Gottfried Arnold greift bei seiner Vorrede zur Unparteyischen Kirchen- und Ketzerhistorie die Kirchengeschichte als Ansatz auf, um Forderungen an die Historiographie zu stellen. Seinen Fokus richtet er dabei auf den Faktor der Unparteilichkeit, also der Neutralität, welchem sich die Geschichtsschreibung primär unterordnen müsse. Deutlich erkennbar ist dieser Schwerpunkt Arnolds bereits im Titel des Werkes durch die Verwendung des Wortes unparteyisch, vor allem aber bei seinen Ausführungen kommt Arnold immer wieder auf die Wichtigkeit dieser Eigenschaft zurück und kritisiert gleichzeitig viele Historiker: Es geht ihm „allein und einig um die blosse lautere wahrheit“ und er bemängelt folglich, dass „bey denen ... Scribenten und Kirchengeschichten so gar wenig der alten unschuld und wahrheit zu finden wäre“. Denn die Fixierung auf den eigenen Standpunkt steht Arnold zu Folge einer unvoreingenommenen Betrachtung der (Christentums-) Geschichte im Weg. Seine Schlussfolgerung, zumindest für den Erhalt der reinen Wahrheit auf kirchenhistorischer Ebene, ist deshalb, bei der Geschichtsschreibung von der ersten Kirche bzw. den ersten Christen auszugehen. Dabei erkennt Arnold aber auch selbst das Dilemma der von ihm proklamierten Art Geschichte zu schreiben, denn wer unparteiisch bleiben will darf keiner einzelnen Quelle allein folgen, die Überlieferungen mehrerer Autoren zu verknüpfen wird jedoch oft nahezu unmöglich sein.
Unterscheiden sich die Forderungen an die Historiographie bei Gottfried Arnold und Johann Jakob Bodmer?
Gottfried Arnold greift bei seiner Vorrede zur Unparteyischen Kirchen- und Ketzerhistorie die Kirchengeschichte als Ansatz auf, um Forderungen an die Historiographie zu stellen. Seinen Fokus richtet er dabei auf den Faktor der Unparteilichkeit, also der Neutralität, welchem sich die Geschichtsschreibung primär unterordnen müsse. Deutlich erkennbar ist dieser Schwerpunkt Arnolds bereits im Titel des Werkes durch die Verwendung des Wortes unparteyisch, vor allem aber bei seinen Ausführungen kommt Arnold immer wieder auf die Wichtigkeit dieser Eigenschaft zurück und kritisiert gleichzeitig viele Historiker: Es geht ihm „allein und einig um die blosse lautere wahrheit“[1] und er bemängelt folglich, dass „bey denen ... Scribenten und Kirchengeschichten so gar wenig der alten unschuld und wahrheit zu finden wäre“[2]. Denn die Fixierung auf den eigenen Standpunkt steht Arnold zu Folge einer unvoreingenommenen Betrachtung der (Christentums-) Geschichte im Weg. Seine Schlussfolgerung, zumindest für den Erhalt der reinen Wahrheit auf kirchenhistorischer Ebene, ist deshalb, bei der Geschichtsschreibung von der ersten Kirche bzw. den ersten Christen auszugehen. Dabei erkennt Arnold aber auch selbst das Dilemma der von ihm proklamierten Art Geschichte zu schreiben, denn wer unparteiisch bleiben will darf keiner einzelnen Quelle allein folgen, die Überlieferungen mehrerer Autoren zu verknüpfen wird jedoch oft nahezu unmöglich sein[3].
Johann Jakob Bodmer nimmt in seinem Werk Die Discourse der Mahlern zunächst eine Differenzierung der verschiedenen Typen von Historikern vor. Die erste Gruppe sind die Copisten, deren Mangel laut Bodmer darin liegt, dass sie jegliches Material lediglich abschreiben, vervielfältigen und weitergeben, ohne es zu untersuchen und zu hinterfragen. Die zweite Klasse, die er Critici nennt, zeichnet sich dadurch aus, dass sie das gesammelte Material der Copisten auswertet, und dann entscheidet, was wahr ist und was weiter tradiert und gelehrt werden soll. Je nach Art des Critici kann er sehr wertvoll, aber auch sehr schädlich für die Geschichtsschreibung sein. Zu den Originalen, welche die dritte Gruppe bilden, zählen alle diejenigen, die Zeitzeugen eines historischen Geschehens sind oder zumindest mit dem jeweiligen Metier bekannt sind[4]. Daraus leitet Bodmer letztlich seine Forderung an die Historiographie ab: Anhand des Beispiels von Catilina zeigt er auf, wie wichtig die Kenntnis der Charaktere ist, die an der Geschichte „beteiligt“ waren[5].
Die Traktate von Arnold und Bodmer unterscheiden sich zunächst darin, dass bereits ihre Perspektive different ist, denn während Arnold von der Christen- und Kirchengeschichte auf die allgemeine schließt, wählt Bodmer als Einstieg die unterschiedlichen Historiker-Charaktere. Auch bei ihren Hauptforderungen gehen die Präferenzen der beiden Autoren auseinander: Für Arnold ist die reine, originale und unverfälschte Fassung der Historie elementar, Bodmer betrachtet dagegen die Kenntnis über das Wesen von Hauptakteuren der Geschichte als unabdingbar. Gleichzeitig verbindet diese beiden Grundsätze aber auch der Wunsch nach einem kritischeren Umgang mit historischen Dokumenten (bei Bodmer besonders bezüglich Personendarstellungen), um eine Parteilichkeit oder Manipulation derselben möglichst auszuschließen.
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[1] Gottfried Arnold: Vorrede zur Unpartheyischen Kirchen- und Ketzerhistorie. In: Kirchengeschichte. Deutsche
Texte 1699-1927, hg. von Bernd Moeller, Frankfurt/Main 1994, S.10, Z. 20/21.
[2] Ebenda, S. 11, Z. 5-7.
[3] Vgl.: Ebenda, S. 15, Z. 15ff.
[4] Vgl.: Johann Jakob Bodmer: Die Discourse der Mahlern, 1. Theil, 5. Discours, Zürich 1721, S. 1f.
[5] Vgl.: Ebenda, S. 4ff.
- Citation du texte
- Martin Walter (Auteur), 2005, Unterscheiden sich die Forderungen an die Historiographie bei Gottfried Arnold und Johann Jakob Bodmer?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62963
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