Georg Büchners literarische Werke entstanden im Sie lassen sich an einer Hand abzählen: die Flugschrift „Der hessische Landbote“, das Revolutionsdrama „Dantons Tod“, das Lustpiel „Leonce und Lena“, die Novelle „Lenz“ und das Tragödienfragment „Woyzeck“. In seinen Werken nahm er Bezug auf die zeitgenössische Politik. Er widmete sich besonders der sozialen Lage der Bevölkerung und setzte sich kritisch mit den Regierenden im Deutschen Bund und im Großherzogtum Hessen auseinander. Nach den Befreiungskriegen hatten die Menschen in Deutschland große Erwartungen. Die Hoffnungen der Menschen wurden enttäuscht. Ein nationales Deutsches Reich entstand nicht. Der Dualismus zwischen Preußen und Österreich und der Souveränitätsanspruch der Fürsten waren die Gründe dafür. Die Monarchie blieb die herrschende Staatsform. Adel und Geistlichkeit behielten ihre Macht. Die Zeit nach dem Wiener Kongress war eine Zeit der Restauration. Der österreichische Außenminister, Fürst Metternich, hatte daran maßgeblichen Anteil. Er lehnte demokratische und liberale Ideen als Gefährdung für den Staat ab. Den aufkommenden revolutionären Tendenzen setzte er die Zusammenarbeit der europäischen Monarchen und die Einrichtung eines Polizeistaats entgegen.
Georg Büchner war nicht nur Literat, sondern er zählte zum Kreis der Revolutionäre, die sich gegen das System der Restauration richteten. Er gründete zusammen mit ehemaligen Schulkameraden aus Darmstadt, die zu diesem Zeitpunkt wie er 1834 in Gießen studierten, weiteren Studenten und einigen Handwerkern die „Gesellschaft für Menschenrechte“. Im Juli 1834 wurde der Hessische Landbote, den er gemeinsam mit Friedrich Ludwig Weidig verfasst hatte, in Druck gelegt. Es handelte sich um eine Flugschrift, die unter der berühmten Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die hessische Landbevölkerung zur Revolution gegen die Unterdrückung aufrief.
Auch auf dem sozialen Sektor blieben die Hoffnungen der Menschen unerfüllt. Hunderttausende litten an Armut und Hunger. Der Begriff „Pauperismus“ entwickelte sich in den 1830er Jahren zum Schreckgespenst. Der Vierte Stand lebte in Armut und Abhängigkeit. Im Drama „Woyzeck“ spiegelt sich das Leiden der unteren Stände, in denen sich die Hauptfigur Woyzeck zweifellos befindet. Es stellt die Kluft zwischen oberer und unterer sozialer Schicht dar. An vielen Stellen wird der Bezug zur Zeit des Vormärz spürbar.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen
2. Deutschland im Vormärz – Das Leben des Vierten Standes
2.1. Der Deutsche Bund und das Großherzogtum Hessen
2.2. Bevölkerungswachstum und Massenarmut
3. Woyzeck – „Vom Leben eines Geringsten“
3.1. Das Leben Woyzecks als System der Ausbeutung und Unterdrückung
3.2. Armut und Arbeit
3.3. Militär
3.4 Menschenversuch
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Vorbemerkungen
In der Zeit des Vormärz befanden sich die Staaten des Deutschen Bundes in einem tiefgreifenden Wandel. Der Zeitraum der deutschen Geschichte, der von 1815 bis 1848 andauerte, war eine vielschichtige Epoche mit großen Veränderungen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Der Wiener Kongress und die Märzrevolution sind die eingrenzenden Ereignisse.
Nach der Niederlage der „Großen Armee“ Napoleons im russischen Winter von 1812 fiel mit dem Sieg der alliierten Armen (Russland, Preußen, Österreich) in der mehrtägigen „Völkerschlacht“ bei Leipzig, die Entscheidung über das Ende der französischen Vorherrschaft in Europa. Das Leben Georg Büchners begann vor diesem Hintergrund. Er wurde am 17. Oktober 1813, zu Zeiten der Leipziger Vielvölkerschlacht, in Goddelau/Hessen geboren. Büchner wurde nicht alt. Im Alter von nur 25 Jahren starb er am 2. Februar 1837 in Zürich. In seinem kurzen Leben hat er einen wesentlichen Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte geleistet.
Georg Büchners literarische Werke entstanden im Vormärz. Sie lassen sich an einer Hand abzählen: die Flugschrift „Der hessische Landbote“, das Revolutionsdrama „Dantons Tod“, das Lustpiel „Leonce und Lena“, die Novelle „Lenz“ und das Tragödienfragment „Woyzeck“. In seinen Werken nahm er Bezug auf die zeitgenössische Politik. Er widmete sich besonders der sozialen Lage der Bevölkerung und setzte sich kritisch mit den Regierenden im Deutschen Bund und im Großherzogtum Hessen auseinander.
Nach den Befreiungskriegen hatten die Menschen in Deutschland große Erwartungen. Die Hoffnungen der Menschen wurden enttäuscht. Ein nationales Deutsches Reich entstand nicht. Der Dualismus zwischen Preußen und Österreich und der Souveränitätsanspruch der Fürsten waren die Gründe dafür.
Die Monarchie blieb die herrschende Staatsform. Adel und Geistlichkeit behielten ihre Macht. Die Zeit nach dem Wiener Kongress war eine Zeit der Restauration. Der österreichische Außenminister, Fürst Metternich, hatte daran maßgeblichen Anteil. Er lehnte demokratische und liberale Ideen als Gefährdung für den Staat ab. Den aufkommenden revolutionären Tendenzen setzte er die Zusammenarbeit der europäischen Monarchen und die Einrichtung eines Polizeistaats entgegen.
Georg Büchner war nicht nur Literat, sondern er zählte zum Kreis der Revolutionäre, die sich gegen das System der Restauration richteten. Er gründete zusammen mit ehemaligen Schulkameraden aus Darmstadt, die zu diesem Zeitpunkt wie er 1834 in Gießen studierten, weiteren Studenten und einigen Handwerkern die „Gesellschaft für Menschenrechte“.
Im Juli 1834 wurde der Hessische Landbote, den er gemeinsam mit Friedrich Ludwig Weidig verfasst hatte, in Druck gelegt. Es handelte sich um eine Flugschrift, die unter der berühmten Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die hessische Landbevölkerung zur Revolution gegen die Unterdrückung aufrief.
Auch auf dem sozialen Sektor blieben die Hoffnungen der Menschen unerfüllt. Hunderttausende litten an Armut und Hunger. Der Begriff „Pauperismus“ entwickelte sich in den 1830er Jahren zum Schreckgespenst. Der Vierte Stand lebte in Armut und Abhängigkeit.
Im Drama „Woyzeck“ spiegelt sich das Leiden der unteren Stände, in denen sich die Hauptfigur Woyzeck zweifellos befindet. Es stellt die Kluft zwischen oberer und unterer sozialer Schicht dar. An vielen Stellen wird der Bezug zur Zeit des Vormärz spürbar.
Als Textgrundlage für die inhaltliche Analyse des „Woyzeck“ dient der kürzlich erschienene Band 7.2 der Marburger Ausgabe, der neben dem Text, auch Editionsbericht, Quellen und Erläuterungsteil beinhaltet.
Bevor es im Kapitel 3 um die sozialkritischen Ansätze und die Darstellung des Vierten Standes im „Woyzeck“ geht, handelt das Kapitel 2 von der politisch-gesellschaftlichen Lage des Vormärz. Die Erfahrungen Büchners mit den Zeichen der Zeit spielen dabei eine wichtige Rolle.
2. Deutschland im Vormärz – Das Leben des Vierten Standes
Wie sah die Gesellschaftsordnung in der Zeit vor 1848 aus? Wer gehörte zum Vierten Stand? Um diese Fragen beantworten zu können, ist ein kurzer Rückblick auf die Ständeordnung des Mittelalters von Nöten. Unter Stand (mittellateinisch: status) versteht man eine „rechtlich und sozial abgeschlossene Schicht von gleicher Herkunft (Geburtsstand, Ebenbürtigkeit), gleichem Beruf (Berufsstand) und gleicher Bildung (z.B. Geistlichkeit, Militär)“[1]. Im Mittelalter gab es drei Stände: Adel, Geistlichkeit und Bürgertum. Der Dritte Stand erreichte während der Französischen Revolution und den hierauf folgenden politischen Entwicklungen die politische und rechtliche Gleichrangigkeit mit den beiden übrigen Ständen.
Der Vierte Stand entstand im 19. Jahrhundert. Es war die Bezeichnung für diejenigen, die nur wenig oder gar keinen Besitz aufwiesen. Angehörige des Vierten Standes lebten in Armut. Zu ihnen zählten Landarbeiter, Landarme und Landlose, Tagelöhner, Handlanger, Zwergstellenbesitzer, Kleinbauern, kleine Angestellte, Kopisten, Aktenhelfer, Handwerker, Heimgewerbetreibende, Fuhrleute, Dienstmägde, Kranke, Behinderte und Bettler.[2] Die Familie Georg Büchners gehörte nicht zum Vierten Stand. Sein Ururgroßvater, Johann Philipp Büchner (1687-1749) war der erste in einer Reihe von Chirurgen. Auch Georgs Vater arbeitete als Arzt.[3]
Vor 1848 waren es die Besitzenden, die an der Spitze der Gesellschaft standen. Der Adel und das wohlhabende Bürgertum bestimmten auch das politische Geschehen.
2.1. Der Deutsche Bund und das Großherzogtum Hessen
Der Deutsche Bund, der auf dem Wiener Kongress 1815 gebildet wurde, war nur eine schwache Vereinigung von 39 deutschen Staaten und Städten, die sich alle als deutsch identifizierten, aber keinen gemeinsamen Staat hatten. Sie waren alle deutschsprachig und gehörten zweifellos zu Deutschland, aber Deutschland war kein einziger Staat. Wegen der starken, bunten Aufteilung des Staatenbundes nannte man dieses Phänomen den „deutschen Flickenteppich“. Das Volk kämpfte um die Bildung eines Nationalstaats, der auf einer demokratischen Basis aufgebaut war.
Mit dem Begriff „Restauration“ (lat. restaurare: wiederherstellen) wird allgemein „die Wiederherstellung eines frühren politischen Zustandes, meist die Wiedereinsetzung einer alten von Dynastien, die auf revolutionären Weg beseitigt worden war“[4], bezeichnet. Im Vormärz setzten die Herrschenden auf das Mittel der Restauration.
Das System Metternich, benannt nach dem österreichischen Außenminister und späteren Staatskanzler, war auf die Erhaltung der politischen und sozialen Ordnung ausgerichtet, die auf dem Wiener Kongress auf den Stand vor der Französischen Revolution zurückversetzt wurde. Die Macht der Großmächte Preußen und Österreich sollte erhalten bleiben. An die Gründung eines deutschen Staates, der territoriale Verluste für die Großmächte bedeutet hätte, war nicht zu denken.
Die Karlsbader Beschlüsse des Jahres 1819 bedeuteten eine Einschränkung der Freiheitsrechte. Sie hatten Maßnahmen zur Überwachung und Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen zum Gegenstand.
Eine Vorzensur für alle Zeitungen und Druckerzeugnisse bis 20 Druckbögen wurde erlassen. Auch Georg Büchners Flugschrift „Der Hessische Landbote“ fiel der Zensur zum Opfer.
Wie sahen die Verhältnisse im Heimatland Büchners aus? Im „Hessischen Landboten“ erscheint „der Staat der Großherzöge von Hessen und Rhein als eine finstere, feudal-plutokratische Diktatur […] der Fürst als „Tyrann“, der die große Herde des „frohnenden Viehs“ und der bürgerlich-bäuerlichen Untertanen als „Melker und Schinder“ ausbeutet“[5]. Das Großherzogtum Hessen war in den 1830er Jahren ein Agrarland. Die Industrialisierung hatte das Land noch nicht ergriffen. Besonders in der Provinz Oberhessen herrschte eine große Armut. Die Masse der Landbevölkerung stellten „die landarmen ackerbautreibenden Handwerker und die landlosen Tagelöhner, die weder Acker noch Pflug hatten“[6].
Zu dieser Gruppe gehörten „die Tagelöhner, die Kuh-, Schweine- und Gänsehirten, der Nachtwächter, der Weber ohne Land, der Dorfschullehrer, das Gesinde, die Löffelschnitzer und der Korbflechter“[7]. In den Dörfern Oberhessens war die Existenz tausender Familien nicht gesichert.
Büchner kritisierte die Zustände im Großherzogtum. Die Lage empörte ihn: „Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen. Das arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen“[8], schrieb er an August Stoeber im Dezember 1833.
Büchner hatte die revolutionären Ereignisse, die sich in Hessen abspielten, miterlebt. Dazu zählte vor allem Oberhessische Aufstand des Jahres 1830.
Die zentrale Frage im Schaffen von Georg Büchner ist, nach Pinkert, die Schilderung der „Abhängigkeit menschlicher Existenz von Umständen, für die sie nicht verantwortlich sind, die es aber zu ändern gilt“[9]. Zu den wesentlichen Umständen, die in der Zeit des Vormärz den Menschen das Leben erschwerten, zählten neben der politischen Situation, das Wachstum der Bevölkerung und die bittere Zeit der Armut.
[...]
[1] Fuchs, Konrad/Raab, Heribert (Hrsg.): Wörterbuch zur Geschichte. München: dtv, 101996, S. 768.
[2] Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen „Deutschen Doppelrevolution“ 1815-1848/49. München: Beck, 21989, S. 287.
[3] Hauschild, Jan-Christoph: Georg Büchner. Biographie. Stuttgart: Metzler. 1993, S. 1.
[4] Fuchs, Konrad/Raab, Heribert (Hrsg.): Wörterbuch zur Geschichte. München: dtv, 101996, S. 701.
[5] Franz, Eckhart G.: Im Kampf um neue Formen. Die ersten Jahrzehnte des Großherzogtums Hessen. In: Georg Büchner: 1818-1837. Revolutionär, Dichter, Wissenschaftler. Katalog der Ausstellung Mathildenhöhe Darmstadt 1987. Basel, Frankfurt am Main: Stroemfeld/Roter Stern, 1987, S. 38.
[6] Keller, Michael: Weder Stand noch Klasse – Zur Veränderung der ländlichen Welt im oberhessischen Verbreitungsgebiet des Hessischen Landboten. In: Georg Büchner: 1818-1837. Revolutionär, Dichter, Wissenschaftler. Katalog der Ausstellung Mathildenhöhe Darmstadt 1987. Basel, Frankfurt am Main: Stroemfeld/Roter Stern, 1987, S. 159.
[7] Keller, Michael: Weder Stand noch Klasse, S. 159.
[8] Mayer, Thomas Michael: Georg Büchner. Eine kurze Chronik zu Leben und Werk. In: Text + Kritik: Georg Büchner I/II. Heinz-Ludwig Arnold (Hrsg). München: 1979, S. 376.
[9] Pinkert, Ernst-Ullrich: Die Freiheit, kein Verbrecher zu werden. Das Gesellschaftsbild in Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck“. In: Pinkert, Ernst-Ullrich: Freiheit, die Brecht meinte. Aufsätze zur deutschen Literatur. Aalborg: Universitetsforlag, 1980, S. 66.
- Citation du texte
- Maik Bubenzer (Auteur), 2006, Sozialkritik und Darstellung des Vierten Standes im "Woyzeck", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63143
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