Urbane Lebensformen sind literarisches Thema, seit Großstädte als Lebensraum an Bedeutung gewinne: die Großstadt ist Mittelpunkt, Ausgangspunkt oder Endpunkt von Handlung. Sie ist Antagonist des Individuums oder zumindest Ursache verschiedener kollektiver und individueller Einflüsse auf die jeweiligen Protagonisten. In den „modernen Romanen der ausgehenden Weimarer Republik fällt diese durchgehend ausgeprägte
Auseinandersetzung der zeitgenössischen Literatur mit dem
Phänomen Großstadt auf, sowohl in lyrischen und dramatischen, wie eben auch in erzählenden Texten. Die literarische Großstadt, die in der Weimarer Republik synonym für Berlin steht, ist eine Projektionsfläche,
ein „champ des significations, welches nicht deckungsgleich ist – auch nicht sein kann oder will – mit dem realen Berlin und dessen Zeichen gelesen werden können.
Der Mensch im Berlin um 1930 befindet sich in einem Schwebezustand zwischen Ordnung und Auflösung. Die Republik erscheint ihm als Übergang zwischen Krieg und einer neuen, erwarteten Katastrophe, was auch entsprechend in den Romanen reflektiert wird Neben den zersplitterten politischen Kräften, die das Straßenbild Berlins präge, befinden sich weitere Teilbereiche der Gesellschaft in Auflösung. Die Weltwirtschaftskrise
und die damit einhergehende Inflation führt zu Arbeitslosigkeit, Abhängigkeit und Kriminalität. Auch Traditionen und Werte haben sich im urbanen Lebensraum verändert. Geordnete Strukturen stellen sich allenfalls dar im allseits gepriesenen Rationalismus, der das Arbeitsleben, die Bürokratie und die Unterhaltungsindustrie entscheidend prägt. In Berlin prallen diese Extreme von Massenunterhaltung gegenüber Massenarmut, von Massenarbeit gegenüber
Massenarbeitslosigkeit, von Kriegsinvalidentum gegenüber Jugend- und Schönheitskult und von preußischer Bürokratie gegenüber politischem Chaos am deutlichsten aufeinander. Und diese Allgegenwärtigkeit von Ordnung und Auflösung spiegelt sich sowohl in den Romaninhalten, wie auch in der stilistischen Umsetzung des Sujets Großstadt. Ich betrachte daher im folgenden exemplarisch zwei Romane, die in noch zu erläuternder Weise zum einen als wegweisend, zum anderen als stellvertretend für die Großstadt-Literatur der späten 1920er und der frühen 1930er Jahre gesehen werden können. Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin und Fabian von Erich Kästner.
INHALTSVERZEICHNIS
I. Einleitung zum Thema und zur Vorgehensweise
1. Großstadtreflexion vor Berlin Alexanderplatz
1.1. Die Großstadt zwischen Naturalismus und Expressionismus
1.2. Die Großstadt in der sozialpsychologischen Analyse
1.2.1. mmel: Die eigerung des Nervenlebens
1.2.2. Kracauer: Die geistige Obdachlosigkeit
1.3. Anti-urbanistische römungen
2. Die Weimarer Republik: Gesellschaft und Literatur
3. Aspekte von Großstadtliteratur
II. Der Mensch zwischen Ordnung und Auflösung
1. Döblins Franz Biberkopf: Hoffen auf Anständigkeit
1.1. Der Titel ist Programm: Großstadt versus Individuum
1.2. Dynamische Umwelt
1.3. Zwischen bürgerlicher Ordnung und innerer Unruhe
1.4. Zersetzung durch Gewalt und Kriminalität
1.5. Lose Verbindungen und Beziehungen
2. Döblins Großstadtepos: Auflösung der Romanstruktur
2.1. Döblins erzähltheoretischer Hintergrund
2.2. Die Umsetzung in Berlin Alexanderplatz
2.2.1. Die montierte Erzählung
2.2.2. Montiertes Erzählen
2.4. Entgrenzte Form: Roman oder Epos?
3. Kästners Fabian: Warten auf Vernunft
3.1. Der Titel als Referenz: gelebter Fabianismus?
3.2. Orientierungslosigkeit
3.3. Von der Großstadt in die Kleinstadt: Existenzen in Auflösung
3.4. xuelle Unverbindlichkeit
3.5. Rationalisierte Entfremdung: Die Angestellten
4. Kästners Berlingeschichte: Reduzierte Komplexität
4.1. Journalistische Großstadtreflexion
4.2. rache der tire
4.3. Romanhafte Handlung
4.4. Innerlichkeit versus chlichkeit
III. Ein ektrum urbaner Lebensformen am Ende der Weimarer Republik
IV. Literaturverzeichnis
I. Einführung zum Thema und zur Vorgehensweise
Urbane Lebensformen sind literarisches Thema, seit Großstädte als Lebensraum an Bedeutung gewinnen1: die Großstadt ist Mittelpunkt, Aus- gangspunkt oder Endpunkt von Handlung. Sie ist Antagonist des Indivi- duums oder zumindest Ursache verschiedener kollektiver und individuel- ler Einflüsse auf die jeweiligen Protagonisten. In den „modernen“2Roma- nen der ausgehenden Weimarer Republik fällt diese durchgehend ausge- prägte Auseinandersetzung der zeitgenössischen Literatur mit dem Phänomen Großstadt auf, sowohl in lyrischen und dramatischen, wie eben auch in erzählenden Texten. Die literarische Großstadt, die in der Weimarer Republik synonym für Berlin steht, ist eine Projektionsfläche, ein „champ des significations“3, welches nicht deckungsgleich ist - auch nicht sein kann oder will - mit dem realen Berlin und dessen Zeichen gele- sen werden können.
Der Mensch im Berlin um 1930 befindet sich in einem Schwebezu- stand zwischen Ordnung und Auflösung. Die Republik erscheint ihm als Übergang zwischen Krieg und einer neuen, erwarteten Katastrophe, was auch entsprechend in den Romanen reflektiert wird.4Neben den zersplit- terten politischen Kräften, die das Straßenbild Berlins prägen5, befinden sich weitere Teilbereiche der Gesellschaft in Auflösung. Die Weltwirt- schaftskrise und die damit einhergehende Inflation führt zu Arbeitslosig- keit, Abhängigkeit und Kriminalität. Auch Traditionen und Werte haben sich im urbanen Lebensraum verändert: auseinander fallende Familien6und in Frage gestellte sexuelle Zugehörigkeit sind Kennzeichen der urbanen Gesellschaft.7
Geordnete Strukturen stellen sich allenfalls dar im allseits gepriese- nen Rationalismus8, der das Arbeitsleben, die Bürokratie und die Unterhal- tungsindustrie entscheidend prägt. In Berlin prallen diese Extreme von Massenunterhaltung gegenüber Massenarmut, von Massenarbeit gegen- über Massenarbeitslosigkeit, von Kriegsinvalidentum gegenüber Jugend- und Schönheitskult und von preußischer Bürokratie gegenüber politi- schem Chaos am deutlichsten aufeinander. Und diese Allgegenwärtigkeit von Ordnung und Auflösung spiegelt sich sowohl in den Romaninhalten, wie auch in der stilistischen Umsetzung des Sujets Großstadt.
Da es grundsätzlich viele Wege gibt, sich dem Verhältnis des Men- schen zur Metropole in der Prosa der ausgehenden Weimarer Republik in einer literaturgeschichtlichen Arbeit zu nähern, wie es Texte und diesen angemessene Bearbeitungsmethoden gibt, muss die Untersuchung einge- schränkt werden. Ich betrachte daher im folgenden exemplarisch zwei Romane, die in noch zu erläuternder Weise zum einen als wegweisend, zum anderen als stellvertretend für die Großstadt-Literatur9der späten 1920er und der frühen 1930er Jahre gesehen werden können: Berlin Alexan- derplatz. Die Geschichte vom Franz Biberkopf von Alfred Döblin (1929) und Fabian. Die Geschichte eines Moralisten von Erich Kästner (1931). Für meine Untersuchung war entscheidend, dass Alfred Döblin und Erich Kästner in ihren Romanen Berlin Alexanderplatz und Fabian Menschen beschreiben, die sich mit dem urbanen Lebensraum in allen seinen Aspekten auseinander- setzen müssen. Döblins Franz Biberkopf irrt durch die Bedrohlichkeiten der für ihn ungewohnten Großstadtrealität und Kästners Protagonist Fabi- an zieht es am Ende des Romans gescheitert aus Berlin wieder zurück aufs Land. Ich werde daher in einer Textanalyse beider Romane wichtige As- pekte des Verhältnisses Mensch-Metropole im Spannungsfeld Ordnung und Auflösung herausgreifen und versuchen, die Kennzeichen urbanen Lebens zwischen Ordnung und Auflösung darzustellen und einzuordnen.
Der zweite Aspekt meiner Arbeit ist der ästhetische Einfluss der Großstadt auf die Literatur und damit auch die Form der Romane gegen Ende der Weimarer Republik. Wie spiegelt sich die urbane Wahrnehmung bei Kästner und Döblin hinsichtlich Aufbau und Sprache? Zunächst versu- che ich hierfür kurz die Großstadtliteratur vor Berlin Alexanderplatz zu skizzieren, um die Ausnahmestellung Döblins zu verdeutlichen. Dabei wäre es zu vereinfachend, Berlin Alexanderplatz und Fabian dem Programm der Neuen Sachlichkeit zuzuschreiben und dann die Neue Sachlichkeit von anderen Strömungen hinsichtlich des Themenkomplexes Urbanität abzugrenzen. Insbesondere mit Döblins Berlin Alexanderplatz ist das nicht möglich. Auch wenn Döblin sich in seinen theoretischen Abhandlungen mit dem Terminus „Sachlichkeit“ durchaus auseinandersetzt und unter bestimmten Aspekten als ein Vordenker der neusachlichen Bewegung be- zeichnet werden kann10, ist Döblin zumindest nicht nur neusachlicher Au- tor und Berlin Alexanderplatz kein Roman im Sinne dieses Kunstpro- gramms.11
Daher spreche ich im Titel auch nicht von einer Auseinandersetzung mit dem Roman der Neuen Sachlichkeit, sondern sehe die beiden Werke zunächst in einem zeitlichen Rahmen - dem Ende der Weimarer Republik -, deren für meine Arbeit relevante Gemeinsamkeit sich aus der Auseinandersetzung mit dem urbanen Lebensraum ergibt. Ich werde chronologisch vorgehen und Döblin vor Kästner untersuchen. Ebenso kommentiere ich die Handlungsaspekte unter meinem besonderen Blickpunkt vor der Darstellung der Romane, da zumindest bei Döblin die Form stofflich interpretiert werden kann.
Die Arbeit soll ein kleiner Baustein in der Rezeptionsgeschichte sein, die sich mit der heterogenen Literaturszene am Ende der Weimarer Repu- blik beschäftigt, einer Rezeption, welche die Zeit in den Werken und die Werke in der Zeit entfalten will.12Ein Ziel könnte sein, in den urbanen Le- bensformen der Romane allgemeine Prinzipien menschlichen Handelns in einer Phase der totalen Verunsicherung und des Umbruchs zu erkennen: was kann der literarische Umgang mit den Herausforderungen der mo- dernen Lebenswelt Großstadt zwischen Ordnung und Auflösung über die Befindlichkeit der Gesellschaft der ausgehenden Weimarer Republik aus- sagen? Eine Befindlichkeit, die Kästner seine Hauptfigur Fabian so ausdrü- cken lässt:
„Wir leben provisorisch, die Krise nimmt kein Ende.“13
Was diese Arbeit nicht leisten will, ist ein erschöpfendes Ausbreiten her- meneutischer Fragestellungen beider Romane. Es geht mir um den Ein- fluss der Urbanität zwischen Ordnung und Auflösung auf Form und In- halt der Romane.
I.1. Großstadtreflexion vor Berlin Alexanderplatz
Das Erscheinen von Berlin Alexanderplatz bedeutete eine Zäsur in der Ent- wicklung des deutschsprachigen Romans.14Ob negative15oder positive16
Reaktionen, man war sich einig, dass es sich bei Döblins „Großstadtepos“ um ein Novum handelte. Die Vielzahl der zeitgenössischen Rezensionen spricht von einer neuen Form des Romans, mit „stupender Gestaltungs- kraft“17, eine „Bereicherung um einen ungewohnten Inhalt und eine un- gewohnte Form“18. Ich möchte daher zunächst kurz skizzieren, wie mit dem Phänomen Großstadt bis zu dieser Zäsur literarisch umgegangen wurde.
I.1.1. Die Großstadt zwischen Naturalismus und Expressio- nismus
Unter den deutschsprachigen Schriftstellern setzen sich die Naturalisten als erste intensiv und programmatisch mit der Großstadt auseinander. Sie sind die ersten, welche die fortschreitende Urbanisierung und auch das sich rapide ausbreitende Massenelend als urbanes Phänomen registrieren. Der naturalistische Imperativ19hat inhaltlich die Einführung und Aufwer- tung bisher nicht literaturfähiger Sujets wie Industrialisierung und Metro- polenentwicklung zur Folge. Der Handlungsort bzw. das Thema Stadt scheint als gesellschaftliches Extrem die von den Naturalisten geforderte Darstellung der Determiniertheit des Menschen durch Vererbung, Milieu und historische Situation20am treffendsten zu ermöglichen.
Wie Außenwelt und psychische Innenwelt in den Erzählungen der Naturalisten ineinander übergehen21, nähern sich die Naturalisten langsam der Stadt als dem Symbol für wurzelloses Leben in Armut, Schmutz, Elend, Brutalität und Krankheit.22Die frühen Darstellungen der Naturalis- ten „bleiben“ zunächst noch am Rand der Großstadt „stehen“23, wie die frühen Naturalisten selbst häufig Vorstadtbewohner sind24. Man besucht die Stadt als Anregung - aufgeschlossen und neugierig - nimmt sie aber auch als Bedrohung war. Die Großstadt spielt in ihren Werken eine eher mittelbare als unmittelbare Rolle: faszinierend und verlockend, aber auch beunruhigend liegt sie am Horizont als konturlose und undurchdringliche Masse. Die Stadt stört und verstört das Ich. In ihr selbst kann es sich nicht mehr behaupten und so sucht es den Rand als Ort, an dem Besinnung noch möglich ist. Man versucht, der Großstadt Herr zu werden, um Herr seiner selbst zu bleiben.25
Während in den (französischen und englischen) Anfängen des Groß- stadtromans, im realistischen Gesellschaftsroman, der Erzähler noch Glücks- bzw. Unglücksversprechen geben konnte und gab26, tendieren die Werke der deutschen Naturalisten immer mehr zum schicksalhaften Ver- hängnis. Und häufig ist die Stadt als entfernter Kontrapunkt ursächlich mit diesem Verhängnis verbunden. Die Annahme dieses Determinismus, in dem die Naturalisten den Menschen als Reflex seiner Verhältnisse sehen, kann später auch bei Döblin nachgewiesen werden27. Dieser Determinismus macht gleichzeitig die Stadt zum eigentlichen Subjekt und zu der Instanz, welche die Misere produziert und die Menschen ins Unglück stürzt. So be- schreibt die literarische Auseinandersetzung mit der Großstadt bei den Naturalisten häufig die Versuche bürgerlicher, mittelloser Helden, im Wi- derspruch zu ihrer Gesellschaft Herr ihrer eigenen Verhältnisse zu werden.
Das „Sich-selbst-Herr-Werden“28bleibt über den Naturalismus hinaus das zentrale urbane Thema: Döblins Franz Biberkopf versucht im Aufbegehren gegen die „Schicksalsschläge“ genau das29und Kästners Fabian kehrt in die Kleinstadt zurück, ohne der Großstadt Herr geworden zu sein30.
Je stärker sich der neue Typ des „konsequenten Realisten“31heraus- bildet, desto häufiger sind die jüngeren Schriftsteller auch Großstadtbe- wohner. Die Szenerie ist ab etwa 1890 zunehmend eine großstädtische, je stärker sich ein progressives Kunstprogramm herausbildet, was diskutiert und verbreitet werden will. Insbesondere Zeitschriften sind die Organe für die Verbreitung des „konsequenten“ Programms: „Die Gesellschaft. Wo- chenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben“ wird 1885 in Mün- chen gegründet, die „Kritischen Waffengänge“ 1882 in Berlin, 1890 hier auch die „Freie Bühne“, die später den Titel „Die Neue Rundschau“ trägt. Öffentlichkeit für die Aussagen ihrer Kunst wird gesucht, gefordert und in der Großstadt gefunden.
Die Expressionisten sind in der Großstadt „nicht zu Besuch, sondern zuhaus, weniger weil sie es wollten, als weil sie es nicht vermeiden konn- ten.“32Sie betrachten nicht mehr aus der Distanz, sie erleben die Großstadt unmittelbar. Düstere Häuserfronten und torkelnde Straßen33bestimmen den Ausdruck frühexpressionistischer Maler, wie etwa der der Künstler- vereinigung „Die Brücke“ - die Stadt wird zum Dämon und Moloch stili- siert34.
Die Großstadt wird in der expressionistischen Spiegelung zum „un- entrinnbar vorgegebenen Erfahrungsraum“35. Gerade im Roman, der „mit
Welt am meisten gesättigten Gattung“36, lösen die scheinbar abhanden gekommenen Sinnzusammenhänge und die neue Komplexität des urba- nen Lebens eine Veränderung des konventionellen Romantypus aus: die Romanwelt ist immer weniger eine geschlossene Welt, der Autor stiftet nicht länger Sinn und Zusammenhang.37Dieses Fehlen einer aufeinander aufbauenden, logischen Folge von Ereignissen hat auch stilistische Folgen: die von Künstlern der futuristischen Bewegung geforderte Simultaneität der Seelenzustände38kann als unmittelbarer Versuch einer Reaktion auf diese empfundene Gleichzeitigkeit betrachtet werden. Auch Döblins Groß- stadtroman ist von dieser Idee beeinflusst39, daher werde ich unter II.2. genauer auf seine Umsetzungen eingehen.
Gemeinsam ist den Naturalisten und Expressionisten die Wahrneh- mung des „Molochs Metropole“ in einer „Außensicht“, während im weite- ren Verlauf des Entstehens literarischer Reflexion von urbanem Leben die Großstadt zu einer Art „sentimentalem Gegenstand“40wird. Die Expressi- onisten versuchen die Großstadt noch zu begreifen, die Neusachlichen leben bereits in ihr und nutzen sie bewusst. Dementsprechend steht die urbane Bewegungsfreiheit im Vordergrund, nicht so sehr mehr Einschrän- kung und Bedrohung. Hier mag ein Übergang von Döblin zu Kästner zu erkennen sein, denn tatsächlich scheint insbesondere Fabian die Stadt trotz aller sich stellenden Widrigkeiten als Lebensmodell angenommen zu ha- ben: er sieht sich als ein Teil der urbanen Lebenswelt41und schreibt aus einer „Innensicht“.
I.1.2 Die Großstadt in der sozialpsychologischen Analyse
Um die Jahrhundertwende wurden die Ausmaße der sozialen Verände- rungen deutlich, die mit der Urbanisierung einhergingen. Teils in Verbin- dung mit populären Erkenntnissen der Psychoanalyse42wurde das Phä- nomen der großstädtischen Lebenskultur auch Objekt gesellschaftswissen- schaftlicher Analysen.
I.1.2.1. Simmel: Die Steigerung des Nervenlebens
Die erste deutsche43- kulturtheoretisch bedeutende - Auseinandersetzung mit dem modernen Phänomen der Großstadt erschien 1900: Georg Simmel beschreibt in seinem Essay „Die Großstädte und das Geistesleben“44die neue urbane Wahrnehmungsästhetik und die „Psychologie eines Groß- städters“. Einige seiner Thesen möchte ich vorwegschicken, denn Simmels Einschätzungen können durchaus als Anstoß für nachfolgende - auch wie bei Döblin und Kästner epische - Auseinandersetzungen mit dem urbanen Leben gesehen werden, wenn nicht sogar als sozialpsychologisches Para- digma der Zeit für den Umgang mit dem Phänomen Urbanität. Simmel liefert neben Spengler und dessen Philosophie „Vom Untergang des Abendlandes“ dabei gleichzeitig eine Grundlage für den aufkeimenden Anti-Urbanismus, der die Analyse großstädtischen Lebens mit konservati- ver Kritik an Geldwirtschaft, Amerikanismus bzw. Oberflächlichkeit und anderen vermeintlichen Merkmalen urbanen Lebens vermengt. In jedem Fall regte Simmel mit seinen Erkenntnissen die kultur- und eben literarkri- tische Auseinandersetzung mit der Großstadt an.
Der Widerstand des Subjekts gegen die Ausnutzung und die Nivel- lierung durch einen gesellschaftlich-technischen Mechanismus beschreibt Simmel als das Grundmotiv der Zeit. In der „unbarmherzigen Sachlich- keit“, mit dem Massensystem Großstadt als ursächlichem Rahmen, würde alles auf den Geld- und Tauschwert nivelliert, auf Leistung und Gegenleis- tung. Simmel wertet diese „reine Sachlichkeit“45in der Behandlung von Menschen und Dingen als zeitgenössische Vorgehensweise, in der sich formale Gerechtigkeit oft mit Härte paare. Grundübel dieser Zustände sei die Geldwirtschaft, die alles nach Wert und Nutzen einteile. In der urba- nen Gesellschaft würden moralische Werte so ersetzt durch monetäre.
Darüber hinaus verlange der ständige Wechsel von Eindrücken, den eine Großstadt böte, dem Menschen mehr Bewusstsein ab, mehr Umsicht und Aufmerksamkeit und führe so zu einer „Steigerung des Nervenle- bens“. So würde das „Gemüt“ nach und nach „abgeschaltet“ und der Verstand diene anstelle des Gemüts zusehends als Schutzorgan gegen die Entwurzelung46. Daraus folgert Simmel den konstitutiven Charakterzug des Großstadtmenschen: die Blasiertheit, also die Gleichgültigkeit gegen- über Ereignissen und Mitmenschen, gewachsen aus dem Überangebot, das den Großstädter den Wert der Unterschiede nicht mehr wahrnehmen las- se. Diese Blasiertheit schlüge oft in gegenseitige Aversion und Fremdheit um. Daher habe die Großstadt auch keine innere Einheit, fördere aber gleichzeitig die Bewegungsfreiheit.
Von dieser „Steigerung des Nervenlebens“ schließt Simmel auf die ästhetische Veränderung der Literatur,
„denn bei der großen Stadt befinden wir uns eben in einer Welt, die von sich aus überaus beredt ist; hier braucht niemand das Schweigen mit Wörtern zu füllen. Im Gegenteil. In der großen Stadt empfindet die Litera- tur nur allzu oft den dringenden Wunsch, aus dieser überbordenden Beredsamkeit der Welt in die Wortlo- sigkeit zurückzukehren [...].“
Mit dieser „Wortlosigkeit“ deutet Simmel Werte der später von neusachlichen Autoren propagierten Reduktion von Kunst zur Gebrauchskunst und der Präzisionsästhetik an.
I.1.2.2. Kracauer: Die Geistige Obdachlosigkeit
Wie sein Lehrer Georg Simmel befasst sich auch der Journalist und Soziologe Siegfried Kracauer mit urbanen Lebensformen, insbesondere der „neuen Klasse“ der Angestellten. In seinem Essay „Die Angestellten“47von 1930 analysiert Kracauer die „White Collar Workers“48und deren „normales Dasein in seiner unmerklichen Schrecklichkeit“.
Berlin ist für Kracauer die Angestellten- und Beamtenstadt schlechthin, denn die Gestalt des öffentlichen Lebens würde hier durch und durch von den Massen-Bedürfnissen der Angestellten bestimmt. So sei die Lage der Angestellten in Berlin am extremsten, für Kracauer extrem negativ. Kracauer beschreibt mit „Entartungen“ die für ihn gesellschaftlich neuen Phänomene, die die Entfremdung des Großstädters, respektive des Angestellten, zur Folge bzw. als Ursache haben.
Das sind nach Kracauer „Korruption, Treulosigkeit und Ehrgeiz“, die als das „Bewegungsgesetz der großen Stadt“ erscheinen. Auch in Kracauers Kulturkritik werden also anti-urbanistische Ressentiments deut- lich. Die oberflächlichen Voraussetzungen urbanen Erfolgs sind nach Kra- cauer zum einen Schönheit und zum anderen eine Eigenschaft, die er mit „L’esprit“ umschreibt - Geist und Witz aber nicht im Sinne von Bildung oder Verstand, sondern von Vermeidung der Langeweile und als „Kunst der Schwäche“, sprich Heuchelei. Auch kritisiert Kracauer den „amerika- nisierten“ Habitus der Nettigkeit als oberster Maxime.
Kracauer beschreibt das Leben der großstädtischen Angestellten als eine Symbiose von rationalisierten Großbetrieben, medial bestimmter Öf- fentlichkeit und kulturindustriell zubereiteter Zerstreuungskultur. Das zeige sich unter anderem auch darin, dass der Angestellte weniger Geld für Ernährung, als für Kulturbedürfnisse ausgebe. Er spricht auch in Bezug auf die Massenunterhaltung von einer „Uniformiertheit der Angestellten“ im „Blendwerk Großstadt“. Kracauer vergleicht die Lokale mit Obdach- losenasylen, sieht sie als Fluchtpunkte vor dem Alltag. Sport würde getrie- ben nicht zur Ertüchtigung, sondern zur Zerstreuung, die Flucht der Kino- bilder entspräche der Flucht des Zuschauers vor der Revolution und dem Tod: „Das Höhere ist dem Angestellten nicht Gehalt, sondern Glanz. Es ergibt sich nicht durch Sammlung, sondern in der Zerstreuung.“ Daraus folgt für ihn der Zustand der „geistigen Obdachlosigkeit“49des Angestell- ten in einer großstädtischen Kulturindustrie, die die Vereinzelung, Ent- fremdung und Verdinglichung der monotonen Arbeit in die Freizeit ver- längere, die an die Öffentlichkeit gerissen werde, damit auch hier der Ein- zelne nicht zu sich selbst oder zu den Mitmenschen fände.
Kracauer beklagt weiterhin eine geistige Haltung der Angestellten, die er „Berechtigungswesen“ nennt: „Bald wird jeder zu etwas berechtigt sein.“ Durch immer höhere Abschlüsse für einfache Ausbildungen50fühle sich jeder „berechtigt“. Dabei versähe jedoch die Mehrheit der Angestell- ten Tätigkeiten, die „weder eine Persönlichkeit, noch die Eigenart einer Persönlichkeit erfordern.“ Das führe zur Uniformierung von Sprache, Kleidern, Gebärden und gar Physiognomien. Dennoch fühle sich jeder wichtig und verantwortlich oder zumindest einem verantwortungsvollen Posten nahe, während die Aufstiegschancen in verantwortungsvolle und entsprechend bezahlte Posten entweder nur durch Herkunft oder Empfeh- lungen zu erreichen seien und so fast ausschließlich Privilegierten vorbe- halten. Selten sei Leistung hierbei der auslösende Faktor.
Die ökonomische Situation entspräche dieser überzogenen Selbst- wahrnehmung kaum und verschlechtere sich ständig: Kracauer spricht von einer Proletarisierung der kleinbürgerlichen Angestellten, was in vie- len Fällen zu berechtigter Existenzunsicherheit führe, da die ständige Ge- fahr einer Entlassung bestünde und es kaum Möglichkeiten für die Wie- dereinstellung von Angestellten mittleren Alters gebe. Gerade auch die Rolle der Frau spiegelt für ihn diese ökonomische und soziale Ambivalenz wider: der Zugang zum Beruf sei zwar einfacher, dennoch würde die weibliche Angestellte in Bezug auf Gehalt, Kündigungsschutz und alltägli- che Belästigungen gerade hier diskriminiert.
Insgesamt zeichnet auch Kracauer ein deutlich negatives Bild vom Leben des Angestellten und von der Möglichkeit des urbanen Lebens im Ganzen. In seiner Studie über diese Lebensform liefert er insbesondere für den hermeneutischen Kommentar zu Kästners Roman Fabian einen erhel- lenden Hintergrund. Fabian ist ein Angestelltenroman und in ihm spiegeln sich viele der „Entartungen“ des urbanen Lebens eines Angestellten. Die Interessen und Probleme der Angestellten in den rationalisierten Welten der Großstadt bestimmen mit dem Stadt- und Kulturbild auch das Lebens- gefühl am Ende der Republik.
I.1.3. Anti-urbanistische5Strömungen
1Definiert wird Großstadtkultur und urbane Literatur der Weimarer Repu- blik auch negativ durch anti-urbanistische Strömungen. Und wie sich häu- fig progressive Moderne und Metropole bedingen52, so wenden sich schon früh (überwiegend) national-völkische und rechtskonservative Schriftstel- ler und Intellektuelle von Berlin ab. „Los von Berlin“53war die von Fried- rich Lienhard bereits 1902 in Berlin - als Frage formulierte - Parole, in der zusammengefasst war, wovon man sich als Großstadtskeptiker abgrenzen
wollte: Materialismus und Skeptizismus, Traditionslosigkeit und Vermassung54wurden der Großstadt als Lebensort zugeschrieben. Andererseits schrieb die anti-moderne Kritik diese Phänomene bzw. deren Idealisierung der „seelenlosen“ Neuen Sachlichkeit zu. Auch der abwertende Begriff von der Berliner „Asphaltliteratur“55- gegen Schriftsteller gerichtet, zu denen auch Döblin und Kästner gezählt wurden - hatte in dieser Kulturkritik, diesem Anti-Urbanismus seinen Ursprung.
Für die Anti-Urbanisten wird „der vom Lande seelisch gestaltete Kulturmensch […] von seiner eigenen Schöpfung, der Stadt, in Besitz genommen, besessen, zu ihrem Geschöpf, ihrem ausführenden Organ, endlich zu ihrem Opfer gemacht.“56Aus ihrer Sicht war die Großstadt Ursache bzw. Mittelpunkt geistigen und sozialen Elendes und brachte für die Skeptiker entgegen den Forderungen der Naturalisten nicht literaturfähige Aspekte urbaner Lebenskultur mit sich - so wurde in ihren Augen die Großstadt an sich zu einem nicht literaturfähigen Sujet.
In Oswald Spenglers „Morphologie der Weltgeschichte“ entwirft er eine Utopie „Vom Untergang des Abendlandes“57. Hier spiegelt sich eine als allgegenwärtig empfundene Unsicherheit und Sinnleere wider, die er in der mechanischen, „seelenlosen“ Zivilisation der Gegenwart begründet sah. Zentrum dieser Seelenlosigkeit sei die Weltstadt, die alle Natur ver- neine:
„Sie will etwas anderes und Höheres sein. Diese scharfen Giebel, diese barocken Kuppeln, Spitzen und Zinnen ha- ben in der Natur nichts Verwandtes und wollen es nicht haben, und zuletzt beginnt die riesenhafte Weltstadt, die Stadt als Welt, neben der es keine andere geben soll, die Vernichtungsarbeit am Landschaftsbilde.“58
1918 baut Spengler in der kulturkritischen Tradition von Nietzsche59 mit seiner „Philosophie“ ein einfaches Ordnungsgerüst: er stellt der „un- menschlichen“ Großstadt die organisch gewachsene Provinz gegenüber mit Gegensätzen wie Kultur versus Zivilisation, Seele versus Intellekt oder Religion versus Materialismus, wie um der chaotisch verwirrten Zeit - mit der Großstadt als ihrem fatalen Höhepunkt - eine einfache Struktur anzu- bieten.60Diese Gegensätze werden von der konservativen und völkisch- nationalen Kulturkritik aufgegriffen und verstärkt. Die Schlagworte „Boden“ und „Großstadt“, die dann auch später die zeitgenössische Diskussion der Weimarer Republik bestimmen, erscheinen bereits um die Jahrhundertwende als Antipoden, zwischen denen der einzelne persönlich oder politisch wählen muss.61Als Geschöpfe der Stadt werden diejenigen wahrgenommen, die sich ohne die Vorbehalte der Vernunft und ohne Vorurteile der Moral der übermächtigen sinnlichen Reizung der Metropole überlassen.62
Das Bild von städtischer Fluktuation und Betrieblichkeit, das bei Spengler ein Unbehagen in der Konfrontation mit den städtischen Massen spüren lässt, wächst sich zu einer offenen Abneigung gegen den Prozess der Verstädterung und der urbanen Kultur aus. Diesen festen Halt, die Überwindung der „Bodenlosigkeit“ versuchen die Anti-Urbanisten durch die literarische Idealisierung und Überhöhung des ländlichen Lebens zu kompensieren. „Heimat“, „Blut“ und „Boden“ sind die Motive der völki- schen Kultur-Opposition, die der kriegerischen Anti-Moderne sind „Nati- on“ und „Deutschland“.63
Gerade die neusachliche Literatur gilt als eine für den Prozess des angenommenen urbanen Lebens repräsentative64 Kunstbewegung. Sie wird für konservative bis hin zu völkisch-nationalen Kritikern zum negativen Inbegriff einer großstädtischen Ästhetik65, in einer entsprechenden Zeitschrift wird sie gar als „geistige Impotenz“66Berliner Intellektueller diskreditiert. Im gleichen Blatt, dem völkisch-nationalen „Deutschen Volkstum“ wird Berlin selbst einer aktiven Provinzialisierung beschuldigt, insofern als dass die Stadt andere (nicht-städtische) Regionen ihren kulturellen Vorgaben untertänig machen wolle:
„Der Geist des deutschen Volkes erhebt sich gegen den Geist von Berlin. Die Forderung des Tages lautet: Aufstand der Landschaft gegen Berlin.“67
Für die Anti-Urbanisten hatte sich der „Geist von Berlin“ in der modernen Literatur manifestiert und diesen galt es für sie es zu bekämpfen.68
I.2. Die Weimarer Republik: Gesellschaft und Literatur
Die Situation des urbanen Menschen in der Weimarer Republik, seine Be- findlichkeit zwischen Ordnung und Auflösung, hängt von den ihn umge- benden unsicheren politischen und sozialen Verhältnissen ab. Die parla- mentarische Demokratie der Weimarer Republik wird von allen Seiten von Anfang an in Frage gestellt. In den „Betrachtungen eines Unpolitischen“ schreibt Thomas Mann 1918:
„Der Unterschied von Geist und Politik enthält den von Kultur und Zivilisation, von Seele und Gesell- schaft, von Freiheit und Stimmrecht, von Kunst und Li- teratur; und Deutschtum, das ist Kultur, Seele, Freiheit, Kunst und nicht Zivilisation, Gesellschaft, Stimmrecht, Literatur.69[...] Ich hasse die Politik und den Glauben
an die Politik, weil er dünkelhaft, doktrinär, hartstirnig und unmenschlich macht.“70
Die distanzierte Skepsis der so genannten „Vernunftrepublikaner“ ist noch eine eher positive Position dem politischen System gegenüber.71 Die verunsicherten und dem Parlamentarismus misstrauenden Menschen sind offen für Schlagworte und Phrasen der Kommunisten, Nationalsozia- listen, Monarchisten und restaurativen Kräfte. Gerade in Berlin scheint der krisengeschüttelte Alltag spürbar, hier prallen die verschiedenen Strö- mungen aufeinander und können sich direkt am Staat „reiben“:
„Kriegsschuldparagraph und Reparationsforderungen, Rheinlandbesetzung und wirtschaftliche Not vergiften die Atmosphäre und bieten leichte Angriffspunkte für jede Art von Agitation gegen den Staat.“72
Die Reparationsforderungen der ehemaligen Kriegsgegner lassen die in Demokratie ungeübten Bürger am Staat zweifeln: vertreten die „weichen“ Demokraten die Interessen des Volkes angemessen? Die vorü- bergehende politische und wirtschaftliche Stabilisierung um die Mitte der Zwanziger Jahre wird von der Weltwirtschaftskrise aufgelöst, die zur einer „gigantischen Ausplünderung der zumal bürgerlichen und kleinbürgerli- chen Schichten“73führt. Dies wiederum hat einen „Wertesturz in allen Le- bensbereichen“74zur Folge: die soziale, ökonomische und vor allem mora- lische Deklassierung des Bürgertums. Vor der Machtergreifung Hitlers windet sich die Weimarer Republik in handlungsunfähiger Agonie.
Die heterogene Literaturszene am Ende der Weimarer Republik spie- gelt die Zerrissenheit der gesellschaftlichen und politischen Ambitionen und Resignationen wider: die Ausläufer des proletarisch-revolutionären
Engagements75stehen neben den anti-modernen Strömungen der „Blut- und-Boden“-Ideologie, dem neuen Schriftsteller-Typus des kritischen „ra- senden Reporters“76, der „Präzisionsästhetik“77der neusachlichen Autoren und der zumeist unpolitischen, aber massenpopulären „Zerstreuungs“- Literatur.78
Am Ende der Republik ist das Agitprop-Theater als „Waffe“ zur gesellschaftlichen Veränderung für die linksradikale Propaganda übrig geblieben79, während sich die Literatur der Heimatkunstbewegung auf idealisierende Idyllenprosa konzentrierte, die vorzugsweise das natürliche Landleben darstellte - in Abgrenzung zu der vermeintlich intellektualistisch-wurzellosen Großstadt.80
Radikalen Tendenzen gegenüber standen einerseits die Literaten, die sich der Wirkungsästhetik einer Gebrauchskunst verschrieben hatten und durch „objektive Darstellung der Zustände“ und des Verzichts auf Urteile und Kommentare den Rezipienten zu selbständiger politischer Meinungs- bildung anregen wollten.81Dies war der Hintergrund der Neuen Sachlich- keit, die Joseph Roth 1930 jedoch für tot erklärte und als „die furchtbarste aller Verwechslungen“ bezeichnete: die Verwechslung „des Schattens, den Gegenstände werfen, mit den Gegenständen.“82Auch Siegfried Kracauer kritisierte die Kunst, die für sich Gebrauchswert proklamierte: „Journalist und Schriftsteller vertauschen unter dem Druck der ökonomischen und
sozialen Verhältnisse fast die Rollen.“83Tatsächlich entsprach diese Art der Reportagen-Literatur der neusachlichen Forderung, sich vom Bild des schöngeistigen Dichters zu lösen und „objektiv“ und „sachlich“ zu schrei- ben. Die Autorinnen, die sich dem Programm der Neuen Sachlichkeit ver- schrieben hatten, wollten eine „verstandesorientierte“ Literaturproduktion in Abgrenzung zum gefühlsbetonten Schreiben der herkömmlichen Frau- enliteratur erreichen. Es galt die Devise, dass Sachlichkeit als Habitus vor sentimentalen Impulsen schütze.
Auf der anderen Seite schien sich eine Literatur der „Innerlichkeit“ herauszubilden, die nach einer Zeit der „Suche nach Kraft in der Gemein- samkeit“ das „Besinnen auf das eigene Ich“ zu ihrer Sache machte.84Heinz Liepmann beschrieb diesen Klimawechsel 1930 in der „Weltbühne“:
„Die Zeit der Experimente und Extreme ist vorüber, man liebt wieder das Bürgertum und den Nobelpreisträger Thomas Mann und die Bequemlichkeit, anerkannte Autoren lesen zu dürfen.“85
Dieser innere Rückzug86der Literaten war eine Neuerung am Ende der Republik. Sie enthielt einerseits eine Absage an den funktionalen, tatsa- chenverliebten Literaturbegriff der Neuen Sachlichkeit, weil dieser „den Dichter zum Reporter erniedrigte und die Umgebung des proletarischen Menschen als Gefühlsstandard modernen Dichtens propagierte“ und auch eine Absage an Fortschrittsgläubigkeit und Technikeuphorie. Diese neue Innerlichkeit war auch Ausdruck der Resignation vor einer politischen Umwälzung, die der Intellekt kaum fassen konnte: „Mir fällt zu Hitler nichts ein“, gab Karl Kraus seiner Konsterniertheit Ausdruck.87In diesem Spannungsfeld von Radikalisierung, Distanziertheit und Rückzug publi- zieren Alfred Döblin und Erich Kästner zwei Romane über urbane Lebens- formen im Berlin der Weimarer Republik.
I.3. Aspekte von Großstadtliteratur
Da ich im Verlauf meiner Arbeit den Einfluss der Großstadt sowohl auf den Inhalt wie auch auf die Form der Romane untersuche, erscheint mir dieser Exkurs zur Definition von Großstadtliteratur sinnvoll. Beginnt deut- sche Großstadtepik erst mit Alfred Döblin?88Unter welchen Aspekten muss zu dieser Behauptung Literatur als Großstadtliteratur angesehen werden?89
Unter Großstadtliteratur versteht man herkömmlich Literatur, in der Großstadt Handlungsort ist und urbanes Leben im Geschehen zitiert.90 Diese Großstadtliteratur gibt es aber folglich nicht erst seit Döblins „Groß- stadtepos“, sondern seitdem Städte gesellschaftlich und damit literarisch an Bedeutung gewinnen. So zeigt sich auf dem europäischen Festland die Literatur, in der das großstädtische Umfeld eine Rolle spielt, in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts91, in Deutschland gegen Ende des 19. Jahrhunderts92. Industrialisierung und Verstädterung setzen hier später ein und Berlin wächst dementsprechend spät zur - einzigen deutschen - Millionenmetropole. Auch wenn Berlin mit der Metropolwerdung in sei- ner literarischen Bedeutung Großstädte wie Dresden oder München jetzt erst überflügelt, ist die Großstadt bereits hier literarisches Thema93.
1867 fordert Julius Rodenberg im „Salon für Literatur, Kunst und Gesell- schaft“:
„Ach gebt uns die Hauptstadt, so werden wir euch ein Feuilleton, einen Roman, eine Komödie geben, und ihr
braucht nicht länger die französischen zu übersetzen [...].“94
Rodenberg behauptet einerseits also das Fehlen zeitgemäßer Litera- tur[formen] in deutscher Sprache und andererseits die unmittelbare Ab- hängigkeit originären, literarischen Schaffens vom urbanen Lebensraum. Er setzt Literatur aus der Großstadt gleich mit zeitgemäßer Literatur und bezieht sich direkt auf die für ihn zeitgemäßen Formen (Feuilleton, Roman, Komödie) dieser urbanen Literatur. Ist Großstadtliteratur gleichbedeutend mit zeitgemäßer Kultur? Für Rodenberg äußert sich die Beeinflussung von Literatur durch Urbanität jedenfalls nicht nur thematisch, sondern auch programmatisch und ästhetisch.
Kennzeichen urbaner Literatur werden häufig gleichgesetzt mit Prä- dikaten großstädtischer Erfahrung, wie etwa Flüchtigkeit und Bewegtheit. Sabina Becker sieht belegt, dass die Entwicklung literarischer Formen seit 1880 tatsächlich mit der historisch bedingten Veränderung der Wahrneh- mung einhergeht:
„Die Geschichte der Stile der Moderne verbindet sich mit der Geschichte der Wahrnehmung und des Se- hens im urbanen Erfahrungs- und Wahrnehmungs- raum.“95
Becker erkennt in der „Verzeitlichung ästhetischer Normen“ die Rückwirkung „urbaner Mentalität, Erfahrung und Wahrnehmung auf die ästhetischen Ausdrucksformen von Kunst und Literatur“96. Für sie gilt der Schluss, dass sich Moderne und Urbanität bedingen, mehr noch, dass Urbanität Moderne überhaupt ermöglicht. So wird die Großstadt zum Pa- radigma der Moderne und erweist sich als „Initiator der literarischen Mo- derne“97.
Der Übergang vom „Schauplatz Großstadt“ in der Literatur zu einer Veränderung der Literatur zur Großstadtliteratur scheint in jedem Fall da gegeben, wo ein Überdenken der literarischen Gestaltungsmittel ausgelöst wird, also die urbane Wahrnehmung die literarische Form prägt. Demnach ist Großstadtliteratur nicht nur Literatur über die Großstadt oder aus der Großstadt, sondern ästhetisch von der Großstadt geprägte Literatur. Sieht man diese Formveränderung als konstitutiv, dann setzt die Entstehung einer auch ästhetisch veränderten Großstadtepik tatsächlich mit den Großstadtromanen Joyces, Dos Passos’ und eben Döblins ein.
Eine ästhetische und stilistische Veränderung geht einher mit der Veränderung der Struktur eines literarischen Textes, nicht nur des Inhalts. Dass die sinnliche Wahrnehmung Texte auch dahingehend beeinflusst, wurde schon von Zeitgenossen erkannt: Walter Benjamin weist auf den Zusammenhang zwischen sinnlichen Wahrnehmungsbedingungen und neuen Darstellungsformen hin, wobei er von einer geschichtlichen Beein- flussung der Sinneswahrnehmung spricht.98 Aber wie äußert sich diese sinnliche „Unerfassbarkeit“ der Großstadt in der Literaturform? Dies ver- suche ich unter anderem in den Döblin-Kapiteln zu beleuchten.
[...]
1Vgl. Kapitel I.1.1. dieser Arbeit; im Folgenden werden Kapitel nur in Ziffern angegeben, hier entsprechend I.1.1.
2Im Unterschied zu den Tendenzen der anti-modernen und damit auch anti-urbanistischen Literatur - Zum Zusammenhang von Urbanität und Moderne vgl. Sabina Becker: Urbanität und Moderne. Studien zur Großstadtwahrnehmung in der deutschen Literatur 1900-1930. Hg. von Karl Richter, Gerhard Sauder und Gerhard Schmidt-Henkel. St. Ingbert: Röhrig 1993 (= Saar- brücker Beiträge 39).
3Ledrut: Les images de la ville, S. 12.
4Bsp. aus Kästners Fabian: Fabian spricht vom Leben in der nicht enden wollenden Krise (F 47), sein ehemaliger Klassenkamerad ist den nationalistischen, kriegsheischenden Parolen schon erlegen (BA 224 f.). Vgl. I.2.
5Vgl. die Begegnungen Biberkopfs und Fabians mit politischen Akteuren (II.1.3. und II.3.1.).
6„Die Zeit, die uns übrigbleibt, reicht fürs Vergnügen, nicht für die Liebe. Die Familie liegt im Sterben.“ (F 90).
7Ausführlicher unter I.2.
8Vgl. II.3.5.
9Die Diskussion zur möglichen Unterscheidung von Großstadtliteratur und Literatur in der Großstadt werde ich im Folgenden noch ansprechen (I.3.).
10Zwar sieht Sabina Becker Döblin als einen Pionier der Neuen Sachlichkeit und kann dies
anhand seines „Berliner Programms“ belegen. Die letztliche Umsetzung dieser frühen theoreti- schen Überlegungen in Berlin Alexanderplatz ist aber nicht so eindeutig, als dass er als neusachli- cher Roman bezeichnet werden könnte bzw. lassen viele verschiedene Einflüsse Berlin Alexan- derplatz keiner Kunstrichtung eindeutig zuordnen (Vgl. ausführliche Auseinandersetzung unter II.2.1.) .
11Smail spricht von der Neuen Sachlichkeit, der „dominant cultural category“ der Weimarer Republik, als einem „elusive and vague label“, das aus „numerous meanings and usages“ be- steht. Smail: White-collar workers, mass culture and "Neue Sachlichkeit" in Weimar-Berlin, S. 14.
12Vgl. Uwe Japp: Hermeneutik, S. 135 ff.
13Erich Kästner: Fabian. Die Geschichte eines Moralisten (1931). Ungekürzte Ausgabe nach dem Text der „Gesammelten Schriften“ (Atrium Verlag, Zürich 1959). München: dtv 1999, S. 47. Im Folgenden zitiert als Sigle F.
14Zu Brecht und Döblin: „Mit ihren Werken hat die Funktion der großen Stadt in der deutschen Literatur ihre größte Höhe erreicht, hinter diese beiden Daten konnte die folgende Literatur nicht wieder zurück und schwer über sie hinaus. Damit hängt es zusammen, dass die Stadt als übergeordnetes Thema der Literatur nach Brecht und Döblin rasch ihr Pathos und ihre Faszination verlor.“ Perels: Vom Rande der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 78.
15Ein Rezensent spricht etwa von Döblins „Unterbrechungsfanatismus“. Vgl. Sochaczewer: Der neue Döblin, S. 57.
16Die Mehrzahl der zeitgenössischen Rezensionen erkannte den Roman nach seinem Erscheinen im Oktober 1929 als literarisches Großereignis. Vgl. Prangel: Materialien zu Alfred Döblin „Berlin Alexanderplatz“, S. 53. „Der Stadt Berlin ist eine Ehre widerfahren. Sie wurde Anreiz, Stoff, Motor für einen Roman, der im literarischen Leben Deutschlands als Sensation aufzutreten verdient.“ Kesser: Ein Berliner Roman, S. 53.
17Kesser: Ein Berliner Roman, S. 56.
18Ihering: Döblins Heimkehr, S. 74.
19Die Annahme alles durchdringender Naturgesetze und damit deren angenommener empirischer Erfassbarkeit bzw. Analyse führt zu der positivistischen Annahme der Gleichwertigkeit aller Phänomene. Vgl. Fähnders: Avantgarde und Moderne, S. 27.
20Die möglichst naturnahe Darstellung der Determiniertheit des Menschen nach „race, milieu, moment“ und spezifischer Individualität nach Hippolyte Taines war eine der Grundforderungen der naturalistischen Kunstbewegung.
21Vgl. hierzu auch die dynamischen Vorgänge in Berlin Alexanderplatz (II 1.2.).
22Diese Themen brachten den Naturalisten die Bezeichnung der „Asphaltliteraten“ ein
23Vgl. Perels: Vom Rande der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 61.
24u.a. Hauptmann, Holz, Dehmel, von Liliencron (vgl. Perels: Vom Rande der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 62).
25Perels: Vom Rand der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 63 f.
26Vgl. Suhr: Die fremde Stadt, S. 30.
27Vgl. II.1.1.
28Perels: Vom Rand der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 66.
29Vgl. II 1.1. und II 1.2.
30Vgl. II 3.2.
31Selbstbezeichnung der Naturalisten, um sich insbesondere von den „bürgerlichen Realisten“ abzusetzen (vgl. van Rinsum: Deutsche Literaturgeschichte, S. 303).
32Perels: Vom Rand der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 68.
33Vgl. das Randmotiv der rutschenden Dächer in Berlin Alexanderplatz (II.1.2.).
34Vgl. Leiß/Stadler 1997: Wege in die Moderne, S. 39.
35Perels: Vom Rand der Stadt ins Dickicht der Städte, S. 68.
36Leiß/Stadler 1997: Wege in die Moderne, S. 7.
37Als Bsp.: Rainer Maria Rilkes „Malte Laurids Brigge“.
38„Simultan“ meint hier die Vereinigung verschiedener Erlebnis- und Seelenzustände in einem einzigen Bild. (Vgl. Leiß/Stadler: Wege in die Moderne, S. 313).
39Döblins Offener Brief an F.T. Marinetti bestätigt das trotz des abweisenden Schlusses Döblins, dass Marinetti seinen Futurismus pflegen solle, er aber, Döblin, seinen Döblinismus pflegen wolle. Vgl. Döblin: Futuristische Worttechnik (Offener Brief an F. T. Marinetti), S. 15 und II.2.1.
40Suhr: In der großen Stadt (Vorwort), S.7.
41Vgl. II.3.
42Siegmund Freuds populäres Werk „Traumdeutung“ erschien 1900.
43Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Rousseau in seinen kulturkritischen Schriften ähnli- che Thesen formuliert, sie aber allgemeiner als negative Auswirkungen des Fortschritts identifi- ziert und noch nicht eindeutig der urbanen Kultur zugeordnet. (Vgl. Rousseau: Über Kunst und Wissenschaft, S. 11.).
44Alle Zitate dieses Kapitels stammen chronologisch aus Simmel: Die Großstädte und das Geistesleben, S. 185-206.
45Für ihn ein Phänomen des allgegenwärtigen Rationalismus
46Die Großstadtbewohner als entwurzelte - aus ihrer ursprünglichen Natur-Umgebung he-
rausgerissene - Individuen zu betrachten, deckt sich mit der Vorstellung Spenglers und anderer Anti-Urbanisten.
47Alle Zitate dieses Kapitels stammen aus: Siegfried Kracauer: Die Angestellten. Aus dem neu- esten Deutschland (1930). Hg. Von Walter Benjamin. 1. Auflage. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1971.
48Der englische Ausdruck für das Massenphänomen des „neuen Proletariats“ - mit dem wei-
ßen Kragen als Erkennungszeichen im Gegensatz zur Kluft des „echten“ Proletariats der Arbeiter, von dem es sich sozial abzuheben versuchte. Faktisch waren die Angestellten jedoch häufig ähnlich automatisierten Arbeitsbedingungen unterworfen. Vgl. Smail: White-collar workers, mass culture and "Neue Sachlichkeit" in Weimar-Berlin, S. 8 f.
49Im Unterschied zum solidarischen Klassenbewusstsein der Arbeiter.
50Dieses häufig absurde Missverhältnis thematisiert auch Erich Kästner: Jacob Fabian ist promovierter Germanist und entwirft für eine Zeitung Zigarettenwerbung. Vgl. F 41 f.
51Unter dem Begriff des „Anti-Urbanism“ vereinigt Midgley treffend die Großstadtkritik verschiedener Strömungen (vgl. Midgley: Writing Weimar, S.261.).
52Siehe I.2.1.
53Fritz Lienhard: Los von Berlin? In: Die Berliner Moderne. 1885-1914. Hg. Von Jürgen Schutte und Peter Sprengel. Stuttgart: Reclam 1987, S. 220-225.
54Vgl. Leiß/Stadler: Wege in die Moderne, S. 39.
55Damit wurde gegen die Behandlung der Literaten von Elends-Themen und deren Analysen menschlicher Abhängigkeit polemisiert, diesen Begriff machten sich die Literaten dann teilwei- se selbst zu eigen.
56Spengler: Der Untergang des Abendlandes, S. 117.
57Spengler: Der Untergang des Abendlandes.
58Spengler: Der Untergang des Abendlandes, S. 111.
59„Wehe dieser großen Stadt! - Und ich wollte, ich sähe schon die Feuersäule, in der sie ver- brannt wird! [...] Diese Lehre aber gebe ich dir, du Narr, zum Abschiede: wo man nicht mehr lieben kann, da soll man - vorübergehn! - “ Nietzsche: Also sprach Zarathustra, S. 262.
60Solcher Argumentation tritt insbesondere Döblin als bekennender Urbanist entschieden entgegen (Vgl. II.2.1.).
61Haß: Vom „Aufstand der Landschaft gegen Berlin“, S. 340.
62Suhr: Die fremde Stadt, S. 35f.
63Vgl. Haß: Vom „Aufstand der Landschaft gegen Berlin“, S. 342.
64Vgl. Becker: Neue Sachlichkeit, S.339.
65Vgl. Becker: Neue Sachlichkeit, S.339.
66Stapel: Der Geistige und sein Volk, S. 7.
67Stapel: Der Geistige und sein Volk, S. 8.
68Vgl. Becker: Neue Sachlichkeit, S. 359 f.
69Vgl. die ähnliche Argumentation Spenglers in seiner kulturkritischen Schrift „Vom Untergang des Abendlandes“ (I.3.).
70Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen, S. 524.
71Vgl. Fähnders: Avantgarde und Moderne, S. 210.
72Heiber: Die Republik von Weimar (Zum Buch), S. I.
73Fähnders: Avantgarde und Moderne, S. 210.
74Frühwald: Die Macht des Faktischen, S. 63.
75Die Bühne war der Ort, den die proletarisch-revolutionäre Literatur für ihre häufig marxis- tisch-propagandistische Kunst bevorzugte, wie Erwin Piscator. Vgl. Leiß/Stadler: Weimarer Republik, S. 62 ff.
76Selbstbezeichnung des zeitgenössischen Schriftsteller-Journalisten Egon Erwin Kisch.
77Im einzigen Organ der neusachlichen Künstler „Scheinwerfer“ spricht Erik Reger 1928 von „Präzisionsästhetik“ und gibt der ästhetischen Tendenz der Künstler einen Namen. Vgl. Fähnders: Avantgarde und Moderne, S. 235.
78In Anlehnung an Siegfried Kracauers Begriff der „Zerstreuungskultur“ der urbanen Angestellten. Vgl. I.1.2.2.
79Vgl. Leiß/Stadler: Weimarer Republik, S. 63.
80Vgl. I.1.3.
81Vgl. Becker: Neue Sachlichkeit 1, S. 191.
82„Niemals war die stoffliche Unwissenheit der Schreibenden so groß und die dokumentarische Authentizität des Geschriebenen so betont. Niemals waren die Menge, die Zwecklosigkeit, die Hohlheit der Publikationen offensichtlicher und niemals die Leichtgläubigkeit größer, mit der man schon die Deklaration der Zweckmäßigkeit aufnahm.“ Vgl. Roth: Schluß mit der Neuen Sachlichkeit!, S. 153.
83Kracauer: Über den Schriftsteller, S. 344.
84Vgl. Leiß/Stadler: Weimarer Republik, S. 72.
85Heinz Liepmann nach Leiß/Stadler: Weimarer Republik, S. 72.
86während der nationalsozialistischen Herrschaft sprachen viele in Deutschland verbliebene Literaten von einer „inneren Emigration“, so auch Kästner.
87Kraus: Dritte Walpurgisnacht, S. 12.
88Volker Klotz behauptet: „Berlin Alexanderplatz ist der erste und bis heute einzig belangvolle Roman in deutscher Sprache, der vorbehaltlos die zeitgenössische Großstadt zu seiner Sache macht“ Klotz: Die erzählte Stadt, S. 372.
89Auch Walter Muschg äußert sich ähnlich wie Klotz: „’Berlin Alexanderplatz’ ist der erste und einzige bedeutende Großstadtroman der deutschen Literatur [...].“ Den Erfolg sieht Muschg „stofflich bedingt“. Muschg: Nachwort des Herausgebers, BA 415.
90Vgl. Scherpe: Von der erzählten Stadt zur Stadterzählung, S. 18-35.
91Vgl. Suhr: Die fremde Stadt, S. 26.
92Vgl. Forderer: Die Großstadt im Roman, S. 10.
93siehe I.2.
94Rodenberg: Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht, S. 6.
95Becker: Urbanität und Moderne, S. 11.
96Becker: Urbanität und Moderne, S. 9.
97Becker: Urbanität und Moderne, S. 9.
98Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, S. 17.
- Citar trabajo
- Magistra Artium Katharina Kirsch (Autor), 2006, Urbane Lebensformen im Roman der ausgehenden Weimarer Republik, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62939
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