Sterben und Tod sind Themen, die heutzutage zunehmend mehr öffentlich diskutiert werden. Insbesondere die Medien setzen sich mit diesem Themenbereich auseinander, indem z. B. „die Themenwoche Krebs“ in Rundfunk und Fernsehen ausgestrahlt wurde. Ursula von der Leyen, Dietrich H. W. Grönemeyer u. a. diskutierten darüber, wie wichtig heutzutage ein umfangreiche Versorgung, bestehend aus Palliativmedizin- und pflege und einer Begleitung für Schwerkranke, Sterbende und ihre Angehörigen, ist. Leider muss ich während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei einem ambulanten Hospizdienst erfahren, dass Betroffene oft nicht genau wissen, welche Angebote sie in Anspruch nehmen können. Auch Mitarbeiter in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen können hierbei meist nicht weiterhelfen. Sie kennen sich nur in ihrem Arbeitsfeld aus und so können oft die Möglichkeiten für einen würdevollen Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden nicht voll ausgeschöpft werden. Auch aufgrund von Personaleinsparungen und anderen Bemühungen betreffend einer guten finanziellen Lage der Einrichtungen, ist es kaum möglich den Patienten würdevoll zu versorgen und zu begleiten.
Meine Diplomarbeit trägt den Titel „Leben bis zuletzt - Die Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden im Sinne der Hospizarbeit in Deutschland“ und ich verstehe diese Ausarbeitung als eine Darstellung des Sterbens für Schwerkranke und Sterbende und für die in diesem Arbeitsfeld tätigen Sozialarbeiter.
Die Kernfragen meiner Ausführung sind: Wie sieht die heutige Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden aus und wird sie einem würdevollen Sterben gerecht? Welche Tätigkeitsbereiche können Sozialarbeiter hierbei übernehmen? Zur Beantwortung dieser Kernfragen setze ich mit den Themenkomplexen „würdevolles Sterben, die Möglichkeiten für Sterbende zu Hause und in Institutionen und die Aufgaben der Sozialarbeit in der Arbeit mit Schwerkranken und Sterbenden“ auseinander.
Im ersten Teil erläutere ich den Titelanfang „Leben bis zuletzt …“ und gehe dabei auf die Menschenwürde in Verbindung mit Lebensqualität und einem selbstbestimmten Sterben ein. Da die Menschenwürde sich für jedes Individuum anders gestaltet, beziehe ich mich auf die wesentlichen Bedürfnisse und Empfindungen, die bei den meisten Schwerkranken und Sterbenden zu finden sind. Dieser Abschnitt beinhaltet ebenfalls die Möglichkeit der Vorsorge in Form einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Leben bis zuletzt bedeutet würdevolles Sterben
1.1 Menschenwürde und Lebensqualität
1.1.1 Bedürfnisse Sterbender
1.1.2 Gefühle Sterbender
1.1.3 Vollmacht und Verfügungen für den letzten Lebensabschnitt
1.2 Sterbebegleitung oder Sterbehilfe?
2. Sterben
2.1 Der Sterbeprozess
2.1.1 Sterbephasen nach Kübler – Ross
2.1.2 Weitere Modelle
2.1.3 Kritische Betrachtung der Modelle
2.2 Geschichtliche Entwicklung der Umstände des Sterbens
2.2.1 Sterben im 20. Jahrhundert
2.2.2 Sterben in der heutigen Gesellschaft
3. Schwerkranke und Sterbende im häuslichen Umfeld und in Institutionen
3.1 Pflege und Sterben zu Hause
3.1.1 Umgang mit Krankheit und Sterben im häuslichen Umfeld
3.1.2 Die häusliche Pflege durch Angehörige und andere Pflegepersonen
3.1.3 Unterstützungsangebote durch
Sozialstationen, ambulante Pflegedienste,
Hospizdienste und Palliativangebote
3.2 Die Institutionen Krankenhaus und Pflegeheim
3.3 Stationäre Hospize und Palliativstationen
3.4 Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen
3.5 Zur Bedarfsdeckung für Betroffene in Deutschland
3.6 Abschließende Bemerkungen
4. Zusammenfassung der sozialarbeiterischen Tätigkeit
in der Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden
5. Resümee
Literatur- und Quellenverzeichnis
Weiterführende Literatur
Angaben zum Anhang
Anhang
Einleitung
Sterben und Tod sind Themen, die heutzutage zunehmend mehr öffentlich diskutiert werden. Insbesondere die Medien setzen sich mit diesem Themenbereich auseinander, indem z. B. „die Themenwoche Krebs“ in Rundfunk und Fernsehen ausgestrahlt wurde. Ursula von der Leyen, Dietrich H. W. Grönemeyer u. a. diskutierten darüber, wie wichtig heutzutage ein umfangreiche Versorgung, bestehend aus Palliativmedizin- und pflege und einer Begleitung für Schwerkranke, Sterbende und ihre Angehörigen, ist. Leider muss ich während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei einem ambulanten Hospizdienst erfahren, dass Betroffene oft nicht genau wissen, welche Angebote sie in Anspruch nehmen können. Auch Mitarbeiter in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen können hierbei meist nicht weiterhelfen. Sie kennen sich nur in ihrem Arbeitsfeld aus und so können oft die Möglichkeiten für einen würdevollen Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden nicht voll ausgeschöpft werden. Auch aufgrund von Personaleinsparungen und anderen Bemühungen betreffend einer guten finanziellen Lage der Einrichtungen, ist es kaum möglich den Patienten würdevoll zu versorgen und zu begleiten.
Meine Diplomarbeit trägt den Titel „Leben bis zuletzt – Die Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden im Sinne der Hospizarbeit in Deutschland“ und ich verstehe diese Ausarbeitung als eine Darstellung des Sterbens für Schwerkranke und Sterbende und für die in diesem Arbeitsfeld tätigen Sozialarbeiter.
Die Kernfragen meiner Ausführung sind: Wie sieht die heutige Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden aus und wird sie einem würdevollen Sterben gerecht? Welche Tätigkeitsbereiche können Sozialarbeiter hierbei übernehmen?
Zur Beantwortung dieser Kernfragen setze ich mit den Themenkomplexen „würdevolles Sterben, die Möglichkeiten für Sterbende zu Hause und in Institutionen und die Aufgaben der Sozialarbeit in der Arbeit mit Schwerkranken und Sterbenden“ auseinander.
Im ersten Teil erläutere ich den Titelanfang „Leben bis zuletzt …“ und gehe dabei auf die Menschenwürde in Verbindung mit Lebensqualität und einem selbstbestimmten Sterben ein. Da die Menschenwürde sich für jedes Individuum anders gestaltet, beziehe ich mich auf die wesentlichen Bedürfnisse und Empfindungen, die bei den meisten Schwerkranken und Sterbenden zu finden sind. Dieser Abschnitt beinhaltet ebenfalls die Möglichkeit der Vorsorge in Form einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung. Diese Vorsorge ist keine Vorraussetzung für ein würdevolles Sterben. Sie ist aber ein kleiner ein Aspekt für ein selbstbestimmtes Sterben. Eine Diskussion über Sterbebegleitung und Sterbehilfe schließt den ersten Teil ab.
Der zweite Teil dieser Arbeit steht unter der Überschrift Sterben. Hierbei wird der Sterbeprozess über einige Sterbephasenmodelle definiert und die Entwicklung des Sterbens dargestellt. Ich zeige die Umstände des Sterbens in der heutigen Gesellschaft auf, um eine Verknüpfung zum nächsten Abschnitt zu schaffen. Dieser beinhaltet die Angebote und Versorgung für Schwerkranke und Sterbende in Deutschland und eine kritische Betrachtung, ob diese auch einem würdigen Sterben in der heutigen Zeit gerecht werden.
Der dritte Teil beinhaltet ebenso die sozialarbeiterische Tätigkeit in diesem Arbeitsfeld. Einerseits ist es mir wichtig, für mich selbst herauszufinden, wie ich meine berufliche Zukunft im Bereich der Hospizarbeit gestalten kann. Andererseits soll es auch andere angehende Sozialarbeiter ermutigen, sich dort zu engagieren. Ich habe diesen Bereich in die Darstellung der Pflege und Versorgung im häuslichen Umfeld und in Institutionen eingebunden, da die Sozialarbeit die Grundlage für die häusliche und institutionelle Versorgung von Sterbenden bildet und nicht isoliert betrachtet werden kann.
Im vierten Teil fasse ich das Aufgabengebiet für Sozialarbeiter zusammen.
Der letzte Teil dieser Arbeit beinhaltet das Resümee.
Um den Umfang dieser Arbeit einzuschränken, beziehe ich mich in meinen Ausführungen nur auf die Versorgung von Krebspatienten. Dies ermöglicht mir eine detaillierte Darstellung der heutigen Palliativpflege und Sterbebegleitung. Des Weiteren bezeichnet der Begriff „Schwerkranke“ ältere Menschen, bei denen der Sterbeprozess bereits begonnen hat. Kinder, die an einer tödlich verlaufenden Erkrankung leiden, werden hier nicht berücksichtigt.
Bei Personenbezeichnungen habe ich mich bewusst auf die maskuline Form beschränkt, um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen. Selbstverständlich ist ebenso das weibliche Geschlecht gemeint.
1. Leben bis zuletzt bedeutet würdevolles Sterben
Der erste Teil meiner Arbeit befasst sich mit der Menschenwürde und der Lebensqualität in der letzten Lebensphase eines Menschen.
M. E. wird die Würde eines einzelnen Menschen von seiner Individualität bestimmt. Besonders in der Zeit des Sterbens nimmt sie an Bedeutung zu und steht in einem engen Zusammenhang mit der Lebensqualität. Nur wenn die Würde eines Sterbenden beachtet wird, kann auch die Qualität seines Lebens bis zuletzt erhalten werden. Dieser würdevolle Umgang macht ein Leben bis zuletzt erst möglich.
In meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Sterbebegleiterin definiere ich oft die Würde des zu Begleitenden über seine Bedürftigkeit. Dabei betrachte ich den Sterbenden als ganze Person, d. h. die Art der Wünsche steht in einem engen Zusammenhang mit der bisherigen Lebensführung des Betroffenen. So individuell das Leben eines Menschen ist, so unterschiedlich können auch die Wünsche und Bedürftigkeit der Sterbenden sein. In der Sterbebegleitung werden mir gegenüber oft Wünsche geäußert. Sie reichen vom einfachen Vorlesen und Erzählen bis hin zu Fragen über Tod und Sterben.
Zu unterscheiden von den individuellen Wünschen und Bedürftigkeit sind die Grundbedürfnisse eines Sterbenden, die im folgenden Punkt näher erläutert werden.[1]
Da die individuellen Bedürfnisse unterschiedlicher nicht sein können, macht es keinen Sinn diese hier aufzugreifen. Wichtig ist mir aber, dass sie erkannt und auch geäußert werden. Das macht einen wichtigen Teil in der Sterbebegleitung aus und kann einen intensiveren und innigeren Umgang mit einem sterbenden Angehörigen und lieben Menschen möglich machen. Ich spreche hier aus privater Erfahrung mit einem Angehörigen, der seine Wünsche, Bedürftigkeit u. a. in seinem Sterbeprozess nicht äußern konnte oder wollte. Auch wir als Angehörige konnten diese nicht erkennen und darüber nicht mit ihm ins Gespräch kommen. Das erschwerte mir das „Abschied nehmen“ immens und ruft auch im Nachhinein immer wieder Schuldgefühle (z. B. „Habe ich ihn genügend unterstützt oder doch eher mit sich und seinem Sterben alleingelassen?“) hervor.
Dieses Kapitel beinhaltet außerdem die eigene Vorsorge für eine würdevolles Sterben über das Verfassen einer Vorsorgevollacht oder Betreuungsverfügung in Verbindung mit einer Patientenverfügung.
In der heutigen Gesellschaft wird oft der Begriff „Sterbehilfe“ diskutiert. Eine Gegenüberstellung von Sterbebegleitung und Sterbehilfe im Hinblick auf ein würdevolles Sterben soll diesen Teil der Arbeit abschließen.
1.1 Menschenwürde und Lebensqualität
Im deutschen Grundgesetz Artikel 1 heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Das bedeutet, die Individualität eines Menschen ist zu achten und seine Einzigartigkeit und Integrität sind zu wahren. Doch was bedeutet das für Sterbende? Es ergibt sich ein Spannungsfeld. Einerseits soll die Autonomie des Menschen gewahrt werden und auf der anderen Seite steht die Fürsorge um diese Person. Die Autonomie bezeichnet den Menschen als Individuum und beachtet den Willen und die Handlungsfähigkeit der Person. Jede Äußerung muss ernst genommen werden, z. B. auch der Wunsch nach Sterbehilfe. Die Fürsorge ist eine soziale Haltung und bedeutet dagegen, dass Pflegende und Betreuende Entscheidungen zum Wohl der Person treffen, wenn dieser sich nicht mehr selbst äußern kann.[2]
Meiner Meinung nach kann die Menschenwürde eines Sterbenden nur gewahrt werden, wenn seine Individualität geachtet wird. Das bedeutet so lange ein Mensch noch für sich selbst entscheiden kann, muss sein Wille befolgt werden. Die Bedürftigkeit und die Bedürfnisse sollten beachten und geachtet werden.
In den Institutionen ist es allerdings nicht einfach, die Menschenwürde und Lebensqualität auf die Praxis des Sterbens zu beziehen. Auch wenn sich die Gesellschaft darüber im Klaren ist, dass die Würde auch im Sterben gewahrt werden muss, so ist es umso schwieriger dies zu ermöglichen. Die Zeit, der Raum für zwischenmenschliche Beziehungen und das Wissen über den Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden ist in den Institutionen meist nicht vorhanden.
1.1.1 Bedürfnisse Sterbender
Alle Menschen haben Bedürfnisse und im Sterben haben diese eine besondere Prägung. Sterbende müssen sich meist auf ihre Bezugspersonen verlassen und können ihre Grundbedürfnisse nicht immer selbst befriedigen. Für diese Personen gilt es die individuellen Wünsche und Bedürftigkeit und auch die Grundbedürfnisse zu erkennen und sie zu beachten. Im folgenden Abschnitt sollen sie im Überblick dargestellt werden. Diese Bedürfnisse beziehen sich nicht nur auf Krebspatienten, sondern auf alle Sterbende. Es sind die Grundbedürfnisse, die auf jeden Schwerkranken und Sterbenden zu beziehen sind.
- Bedürfnisse des Körpers:
Ein möglichst geringer körperlicher Verfall: Bei den meisten Sterbenden kann man eine gravierende Veränderung im Sterbeprozess erkennen. Die Muskulatur erschlafft, die Haut wird faltig, es entstehen tiefe Augenhöhlen, die Gliedmaßen werden dünn und knochig, die Mundwinkel sind rissig, die Entstehung von Dekubitus[3] Bei Krebspatienten kann man auch eine Erschlaffung der Muskulatur feststellen, allerdings können die Gelenke und Gliedmaßen durch die ständige Cortisongabe auch anschwellen. Die Gebrechen sollten von den Pflegenden akzeptiert werden.
Beherrschung der Ausscheidungsprozesse: Insbesondere ältere Menschen leiden oft unter Inkontinenz.
Erhaltung des Atems und Freihaltung der Atemwege: Durch den körperlichen Verfall fällt das Atmen oft schwer. Am Ende spricht man oft von einem „Todesrasseln“.
Ausreichend Schlaf: Das Bedürfnis an Ruhe, Erholung, und Müdigkeit nimmt zum Lebensende hin zu. Auch der Schlafrhythmus kann sich verändern. Das heißt in der Nacht sind die Patienten oft wacher als am Tage.
Durststillung: Meist reicht es schon aus die Lippen und den Mundraum feucht zu halten. Meist haben die Sterbenden auch das Gefühl, sie müssten ihren Körper mit Flüssigkeit kühlen. Dem kann z. B. mit Eiswürfeln abgeholfen werden. Am Lebensende ist das Durstgefühl nicht mehr so präsent.
Anregung der Sinne mit Farben, Musik, Wärme u. a.: Es müssen verschiedene Angebote zur Verfügung stehen, da die Wünsche ganz unterschiedlich sind. In manchen Einrichtungen wird auch eine Aromatherapie angeboten.
Linderung der Schmerzen: Schmerzen dürfen nicht zum Lebensinhalt werden. Eine ausreichende und individuelle Schmerztherapie ist unabdingbar.
Ausreichende und richtige Nahrung: Ebenso wie das Durstgefühl nimmt auch das Hungergefühl ab. Menschen haben unterschiedliche Essgewohnheiten. Es muss eine individuelle Kost angeboten werden, z. B. auch für Vegetarier. Ebenso wichtig ist auch die Schonkost, da Sterbende auch Verdauungsprobleme haben können. Dann darf die Kost nicht so schwer im Magen liegen. Ältere Menschen sind es zusätzlich auch oft gewohnt, Abführmittel zu sich zu nehmen.
Wunsch nach sexuellem Erleben: Damit dieses Bedürfnis erfüllt werden kann, sollte es in Einrichtungen möglich sein für Ehepartner und Lebensgefährten zusätzliche Schlafmöglichkeiten im Zimmer zur Verfügung zu stellen.
Fähigkeiten und Kräfte einzusetzen und nutzen zu können: Solange noch motorische Fähigkeiten und Kräfte vorhanden sind, sollte der Patient seine Aufgaben auch selbst lösen dürfen. z. B. selbstständiges Essen und Waschen.
Kontrolle der Atmung: Der Patient möchte das Aussetzen der Beatmung ausgeschlossen wissen. Meist wird dieses Bedürfnis mit Unruhe und Angst geäußert.
- Bedürfnis nach Sicherheit:
Überleben – Können: Viele Patienten möchten sich in Sicherheit wissen, was ihre Gesundheit betrifft. Das beinhaltet die Verfügbarkeit von Personen im Notfall.
Aufklärung über den Gesundheitszustand: Das alle quälenden Fragen und Bedenken besonders zur Krankheit, zum Allgemeinbefinden und zum Sterben ehrlich beantwortet werden. Man nennt das auch „die Wahrheit am Krankenbett“.
Gute Versorgung und die Beibehaltung der gewöhnlichen Lebensführung: Das beinhaltet z. B. die eigene Kleidung und Schmuck und andere Gegenstände aus dem häuslichen Umfeld. Allerdings sollte der Tages- und Lebensrhythmus der augenblicklichen Situation angepasst sein. So kann eine extreme Unruhe vermieden werden.
Eine humane medizinische Versorgung: Es soll alles getan werden, um körperliches Leiden zu verhindern. Zugleich soll aber nicht zu viel getan werden. Hier sind insbesondere lebensverlängernde Maßnahmen gemeint.
Zeit: Einige Patienten melden sich öfter als andere beim Personal. Andere melden sich kaum. In einer Begleitung erlebte ich ein ständiges Klingeln nach dem Personal oder nach mir, wen ich mal kurz aus dem Zimmer gegangen war. Die Person litt an Unruhe und Angstzuständen, insbesondere bei Einsamkeit. Andere sagen sie schaffen alles allein und melden sich nur im äußersten Notfall. Im Alltag einer Pflegeeinrichtung kann das ständige Klingeln schnell stressig werden, muss aber akzeptiert werden.
- Bedürfnis nach Liebe:
Gefühle und Sorgen: Der Patient möchte seine Sorgen und Gefühle zeigen und mit anderen teilen. Meist ist es von Vorteil solche Gespräche mit neutralen Personen zu führen. Aus dem einfachen Grund die eigenen Angehörigen zu schützen und nicht zu belasten zu wollen. Hier können auch Sterbebegleiter zum Einsatz kommen.
Freundschaften und Beziehungen: Der Sterbende möchte seien Liebe verschenken und auch selbst geliebt werden. Evtl. möchte er auch neue Freundschaften und Beziehungen knüpfen und alte aufrechterhalten, auch über den Tod hinaus
Zuneigung: Insbesondere das Pflegepersonal soll gegenüber dem Patient Akzeptanz und Fürsorge zeigen. Der Patient verlangt von allen Beteiligten eine ehrliche Wertschätzung.
Das Bedürfnis nach Liebe und Zuwendung hat große Priorität, da die Körpersinne als letztes schwinden. Vertrauenspersonen wie den nächsten Angehörigen sind hierfür die besten Ansprechpartner. Allerdings sind sie meist in der Situation selbst sehr belastet und müssen erst befähigt / unterstützt werden den Sterbenden zu begleiten. Viele Menschen sterben heutzutage einsam, mit sich selbst allein. Die Vereinsamung kann nur verhindert werden, wenn alle beteiligten Personen sich liebevoll, fürsorglich und ehrlich begegnen. Auch sollten Kinder und evtl. Tiere bei Besuchen dabei sein.
- Bedürfnis nach Achtung:
Ziele: Sterbende haben Ziele. Vor allem das Ziel nach der Suche einer „persönlichen Todesprägung“[4]. Das bedeutet, dass der Patient auch im Sterben noch als ganze Person angesehen werden möchte. Prestige und Status sollen nicht verloren gehen und das An- und Aussehen haben eine große Bedeutung. Das kann ich mit einem Beispiel belegen. In einer Sterbebegleitung war es der zu Begleiteten immer wichtig gut auszusehen. Es kam oft vor, dass ich ihr die Fingernägel in einem grellen Farbton lackiert habe. Anfangs verstand ich nicht, was das für einen Sinn machen sollte. Doch ich erkannte in ihren Augen die Notwendigkeit. Warum soll man nicht auch in Zeiten einer bettlägerigen Pflegebedürftigkeit etwas für sein Aussehen tun. Durch diese Kleinigkeiten erfahren die Patienten Würdigung und Anerkennung. Für mein Handeln war sie mir sehr dankbar.
Respekt: Erst duzen, wenn es gewünscht wird. Ich habe erfahren, das Siezen die notwendige Distanz und Professionalität wahrt.
Gespräche: Zulassen von verwirrten Erzählungen. Der Patient bestimmt in der Regel den Inhalt, daher sollten Themen nicht aufgezwungen werden. Auch ich neigte anfangs dazu über den Tod reden zu wollen, da ich ja die Aufgabe eines Sterbebegleiters hatte. Mich hat es gewundert, dass andere Themen von größerem Interesse / Bedeutung waren. Den Zeitpunkt über den Tod sprechen zu wollen, bestimmt der zu Begleitende selbst.
- Bedürfnis nach Selbstverwirklichung:
Entfaltung und eigenes Handeln: Die Sterbenden streben nach einem selbstbestimmten Sterben. Deshalb möchten sie für sich selbst Verantwortung übernehmen und sie ringen um Sinnerfüllung des letzten Lebensabschnittes. Diese Erlebnisse und Gefühle möchten sie einer Person mitteilen, der sie vertrauen und sie möchten in den Gesprächen alle Gefühle zulassen können. Da Angehörige manchmal dies nicht leisten können, gibt es ehrenamtliche Helfer. Sie sind geschult in Gesprächsführung und anderen relevanten Themen bezüglich Sterben und Tod. Mit Hilfe dieser Person kann der Patient seinen Sterbeverlauf individuell erleben. Das heißt, er sucht z.B. nach Klärung und Bewertung seiner religiösen Überzeugungen und nach einem sicheren Gefühl des Friedens und der Erfüllung. So kann er den Tod annehmen.
- Bedürfnis nach Begegnung:
Zuwendung zu den Lebenden: Sterbende wenden sich oft besonders stark ihrer Umwelt zu. Sie möchten nicht nur Liebe entgegen nehmen sondern auch selbst geben. Mit dieser Zuwendung möchten sie teilhaben an der Zukunft. Eine Zukunft, die sie körperlich nicht mehr erleben werden, aber durch Erinnerungen in ihr integriert sein möchten.
Ebenso gehört es auch zu einem Sterbeverlauf, dem Sterbenden so zu begegnen, dass ein Loslassen möglich ist.[5]
„Die drei Menschenrechte nach KORCZAK lauten:
- Das Recht des Menschen auf Tod.
- Das Recht auf den heutigen Tag.
- Das Recht, so zu sein, wie der Mensch gerade ist.“[6]
Diese Rechte prägen die Bedürfnisse eines Sterbenden ganz unterschiedlich. David KESSLER hat sie noch etwas spezialisiert und die Rechte des Sterbenden verfasst. Es sind zwölf Rechte, die individuell für einen Sterbenden von Bedeutung sein können. Im Anhang 1 sind sie aufgeführt.[7]
1.1.2 Gefühle Sterbender
Gefühle nehmen ebenso wie die Bedürfnisse einen großen Stellenwert in der Sterbebegleitung ein, oft ist es aber schwierig diese zu äußern. Der Mensch hat das Urbedürfnis, Gefühle zum Ausdruck zu bringen, allerdings fällt das in Krisensituationen sehr schwer.[8]
Es sind Gefühle wie Freude, Wut, Angst, Furcht, Hass und Trauer. Die Begleiter müssen diesen Gefühlen Raum geben, damit sie zugelassen werden können.[9]
Insbesondere plagen den Sterbenden viele Ängste. Es sind mehr die Ängste, die den Sterbeverlauf betreffen. Die Angst vor dem Tod und dem damit verbundenen Verlust ist eher bei den Angehörigen zu finden.
Im Folgenden sind die möglichen Ängste dargestellt.
Angst vor Schmerzen und Qualen:
Den letzten Lebensabschnitt mit Schmerzen verbringen zu müssen, löst eine enorme Angst bei den Sterbenden aus. Die Palliativmedizin kann hierfür individuell tätig werden. Die Schmerztherapie wird auf den Patienten abgestimmt, so dass diese Angst weitestgehend genommen oder verringert werden kann.
Angst vor Verlust der Selbstkontrolle:
Viele Patienten fürchten sich vor dem Verlust der Selbstkontrolle. Im Sterben werden oft Entscheidungen mit den Angehörigen getroffen. Es wird dann über die Patienten gesprochen, aber nicht mit ihnen.
Angst vor Kommunikationsunfähigkeit:
In der Phase der Kommunikationsunfähigkeit z.B. im Koma muss darauf geachtet werden, dass der Patient noch hören und verstehen kann. Es ist eine furchtbare Situation, wenn sich die Menschen in der Anwesenheit des Patienten über ihn unterhalten ihn aber nicht mit einbeziehen.
Angst vor Entmündigung:
Wenn ein Mensch nicht mehr selbst für sich entscheiden kann, bestimmen Andere über ihn. Ob sie auch in seinem Sinne Entscheidungen treffen, beschäftigt den Sterbenden. Diese Angst kann ihm vielleicht etwas genommen werden, wenn er seinen mutmaßlichen Willen schriftlich verfasst.
Angst vor Isolierung:
Die Angst vor einem einsamen Sterben, isoliert in Institutionen, ist sehr groß. Die Bedürfnisse nach Liebe und Begegnung können somit nicht erfüllt werden. Das ist wahrscheinlich auch ein Grund dafür, dass viele Menschen im häuslichen Umfeld sterben möchten. Die Hospizarbeit möchte es möglich machen, Angehörige und Personal zu befähigen, die letzte Zeit mit den Sterbenden gemeinsam zu verbringen.
Die Angst vor den Folgen, die der eigene Tod für die Angehörigen hat und die Angst vor dem Unbekannten wurden bisher nicht genannt, können aber auch auftreten. Vor allem jüngere Patienten machen sich oft mehr Sorgen um ihre Angehörigen, als um sich selbst. Der Gedanke, die Zukunft mit ihnen nicht mehr gemeinsam gestalten zu können, ist meist unerträglich. Die Angst vor dem Unbekannten meint den Tod. Der Übergang in den Tod konnte schon ansatzweise durch Nahtoderfahrungen[10] erforscht werden. Den eigentlichen Tod kann man dagegen wahrscheinlich niemals erkunden, und das beunruhigt die meisten Menschen.[11]
1.1.3 Vollmacht und Verfügungen für den letzten Lebensabschnitt
Vorsorge wie die Altersvorsorge, Vermögensbildung und Lebensversicherungen abzuschließen ist für viele Menschen selbstverständlich. Eine Vorsorge zu treffen, für den Fall, dass sie infolge eines Unfalls, einer schweren Erkrankung oder Schwierigkeiten im Alter ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, schreckt die meisten Menschen ab. Ich gebe zu, dass es eine heikle Angelegenheit ist, sich in der besten Lebenszeit mit seinem eigenen Sterben und Tod auseinanderzusetzen. Es ist allerdings sicher, dass es Situationen für einen Menschen im Leben geben kann, in denen er nicht mehr selbst entscheidungsfähig ist. Das muss nicht unmittelbar den Sterbevorgang betreffen. Auch bei Bewusstlosigkeit oder zeitweisen Koma ist der Mensch nicht in der Lage über sich zu bestimmen.
Ich möchte nun im Folgenden die Möglichkeiten einer Vorsorge darstellen. Diese Maßnahmen sind allerdings nicht als Vorraussetzung für ein würdevolles Sterben anzusehen, aber sehr hilfreich für die Angehörigen, die dann entscheiden müssen.
Es gibt drei Möglichkeiten der Vorsorge. Die Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.
„Eine Betreuungsverfügung ist eine für das Vormundschaftsgericht bestimmte Willensäußerung für den Fall der Anordnung einer Betreuung. In ihr können Vorschläge zur Person eines Betreuers und Wünsche zur Wahrnehmung seiner Aufgaben geäußert werden.“[12] D. h. in Zeiten einer Entscheidungsunfähigkeit wird in der Regel vom Vormundschaftsgericht ein Betreuungsverfahren eingeleitet, wenn man selbst keine Vollmacht erteilt hat. Ein Betreuer wird bestellt und dieser soll im Sinne des Betroffenen handeln. Diese Person bekommt einen Beteuerausweis und wird vom Gericht zeitweise überprüft, z. B. muss er ein Vermögensverzeichnis des zu Betreuenden aufstellen. Manchmal übernehmen auch Berufsbetreuer diese Aufgabe, wenn sich im Umfeld des Patienten niemand bereiterklärt.[13]
„Mit einer Vorsorge-Vollmacht kann der Patient für den Fall, dass er nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern, eine oder mehrere Personen bevollmächtigen, Entscheidungen mit bindender Wirkung für ihn, unter anderem in seinen Gesundheitsangelegenheiten, zu treffen.“[14]
D. h. die Vorsorgevollmacht ist eine Alternative zur Betreuungsverfügung. Das Gericht hat hier keine Einblicke in die persönlichen oder finanziellen Angelegenheiten. Der Betroffene erteilt der Person für bestimmte Bereiche eine Vollmacht oder eine Generalvollmacht für alle Angelegenheiten, für die dann kein Betreuer bestellt werden kann und darf. Die Generalvollmacht deckt nicht automatisch alle Bereiche ab, wie „die Zustimmung zu medizinischen Eingriffen, bei denen Lebensgefahr besteht (z. B. Herzoperation) oder bei denen ein schwerer, andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist (z. B. Amputation); die Einwilligung zu einer notwendig werdenden geschlossenen Unterbringung oder andere freiheitsbeschränkte Maßnahmen (z. B. Bettgitter, Abschließen des Zimmers, Medikamente zur Ruhigstellung). Diese Fälle müssten in einer Vollmacht ausdrücklich benannt werden und bedürfen in der Regel der zusätzlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung“.[15]
Zu beachten ist weiterhin, dass Bankvollmachten auf bankeigenen Vordrucken zu stellen sind und bei privaten Immobilien und einem Handelsgewerbe ein Notar die Vollmacht beurkunden muss. Grundsätzlich ist es aber nicht nötig einen Notar einzuschalten. Wenn mehrere Bevollmächtigte benannt werden, dann können diese auch unterschiedliche Wirkungsbereiche übertragen bekommen. Es ist hierbei wichtig, dass die bevollmächtigten Vertrauenspersonen unabhängig voneinander Entscheidungen treffen dürfen. Da der Bevollmächtigte – anders als ein Betreuer – nicht unter der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts steht, sollte man nur Personen benennen, denen man vollends vertrauen kann. Eine Vollmacht gilt bereits ab ihrer Ausstellung, es kann aber mit dem Bevollmächtigten vereinbart werden, dass sie erst im Fall einer Handlungsunfähigkeit genutzt werden soll.[16]
Eine Vorsorge- und Betreuungsvollmacht bedarf der Schriftform.[17]
„Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche oder mündliche Willensäußerung eines einwilligungsfähigen Patienten zur zukünftigen Behandlung für den Fall der Äußerungsunfähigkeit. Mit ihr kann der Patient seinen Willen äußern, ob und in welchem Umfang bei ihm in bestimmten, näher umrissenen Krankheitssituationen medizinische Maßnahmen eingesetzt oder unterlassen werden sollten.“[18]
Die modernen Intensivmedizin ist heutzutage sehr beeindruckend kann aber auch dazu verleiten ein Leben unnötig zu verlängern. Viele Patienten wünschen in ihrer letzten Lebensphase eine Betreuung seitens der Ärzte und Pfleger, aber keine Lebensverlängerung um jeden Preis. Wenn eine Therapie begrenzt oder abgebrochen werden soll, bedarf dies generell einer Entscheidung des Patienten. In Situationen der Handlungsunfähigkeit ist es schwierig den mutmaßlichen Willen herauszufinden. Es ist hilfreich darüber schriftlich zu verfügen. Es ist auch ratsam, eine Vertrauensperson zu bestimmen die den Inhalt einer solchen Verfügung kennt und durch eine Bevollmächtigung im Sinne des Betroffenen Entscheidungen treffen kann. Ist solch eine Verfügung nicht angefertigt worden, dann müssen die Beteiligten den mutmaßlichen Willen feststellen.
Dieser wird dann in schwierigen Klärungsprozessen ermittelt, wobei der Arzt und die Angehörigen sich nicht immer sicher sein können, ob dieser auch dem Willen des Patienten gerecht wird. Eine so genannte „Patientenverfügung“ ist eine Chance für den Patienten seine Betreuung und auch sein eigenes Sterben selbst zu regeln. Diese Verfügung verdeutlicht welche Lebenserfahrungen und Wertvorstellungen den Menschen geprägt haben / die Entscheidungen prägen und bilden, für welche Situationen die Verfügung gelten soll, welche Art medizinischer Behandlung gewünscht wird, welche Maßnahmen durchgeführt und welche unterlassen werden sollen und welche Person die Begleitung übernehmen soll und stellvertretend für den Patienten in Gesundheitsfragen Auskunft erhalten bzw. entscheiden dürfen.
Um eine Einwilligungsfähigkeit zu beweisen, sollte das ein Zeuge (Angehöriger, Arzt, Seelsorger oder Notar) mit seiner Unterschrift bestätigen. Die Patientenverfügung sollte in einem Abstand von einem Jahr regelmäßig unterschrieben werden, damit die Aktualität des Willens ersichtlich werden kann. Vorteilhaft ist auch das Mitführen einer kleinen Karte, auf der vermerkt ist, dass eine Verfügung existiert und welche Person dazu Zugang hat. Diese Karte sollte der Krankenkassenchipkarte beigelegt werden, denn das Krankenhaus oder ähnliche Einrichtungen suchen diese zuerst. Vorsorge-Vollmacht und Patienten-Verfügung sollten zu Hause an einem Ort zugänglich
aufbewahrt werden, den der Bevollmächtigte oder Betreuer auch kennt. Eine Kopie sollte der behandelte Arzt evtl. auch der Notar oder das Gericht bekommen.[19]
Eine ausdrückliche Rechtssprechung für die Patientenverfügung gibt es bis heute nicht. Eine Enquetekommission des Bundesministeriums beschäftigt sich seit dem Jahr 2003 mit der rechtlichen Absicherung einer Patientenverfügung. Bis heute liegt aber noch kein Urteil vor. Seit 1992 gibt es lediglich ein Rundschreiben an alle Ärzte, das sie sich an die Verfügung halten müssen.
Bei der Erarbeitung der rechtlichen Absicherung weist die Ärztekammer aber auf folgende Fragestellung hin:
- Im Fall tödlicher Erkrankung könnte ein Patient seine Patientenverfügung zurückziehen, weil er um jeden Preis leben will. Gilt diese Umentscheidung auch für einen Komapatienten? Würde er, wenn er könnte, in diesem Moment genauso entscheiden. wie er es vorher verfügt hat?
Diesbezüglich sind nicht nur sachliche und rechtliche sondern auch medizinische, ethische und theologische Fragen vorab zu klären.[20]
Das Verfassen oder auch nur eine Unterhaltung über Vollmachten und Verfügungen ist eine wichtige Angelegenheit. Im Fall einer tödlich verlaufenden Krankheit kann dies ein Anfang sein, mit der Familie über Wünsche, Sorgen, Ängste u. ä. bezüglich Tod und Sterben zu sprechen.
Die Annahme, dass der Ehepartner oder die Kinder für einen entscheiden dürfen, ist falsch. Auch Eltern dürfen ihre volljährigen Kinder nicht automatisch vertreten. Daher ist es nicht nur wichtig sich im Alter damit zu beschäftigen, sondern auch schon in jungen Jahren (ab 18).[21]
Ich habe erlebt, dass man im Falle eines Krankenhausaufenthaltes nicht unbedingt eine Vollmacht benötigt. Ärzte und Pflegepersonal gehen nicht immer sehr vertrauensvoll mit Patientendaten um, so dass ich bis jetzt immer eine Auskunft bekommen habe. Sobald es aber um die Bereiche Versicherungen, Behörden (z. B. Verwaltung des Vermögens) und Gesundheitsangelegenheiten (z. B. lebensverlängernde Maßnahmen) geht, muss ein Bevollmächtigter oder Betreuer eingeschaltet sein. Meist wird sogar ein Betreuerausweis verlangt. Hierbei ist es ratsam, einen Bevollmächtigten auch als Betreuer zuzulassen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es nicht sehr einfach ist, solche schriftlichen Erklärungen zu verfassen. Einerseits muss man auf viele Kleinigkeiten achten andererseits ist es eine stark emotional belastete Situation, sich rational mit seinem eigen Lebensende zu befassen. Es gibt auch die Problematik ob die Verfügung alles abdeckt, denn niemand kann wissen, woran er sterben wird. Das Bayerische Staatsministerium hat versucht dieses Problem aus dem Weg zu schaffen und hat einige Formulare herausgegeben, die einen großen Bereich an Krankheiten abdeckt. Neu ist die Einbeziehung von Wachkoma und Demenz. Im Anhang sind diese Formulare zu finden. Wichtige Felder sind bereits von mir angekreuzt worden. Des Weiteren befindet sich dort auch eine Broschüre mit Textbausteinen zum selbstständigen Verfassen einer Patientenverfügung. Die selbst verfasste Patientenverfügung kann eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema noch stärker verdeutlichen.[22]
1.2 Sterbebegleitung oder Sterbehilfe?
Bei dem Thema „Würdevolles Sterben“ darf eine Diskussion über Sterbebegleitung und Sterbehilfe nicht fehlen. Die Meinungen der Menschen gehen bei diesem Thema weit auseinander. Einige schätzen die liebevolle Begleitung durch Angehörige und/oder ehrenamtliche Hospiz-Mitarbeiter andere wollen selbst bestimmen, wann es mit ihnen zu Ende geht. Sie können die Vorstellung von Leid und Schmerzen nicht ertragen und begehen Suizid.
Die Auseinandersetzung mit Sterbebegleitung und Sterbehilfe sind im Moment von großem Interesse. Allerdings möchte ich nur einen kleinen Umriss davon wiedergeben. Zum Schluss möchte ich lediglich meine eigene Meinung dazu aufzeigen, ohne jedoch eine Bewertung vorzunehmen. Die Entscheidung wie jemand sein Lebensende gestaltet, liegt schließlich bei jedem selbst.
Der Begriff „Sterbebegleitung“ beschreibt die Begleitung, Behandlung und Versorgung von Menschen am Lebensende. Möglich gemacht wird sie durch die professionelle Arbeit von Berufsgruppen im Gesundheitswesen und durch Angehörige, Bekannte, ehrenamtliche Hospizmitarbeiter.[23]
Die Begleitung Sterbender betrachtet den Sterbenden ganzheitlich und der Mensch steht im Mittelpunkt der Bemühungen, d. h. sie gibt den Ebenen Körper, Emotionen, Verstand und Geist/Seele ausreichend Raum. Die Ebene Körper umfasst das Bedürfnis nach Schmerzfreiheit. Schmerzen dürfen nicht zum Lebensinhalt werden. Auf einer guten und individuellen Schmerztherapie können die anderen Ebenen aufbauen.[24]
Laut STUDENT gelingt eine Sterbebegleitung nur dann, wenn alle Beteiligten zusammenwirken. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die vom gegenseitigen Nehmen und Geben lebt.
Zum größten Teil wird die Begleitung durch Angehörige, Freunde und durch ehrenamtliche Helfer der Hospizbewegung vollbracht.[25]
Sterbehilfe gibt es in unterschiedlichen Formen, hat aber immer das gleiche Ziel vor Augen: Das Leben zu beenden oder nicht unnötig zu verlängern. Rechtlich gesehen wird Sterbehilfe in zwei Bereiche unterschieden: Die passive und aktive Sterbehilfe. Die passive Sterbehilfe wird geleistet, wenn lebensverlängernde Maßnahmen abgebrochen oder gar nicht erst begonnen werden. Diese Form der Sterbehilfe unterstützt das Sterben in Würde, in dem unnötiges Leiden vermieden wird. Die Entscheidung für eine Unterlassung oder Abbruch von Therapien basiert auf dem mutmaßlichen Willen des Patienten. Entweder ist dieser schriftlich in einer Patientenverfügung verfasst oder anderweitig bekannt. Im Gegensatz zur aktiven Sterbehilfe ist diese in Deutschland nicht strafbar, da sie im Sinne des Patienten durchgeführt wird.[26]
Die aktive Sterbehilfe ist hingegen die gezielte, möglichst schmerzlose Tötung eines Menschen.[27]
Diese ist im Gegensatz zu Deutschland in der Schweiz nicht strafbar. Dort wird sie von einer Organisation namens „Dignitas“ angeboten. Dieser Verein organisiert u. a. eine Wohnung, in der der Suizid stattfinden soll und sie besorgen das Medikament, welches durch einen Arzt verschrieben werden kann. Da die Durchführung nur in der Schweiz möglich ist, weichen die Mitglieder aus Deutschland, die sich für einen Suizid mit Unterstützung von "Dignitas" entscheiden, dafür in die Schweiz aus. Infolgedessen wurde seitens von "Dignitas" überlegt eine Zweigstelle in Deutschland (Hannover) zu schaffen. Die Medien berichteten, dass dies auch durchgesetzt werden konnte. Allerdings scheitert die Durchführung in Deutschland daran, dass die Betäubungsmittel-Gesetzgebung in Deutschland und die Auffassung der Ärztegesellschaft diese Freitodhilfe nicht zulässt und die aktive Sterbehilfe in Deutschland verboten ist.[28]
M. E. ist eine einfühlsame und angemessene Sterbebegleitung, ebenso auch die passive Sterbehilfe von großer Wichtigkeit. Lebensverlängernde Maßnahmen dürfen nicht sinnlos ausgeweitet werden. Ich bin der Meinung, dass eine unnötige Lebensverlängerung allein den Angehörigen dient. Es ist schwierig für sie, ihren geliebten Verwandten loszulassen. Für den Sterbenden ist es lediglich die Verlängerung eines leidvollen Zustandes.
Den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe wird vor allem durch das Leid und die Schmerzen eines Sterbenden ausgelöst. Diese Erfahrung konnte ich in einer Sterbebegleitung machen. Die zu Begleitende plagten Unruhe und unendliche Schmerzen. Wir sprachen anfangs oft über die Möglichkeit, sich selbst von dem Leiden am Lebensende zu erlösen. Mit der Zeit schätzte sie jedoch die Anwesenheit von Sterbebegleitern und die liebevolle Zuwendung ihrer Familie. Die Schmerztherapie wurde individuell auf sie abgestimmt. Darauf konnten wir aufbauen und uns anderen Themen zuwenden, z. B. die Sinnfrage über Leben und Sterben und die Erfüllung von Wünschen und Bedürfnissen. Die Sterbebegleitung ermöglichte ihr, sich auf ihren Tod vorzubereiten und die noch verbleibende Zeit intensiv zu nutzen. Der Begriff „aktive Sterbehilfe“ kam nie wieder zur Sprache. Lediglich die Möglichkeiten der „passiven Sterbehilfe“ wurden besprochen.
[...]
[1] vgl. Rest, Franco, „Den Sterbenden beistehen, Ein Wegweiser für die Lebenden“, Quelle & Meyer Verlag, Heidelberg, 3. Auflage, 1991, Seite 41
[2] vgl. Reitinger, Elisabeth, Heller, Andreas, Tesch – Römer, Clemens, Zeman, Peter, „Leitkategorie Menschenwürde, Zum Sterben in stationären Pflegeeinrichtungen, Ein Diskussionspapier“, Lambertus Verlag, Freiburg im Breisgau, 2004, Seite 12
[3] Druckgeschwür durch Immobilität, aufgrund von personellen Pflegefehlern bei der Lagerung eines Patienten. Entstehung insbesondere an den Körperstellen, die durch Sitzen oder Liegen belastet werden (Gesäß, Rücken, Fersen).
vgl. www.dekubitus.de vom 23.06.2006
[4] Franco REST meint damit, „der Persönlichkeit des Menschen Raum zu bereiten, in welchem eine ihm eigentümliche Gestaltung seines Sterbens und Todes gelingen kann.“
Rest, Franco, „Sterbebeistand, Sterbebegleitung, Sterbegeleit, Studienbuch für Pflegekräfte, Ärzte, Seelsorger, Hospizhelfer, stationäre und ambulante Begleiter“, W. Kohlhammer GmbH, 3. Auflage, 1994, Seite 14
[5] vgl. ebd., Seite 126 ff.
[6] ebd., Seite 123
[7] vgl. Kessler, David, „Die Rechte des Sterbenden“, Beltz Quadriga Verlag, Weinheim und Berlin, 1997, Seite 7 f.
[8] vgl. ebd., Seite 39
[9] vgl. www.augenblicke-zwischen-leben-und-tod.de vom 28.06.2006
[10] Eine Todesnäheerfahrung. Sie tritt unter anderem bei Menschen auf, die für eine begrenzte Zeit klinisch tot waren.
vgl. de.wikipedia.org vom 28.06.2006
[11] vgl. www.hospiz-umstadt.de vom 28.06.2006
[12] Krause, Joachim (Hrsg.), „In Würde sterben, Der Weg des Sterbens aus medizinischer, seelsorgerischer und theologischer Sicht, Begleitung Sterbender, Sterbehilfe, Schmerztherapie, Hospizarbeit, Patientenverfügung“, Schönberger Blätter, Schönberg, Heft 12, April 2005, Seite 36
[13] vgl. ebd., Seite 37
[14] ebd., Seite 36
[15] ebd., Seite 37
[16] vgl. ebd., Seite 37 f.
[17] vgl. Fuchs, Richard, „Das Geschäft mit dem Tod, Plädoyer für ein Sterben in Würde“, Patmos Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf, 2001, Seite 211
18 ebd., Seite 36
[19] vgl. Krause, Joachim (Hrsg.), „In Würde sterben, Der Weg des Sterbens aus medizinischer, seelsorgerischer und theologischer Sicht, Begleitung Sterbender, Sterbehilfe, Schmerztherapie, Hospizarbeit, Patientenverfügung“, Schönberger Blätter, Schönberg, Heft 12, April 2005, Seite 36 ff.
[20] vgl. www.bundesärtekammer.de vom 26.07.2006
[21] vgl. Krause, Joachim (Hrsg.), „In Würde sterben, Der Weg des Sterbens aus medizinischer, seelsorgerischer und theologischer Sicht, Begleitung Sterbender, Sterbehilfe, Schmerztherapie, Hospizarbeit, Patientenverfügung“, Schönberger Blätter, Schönberg, Heft 12, April 2005, Seite 36 ff.
[22] vgl. Bächer, Susanne, „Für Sterbliche, Hinweise und Gedanken zum Tod“, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 2002, Seite 32
[23] vgl. Robert Koch - Institut (Hrsg.), „Sterbebegleitung, Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 01/01, Leistungen des Gesundheitswesens“, Verlag Robert Koch – Institut, Berlin, 2001, Seite 3
[24] vgl. Kern, Dr. Christoph S., in: „Trost und Würde bis zum Tod, Umsetzung de Hospizgedankens im Krankenhaus“, Latros – Verlag & Services GmbH, Nierstein/Rh., 2004, Seite 11 f.
[25] Student, Johann-Christoph (Hg.), „Sterben, Tod und Trauer, Handbuch für Begleitende“, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 2. Auflage, 2004
[26] vgl. Kutzer, Klaus, „Rechtliche Aspekte der passiven Sterbehilfe“, in: Beutel, Helmuth, Tausch, Daniela (Hrsg.), „Sterben – eine Zeit des Lebens, Ein Handbuch der Hospizbewegung“, Quell Verlag, Stuttgart, 2. Auflage, 1990, Seite 133 f.
[27] vgl. Kutzer, Klaus, „Rechtliche Aspekte der aktiven Sterbehilfe“, in: ebd., Seite 134
[28] vgl. www.dignitas.ch vom 12.03.2006
- Quote paper
- Stefanie Gulke (Author), 2006, Leben bis zuletzt - Die Versorgung von Schwerkranken und Sterbenden im Sinne der Hospizarbeit in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63019
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