„An dem Abend, als die Krankheit meiner Mutter ausbrach, war ich mit ihr allein. Mitten in der Nacht weckte sie mich, ich sollte ihr helfen, Wanzen zu suchen, die vom Geheimdienst in unserem Haus versteckt sein sollten. Wir suchten gemeinsam, fanden aber nichts. Später lief sie halb nackt um unser Haus und beschimpfte Passanten, die sie als ihre Verfolger ansah. Irgendwann haben die Nachbarn dann die Polizei gerufen, und meine Mutter wurde abgeholt“ (Knuf, S. 34). Mit diesem Erfahrungsbericht möchte ich in ein Thema einsteigen, dass in der Gesellschaft nicht unbedingt alltäglich für großen Gesprächstoff sorgt, jedoch für die Betroffenen und auch für Angehörige, um die es in dieser Arbeit vordergründlich gehen soll, eine große Belastung darstellt. Seelische Erkrankungen werden nicht gerne öffentlich diskutiert. Oft wird von Betroffenen und Angehörigen alles dafür getan die Krankheit zu verheimlichen, um das gute Ansehen nach außen zu wahren. Bei den meisten Nichtbetroffenen löst der Umgang mit diesen Menschen in der akuten Krankheitsphase Angst, Unsicherheit und Unverständnis aus.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Das Krankheitsbild der Schizophrenie
II. Problemlagen Angehöriger schizophrener Patienten
1. Die Frage der „Schuld“
2. Zwangseinweisung
3. Kinder an Schizophrenie erkrankter Eltern(teile)
4. Eltern schizophreniekranker Kinder
5. Schizophrenie und Partnerschaft
III. Methoden der Angehörigenarbeit
1. Psychoedukation
2. Psychoedukative Familienintervention in der Walter-Picard-Klinik
3. Angehörigengruppen
4. Die Arbeit mit Kindern an Schizophrenie erkrankter Eltern(teile)
Schlussbetrachtungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
„An dem Abend, als die Krankheit meiner Mutter ausbrach, war ich mit ihr allein. Mitten in der Nacht weckte sie mich, ich sollte ihr helfen, Wanzen zu suchen, die vom Geheimdienst in unserem Haus versteckt sein sollten. Wir suchten gemeinsam, fanden aber nichts. Später lief sie halb nackt um unser Haus und beschimpfte Passanten, die sie als ihre Verfolger ansah. Irgendwann haben die Nachbarn dann die Polizei gerufen, und meine Mutter wurde abgeholt“ (Knuf, S. 34).
Mit diesem Erfahrungsbericht möchte ich in ein Thema einsteigen, dass in der Gesellschaft nicht unbedingt alltäglich für großen Gesprächstoff sorgt, jedoch für die Betroffenen und auch für Angehörige, um die es in dieser Arbeit vordergründlich gehen soll, eine große Belastung darstellt.
Seelische Erkrankungen werden nicht gerne öffentlich diskutiert. Oft wird von Betroffenen und Angehörigen alles dafür getan die Krankheit zu verheimlichen, um das gute Ansehen nach außen zu wahren. Bei den meisten Nichtbetroffenen löst der Umgang mit diesen Menschen in der akuten Krankheitsphase Angst, Unsicherheit und Unverständnis aus.
Aus Gesprächen im eigenen Umfeld mit Bekannten und Freunden kann ich berichten, dass selbst geistige Behinderungen, bei denen ein Intelligenzmangel zu Grunde liegt und psychische Erkrankungen, die auf keinen Fall mit einer Intelligenzminderung einhergehen müssen, nicht auseinander gehalten werden können und somit oftmals „in einen Topf“ geworfen werden. Welche Folgen das vor allem auch für Angehörige haben kann, in welcher „Zwickmühle“ sie sich befinden, welch große Verantwortung sie oft für die Betroffenen übernehmen, welche Ängste dabei entstehen und weitere Fragen, die in diesem Zusammenhang entstehen können, möchte ich auf den nächsten Seiten näher erläutern. Ich werde mich dabei auf das Krankheitsbild der „Schizophrenie“ beschränken, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sehr auszuweiten und um den „roten Faden“ beibehalten zu können. Eigene Erfahrungen werde ich an der einen oder anderen Stelle einfließen lassen, diese dann aber deutlich kennzeichnen.
Beginnen werde ich mit einer kurzen Einführung in das Krankheitsbild der Schizophrenie, deren mögliche Ursachen, Verläufe und Behandlungsverfahren vorstellen, um dann mit dem zweiten Teil der Arbeit fortzufahren, in dem auf die Problemlagen Angöhriger näher eingegangen werden soll. Dabei werde ich einerseits die speziellen Problemlagen einzelner Angehörigengruppen näher erläutern und andererseits zwei allgemeine Problemstellungen bearbeiten, die in diesem Zusammenhang häufiger auftreten. Einmal wäre das die Frage der Schuldzuweisung, die Angehörige immer wieder beantworten müssen; und zum Anderen werde ich über das Problem der Zwangseinweisung berichten, mit dem Angehörige des Öfteren zu kämpfen haben, wenn sie den Betroffenen Hilfe zukommen lassen wollen. Die Trennung der Problemfelder einzelner Angehörigengruppen wird mir nicht immer gelingen, was aber auch nicht notwendig ist, weil sich die Probleme auf Grund des gleichbleibenden Krankheitsbildes in manchen Bereichen zwangsläufig überschneiden, auch wenn die Wahrnehmung der Krankheit je nach Angehörigenrolle eine andere sein kann.
Im letzten Kapitel meiner Arbeit werde ich auf Methoden der Angehörigenarbeit eingehen, die vor allem für das Berufsbild des Sozialarbeiters wichtig sind. Neben der Psychoedukation, eine Methode, die sich in erster Linie mit der Aufklärung von Angehörigen und Betroffenen über die Krankheit auseinandersetzt, werde ich auch die Arbeit von Angehörigengruppen vorstellen. Abschließend werde ich einen besonders wichtigen Punkt ansprechen, der nicht nur bei der Arbeit mit Angehörigen viel zu kurz kommt, sondern insgesamt im psychiatrischen Hilfesystem überhaupt keine Rolle spielt. Hier ist die Arbeit mit Kindern psychisch kranker Eltern, insbesondere schizophrener Eltern zu erwähnen.
I. Das Krankheitsbild der Schizophrenie
Etwa 1 % aller Menschen erkranken mindestens 1 mal in ihrem Leben an einer Schizophrenie. Diabetes, eine jedem bekannte Krankheit, tritt ungefähr genauso häufig auf. Noch vor 30 Jahren galten Schizophrene als geisteskrank und unheilbar; ein Grund für den zurückhaltenden Umgang mit diesem Krankheitsbild (vgl. Koch, S. 42-45). Was aber genau versteht man unter Schizophrenie?
„Das Wort schizophren kommt aus dem Griechischen und heißt wörtlich übersetzt in etwa „Spaltung der Seele“, nicht zu verwechseln mit Spaltung der Persönlichkeit (von mir hinzugefügt) (...) Es beschreibt die Tatsache, dass schizophren Erkrankte „zwei Wirklichkeiten“ kennen. Die „reale“ Wirklichkeit ist diejenige, die dem normalen Verständnis und Empfinden der Durchschnittsbevölkerung entspricht; gleichzeitig erleben diese Menschen eine „zweite Wirklichkeit“, sie erfahren Dinge, nehmen Sinneseindrücke, wie Stimmen (von mir hinzugefügt) wahr, die Gesunde nicht nachvollziehen können“ (Bäuml, S. 3).
Der Erkrankte selber merkt zu Beginn der Krankheit, dass er „anders“ wahrnimmt, kann jedoch nur sehr schwer zwischen den „Wirklichkeiten“ unterscheiden. Im akutem „Stadium“ ist es für den Betroffenen gar unmöglich diese Unterschiede wahrzunehmen.
Um dem Krankheitsbild Schizophrenie gerecht zu werden, spricht man heute nicht mehr von der Schizophrenie, sondern vom „Formenkreis der schizophrenen Erkrankungen/Psychosen“. Damit soll deutlich werden, dass die Krankheitsursachen und Verläufe sehr unterschiedlich sein können, die Symptomatik aber ähnlich ist.
Die Hauptsymptomatik unterteilt man in „Plus Symptome“ und „Minus Symptome“, die man typischer Weise bei Psychosen, zu denen auch die Schizophrenien gehören, beobachten kann. Bei „Plus Symptomen“ erlebt der
Betroffene mehr als andere Menschen. Wahnerlebnisse, Halluzination, Fremdbeeinflussungserlebnisse, Anspannung und Denkstörungen gehören zu den wichtigsten „Plus Symptomen“. „Minus Symptome“ kennzeichnen sich dadurch, dass der Erkrankte sich leer, antriebslos, hoffnungslos und minderwertig fühlt. Am Anfang der Psychose, die früher oder später vorüber geht, überwiegen in der Regel die „Plus Symptome“, am Ende eher die „Minus Symptome“, wobei, wie bereits erwähnt, die Stärke und der Verlauf der Symptome individuell, je nach Klient zum Ausdruck kommt.
Man unterscheidet verschiedene Unterformen der schizophrenen Psychose, wie die paranoid-halluzinatorische Form, die schizoaffektive Psychose, die Hebephrene Psychose, die Katatone Psychose und die Blande Psychose, wobei man die Symptome aber nicht immer exakt voneinander trennen kann. Ich möchte hier nur kurz auf die Besonderheiten bei schizoaffektiven Psychosen hinweisen. Neben den genannten Symptomen werden die Betroffenen von sehr ausgeprägten Stimmungen beeinflusst. Diese reichen von schweren Depressionen bis hin zu manischen Zuständen. Die Gemütszustände können dabei willkürlich, ohne ersichtlichen Grund umschlagen. Schwer abzugrenzen ist diese Form von rein manisch-depressiven Zuständen (Zyklothymien), die nicht unmittelbar zu den Schizophrenien gehören.
Um eine Fehldiagnose „Schizophrenie“ zu vermeiden, ist es wichtig, Krankheiten auszuschließen, die zu einer psychotischen Symptomatik führen können. Unter anderem gehören Vergiftungen, Alzheimer, Durchblutungsstörungen, Hormonstörungen, Fehlernährung, Hirnverletzungen, Epilepsien oder aber auch Gehirntumore dazu.
Psychosen können in jedem Lebensalter auftreten. Am häufigsten kommt es jedoch am Ende der Jugendphase zur Erkrankung; bei Frauen etwas später als bei Männern. Das Zusammentreffen verschiedener Stressfaktoren zu dieser Zeit, die zur Überforderung der Psyche führen, wie Auszug aus dem Elternhaus, Beendigung einer Partnerschaft oder die Aufnahme eines Studiums, kann ein möglicher Auslöser der Krankheit sein. Jedoch spielen erbliche Faktoren in diesem Zusammenhang ebenfalls eine große Rolle, wie folgende Zahlen belegen:
- 10 – 15 % Erkrankungsrisiko bei Kindern mit krankem Elternteil,
- 30 – 50 % Erkrankungsrisiko bei Kindern mit zwei kranken Elternteilen,
- 25 – 50 % Erkrankungsrisiko bei eineiigen Zwillingen, wenn ein Zwilling
bereits erkrankt ist (vgl. Bäuml, S. 44).
Durch eine „fehlerhafte“ Erziehung, auf die ich später ausführlicher im Abschnitt über angehörige Eltern psychotischer Kinder eingehen werde, allein, wie lange vermutet wurde, kann später keine Psychose ausgelöst werden. Die Vulnerabilität (Verwundbarkeit, Verletzlichkeit (vgl. Duden)) für psychotische Krankheiten wird damit aber sehr wahrscheinlich erhöht.
Nach Bäuml spielen Bedingungen wie Bewegungsmangel, Fehlernährung, Vitaminmangel oder falscher Lebenswandel keine Rolle bei der Suche nach Ursachen für die Schizophrenie. Jedoch sind diese Bedingungen meiner Meinung nach oft genannte Auslöser für viele Krankheiten die im Zusammenhang mit Stress stehen, Stress wiederum ist unter anderem ein Faktor für die Entwicklung von Psychosen, wie soeben berichtet wurde. Auch wenn diese Faktoren allein nicht zur Psychose führen können und wahrscheinlich nicht die größte Rolle spielen, sollten sie doch berücksichtigt werden. Eine gesunde Seele kann schließlich nur in einem gesunden Körper existieren. (vgl. Bäuml, S. 3 ff )
Bei etwa einem Drittel der Betroffenen kommt es nur einmal im Leben zu einer schizophrenen Episode; ein Drittel kann mit Einschränkungen normal weiterleben und bei einem Drittel ist mit großen Schwierigkeiten zu rechnen (vgl. Koch, S. 42-45).
Wie bereits erwähnt, sind die Möglichkeiten einer Behandlung von schizophren Erkrankten noch nicht sehr alt. Heute bestehen gute Möglichkeiten die Krankheit zu kontrollieren, in einigen Fällen sogar zu „beheben“.
Sehr erfolgversprechend ist die Behandlung mit Medikamenten, insbesondere mit Neuroleptika. Aber auch psychotherapeutische Maßnahmen, wie gezielte Gespräche, das Einüben von neuen Verhaltensweisen; oder soziotherapeutische Maßnahmen in Form von gezielter Beeinflussung des Lebensumfeldes (Wohnung, Arbeit, Freizeit) sollten berücksichtigt werden. Auf Psychoedukation, ein weiterer „Baustein“, vor allem bei der Vorsorge von Psychosen, werde ich später detaillierter hinweisen.
Einen großen Stellenwert aber muss dem Einsatz von Neuroleptika, welche Einfluss auf die Regulierung von Botenstoffen (hier muß vor allem das Dopamin genannt werden) im Gehirn nehmen, beigemessen werden, wie folgende Zahlen eindrucksvoll bestätigen:
- Stationäre Patienten vor Einführung von Neuroleptika: 75 %,
- Stationäre Patienten nach Einführung von Neuroleptika: 25 %,
- Durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer vor der Einführung von Neuroleptika: 3 Jahre,
- Durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer nach Einführung von Neuroleptika: 3 Monate
(vgl. Bäuml, S. 54).
Während früher sehr viele Patienten mit Fixierungen und Zwangsjacken ruhig gestellt werden mussten, was zum negativen Bild über die Betroffenen in der Öffentlichkeit beigetragen hat, findet man diese Behandlung heute nur noch in Ausnahmefällen bei sehr schweren Erkrankungen vor.
Der Ausbau von ambulanten Einrichtungen wie Tageskliniken und betreuten Wohnformen hat neben der Einführung von Neuroleptika in den 50er Jahren zur Deinstitutionalisierung erheblich beigetragen.
Eine Persönlichkeitsveränderung findet durch die Einnahme von Neuroleptika nicht statt. Aus eigener Erfahrung kann auch ich als Angehöriger berichten, dass durch die lange, oft problematische Phase vor der eigentlichen Psychose dieses leicht angenommen werden kann, insbesondere dann, wenn sich der Betroffene nach der Einnahme von Medikamenten so sehr zum Positiven wandelt.
Nach der akuten Psychose ist eine Rückfallschutzbehandlung in Form von weiterführender Medikation, Krisenplanung und der oben erwähnten Therapieformen unbedingt notwendig, um Rückfälle bzw. Nebenwirkungen von Medikamenten zu verhindern.
Diese kurze Einführung sollte einen Überblick über Ursache, Wirkung und Behandlung der Krankheit Schizophrenie geben, um das Verhalten an Schizophrenie erkrankter Menschen besser nachvollziehen zu können und um die Problemlagen der Angehörigen, auf die ich jetzt näher eingehen werde, beurteilen zu können (vgl. Bäuml, S. 53 ff).
II. Problemlagen Angehöriger schizophrener Patienten
„Durch die Einführung der Psychopharmaka veränderte sich die Situation für psychisch Kranke sowie deren Angehörige grundsätzlich. Vorher sammelten sich die psychisch Kranken (...) in den großen psychiatrischen Krankenhäusern. In solcherlei Versorgungssystem hatten die Angehörigen keine aktive Rolle und keine Bedeutung“ ( Bruns, S.13).
Mit Einführung der Psychopharmaka hat sich die Institutionalisierung zwar zum großen Teil aufgelöst (559.000 psychiatrische Betten 1955, 138.000 Betten 1980 in den USA), die Problemlagen liegen aber nun, wenn auch durch Medikation viel besser kontrollierbar bei den Angehörigen zu Hause. Dass sie damit oft gänzlich überfordert sind, ist auf Grund des Krankheitsbildes nur allzu verständlich (vgl. Bruns, S. 13). Angehörige, insbesondere Eltern, suchen nach Erklärungen für dieses „merkwürdige“ Verhalten. „Die Suche nach einer Ursache ist eng verknüpft mit der Suche nach einem „Schuldigen“: Gerade dann, wenn uns etwas sehr fremd ist und uns sehr viel Angst macht, neigen wir alle dazu, es verständlich und erträglich zu machen, indem wir mehr oder minder schlichte Erklärungen konstruieren“
( Koenning, S. 26), die nicht selten in Selbstvorwürfen enden, selbst bei Kindern psychotischer Eltern nicht, wie uns das Kapitel noch zeigen wird.
1. Die Frage der „Schuld“
„Auch wenn in den letzten Jahren zunehmend Angehörige in die psychiatrische Alltagsarbeit einbezogen werden, kommt uns psychiatrisch Tätigen auch noch heute leicht die wohlklingende aber grundfalsche Äusserung „Der Patient steht im Mittelpunkt“ über die Lippen, während wir gern die Angehörigen als Informationslieferanten, Abschieber, Verursacher, Schuldige, Behandlungsbedürftige ansehen, ohne den gleich großen Anteil aller am gemeinsamen Leidzustand wahr- und Ernstzunehmen“ (Dörner, Egetmeyer, Koennig, S. 11).
Sicherlich ist dieses Zitat schon fast 20 Jahre alt und mit großer Sicherheit hat sich seit dem schon Vieles getan, wie ich im nächsten Kapitel über Psychoedukation beispielhaft zu berichten weiß. Dass es aber noch immer in den aktuellen psychiatrischen Alltag passt, kann ich aus eigenen Erfahrungen mit Klinik bzw. Tageklinik bestätigen. Noch immer nicht werden Angehörige, selbst wenn sie sich bemühen, in den Prozess zwangsläufig mit eingebunden. Zur Entschuldigung der praktizierenden Ärzte muss zwar gesagt werden, dass es sehr wichtig ist nicht über den Kopf der Betroffenen hinweg zu entscheiden; schließlich besteht auch eine Schweigepflicht (näheres im Abschnitt: „Zwangseinweisung“). Außerdem ist es wichtig das mangelhafte Vertrauen der Patienten nicht noch weiter zu strapazieren, insbesondere bei einer Schizophrenie (vgl. Bäuml, S.11). Hinzu kommt ein finanziell begrenzter Rahmen der Kliniken, der ein Auseinandersetzen mit Betroffenen nicht berücksichtigt (ausführlicher im Abschnitt: „Die Arbeit mit Kindern an Schizophrenie erkrankter Eltern(teile)“). Dennoch ist es sehr wichtig die Betroffenen in den Prozess mit einzubinden, wenn nicht sogar „fahrlässig“, es nicht zu tun (man denke nur an nicht erkannte Selbstmordabsichten) (vgl. Luderer, S. 273), auch aus ökonomischer Sicht, wie die sinkenden Rückfallquoten nach dem Einbeziehen der Angehörigen durch Psychoedukation belegen.
Warum aber tun sich Professionelle oft noch so schwer die Angehörigen ernsthaft wahrzunehmen und warum müssen Angehörige, zumeist die Eltern psychotischer Kinder, immer noch damit rechnen als Schuldige „abgestempelt“ zu werden?
Wie ich bereits schon erwähnte, wurde fälschlicherweise lange Zeit angenommen, die Ursachen der Psychose müssen im familiären Umfeld gesucht werden. Beispielhaft dafür sind Theorien der „schizophrenogenen Mutter“, die die Mutter als Krankheitsauslöser ausfindig macht. Auch verschiedene Familientheorien haben die Ursachen bei den Angehörigen gesucht. „Angermeyer (1984) konnte in einer Analyse der Krankheitsgeschichten einer sozialpsychiatrisch orientierten Klinik in den Jahren 1967-1978 aufzeigen, dass die Angehörigen schizophren Erkrankter in der Mehrzahl der Fälle für die Erkrankung verantwortlich gemacht wurden“
(Bruns, S. 14).
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- Citation du texte
- Christian Hofmeister (Auteur), 2005, Angehörige psychisch Kranker am Beispiel der Schizophrenie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63192
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