an.
1983 Das ARPANET hat 400 angeschlossene Rechner.
1984 Das Domain Name System (DNS) wird entwickelt. Das ARPANET hat 1.000 angeschlossene Rechner.
In Karlsruhe wird die erste deutsche E-Mail empfangen.
1986 Eunet registriert mit "uni-dortmund.de" die erste „.de“-Domäne.
1989 Tim Berners-Lee verfasst den ersten Entwurf für die Entwicklung des World Wide Web.
Erste deutsche Internetanschlüsse werden in Betrieb genommen.
1990 Das militärische ARPANET wird eingestellt.
Tim Berners-Lee und Robert Cailliau veröffentlichen das Konzept für ein weltweites Hypertext-Projekt.
1991 Das WWW wird im Europäischen Kernforschungslabor CERN eingesetzt.
1992 Das ehemalige Forschungsprojekt EUnet, Netzwerkvorreiter in Deutschland, wird privatisiert. Damit entsteht der erste kommerzielle Internet-Provider Deutschlands.
Mit dem Mosaic-Browser wird der erste Browser, der Grafiken und Texte auf einer Seite darstellen kann, entwickelt.
1993 Erstmalig wird WWW-Software außerhalb des CERN eingesetzt.
Der Interessenverbund DENIC wird als zentraler Registrator für .de-Domänen gegründet. Weltweit gibt es ca. 500 Webserver.
1994 Die Zahl der kommerziellen Nutzer des Internet übersteigt erstmals die der wissenschaftlichen Nutzer. Es gibt zirka drei Millionen Internet-Rechner.
1998 Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) wird gegründet.
1999 Eine Million „.de“-Domänen sind registriert.
Nokia stellt auf dem GSM World Congress in Cannes das erste Internet-Handy der Welt vor.
2000 Die unkontrollierte Überbewertung von Unternehmen am Neuen Markt führt zum Platzen der sogenannten „Dotcom-Blase“. Das Vertrauen in die Werte der IT-Branche ist nachhaltig erschüttert.
2004 Die Registrierung von „.de“- und „.ch“-Domänen mit Umlauten und Sonderzeichen wird zugelassen.
2005 Die Toplevel-Domäne „.eu“ wird eingetragen.
(Vgl. 32, 34)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Die „Dotcom-Blase“ am Nasdaq
(Quelle: 32 / ISC)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Anzahl der Rechner im Internet
(Quelle: 32 / ISC)
3 Nutzungsmöglichkeiten des Internets
Im Zuge der Anpassung an zivile Zwecke hat sich das Internet dank seiner weitreichenden Funktionen zum weltweit wichtigsten Medium entwickelt. Um darstellen zu können, welche Nachteile ein fehlender Internetzugang mit sich bringt, ist es zunächst notwendig, die vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten dieses weltweiten Netzes zu erörtern.
3.1 Informationsgewinnung und -verbreitung
Als Informationsmedium für private und öffentliche Zwecke ist das Internet aus unserer Gesellschaft nicht mehr zu ersetzen. Sein Erfolg begründet sich vor allem in der hohen Aktualität und dem nahezu grenzenlosen Umfang der angebotenen Informationen. Suchmaschinen, allen voran die weltweit am häufigsten genutzte Seite des US-amerikanischen Unternehmens Google, ermöglichen die gezielte und immer präzisere Suche nach Informationen zu allen denkbaren Themen an allen vernetzten Orten der Welt. Dabei ist es unerheblich, an welchem Ort der Welt man sich befindet, solange ein Rechner mit Internetzugang verfügbar ist. So lassen sich beispielsweise von Deutschland aus Informationen über Urlaubsorte in Italien dank mehrsprachiger Homepages von Gemeindeverwaltungen aufrufen. Das alles geschieht in Sekundenschnelle – die aufwendige Recherche in Bibliotheken oder Reisebüros entfällt.
Datenbanken, Diskussionsforen und Chatrooms erschließen Informationen zu alltäglichen oder außergewöhnlichen Fragen und Problemen der User, von Tipps zur Gartenpflege bis hin zum Expertenrat bei Lebenskrisen. Die weitreichende Anonymität, die das Internet bietet, senkt die Hemmschwelle, auch über Tabuthemen, zum Beispiel aus dem medizinischen Bereich, zu sprechen. In Foren können bereits besprochene Fragen aufgerufen oder neue Fragen an interessierte User gerichtet werden. Online-Enzyklopädien wie die Wikipedia (www.wikipedia.de) tragen dank der Kooperation tausender Nutzer umfangreiche Informationen zusammen und veröffentlichen sie allgemein zugänglich. Verknüpfungen in Form von Links verweisen auf Webseiten, die weiterführende Informationen zu den angestrebten Themenbereichen enthalten.
Insbesondere Bevölkerungsschichten, die häufig und schnell auf Informationen zu verschiedensten Themengebieten zurückgreifen müssen, können auf die Nutzung des Internets kaum mehr verzichten. Dazu gehören vorrangig Studenten und Wissenschaftler, aber auch Schüler, Selbständige und Freiberufler. Die Download-Funktionalität des Internets ermöglicht das Herunterladen von Publikationen und anderen Dateien.
Dass das Internet besonders zeitnahe Informationen bietet, verdeutlicht der Umstand, dass aktuelle Nachrichten als häufigste Onlineinhalte abgerufen werden. Im Vergleich zu Tageszeitungen, deren Neuigkeiten mindestens mehrere Stunden alt sind und Fernseh- und Radionachrichten, die nur zu bestimmten Tageszeiten zu den wichtigsten Themen senden, sind die Nachrichten im Internet hinsichtlich ihrer Aktualität unschlagbar.
Die meisten im Internet durchsuchten Informationsquellen wären in der Regel zwar auch auf anderem Wege verfügbar, jedoch nur mit erheblich höherem Aufwand und zu unverhältnismäßig hohen Kosten. Vor allem die anfallenden Transaktionskosten, um beispielsweise einen geeigneten Hersteller bestimmter Textilien in Südostasien zu recherchieren, wären ungleich höher als die Kosten für eine Suche im Internet. Dies sind auch Gründe, warum es in Unternehmen als Instrument der Marktbeobachtung und der Akquise von Neukunden und Lieferanten unabdingbar ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 Onlineinhalte
(Quelle: ARD/ZDF Online-Studien 2003-2005; eigene Darstellung)
Neben der Gewinnung von Informationen ist es für viele Privatpersonen, Unternehmen und Institutionen von größter Wichtigkeit, eigene Informationen über sich selbst, priorisierte Interessensgebiete oder sonstige Belange im Internet zu publizieren. Die zunehmende Verbreitung der Internetnutzung führt dazu, dass sich nicht nur große oder mittelständische Unternehmen im Internet präsentieren, sondern auch Kleinunternehmer, Verbände, Vereine oder administrative Einrichtungen dort über ihre Leistungen informieren. Der wichtigste Grund dafür ist der erzielte Marketingeffekt: ein Kleinunternehmer, der eine eigene Homepage pflegt, sichert sich dank höherer Aufmerksamkeit Wettbewerbsvorteile gegenüber seinen Konkurrenten, die nur im Telefonbuch und den Gelben Seiten vertreten sind. Eine eigene Internetseite ist als Visitenkarte eines Unternehmens auch wesentlich aussagefähiger als ein Eintrag im Branchenverzeichnis.
Zahlreiche Homepages von Privatpersonen beweisen, dass das Internet auch als Medium zur Information über private Belange gefragt ist. Nicht nur Daten aus dem Lebenslauf, sondern auch Online-Tagebücher zu verschiedensten Themen – sogenannte Web-Logs – ebenso wie Informationen zu Hobbys, persönlichen und familiären Ereignissen oder auch Gedanken und Erfahrungen werden veröffentlicht und von anderen Internetnutzern gelesen. Viele User verbreiten auch Informationen und Kenntnisse in Foren, Chats oder freien Enzyklopädien und sorgen damit für die globale Verfügbarkeit ihres Wissens. Internetseiten von Vereinen, Verbänden und sonstigen mehr oder weniger fest organisierten und strukturierten Gruppierungen stärken das Wir-Gefühl, indem sie gemeinsame Ziele formulieren, die Ergebnisse von Wettbewerben veröffentlichen oder Fotogalerien anbieten.
3.2 Kommunikation und Datenaustausch
Der direkte Austausch von Informationen und Daten kann im Internet auf unterschiedliche Art stattfinden. Die heutzutage mit Abstand am häufigsten genutzte Form ist die elektronische Post, also der Empfang und Versand sogenannter E-Mails. Diese können mit Hilfe von E-Mail-Programmen, wie zum Beispiel Microsoft Outlook oder Tobit InfoCenter, bequem erstellt, abgerufen, weiterbearbeitet und archiviert werden. E-Mails enthalten nicht nur schriftliche Informationen, sondern dienen Dank des unkomplizierten Hinzufügens von Dateianhängen auch dem Austausch von Daten. So können Tabellenblätter, Fotos oder Präsentationen bequem weitergeleitet und verbreitet werden. (Vgl. 29, S. 419 ff.)
Der wichtigste Vorteil des digitalen Informationsaustauschs via E-Mail zum herkömmlichen Postversand ist die Zeit- und Kostenersparnis. Der Versand eines Briefes innerhalb Deutschlands dauert wenigstens einen Werktag und kostet mindestens 55 Cent Porto. Eine E-Mail hingegen ist in der Regel nur Bruchteile von Sekunden unterwegs und ihre Versandkosten tendieren gegen null. Diese Vorteile verstärken sich beim internationalen Versand, bei dem sich die Zustellzeiten und -kosten von Briefen erheblich erhöhen, die der E-Mail jedoch gleich bleiben. Hinzu kommt, dass eine E-Mail von jedem Ort der Welt, der über einen Internetzugang und ein Browserprogramm verfügt, abrufbar ist, ein Brief hingegen nur an eine feste Adresse geschickt werden kann und unter Umständen erst nach längerer Zeit in Empfang genommen werden kann, wenn sein Adressat verreist ist. Im Zeitalter zunehmender Mobilität und intensiven Informationsbedarfs gewinnt dieses Kriterium an Bedeutung, wie die E-Mail-Funktionen moderner Mobiltelefone belegen.
Der Massenversand von Nachrichten wird mit dem Versand von E-Mails ebenso erheblich vereinfacht. Ein und dieselbe Nachricht kann gleichzeitig an beliebig viele Empfänger adressiert und kostengünstig verschickt werden. Von Vorteil ist hierbei, dass der E-Mail-Dienst die zeitversetzte Kommunikation ermöglicht. Die Nachricht gelangt in ein elektronisches Postfach – die sogenannte Mailbox – von der sie auch zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden kann. Man spricht deshalb hierbei auch von asynchroner Kommunikation. (Vgl. ebd., S. 420) E-Mail-basierte Dienste sind die sogenannten Postlisten, die als elektronische Verteilerlisten fungieren und beispielsweise den Versand von Newslettern und die Koordination von Projekten ermöglichen sowie die erwähnten Diskussionsforen. (Vgl. ebd., S. 426 f.)
Bei Chat-Diensten handelt es sich um eine internetgestützte Sonderform von Telefonkonferenzen, also um synchrone Kommunikationsdienste. (Vgl. ebd., S. 434) Der Chat setzt demzufolge voraus, dass alle Teilnehmer gleichzeitig online sind, um kommunizieren zu können. In virtuellen Kommunikationsräumen – sogenannten Chatrooms – unterhalten sich die Chatteilnehmer interaktiv und steuern ihre Kommunikation mit Hilfe von Befehlen und Texteingaben. Die Diskussion tiefgründiger Themen wird damit ebenso ermöglicht wie Gespräche mit trivialen Inhalten. Der Internetbenutzer kann sich seinen Interessensschwerpunkten widmen und sich mit Gleichgesinnten austauschen. Dabei kann er Gesprächsbeiträge allgemein veröffentlichen oder an einen anderen Teilnehmer persönlich richten. In Chats hat sich dabei eine eigene Kommunikationskultur entwickelt, die z.B. Tippfehler und das Ignorieren von Rechtschreibregeln toleriert und mit Hilfe von Abkürzungen, Slangbegriffen und Smiley-Gesichtern auf den schnellen und unkonventionellen Austausch von Beiträgen hinwirkt. Bei Chats entstanden schon häufig langfristige Freundschaften der User untereinander, die teilweise virtuell per Internet, teilweise im realen Leben erhalten bleiben. (Vgl. ebd., S. 437)
3.3 Electronic Business und Electronic Government
Das Internet hat für nahezu alle Branchen und Geschäfte neue Möglichkeiten zum Absatz ihrer Produkte geschaffen. Dank der zunehmenden Verbreitung und Akzeptanz seiner kommerziellen Nutzungsmöglichkeiten hat das Internet heute einen hohen Stellenwert für den Aufbau und die Neugestaltung von Geschäftsprozessen.
Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und von Unternehmen mit ihren Endkunden profitieren von höherer Markttransparenz durch die erhöhte Vielfalt der Angebote und von günstigeren Preisen dank gesunkener Transaktionskosten. (Vgl. ebd., S. 105)
Anbieter, die fast ausschließlich im Internet agieren, wie z.B. die Internet-Buchhandlung Amazon, die Direktbank DiBa oder die Fluggesellschaft Easyjet, sind mittlerweile etablierte und vertrauenswürdige Unternehmen, die auf ein zufriedenes Stammklientel vertrauen können. Die angebotenen Produkte sind für die Verbraucher aufgrund von Testberichten anderer Kunden oder unabhängiger Institute besser zu vergleichen und zu bewerten. Zeitersparnisse entstehen durch die verkürzte Zustellzeit der Bestellung und wegfallende Bearbeitungszeiten bei der elektronischen Weiterverarbeitung des Auftrags. So können selbst Angebote aus anderen Ländern wahrgenommen werden, ohne dass eine Zeitverzögerung entsteht. Sogar die Bezahlung kann per Kreditkartenabbuchung oder mit Hilfe einer elektronischen Überweisung per Online-Banking im Internet erfolgen.
Besonders der Handel zwischen Privatpersonen hat dank elektronischer Marktplätze – allen voran das weltweit größte und bekannteste Internetauktionshaus Ebay – eine internationale Dimension erreicht. Gebrauchte oder neue Artikel können problemlos auf den Auktionsplattformen ersteigert oder versteigert werden. Das Verfahren des Auktionshauses bietet sowohl den Reiz des Ersteigerns zu günstigen Preisen als auch die Möglichkeit, Artikel zu höheren Preisen zu versteigern, als beispielsweise bei einem Zeitungsinserat erzielt werden könnte. Dies ist, neben der hohen Artikelvielfalt, die unkompliziert auch die exotischsten Artikel verfügbar macht, der Hauptgrund für den beispiellosen Erfolg von Internetauktionen.
Alle im Internet stattfindenden geschäftlichen Transaktionen, zu denen neben dem reinen Warenverkauf auch Dienstleistungen wie das Online-Banking oder der Abschluss von Versicherungen gehören, werden unter dem Begriff Electronic Business, kurz E-Business, zusammengefasst, der mit dem Begriff Electronic Commerce oder E-Commerce synonym ist. Darunter werden sowohl Geschäfte zwischen Unternehmen („business to business“, abgekürzt „B2B“) als auch zwischen Unternehmen und ihren Endkunden („business to consumer“, abgekürzt „B2C“) verstanden. (Vgl. ebd.)
Große Erwartungen hinsichtlich der Zeit- und Kostenersparnis vor allem privater Personen werden auch in das sogenannte Electronic Government oder E-Government gesetzt. E-Government beinhaltet die Vereinfachung administrativer Prozesse zwischen verschiedenen staatlichen Institutionen, aber insbesondere zwischen Institutionen, Bürgern und Unternehmen mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien. Besonders das Internet vereinfacht staatliche Dienstleistungen und spart Bearbeitungskosten, Wartezeiten und Anfahrtswege. Vor allem Informations- und Kommunikationsmittel werden zwischen Bürgern und staatlichen Einrichtungen bereits vielfach genutzt, indem zum Beispiel von der Internetseite eines Landkreises Öffnungszeiten von Ämtern abgerufen werden, Bürger und Sachbearbeiter per E-Mail kommunizieren und Internetkameras über den Besucherandrang beim Straßenverkehrsamt Auskunft geben. Mehr und mehr gewinnen jedoch auch echte administrative Transaktionsprozesse an Bedeutung, indem im Internet beispielsweise Anträge gestellt und Steuererklärungen ausgefüllt werden können. So wird die Verarbeitung von Informationen für die Behörden einfacher, schneller und effizienter. Als Erfolg seiner Initiative „BundOnline 2005“ geht allein der Bund von Kosteneinsparungen in Höhe von jährlich rund 400 Millionen bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 1,65 Milliarden Euro aus. (Vgl. 31)
Der Hauptvorteil liegt jedoch auf Seiten des Bürgers, dem ein 24-Stunden-Service angeboten wird und für den zeitraubende Behördengänge entfallen. Gleichzeitig steigt die Transparenz der staatlichen Verwaltung, wenn klar strukturierte Internetportale angeboten werden. Ebenso bedeutsam sind diese Vorteile für Unternehmen, für die die Einsparungsvorteile im Vordergrund stehen.
3.4 Unterhaltung und Lernen
Das Internet bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten der Unterhaltung und des Zeitvertreibs. Alle bereits beschriebenen Funktionen haben auch einen gewissen Unterhaltungswert. So kann man per E-Mail mit Freunden in Verbindung bleiben, sich in Foren über Freizeitthemen informieren oder mit Hilfe kommerzieller Seiten seine Urlaubsreise planen. Informationen lassen sich natürlich auch über Freizeit- und Hobbythemen recherchieren.
Beliebte und weit verbreitete Formen der Unterhaltung im Internet sind unter anderem:
- Partnerbörsen und Suchseiten für Freundschaften wie www.parship.de oder www.friendscout24.de
- Personensuchseiten, mit deren Hilfe sich alte Schulfreunde wiederfinden und Klassentreffen organisieren lassen, z.B. www.stayfriends.de
- reine Nachrichtenseiten und die Online-Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften, z.B. www.n24.de und www.wiwo.de
- allgemeine Informations- und Unterhaltungsportale, z.B. www.yahoo.de oder www.gmx.de
- Seiten mit (nicht immer ganz ernst gemeinten) Tipps für den Haushalt und alle Lebenssituationen, z.B. www.fragmutti.de
- reine Unterhaltungsseiten, die Cartoons, Witze und lustige Präsentationen zum Herunterladen anbieten, z.B. www.lustiges.de und www.witzich.de
- Fanseiten für Anhänger von Musikern, Schauspielern und anderen Prominenten, z.B. www.tokiohotel.de oder www.yvonnecatterfeld.de
- Hobby- und Hilfeportale, die sich mit allen denkbaren Freizeitthemen befassen und häufig von Clubs oder Vereinen betrieben werden, z.B. www.s-klasse-club.de oder www.briefmarkenecke.de
Darüber hinaus ist das Internet auch als Spielplattform beliebt, weil es den Betrieb von Mehrbenutzerspielen zulässt. Das bedeutet, dass räumlich voneinander entfernte Spieler gegeneinander antreten oder Spielerteams bilden können. So entstehen große Spielergemeinschaften und eine eigene Spielerszene, deren Mitglieder sich untereinander unter ihren Decknamen kennen und sich bei großen Meisterschaften treffen. Der Reiz von Internetspielen besteht deshalb darin, dass man sich mit vielen gleichgesinnten Spielern messen und sich als hervorragender Spieler innerhalb der Spielergemeinschaft Ansehen verschaffen kann. (Vgl. 29, S. 444) Einige Spielehersteller nutzen das Internet, um Testversionen ihrer Programme zu veröffentlichen und potentiellen Kunden anzupreisen. Damit steigt die Präsenz der Produkte, der Spieler hingegen kann die neuesten Spiele bereits online testen und vorab entscheiden, ob sich die Anschaffung der Vollversionen für ihn lohnt.
Unter dem Begriff Electronic Learning oder E-Learning fasst man alle Funktionen der digitalen Wissensvermittlung zusammen. Das sogenannte Web Based Training (WBT), ein Teilgebiet des E-Learning, bietet Lernenden die Möglichkeit, Lerninhalte von einem Internetserver abzurufen und mit anderen Lernenden oder den Dozenten zu kommunizieren und zu interagieren. (Vgl. 33) Dass die Aus- und Weiterbildung per Internet in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird, lässt sich wegen des immer schnelleren Veraltens vorhandener Informationen voraussagen. Flexible Lernmöglichkeiten, die unkompliziert und kostengünstig aktualisiert werden können, sind notwendig, um dem immer stärkeren Aktualitätsdruck standhalten zu können. E-Learning bietet dafür hervorragende Möglichkeiten und unterstützt die Flexibilität der Lernenden, indem es das Lernen an allen vernetzten Orten der Welt möglich und die Fahrt zur Hochschule in der Regel entbehrlich macht.
3.5 Peer-to-Peer-Systeme
Eine aktuell häufig genutzte Funktion des Internets sind die sogenannten Peer-to-Peer-Verbindungen. Dabei fordern viele Benutzer die Dienste anderer Benutzer an. Server und Client sind deshalb gleichberechtigt, weil jeder auf die Daten der anderen Nutzer Zugriff hat . (Vgl. 29, S. 925)
Besonders die Tauschbörsen für Musikdateien wie Napster oder Gnutella, die aufgrund ihrer halblegalen Nutzungsmöglichkeiten etwas in Verruf geraten sind, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Aber auch für den Transport anderer Dateien oder die Internettelefonie eignen sich die Peer-to-Peer-Systeme. Ihnen werden deshalb hohe Zuwachsraten prognostiziert.
3.6 Fallstudie „Wikipedia“
Die Online-Enzyklopädie Wikipedia, die mittlerweile in über 30 Sprachen verfügbar ist, soll exemplarisch abschließend für die Anwendung der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des World Wide Web dienen. Wikipedia basiert auf dem Prinzip der sogenannten Wikis, beinhaltet also offene und von allen Nutzern frei änderbare redaktionelle Inhalte.
Jeder „Wikipedianer“ kann sämtliche Texte nicht nur lesen, sondern auch eigenmächtig und nach Gutdünken verändern. Im Gegensatz zu herkömmlichen gedruckten oder digitalen Nachschlagewerken kann also nicht nur ein Universum von Informationen kostenlos aufgerufen werden, der Nutzer kann darüber hinaus auch die angebotenen Beiträge umtexten, wenn er sich für besser informiert hält. Alle Strukturen und sämtliche Inhalte der Wikipedia-Plattform werden nicht von Programmierern, sondern von Internetnutzern, die sich dazu berufen fühlen, angepasst. Bewusst oder versehentlich fehlerhaft verfasste Artikel werden von der Wikipedia-Gemeinschaft innerhalb kurzer Zeit korrigiert und häufig entstehen öffentliche Diskussionen zu den angebotenen Themen. Wikipedia geht deshalb nicht nur auf Informationsbedürfnisse ein – auch der Wunsch nach Unterhaltung, Selbstverwirklichung und Veröffentlichung wird befriedigt.
Die ständige Aktualisierung der Enzyklopädie und ihrer Strukturen kann von keinem kommerziellen Nachschlagewerk – ob gedruckt oder digital – überboten werden. Dem Wissensdurst und dem Wunsch nach Veröffentlichung sind dabei keine Grenzen gesetzt: Bilder, Grafiken und Audiodateien werden veröffentlicht, per E-Mail kann man sich über Artikeländerungen informieren lassen und selbst Noten lassen sich darstellen. Dank der Anbindung an Multimedia-Handys können Informationen auch mobil abgerufen werden und Touristen beispielsweise Wissenswertes über die besichtigten Sehenswürdigkeiten erfahren.
(Vgl. key, Zeitschrift des Organisationsforums Wirtschaftskongress, Ausgabe 11)
3.7 Nachteile von Menschen ohne Internet
Die dargestellten Nutzungsmöglichkeiten machen die Nachteile von Menschen, die nicht über einen Internetzugang verfügen, deutlich. Wie ein roter Faden zieht sich die Erkenntnis durch alle Aspekte der Internetnutzung, dass vor allem Kosten- und Zeitnachteile entstehen, wenn man ausschließlich „offline“ lebt. Hinzu kommen soziale und kulturelle Defizite, die aus dem Verzicht auf Bildungs-, Unterhaltungs- und Kommunikationsmöglichkeiten resultieren. Demzufolge muss davon ausgegangen werden, dass der freiwillige oder zwanghafte Verzicht auf die Teilnahme am Internet eine geringere Lebensqualität nach sich zieht.
4 Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland
Es ist erst zehn Jahre her, da war der Großteil der Bevölkerung in Deutschland vom Internet soweit entfernt wie vom Mond. Das Internetauktionshaus Ebay befand sich noch in den Kinderschuhen und war den Bürgern ebenso wenig bekannt wie die Internetbuchhandlung Amazon oder das Online-Banking. Zehn Jahre später hat das Internet das Leben in großen Teilen der Erde revolutioniert. Viele Menschen erledigen ihre Bankgeschäfte online, sind bei Ebay auf Schnäppchensuche oder hoffen bei einer von unzähligen Singlebörsen den Partner fürs Leben zu finden. Das Internet hat sich in unserer Gesellschaft etabliert und ist genauso selbstverständlich wie Strom aus der Steckdose.
Inzwischen ist das Internet zum Shoppingcenter und zur Unterhaltungsbörse geworden.
Selbst traditionelle Medien wie Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen und Zeitschriften haben die Ergänzungs- und Erweiterungsmöglichkeiten des eigenen Angebots durch Onlinemedien erkannt und bieten auf zahlreichen Homepages Zusatzinformationen zu verschiedenen Themen an. Die Aktivitäten der Internetnutzer werden immer komplexer. So werden Steuererklärungen gemacht, Reisebuchungen selbstständig vorgenommen oder Güter gehandelt. Im Jahr 2005 waren rund 58 Prozent der Bundesbürger gelegentlich oder ständig online. Das entspricht einem Anteil von 37,5 Millionen Bundesbürgern, die E-Mails schreiben, chatten, Informationen jeglicher Art abrufen oder über das Internet einkaufen. (Vgl. 35)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4 Entwicklung der Onlinenutzung
(Quelle: 35; eigene Darstellung)
Aber nicht nur der Anteil der Nutzer des Internets steigt stetig an, auch die Geschwindigkeit, mit der sich die Onliner im Netz bewegen, nimmt ständig zu. So verfügt mittlerweile die Hälfte aller Internetnutzer über einen Breitbandanschluss. Dies entspricht einem Zuwachs von 12 Prozent gegenüber dem Jahr 2005. (Vgl. 1)
Darüber hinaus ist das Interesse an mobiler Internetnutzung in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen. Bereits 34 Prozent der Onliner nehmen die Möglichkeit wahr, per Laptop und Handy ins Netz zu gehen. Weitere 16 Prozent beschäftigen sich ernsthaft mit der Möglichkeit des mobilen Empfangs. (Vgl. 2)
Das Internet, so die einhellige Meinung vieler Bundesbürger und der Autoren dieser Belegarbeit, ist elementare Grundlage für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland. Ohne Zugang zu diesem Kommunikationsmittel bleiben den Betroffenen viele Aspekte des sozialen Lebens zunehmend verschlossen. Dies kann in einem erschwerten Zugang zu Informationen, Bildung und Unterhaltung bestehen oder in der mangelnden Informiertheit über Jobangebote. Der fehlende Zugang zu den Informationen des Internets kann soziale Ausgrenzung bedeuten. In einer modernen Informationsgesellschaft kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die Nichtnutzung des Internets Auswirkungen auf die Lebensqualität der betroffenen Personen hat.
[...]
- Citation du texte
- M. Thiele (Auteur), G. Kabeschat (Auteur), J. Krause (Auteur), M. Rotsch (Auteur), T. Ratzel (Auteur), P. Walter (Auteur), 2006, Zukunft Internet. Ist der Internetzugang eine Voraussetzung für die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft in Deutschland?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63281
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