Kaum ein Finanzprodukt war hinsichtlich der Wachstumsraten bei den verwalteten Vermögen in den letzten Jahren so rasant anwachsend wie die passiv gemanagten börsengehandelten Indexfonds, obwohl diese selbst vielen Finanzmarktteilnehmern in Deutschland immer noch weitestgehend unbekannt sind. Anfangs als Nischenprodukt und Randerscheinung betrachtet, haben sich die sog. passiven Exchange Traded Funds (ETFs) in den USA sowie in Europa in den letzten Jahren als geeignete Produkte für institutionelle Investoren etabliert, um effektiv und kostengünstig bestimmte Märkte bzw. Indizes im Rahmen von passiven Portfoliomanagementansätzen nachzubilden. Die vorliegende Bachelor- Thesis beschäftigt sich daher mit dem derzeitigen Stand der ETF- Branche in Deutschland, muss aber aufgrund der teilweise schlechten Datenlage und nicht vorhandener Studien für den ETF- Standort Deutschland von den Entwicklungen auf europäischer Ebene auf den deutschen ETFMarkt schließen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Exchange Traded Funds - Ein innovatives Finanzinstrument
2.1. Geschichtliche Ursprünge
2.2. Theoretische und praktische Argumente für Indextracking
2.3. Charakteristika von Exchange Traded Funds
2.4. Verfahren zur Nachbildung von Indizes
2.5. Vergleich der Exchange Traded Funds mit anderen Anlageformen
3. Der deutsche Exchange Traded Funds Markt
3.1. Status quo des deutschen Exchange Traded Funds- Marktes
3.2. Handel und Preisbildung von passiven Exchange Traded Funds in Deutschland..
3.3. Die Bedeutung der OGAW- Richtlinie III
3.4. Der deutsche Exchange Traded Funds- Markt im internationalen Vergleich
4. Derzeitiger Stand der handelbaren Produkte in Deutschland
4.1. Status quo der Produktentwicklung
4.2. Derivate auf Exchange Traded Funds
4.3. Trends und Innovationen in der Produktentwicklung
5. Darstellung der unterschiedlichen Nachfragerperspektiven von ETFs
5.1. Institutionelle Investoren
5.1.1. Einsatzmöglichkeiten von Exchange Traded Funds
5.1.2. Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette im Asset- Management
5.1.3. ETF- Einsatz im Spezialfondsmanagement
5.2. Privatanleger
5.2.1. Sparpläne auf ETFs
5.2.2. Sonstige Einsatzmöglichkeiten von ETFs für Privatanleger
6. Zukunftsperspektiven von ETF in Deutschland
6.1. Haupttreiber der Entwicklung des ETF- Marktes in Deutschland
6.2. Veränderungen im rechtlichen Umfeld von ETFs bzw. Konkurrenzprodukten
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Sonstige Quellen
Eidesstattliche Versicherung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Weltweites ETF- Wachstum von 1993 - Juni 2006
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen systematischem und unsystematischem Risiko
Abbildung 3: Kategorisierung der Outperformance- Quoten von aktiv gemanagten
Aktienfonds nach Anlageregionen (Zeitraum Dezember Juni 1996- Juni 1996)
Abbildung 4: Einzelkomponenten der Kosten von ETFs
Abbildung 5: Durchschnittliche Expense Ratios für verschiedene europäische ETFs im Vergleich zu aktiv gemanagten Konkurrenzprodukten
Abbildung 6: „Trade-off“ zwischen Tracking Error und Transaktionskosten
Abbildung 7: Übersicht der Varianten von Indextracking
Abbildung 8: Vergleich von ETFs im Hinblick auf Ihre Charakteristika mit anderen indexorientierten Anlageformen
Abbildung 9: Historisches Wachstum im XTF- Segment der Deutschen Börse
Abbildung 10: Unterschied zwischen aktiv und passiv gemanagten ETFs anhand ausgewählter Vergleichskriterien
Abbildung 11: Verwaltetes Vermögen von den Top 10 der größten Wertpapierfondsanbieter Deutschlands
Abbildung 12: Der Creation-/Redemption- Prozess
Abbildung 13: Unterschied zwischen KAGG und InvG
Abbildung 14: Weltweite Gesamtübersicht von ETFs
Abbildung 15: Ranking der ETF- Anbieter in Europa
Abbildung 16: Marktanteile nach Handelsvolumen der europäischen ETF- Segmente an Europas Börsen
Abbildung 17: Prozentualer Vergleich des verwalteten Vermögens von Aktienindexfonds bzw. Aktien- ETFs am Gesamtvolumen der europäischen Aktienfonds
Abbildung 18: Übersichtsschema der handelbaren passiven ETFs auf XTF
Abbildung 19: Klassifizierung der gelisteten ETFs an den europäischen Börsen
Abbildung 20: Prozentualer Anteil des verwalteten Vermögens europäischer ETFs nach Anlageklassen bzw. Anlagefokus
Abbildung 21: Top 6- Handelsvolumen des Monats Juli 2006 im XTF- Segment
Abbildung 22: Zusammenhang zwischen Kassamarkt, ETF- Markt und Terminmarkt
Abbildung 23: Prozess der Asset Allocation
Abbildung 24: Darstellung des Core- Satellite Gedankens
Abbildung 25: Prozess der ETF- Leihe
Abbildung 26: Entschlankung der Wertschöfungskette im Asset Management
Abbildung 27: Vergleich von passiven und aktiven Anlagen im Rahmen eines Sparplans
Abbildung 28: Übersicht der Wachstumsaussichten von Finanzprodukten, die entweder als Core- oder Satellite- Elemente fungieren
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Kaum ein Finanzprodukt war hinsichtlich der Wachstumsraten bei den verwal- teten Vermögen in den letzten Jahren so rasant anwachsend wie die passiv gemanagten börsengehandelten Indexfonds, obwohl diese selbst vielen Fi- nanzmarktteilnehmern in Deutschland immer noch weitestgehend unbekannt sind.1Anfangs als Nischenprodukt und Randerscheinung betrachtet, haben sich die sog. passiven Exchange Traded Funds (ETFs) in den USA sowie in Europa in den letzten Jahren als geeignete Produkte für institutionelle Investo- ren etabliert, um effektiv und kostengünstig bestimmte Märkte bzw. Indizes im Rahmen von passiven Portfoliomanagementansätzen nachzubilden. Die vor- liegende Bachelor- Thesis beschäftigt sich daher mit dem derzeitigen Stand der ETF- Branche in Deutschland, muss aber aufgrund der teilweise schlech- ten Datenlage und nicht vorhandener Studien für den ETF- Standort Deutsch- land von den Entwicklungen auf europäischer Ebene auf den deutschen ETF- Markt schließen.
Der Gang der Bachelor- Thesis kann wie folgt beschrieben werden. Nach der Einleitung folgen fünf Teilabschnitte, wobei der erste Abschnitt das Anlage- produkt ETF erklärt und sich mit den historischen Ursprüngen beschäftigt. Anschließend werden theoretische und praktische Argumente für die Nachbil- dung von Indizes beschrieben und die bei der Umsetzung angewandten Me- thoden erläutert. Mit der Abgrenzung zu anderen Anlageformen werden die einzigartige Kombination der Eigenschaften von ETFs und die daraus abgelei- teten Vorteile für Investoren beschrieben. Der zweite Abschnitt untersucht den deutschen ETF- Markt. Dabei soll insbesondere auf die derzeitige Anbieter- struktur mit den Marktführern und deren Marktstellung eingegangen werden. Anschließend werden der Handel und der Preisbildungsmechanismus von ETFs im Rahmen des Creation-/ Redemption- Prozesses veranschaulicht und zudem beschrieben, in welcher Stufe der Entwicklung sich der deutsche ETF- Markt im internationalen Vergleich derzeit befindet. Der dritte Teilabschnitt beschreibt zunächst kurz die Historie der Entwicklung von ETFs in Deutsch- land. Daraufhin erfolgt eine Status- quo Analyse der derzeit gängigen Produk- te auf dem deutschen ETF- Markt. Im Anschluss daran werden die derzeitigen Trends im ETF- Entwicklungsprozess beschrieben. Im vierten Teilabschnitt soll anhand der Einsatzmöglichkeiten verdeutlicht werden, dass sich mit ETFs sowohl bei Privatanlegern als auch bei institutionellen Investoren vielseitige Anwendungsmöglichkeiten realisieren lassen. Da insbesondere institutionelle Investoren ETFs einsetzen, soll zudem kurz darauf eingegangen werden, wel- che Bedeutung der Einsatz von ETFs auf die Wertschöpfungskette im Asset- Management hat und welche Vorteile der Einsatz von ETFs insbesondere im Hinblick auf die IFRS- Bilanzierung mit sich bringt. Gestützt auf die Erkennt- nisse der oben erwähnten Teilabschnitte versucht der fünfte Teilabschnitt, mit wesentlichen Einflussfaktoren die Zukunftsperspektiven von passiven ETFs in Deutschland zu prognostizieren. Ein abschließendes Fazit fasst alle wichtigen Aspekte der Bachelor- Thesis zusammen und bewertet die Zukunftsperspekti- ven.
2. Exchange Traded Funds - Ein innovatives Finanzinstrument
„Exchange Traded Funds werden von einer Investmentgesellschaft emittiert, sind börsengelistet und können daher wie gewöhnliche Aktien kontinuierlich gehandelt werden.“2Aufgrund ihrer aktienähnlichen Eigenschaften werden Sie umgangssprachlich auch als Indexaktien bezeichnet. Im eigentlichen Sinne stellen sie aber hybride Finanzinstrumente dar, da sie als passive börsengehandelte Indexfonds versuchen, einen Index nachzubilden und über diese Replikation eine Diversifizierung erhalten. Im Gegensatz zu traditionellen Investmentfonds besitzen sie dabei aber auch die Handelbarkeit einer Aktie. Neben der passiven Variante der ETFs existiert aber auch eine aktive Variante, die im Gegensatz zur passiven Variante aber nicht das primäre Ziel hat, einen Index nachzubilden, sondern wie aktiv gemanagte Investmentfonds eine Überrendite (Outperformance) gegenüber der Benchmark zu erzielen versucht und zudem einem anderen Handels- und Preisbildungsprozess unterliegt.
2.1. Geschichtliche Ursprünge
Die Geschichte der ETFs begann mit der Entwicklung und Einführung der ersten Indexfonds Anfang der siebziger Jahre in den USA.3Da klassische Indexfonds aber nur einmal täglich abgerechnet werden und institutionelle Investoren im Gegensatz zu Privatanlegern verstärkten Zugang zu Liquidität auch innerhalb eines Handelstages benötigen, wurden neben der Entwicklung der ersten Aktienindexfutures in den USA in den achtziger Jahren auch die ersten Modelle für ETFs ins Leben gerufen, die zunächst einmal zur Entwicklung der „Index Participation Shares“ (IPS) führten. IPS konnten auf Kreditbasis gekauft, genau so wie Aktien verliehen werden und funktionierten daher ähnlich wie Terminkontrakte. Abgelöst wurden sie von den „Toronto 35 Index Participation Shares“ (TIPS), die als Zertifikate 1989 auf Grundlage hinterlegter Wertpapiere handelbar gemacht wurden und den Toronto-35- Aktienindex abbildeten. Nach einer Phase des Zulassungsprozesses in den USA Anfang der neunziger Jahre wurde 1993 der erste ETF mit dem Kürzel „SPDR“ (Standard & Poor's Depositary Receipt), der den Aktienindex S&P 500 nachbildet, vom Anbieter State Street Global Advisors (SSgA) und der American Stock Exchange (AMEX) am Sekundärmarkt handelbar gemacht.
Drei Jahre später konnten US- Investoren mit den „World Equity Benchmark Shares“ (WEBS) erstmals über den Fondshandel an der AMEX in ausländische Indizes investieren. Hinzu kamen „Sector- SPDRs“, die einzelne Branchenindizes des S&P 500 replizierten. 1999 wurde mit dem „Cubes“ der erste ETF aufgelegt, der mit dem NASDAQ 100 einen Technologieindex repli- zierte. Mit den hohen Handelsvolumina, steigenden Wachstumsraten bei den Assets under Management (AuM) stieg die Popularität von ETFs an und weckte auch das Interesse bei den europäischen Investoren.4Als Resultat listete Morgan Stanley schon 1993 an der Luxemburg Stock Exchange mit den „Optimised Portfolio as Listed Securities“ (OPALS) eine ETF- Variante, die verschiedene MSCI- Indizes abbildete und für institutionelle Anleger und High Net Worth Individuals (HNWI) im weniger stark regulierten Luxemburg als erste ETFs in Europa handelbar waren.5Von einem vorhandenen ETF- Markt konnte man seinerzeit allerdings noch nicht sprechen. Erst Anfang April 2000 startete die Deutsche Börse AG mit ihrem ETF- Segment „XTF“ den eigentlichen ETF- Handel in Europa. Aufgrund der stark fragmentierten Börsenlandschaft in Europa entwickelten auch die anderen großen europäischen Börsen ihre eigenen ETF- Segmente.6
Weltweit stieg die Anzahl der „Primary Listings“ von ETFs von 1993 bis Ende Juni 2006 von anfangs drei um durchschnittlich 48 Prozent p.a. auf heute 596 Produkte an.7Seit 2000 hat sich das weltweit verwaltete Vermögen in ETFs dabei mehr als versechsfacht, wobei Europa aufgrund der niedrigen Ausgangsbasis der „Wachstumsmotor“ mit einem Anstieg von durchschnittlich 94,4 Prozent p.a. von ursprünglich 0,68 Mrd. USD auf 71,34 Mrd. USD in den vergangenen Jahren war. Auffällig ist, dass Europa bei der Anzahl der handelbaren Produkte trotz seiner wesentlich jüngeren Geschichte fast gleichauf mit den USA liegt, beim verwalteten Vermögen aber aufgrund des noch nicht so verbreiteten Gedankens des passiven Portfoliomanagementansatzes und des noch immer geringen Bekanntheitsgrades von ETF in der breiten Bevölkerung weit abgeschlagen scheint und daher ein noch großes Aufholpotenzial besitzt. Abbildung 1 veranschaulicht das exponentielle Wachstum der gelisteten ETFs und des darin verwalteten Vermögens in den USA, Europa und in den sonstigen Ländern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Weltweites ETF- Wachstum von 1993 - Juni 2006,
Quelle: Daten von Morgan Stanley (2006): S. 6, Eigene Darstellung.
2.2. Theoretische und praktische Argumente für Indextracking
Die stetig wachsende Nachfrage nach ETFs gerade bei den institutionellen Investoren im europäischen Raum ist eng mit dem Begriffen „Indextracking“ oder mit der Investmentphilosophie des passiven Portfoliomanagements ver- bunden. Unter Indextracking wird die Nachbildung geeigneter Kapitalmarktin- dizes als Wertpapierportfolios verstanden.8Schon das Capital Asset Pricing Modell (CAPM) von Sharpe, Lintner und Mossin zeigte unter der Annahme eines rationalen, risikoaversen und nutzenmaximierenden Investors, dass im Optimum jeder Anleger das Marktportfolio bzw. „den Markt“ in identischer Zu- sammensetzung hält. Demzufolge können aktive Strategien langfristig und systematisch nicht besser als „der Markt“ sein. Die Aussagen des CAPM wer- den zudem unterstützt durch eine andere Sichtweise Sharpe’s, der aufgrund einfachster Annahmen schlussfolgert, dass der Durchschnitt aller aktiv gema- nagten Wertpapierportfolios auch nur die durchschnittliche Marktrendite erzie- len kann und daher nach Berücksichtigung von Kosten die durchschnittliche Rendite der aktiv gemanagten Wertpapierportfolios unter der durchschnittli- chen Rendite der passiv gemanagten Wertpapierportfolios liegen muss.9
Zudem basiert die Entwicklung und Historie von ETFs auch auf einem der meist kontrovers diskutierten Themen unter Finanzmarktexperten, nämlich der Debatte, ob Portfolios mit einem aktiven oder passiven Managementansatz verwaltet werden sollten. Die Idee des Indextracking vertritt dabei die Invest- mentphilosophie des passiven Portfoliomanagementansatzes. Unter der In- vestmentphilosophie versteht man die „Grundsatzhaltung des Portfoliomana- gers bzw. der Portfoliomanagementinstitution zu maßgeblichen theoretischen und praktischen Fragen des Investmentmanagements.“10Der passive Portfo- liomanagementansatz verfolgt im Gegensatz zum aktiven Portfoliomanage- mentansatz ein anderes Ziel, nämlich den Referenzindex nachzubilden bzw. zu „tracken“ und demzufolge ein vergleichbares Anlageresultat zu erzielen.11 Indexorientierung bedeutet daher auch, die Wertentwicklung des Referenzin- dex (Benchmark) prozyklisch nachzuvollziehen. Somit streben indexorientierte Produkte auch eine möglichst vollständige Korrelation bzw. einen geringen Tracking Error zu ihrem Referenzindex an.
Der aktive Portfoliomanagementansatz hingegen visiert das Ziel an, seinen Referenzindex zu schlagen und somit eine Überrendite (Outperformance) zu erzielen. Hinsichtlich des Risikos beinhalten passive Managementansätze daher auch nur das systematische Risiko, während aktive Managementansät- ze darüber hinaus auch ein unsystematisches Risiko besitzen. „Das systema- tische Risiko beschreibt dabei die gemeinsame Abhängigkeit der Wertpapiere von den Bewegungen des Marktes, weswegen es auch als Markrisiko be- zeichnet wird. Dieses Risiko, dem alle Wertpapiere gleichermaßen ausgesetzt sind, lässt sich im Portfolio nicht beseitigen.“12Das über das Marktrisiko hi- nausgehende Risiko wird als unsystematisches Risiko bezeichnet, wobei hier- bei noch in Risiken aus Residualfaktoren und spezifische Risiken der im Index gelisteten Unternehmen unterschieden wird. Zentrales Merkmal des unsyste- matischen Risikos ist, dass es mit zunehmendem Diversifikationsgrad im Port- folio reduziert werden kann. Da passive Anlageformen wie klassische Index- fonds oder passive ETFs mit ihren jeweiligen Referenzindizes ganze Märkte nachbilden, weisen Sie bezüglich des jeweiligen Marktes die gleiche Diversifi- kation und das gleiche Risiko auf. Eine Übernahme von unsystematischen Risiken ist somit ausgeschlossen. Abbildung 2 verdeutlicht den Unterschied zwischen systematischem und unsystematischem Risiko.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen systematischem und unsystematischem Risiko,
Quelle: In Anlehnung an Malkiel, Burton G. (2003), S. 225.
Exchange Traded Funds - Status quo und Zukunftsperspektiven in Deutschland
Die wachsende Bedeutung von Indextracking wird insbesondere durch viele akademische Studien und Untersuchungen forciert, die immer wieder zu dem Ergebnis gelangen, dass bei aktiv gemanagten Investmentfonds nur ein geringer Anteil langfristig besser abschneidet als die zugrundeliegende Benchmark.13Abbildung 3 unterstreicht diese These eindrucksvoll:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kategorisierung der Outperformance- Quoten von aktiv gemanagten Aktienfonds nach Anlageregionen (Zeitraum Dezember Juni 1996- Juni 1996), Quelle: e-fundresearch.com (2006): S. 1.
Die Ergebnisse dieser Studien sind übereinstimmend mit den Annahmen der Theorie der Kapitalmarkteffizienz (engl.: Efficient Market Theory),14welche behauptet, dass Marktpreise am Kapitalmarkt unverzögert sämtliche relevan- ten Erwartungen und Informationen reflektieren und zukünftige Marktentwick- lungen aufgrund dessen nicht voraussehbar sind. Die Annahme, dass der Ka- pitalmarkt effizient ist, impliziert zudem, dass sowohl Fundamental- als auch Chartanalyse keine geeigneten Mittel darstellen, um Informationsvorsprünge gegenüber anderen Marktteilnehmern zu erlangen und kontinuierlich über ei- nen längerfristigen Zeitraum eine höhere Rendite (Outperformance) nach Ab- zug aller Kosten als der Gesamtmarkt zu erzielen. Anhänger der Theorie effi- zienter Märkte glauben daher, dass ein Investment in den Gesamtmarkt über einen Index die geeignetere Variante darstellt, um ein diversifiziertes Portfolio zu konstruieren bzw. nachzubilden. Die Untersuchungsergebnisse unterstrei- chen daher auch, warum ETF- Produkte derzeit massive Nettomittelzuflüsse erleben. Allerdings gibt es auch eine Vielzahl von Kritik am passiven Portfo- liomanagementansatz bzw. am Indextracking. Das wohl gewichtigste Argu- ment dieser Kritiker ist die Tatsache, dass Anleger sich mit einer Investition in ein den Gesamtmarkt nachbildendes Finanzprodukt zwar die durchschnittliche Marktrendite aller Markteilnehmer sichern, diese „Sicherheit“ aber mit einem Verzicht auf eine Überrendite erkauft werden muss.15Somit ist keine Outper- formance gegenüber der Benchmark möglich. Weitere Kritikpunkte sind die Nichtanerkennung der Effizienz von Kapitalmärkten von vielen Marktteilneh- mern und sowie die Tatsache, dass Indizes keine optimal diversifizierten Port- folios im Sinne der Portfoliotheorie darstellen.16
2.3. Charakteristika von Exchange Traded Funds
Exchange Traded Funds sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Eigenschaften, die in dieser Kombination bei keinem anderen Kassafinanzinstrument vorhanden sind. Sie verbinden die Flexibilität und Handelbarkeit einer Aktie mit der Risikostreuung (Diversifikation) eines Investmentfonds und bieten Investoren durch ihre fortlaufende Handelbarkeit an der Börse die Möglichkeit, unverzüglich auf aktuelle Marktentwicklungen zu reagieren und somit Anteile jederzeit kaufen bzw. veräußern zu können. Exchange Traded Funds haben mit ihrem Ziel, einen Index nachzubilden, ein Anlageziel, welches auch für private Anleger leicht verständlich ist. Die meisten börsengelisteten ETFs in Deutschland haben die Eigenschaften von klassischen „open-ended funds“17, sind zudem Sondervermögen mit nicht begrenzter Laufzeit und bieten daher in Deutschland einen Anlegerschutz im Sinne des Investmentgesetzes (InvG). Ein weitere positive Eigenschaft der ETFs ist, dass die im ETF- Sondervermögen enthaltenen Wertpapiere ge- bzw. verliehen werden dürfen, sodass sich zusätzliche Ertragsmöglichkeiten für den ETF und die Anlegerperformance ergeben. Ein weiterer Aspekt, der ETFs interessant für Investoren macht, ist die Tatsache, dass ETF- Anteile über die ETF- Leihe verliehen werden dürfen und somit Leerverkäufe getätigt werden können (Short- Selling). Dies ermöglicht auch potentielle Zusatzerträge auf Ebene der Investorenportfolios. Im Rahmen der Ordererteilung bieten sich Anlegern zudem die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Kurs- Order- Varianten (z.B. Kurslimite, Stop- Loss- Orders etc.) auszuwählen. Darüber hinaus verursachen Sie nur geringe Kosten beim Anleger, denn beim Kauf über die Börse fallen keine Ausgabeaufschläge an, der Anleger trägt lediglich die obligatorischen Orderkosten der Börsen für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren. Die wichtigsten ETF- Eigenschaften Transparenz, Liquidität, geringer Tracking Error und die geringen Kosten sollen im folgenden nun noch einmal kurz beschrieben werden.
Hohes Maß an Transparenz
Exchange Traded Funds bieten ein hohes Maß an Transparenz, welche eine der Kernvorraussetzungen ist, dass die Finanzmärkte richtig funktionieren und effizient sind. Transparenz gibt den Marktteilnehmern die Möglichkeit, aktuelle und kürzlich geschehene Marktaktivitäten und Preisbildung (Preis, Ordergrössen, Handelsvolumen, Risiko und Handelsteilnehmer etc.) nachzuvollziehen.18Dies alles trifft auf den deutschen ETF- Markt zu, denn die aktuellen Preise von ETF- Anteilen werden alle fünfzehn bis sechzig Sekunden von der Deutschen Börse AG neu berechnet und auf deren ETF- Homepage (www.xtf.de) oder über Nachrichtenagenturen wie z.B. Bloomberg oder Reuters veröffentlicht. Zudem können die einzelnen Wertpapierpositionen bzw. -zusammensetzungen des ETF- Sondervermögens über die im Internet veröffentlichten „Creation-/Redemption- Baskets“ der einzelnen Anbieter wie z.B. INDEXCHANGE (www.INDEXCHANGE.com) jederzeit eingesehen werden.19 Des Weiteren werden tägliche Risikokennzahlen wie z.B. der Value at Risk (VaR)20 sowie Solvabilitätskennziffern der jeweiligen Portfolios oder der Anteil der Fremdwährungen in speziellen Reportings von den ETF- Anbietern publiziert.
Hohes Maß an Liquidität
„Die Liquidität einer Kapitalanlage ist als Möglichkeit für den Anleger zu ver- stehen, bestehende Anlagen jederzeit zu fairen Preisen verkaufen zu kön- nen.“21Durch den Creation-/Redemption- Prozess kann bei ETFs die Liquidität des Referenzindexes unabhängig von der Größe des Handelsvolumen auf die ETF- Anteile übertragen werden. Es ist Investoren dadurch möglich, auch große Volumina innerhalb kürzester Zeit zu kaufen bzw. zu verkaufen.22Je liquider der Referenzindex ist, desto enger ist auch die Geld- Brief- Spanne (Spread) von ETFs.23Da viele Kennzahlen wie z.B. die Transaktionsfrequenz, das Stückvolumen, das absolute bzw. auch das relative Wertvolumen die Ak- tivität eines Wertpapiers widerspiegeln, jedoch nicht unbedingt deren Liquidi- tät, hat die Deutsche Börse mit dem Xetra Liquiditätsmaß (XLM) eine Kenn- zahl für alle auf Xetra gehandelten Wertpapiere geschaffen, die den Perfor- manceverlust aufgrund von Liquiditätskosten misst, die dem liquiditätsnach- fragenden Investor durch den gleichzeitigen Aufbau und Abbau von Positio- nen (Market Impact- Kosten) entsteht.24Je geringer diese Kosten sind, desto höher ist die Liquidität des jeweiligen Wertpapiers. Passive ETFs auf die marktbreiten Indizes DAX und DJ EURO STOXX 50 sind gemessen an dieser Kennzahl die derzeit liquidesten Finanzprodukte, die auf Xetra gehandelt wer- den. Mit schwankenden XLM- Maßen zwischen 0,3 und 0,5 Prozent sind sie etwa genau so liquide wie die gängigsten auf Xetra gehandelten Aktien, aber z.B. wesentlich liquider als aktiv gemanagte ETFs, die in der Spitze auf XLM- Maße von ca. 0,75 Prozent kommen.25
Geringer Tracking Error
Da es das Hauptziel von passiven Indexprodukten ist, die Benchmark mög- lichst exakt nachzubilden, haben ETFs mit dem geringen „Tracking Error“ eine weitere Eigenschaft, die Sie für Investoren interessant macht. Der Tracking Error stellt ein Maß für die Abbildungsqualität einer Benchmark dar und misst, wie die Rendite eines ETFs von der Rendite der Benchmark abweicht. „Ge- messen wird der Tracking Error als Standardabweichung der Differenz zwi- schen Portfolio- und Benchmarkrendite. Deshalb muss der Tracking Error auch als Risiko interpretiert werden, die Rendite einer vorgegebenen Bench- mark zu verfehlen.“26Hauptgründe für das Auftreten von Tracking Errors sind unter anderem anfallende Transaktionskosten bei der Änderung der Indexzu- sammensetzung, Gebühren und Ausgaben des ETFs oder im Fondsvermögen angesammelte Dividenden, die als Cash- Komponenten im Sondervermögen gehalten werden und erst an einem vorgegebenem Datum ausgeschüttet bzw. thesauriert werden.27Da ETFs im Gegensatz zu klassischen Indexfonds keine Cash- Position halten müssen, um Liquidität für die Anteile garantieren zu können, bilden diese ihren Referenzindex i.d.R. mit einem geringeren Tra- cking Error ab.28
Allerdings gibt es bei den einzelnen ETFs signifikante Unterschiede, was die Genauigkeit der Abbildung angeht. So kam Lipper Research z.B. zu dem Ergebnis, dass bei europäischen Aktien- und Renten- ETFs der Tracking Error zum Referenzindex relativ gering ausfällt, wohingegen bei der Nachbildung von internationalen Aktienindizes aufgrund von Zeit bzw. Währungsverschiebungen und höheren Kosten der Nachbildung teilweise signifikante Abweichungen zum Referenzindex gegeben waren.29
Geringe Gesamtkosten
Kosten sind u.a. ein Grund dafür, dass eine Abweichung der Performance von ETF- Portfolios relativ gegenüber ihrer Benchmark erfolgen kann, da diese aufgrund ihres hypothetischen Portfoliocharakters keine Transaktions- und Managementkosten verursacht. Daher ist eines der Hauptmerkmale von ETFs bzw. eines der Kernargumente von Befürwortern dieser Anlageprodukte die geringen Gesamtkosten im Vergleich zu Konkurrenzprodukten. Dabei untertei- len sich, wie die folgende Abbildung zeigt, die Gesamtkosten bei ETFs in für Investoren sichtbare (explizite) Transaktionskosten und Management- bzw. Verwaltungsgebühren sowie nicht sichtbare (implizite) Market Impact- Kosten sowie Opportunitätskosten.
Die impliziten Kosten werden beim Vergleich von verschiedenen Wertpapier- märkten oftmals als nebensächlich betrachtet, übersteigen dabei jedoch in Exchange Traded Funds - Status quo und Zukunftsperspektiven in Deutschland ihrer Höhe die expliziten Kosten um ein Vielfaches und müssen demzufolge auch betrachtet werden.30
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Einzelkomponenten der Kosten von ETFs,
Quelle: Kombination von Abbildungen aus Tzvetkova, R. (2005): S. 118 und Deutsche Börse AG (2002): S. 3
Transaktionskosten entstehen mit der Auftragsbearbeitung und der Ge- schäftsabwicklung durch Broker, Banken oder die beteiligten Börsen und wer- den in Form von Gebühren, Provisionen oder Börsenumsatzsteuern den Marktteilnehmern sichtbar in Rechnung gestellt.31Daneben sind Management- und Verwaltungsgebühren ein weiterer expliziter Kostenfaktor. Diese beinhal- ten alle Ausgaben auf Ebene des Portfoliomanagements wie z.B. die Vergü- tung der Fondsmanagements, Depotkosten bei der Depotbank und sämtliche anderen Verwaltungskosten. Die Managementgebühren hängen neben der Art des zu replizierenden Index u.a. auch davon ab, wie viele Konkurrenzprodukte am Markt vorhanden sind. Die Gesamtkostenbelastung eines ETFs kann ana- log wie bei aktiv gemanagten Investmentfonds über die Kennzahl der Total Expense Ratio (TER) gemessen werden. Sie berechnet sich, indem die ge- samten Kosten mit Ausnahme der Transaktionskosten, die zu Lasten des Fondsvermögens innerhalb eines Geschäftsjahres entnommen wurden, durch das durchschnittliche Fondsvermögen dividiert werden und beschreibt somit das Ausmaß bzw. den Anteil der gesamten Kosten am Fondsvermögen.32Wie Abbildung 5 zeigt, ergeben sich hinsichtlich der durchschnittlichen Gesamtkostenbelastung bei ETFs signifikante Vorteile gegenüber traditionellen Indexfonds und aktiv gemanagten Investmentfonds, wobei Renten- ETFs die mit Abstand geringsten Gesamtkosten aufweisen. Darüber hinaus wird deutlich, dass zwischen den einzelnen ETF- Varianten auch deutliche Kostenunterschiede von bis zu 0,29 Prozentpunkten bestehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Durchschnittliche Expense Ratios für verschiedene europäische ETFs im Vergleich zu aktiv gemanagten Konkurrenzprodukten,
Quelle: Morgan Stanley (2006): S. 13.
Ein weiterer Kostenfaktor, der allerdings nicht sichtbar auftritt und somit von den Anlegern nur bedingt nachvollziehbar ist, sind die Market Impact- Kosten. „Der Market Impact ist ein Maß für die Kosten der sofortigen Nachfrage von Liquidität.“33Market Impact- Kosten unterteilen sich in eine Liquiditätsprämie und Kosten, die bei adversen Preisbewegungen anfallen. Die Liquiditätsprä- mie ist die Hälfte der Geld- Brief-Spanne als Basiskostenanteil der Nachfrage von sofortiger Liquidität. Beim Auf- bzw. Abbau von größeren Handelspositio- nen von institutionellen Investoren am Markt kann darüber hinaus das Prob- lem entstehen, dass die Marktpreise der zugrunde liegenden Wertpapiere be- einflusst werden. So wird z.B. der Briefkurs beim Kauf nach oben bzw. der Geldkurs beim Verkauf nach unten getrieben, was die Rendite des Wertpa- pierportfolios schmälert. Hingegen fallen Opportunitätskosten als weitere im- plizite Kostenkategorie an, wenn Wertpapierportfolios z.B. eine Cash Position halten, um auf den richtigen Zeitpunkt zum Einstieg am Markt zu warten. ETFs können Market Impact- und Opportunitätskosten deutlich reduzieren, weil durch die fortlaufende Handelbarkeit und Zwischenschaltung von Market Ma- kern eine jederzeitige Liquidierungsmöglichkeit gegeben ist und ETF- Porfoli- os i.d.R. jederzeit voll investiert sind. Bei fallenden Kursen jedoch kann dies jedoch einen Nachteil darstellen, weil der ETF in diesem Fall mit einer Investi- tionsquote von 100 Prozent voll an den fallenden Kursen partizipiert, wohin- gegen dieser Effekt durch das Halten einer Cash- Position gedämpft wird.
2.4. Verfahren zur Nachbildung von Indizes
Es existiert eine ganze Anzahl von zentralen Herausforderungen, um einen Referenzindex mittels ETFs möglichst präzise und ökonomisch sinnvoll nach- bilden zu können.34Nachdem die Entscheidung eines Portfoliomanagers für einen Referenzindex gefallen ist, der den Grundanforderungen des passiven Portfoliomanagements und den Anlagemotiven genügt, muss das Indexportfo- lio zusammengestellt werden.35Um eine Ermittlung der Zusammensetzung und Struktur des Replikationsportfolios vornehmen zu können, muss ein Nachbildungsverfahren gewählt werden, welches eine möglichst präzise Ab- bildung der Benchmark ermöglicht. Neben der Wahl des zu replizierenden Referenzindex ist die Auswahl der Replikationsmethode eine der entschei- denden Determinanten für die relative zukünftige Performance des ETFs ge- genüber der Benchmark. Ziel des passiven Portfoliomanagementansatzes bzw. Indextracking muss es daher sein, eine vorgegebene Benchmark mög- lichst kostengünstig und hinsichtlich ihres Risiko- Rendite- Profils abzubil- den.36Dabei sollte so vorgegangen werden, dass eine Balance zwischen der Minimierung des Tracking Errors und der Minimierung der Transaktionskosten geschaffen wird. Die folgende Abbildung veranschaulicht graphisch den „Tra- de-off“ zwischen Tracking Error und den Transaktionskosten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: „Trade-off“ zwischen Tracking Error und Transaktionskosten,
Quelle: Bruns, C. / Meyer- Bullerdiek, F. (2003): S. 122
Viele traditionelle Indexfonds und auch ETFs versuchen, ihren Referenzindex vollständig nachzubilden (Full- Replication- Ansatz). „Davon abgrenzen lassen sich Methoden der approximativen Nachbildung, welche meist versuchen, den Index anhand definierter Kriterien mit einer geringeren Titelanzahl abzubilden. Diese werden auch als sogenannte Sampling- Ansätze bezeichnet.“37Neben diesen beiden physischen Replikationsmethoden ist es auch noch möglich, Referenzindizes synthetisch unter Einsatz derivativer Finanzinstrumente wie z.B. Indexfutures oder über Equity- Swaps nachzubilden. Die folgende Gra- phik gibt einen Überblick über die verschiedenen Varianten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Übersicht der Varianten von Indextracking,
Quelle: In Anlehnung an Graf, S. (2001): S. 5
Aufgrund der Wichtigkeit der einzelnen Replikationsmethoden für die präzise- re Nachbildung und Performance sollen diese nun genauer beschrieben wer- den.
Full Replication Ansatz (Vollständige Nachbildung)
Der Full Replication- Ansatz stellt die einfachste, aber auch kostenintensivste Variante dar, einen Index zu replizieren. Dabei wird versucht, den Referenzin- dex durch die identische Auswahl und Gewichtung der im Referenzindex ent- haltenen Wertpapieren vollständig nachzubilden. „Die Mehrzahl der weltweit gelisteten ETFs benutzt diesen Ansatz, um ihre Referenzindizes nachzubil- den“.38Exchange Traded Funds, die diesen Ansatz der Indexreplikation ver- folgen, haben durch die Tatsache, einen bestimmten Markt eins zu eins nach- zubilden, einen sehr geringen Tracking Error, der darüber hinaus garantiert, dass der ETF jederzeit voll investiert ist. Allerdings treten auch einige Nachtei- le auf, die nun kurz skizziert werden sollen.
- Hohe Transaktionskosten
Transaktionskosten treten aufgrund der Notwendigkeit des Kaufs sämtlicher Wertpapiere aus dem Index sowohl bei der erstmaligen Zusammenstellung als auch bei späteren Indexkorrekturen auf. Diesen hohen Transaktionskosten stehen keinerlei Kosten im Index gegenüber, so dass zwangsläufig die Performance des ETFs hinter der des Referenzindex zurückbleibt.39
- Geringe Liquidität von Wertpapieren im Referenzindex
Da die Liquidität des Referenzindex entscheidend für die Liquidität des ETFs ist, besteht die Gefahr, dass bei der Nachbildung durch eine hohe Anzahl wenig liquider Wertpapiere im Referenzindex, welche z.B. einen geringen FreeFloat haben, ein höherer Tracking Error bzw. hohe performanceschmälernde Transaktionskosten verursacht werden können.
- Existenz von Anlagerestriktionen
Durch Anlagerestriktionen, die entweder aufgrund gesetzlicher Grundlage e- xistieren können oder statuarische Anlagerestriktionen seitens der Investmentgesellschaft darstellen, kann die Umsetzung der Full Replication maßgeblich scheitern bzw. negativ beeinflusst werden.
Beispiel hierfür sind die nach dem Kapitalanlagegesetz (KAGG) alten Regelungen bezüglich der maximalen Quoten für bestimmte Anlageklassen für Investmentfonds (Ausstellergrenzen) oder das Halten von Titeln aus dem Index, die als zu riskant erachtet werden.40
- Indexkorrekturen und Handlungen von Unternehmen („Corporate actions“) Wenn die Zusammensetzung des Referenzindex sich ändert, muss auch eine Anpassung in den ETF- Positionen vorgenommen werden. Des Weiteren kön- nen Handlungen von Unternehmen wie z.B. Fusionen und Übernahmen In- dexzusammensetzungen verändern, indem übernommene Unternehmen auf- grund von Free- Float- Veränderungen z.B. in einen anderen Index wechseln müssen oder ein Delisting des übernommenen Unternehmens vorgenommen wird. Viele europäische Aktien- ETFs wenden den Full Replication- Ansatz auch an, weil europäische Aktienindizes (z.B. CAC 40, DAX 30 oder DJ EU- RO STOXX 50) z.B. im Vergleich zu US- Indizes (S&P 500, Wilshire 1000, Russell 2500) nur eine sehr geringe Anzahl von Aktientiteln beinhalten und daher die Transaktionskosten nicht so schwer ins Gewicht fallen. Bei den Renten- ETFs nutzt beispielsweise der deutsche Anbieter INDEXCHANGE die Full- Replication bei allen Replikationsportfolios.41
Sampling- Ansätze (Approximative Nachbildung)
Im Gegensatz zum Full- Replication- Ansatz versuchen Sampling- Ansätze42, den Referenzindex entweder über eine zufällige bzw. kriterienorientierte Titel- auswahl oder mit Hilfe von mathematischen Optimierungsverfahren zu repli- zieren.43Ziel der Sampling- Ansätze ist es, die Rendite- Risiko- Eigenschaften des Referenzindex möglichst genau zu imitieren, wobei ein Tracking Error- Risiko zugunsten reduzierter Transaktionskosten bewusst in Kauf genommen wird. Kriterien beim Stratified Sampling- Ansatz können z.B. gleiche bzw. ähn- liche Marktkapitalisierung, eine gleiche Gewichtung in einem verwandten In- dex, das relative Handelsvolumen oder annähernd gleiche Korrelationseigen- schaften sein. Dies zeigt, dass diese Variante auch aktive Portfoliomanage- mentelemente beinhaltet, da z.B. eine Titelauswahl für die Substitution der im Referenzindex enthaltenen Wertpapiertitel getroffen werden muss. Sampling- Ansätze haben wie auch der Full Replication- Ansatz den signifikanten Nach- teil, dass sie physisch ihren Referenzindex nachbilden und dabei die hohen Transaktionskosten z.B. bei Referenzindexanpassungen durch Umschichtun- gen des ETF- Portfolio nicht beseitigt werden können. Dies ist unter anderem ein Grund für die Entwicklung von synthetischen Replikationsansätzen, die nun nachfolgend beschrieben werden.
Synthetische Ansätze
Synthetische Replikationsansätze erfolgen unter Einsatz von derivativen Fi- nanzinstrumenten wie z.B. Indexfutures oder Equity- Swaps bei der Nachbil- dung von Aktienindizes und haben das Ziel, eine Minimierung des Tracking Errors zu minimalen Kosten herbeizuführen, wobei sie auf den tatsächlichen Kauf der Wertpapiere aus dem Index verzichten. Diese Vorgehensweise eig- net sich besonders für traditionelle Indexfonds bzw. ETFs, die sehr große In- dizes mit teilweise illiquiden Wertpapieren (z.B. mit einer Anzahl von mehr als 500 Wertpapieren) nachbilden. Die Vorteile der synthetischen Vorgehenswei- se liegen darin begründet, dass z.B. beim Einsatz von Indexfutures oder Equi- ty- Swaps neben der hohen Transparenz und Liquidität der jeweiligen Märkte auch geringere Transaktionskosten anfallen und zudem steuerliche Vorteile auf Ebene des Sondervermögens entstehen. Diese Vorteile sollen nun am Beispiel der sog. „Swap- ETFs“ vom Anbieter INDEXCHANGE erläutert wer- den, bei denen unter Einsatz von „Equity- Sector Swaps“ die achtzehn Bran- chen- Performance Indizes des DJ STOXX 600 nachgebildet werden.44
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1Davon abzugrenzen sind aktiv gemanagte ETFs und die hauptsächlich an den Börsen Frankfurt und Hamburg gehandelten aktiv gemanagten Publikumsfonds. Die Unterschiede zu aktiv gemanagten ETFs werden im Gliederungspunkt „3.1.Status quo des deutschen Exchange Traded Funds- Marktes“ auf S. 32 erläutert.
2Bohl, M. / Henke, H. / Kaczynska, M. (2006): S. 337.
31971 wurde der „Samsonite Pension Fund“ von der amerikanischen Bank Wells Fargo als erster Indexfonds in den USA aufgelegt, der allerdings ausschließlich institutionellen Anleger zugänglich war. Privatanleger bekamen fünf Jahre später mit dem „Vanguard 500” erstmals die Möglichkeit, in einen Indexfonds zu investieren.
4Vgl. Tzvetkova, R. (2005): S. 33.
5Nach Swoboda (2004): S.39-40 sind High Net Worth Individuals (HNWI) i.e.S. vermögende Privatkunden bzw. Private- Banking Kunden, deren Haushaltsnettoeinkommen bei mehr als
6.000 EUR liegt und die ein mobiles Vermögen (ohne Immobilien) von 500 TEUR und mehr besitzen.
6Eine genaue Abfolge der Einführung der einzelnen Börsensegmente findet sich in Tzvetkova,
R. (2005) auf S. 35; ETFs sind aber nicht nur in Nordamerika, d.h. in den USA und Kanada
sowie in einzelnen europäischen Ländern börsengelistet, sondern ebenfalls in anderen Ländern wie Japan, Süd- Korea, Australien, Südafrika, HongKong, Indien, Israel, Singapur und Taiwan.
7Die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten wurden anhand der Compound Annual Growth Rate (CAGR) basierend auf den Daten von Morgan Stanley selbst berechnet.
8Vgl. Bruns, C. / Meyer- Bullerdiek, F. (2003): S. 118.
9Vgl. Sharpe, W. F. (1991): S. 1.
10Bruns, C. / Meyer- Bullerdiek, F. (2003): S. 104.
11„Tracking“ bedeutet wörtlich verfolgen, nachführen oder anzielen.
12Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 92.
13Andere Studien, die dies belegen, finden sich z.B. in Artikeln von Hübscher, M. (2005) auf S. 73-77, in Tzvetkova, R. (2005) auf S. 22 oder in INDEXCHANGE Investment AG (2006a).
14An dieser Stelle soll auf die drei unterschiedlichen Formen der Markteffizienz nach Fama hingewiesen werden. Bei der schwachen Form (weak- efficiency) sind alle Informationen aus vergangenen Preisen, bei der mittleren Form (semi- strong- efficiency) alle öffentlich verfügba- ren Informationen und in der starken Form (strong- efficiency) alle Informationen im heutigen Preis enthalten.
15Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 112; Dabei ist die durchschnittliche Marktrendite vor Kosten gemeint.
16Allgemeine Kritik am Konzept des passiven Portfoliomanagementansatzes und potentielle Nachteile von klassischen Indexfonds und ETFs lassen sich in Budinsky (2002) auf S. 109 ff. nachlesen.
17Ein „open- end fund“ zeichnet sich dadurch aus, dass die Anzahl der ausgegebenen Fondsanteile der Nachfrage entsprechend ständig variiert werden kann.
18Vgl. Tzvetkova, R. (2005): S. 76.
19Die Emittenten von ETFs müssen jeden Tag vor Handelsbeginn der Deutschen Börse ihre
aktuellen Portfolios melden, damit diese auf dieser Basis den Indicative Net Asset Value (iNAV) berechnen kann. Diese Portfolios werden auch als Creation/ Redemption- Baskets bezeichnet. Eine genaue Beschreibung des iNAV erfolgt unter Gliederungspunkt 3.2. „Handel und Preisbildung von ETFs in Deutschland“.
20Der Value at Risk (VaR) ist ein Risikomaß für Wertpapiere bzw. Wertpapierportfolios, welches den geschätzten Verlust eines Marktwertes in einer vorgegebenen Periode angibt, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird.
21Steiner, M. / Bruns, C. (2002): S. 76.
22Eine genaue Beschreibung sowie der Ablauf des Creation Prozesses erfolgen im Gliederungspunkt 3.2. „Handel und Preisbildung von ETFs in Deutschland“.
23Vice versa liegen die Spreads bei illiquideren Referenzindizes etwas weiter auseinander.
24Vgl. Deutsche Börse AG (2002): S. 2; Das XLM wird dabei in Basispunkten angegeben. Ein XLM von 10 Basispunkten bei einem Auftragsvolumen von EUR 25.000 bedeutet, dass die Market Impact- Kosten für den Kauf und Verkauf dieses Fonds in der Summe EUR 25 betragen haben.
25Die aktuellen XLM- Maße werden börsentäglich auf der Homepage der Deutschen Börse AG veröffentlicht.
26Vgl. Steiner, M. / Bruns, C. (2002): S. 73.
27Vgl. Hehn, E. (2005): S. 9-13.
28Ergebnisse des Vergleichs von Tracking Error- Maßen von klassischen Indexfonds und ETFs auf den DJ EURO STOXX 50 stellt Tzvetkova, R. (2005) auf den S. 233-238 vor.
29Vgl. Onvista- Group (2006a): S. 1; Lipper Research betrachtete dabei in seiner Studie „European Exchange- Traded Funds Unwrapped: An Investigation“ die Wertentwicklungen von 21 europäischen Aktien- und Renten- ETFs innerhalb der letzten drei Jahre.
30Vgl. Deutsche Börse AG (2002): S. 2-3.
31In Deutschland wurde die Börsenumsatzsteuer abgeschafft, aber in anderen europäischen
Ländern wie z.B. Irland oder Großbritannien erfolgt immer noch eine Taxierung von Wertpapierkäufen oder- verkäufen über die sog. Stamp Duty.
32Allerdings gilt es hierbei zu beachten, dass die unterschiedlichen ETF- Anbieter ihre TER auf unterschiedliche Weise definieren und berechnen, die in ihren Rechenschaftsberichten publi- ziert werden. Während bei den deutschen Anbietern wie INDEXCHANGE, DVG oder UNICO Asset Management die TER nach der transparenten BVI- Methode ermittelt wird, werden bei einigen anderen Anbieter wie z.B. BGI in der TER zusätzlich zur Managementgebühr auch teilweise auch noch Erträge aus Wertpapierleihgeschäften verrechnet, was zu einer verfälsch- ten Sichtweise der TER führt, da diese noch versteuert werden müssen und somit nicht einfach gegengerechnet werden können. Eine ausführliche Übersicht aller TER- Definitionen der ein- zelnen ETF- Anbieter findet sich am Ende der Researchpublikationen der Deutschen Bank.
33Deutsche Börse AG (2002): S. 3.
34Alle hier angesprochenen Verfahren eignen sich sowohl für traditionelle Indexfonds als auch für ETFs.
35Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 295.
36Vgl. Bruns, C. / Meyer- Bullerdiek, F. (2003): S. 121.
37Vgl. Graf, S. (2001): S. 3.
38Vgl. Tzvetkova, R. (2005): S. 142.
39Aufgrund dieser Tatsache suchen ETFs nach weiteren Performance- Möglichkeiten aus dem ETF- Portfolio heraus. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist über den Weg der Wertpapierleihe bzw. ETF- Leihe, die unter Gliederungspunkt 5.1.1. „Einsatzmöglichkeiten von Exchange Traded Funds“ beschrieben wird.
40Die alten Regelungen werden im Gliederungspunkt 3.3. “Die Bedeutung der OGAW- Richtlinie III“ skizziert.
41Dies kann anhand der Creation-/ Redemption- Baskets der Renten- ETFs vom Anleger abgelesen werden, welche die einzelnen Positionen des ETFs veranschaulichen.
42An dieser Stelle soll auf eine Unterscheidung in die unterschiedlichen Sampling- Ansätze verzichtet werden. Detailliertere Informationen finden sich in Graf (2001) auf S. 4 und in Budinsky (2002) auf S. 346 ff.
43Mathematische Optimierungsverfahren beim Optimized Sampling können z.B. Lineare Programmierungsmodelle (LP-Modelle) sein. Dabei wird mittels quantitativ-statistischer Verfahren ein Abweichungsmass definiert, welches unter Nebenbedingungen minimiert wird. Die verwendete Zielfunktion bildet im Idealfall die geforderten Eigenschaften des Tracking-Portfolios ab. Nebenbedingungen können Einschränkungen hinsichtlich der Titelanzahl, der maximalen Transaktionskostenhöhe oder Korrelationseigenschaften sein. Ausführlichere Erläuterungen hierzu finden sich in Budinsky (2002) auf S. 368 ff.
44Der Begriff „Swap- ETFs“ ist hierbei an sich missverständlich, da es sich bei diesen ETFs nur um die Nachbildung von Branchenindizes mittels Equity- Swaps handelt. Sie stellen also im eigentlichen Sinne Branchen- ETFs dar. Aus Marketinggründen heißen sie allerdings Swap- ETFs.
- Arbeit zitieren
- Daniel Simonis (Autor:in), 2006, Exchange Traded Funds - Status quo und Zukunftsperspektiven in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62966
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