Kann Ungarn als bereits konsolidiert gelten? Vor allem mit Blick auf das Trilemma der gleichzeitigen Transformation des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systems, stellt sich diese Frage . Es gibt nur zwei idealtypische Lösungswege für das Problem der Gleichzeitigkeit: den gradualistischen Weg oder den "big bang" - eine rasche, radikale und riskante Transformation der Wirtschaft .
Die Transformation Ungarns wird sehr häufig in der Literatur beschrieben. Ein Grund ist die gut dokumentierte Entwicklung des Landes während der Transitionsjahre 1988 und 1989. Die Ungarn konnten sich auf bereits vorhandene Ansätze einer Marktwirtschaft - die sogenannte zweite Wirtschaft - berufen. Die folgenden Reformen waren demnach nicht so radikal oder sozialpolitisch riskant wie in anderen Transformationsländern. Es konnten rasche Fortschritte erzielt werden, die heute dazu führen, dass Ungarn als erster möglicher Beitrittskandidat der Europäischen Union im Rahmen der Osterweiterung gehandelt wird.
Aus den besonderen Gegebenheiten in Ungarn lässt sich schlussfolgern, dass die Konsolidierung eines Staates nicht losgelöst von dessen Kontext betrachtet werden kann. Im ersten Abschnitt werden die Besonderheiten Ungarns: die Liberalisierung seit 1968, die Verfassungsgebung und das Wahl- und Regierungssystem dargestellt. Diese bilden die Rahmenbedingungen für die anschließende Untersuchung der vier Ebenen der Konsolidierung nach Linz/Stepan (Linz, Stepan 1996). Ziel der Untersuchung ist, am konkreten Beispiel Ungarns Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Konsolidierung zu finden. Dabei werden noch anstehende Probleme in einem eigenen Abschnitt betrachtet.
Das Augenmerk liegt auf der engen Verbindung zwischen den handelnden Akteuren und den Institutionen im weiteren Sinne, da der akteurstheoretische Ansatz die institutionellen Arrangements am fundiertesten zu erklären vermag. Den Akteuren wird durch die Besetzung von Schlüsselpositionen ein überlegener Einfluss auf das gesellschaftliche Geschehen unterstellt. In der Praxis sind daher die politischen Entscheidungen von den Kräftekonstellationen und Machtperspektiven der Akteure abhängig.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Kontextabhängigkeit der Konsolidierung
- Liberalisierung seit 1968
- Verfassungsgebung
- Wahl- und Regierungssystem
- Die Ebenen der Konsolidierung
- Konsolidierung der Institutionen
- Politische Institutionen
- Verfassungsorgane
- Aktuelle Probleme
- Repräsentative Konsolidierung
- Verhaltenskonsolidierung
- Demokratiestützende Staatsbürgerkultur
- Motor: Strukturwandel
- Die Rolle der EU
- Die Problematik der Roma
- Konsolidierung der Institutionen
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Konsolidierung der Demokratie in Ungarn, einem Land, das als einer der ersten Kandidaten für die Aufnahme in die Europäische Union im Rahmen der Osterweiterung gilt. Der akteurstheoretische Ansatz wird verwendet, um zu analysieren, ob Ungarn mit Blick auf Institutionen, Parteien, Interessengruppen, das Verhalten relevanter Akteure und die Staatsbürger bereits als konsolidiert gelten kann. Die Arbeit beleuchtet die Besonderheiten der ungarischen Transformation und untersucht, ob trotz der Herausforderungen durch die Roma-Problematik und die anhaltende Korruption eine stabile und konsolidierte Demokratie entstanden ist.
- Kontextabhängigkeit der Konsolidierung in Ungarn
- Vier Ebenen der Konsolidierung nach Linz/Stepan
- Institutionelle Konsolidierung und ihre Herausforderungen
- Repräsentative Konsolidierung und die Rolle der Zivilgesellschaft
- Entwicklung einer demokratiestützenden Staatsbürgerkultur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Konsolidierung der Demokratie in Ungarn und führt in das Trilemma der gleichzeitigen Transformation des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systems ein. Sie beschreibt die Besonderheiten der ungarischen Transformation und die Bedeutung des akteurstheoretischen Ansatzes für die Analyse der Konsolidierung.
Das erste Kapitel analysiert die Kontextabhängigkeit der Konsolidierung in Ungarn. Es beleuchtet die schrittweise Liberalisierung seit 1968, die Verfassungsgebung und das Wahl- und Regierungssystem. Diese Faktoren bilden die Rahmenbedingungen für die Untersuchung der vier Ebenen der Konsolidierung nach Linz/Stepan.
Das zweite Kapitel untersucht die vier Ebenen der Konsolidierung: die Konsolidierung der Institutionen, die repräsentative Konsolidierung, die Verhaltenskonsolidierung und die demokratiestützende Staatsbürgerkultur. Es analysiert die Stärken und Schwächen der ungarischen Institutionen, die Entwicklung des Parteiensystems und der Zivilgesellschaft, die Rolle der Akteure in der Verhaltenskonsolidierung und die Entstehung einer demokratiestützenden Staatsbürgerkultur.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Konsolidierung der Demokratie, Ungarn, Osterweiterung, akteurstheoretischer Ansatz, Transformation, Institutionen, Parteien, Interessengruppen, Verhalten, Staatsbürgerkultur, Roma, Korruption, Linz/Stepan, Zivilgesellschaft, Strukturwandel, Europäische Union, Staatsbürgerschaft.
- Quote paper
- Andrea Friemann (Author), 2001, Die Konsolidierung der Demokratie in Ungarn, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6290
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