Zur Wahl des Themas „Sozialraumorientierung“ hat mich das Praktikum beim ASD Wegberg bewegt. Mein Praxisanleiter befasste sich damals mit der Konzeptionierung der Sozialraumorientierung für den Sozialraum Wegberg / Wassenberg und weckte hieran mein Interesse.
Die Recherchen zu dieser Hausarbeit waren so eine mehr als willkommene Gelegenheit, meine bis hierhin noch oberflächlichen Kenntnisse zu vertiefen. Im Folgenden werde ich nun versuchen die jeweiligen Begrifflichkeiten wie Sozialraum, sozialräumlich, Sozialraummanagement und Sozialraumorientierung durch Definition voneinander abgrenzen und jeweils erläutern sowie ggf. in Zusammenhang bringen oder ihre Verbindung zueinander ableiten. Sozialraumorientierung verstehe ich als ein Instrument des Sozialraummanagements in der Praxis. Ein weiterer Bestandteil des Managements eines Sozialraums ist die Gemeinwesenarbeit, die wiederum eine Wurzel der Sozialraumorientierung ist. Ich zähle mich zu den Befürwortern der Sozialraumorientierung und beziehe mich u.a. auf Hinte, Deinet und Thiersch. Allerdings zähle ich mich nicht zu den blinden, sondern zu den kritischen Verfechtern. Diese Positionierung soll sich wie ein roter Faden durch die Hausarbeit ziehen. Unter Berücksichtigung des kritisch hinterfragenden, wissenschaftlichen Arbeitens gebe ich natürlich auch den Kritikern Platz in meiner Hausarbeit.
Inhalt
Einleitung
1. Der Begriff Sozialraum
1.1 Definition Sozialraum
1.2 Definition Sozialraummanagement
1.3 Zur Definition von Sozialraumorientierung
2. Im Widerstreit zwischen fachlicher Innovation & rechtlicher Machbarkeit
3. Historische und aktuelle Entwicklungslinien
3.1 Planungseinheit Sozialraum
3.2 Gemeinwesenarbeit als ‚Soziale Arbeit mit dem Sozialraum’
3.3 Sozialraumorientierung vs. Verwaltung
4. Realisierung der Sozialraumorientierung
4.1 Die aktuelle Situation
4.2 Budgetierung – Ja oder Nein
4.3 Synergieeffekte nutzen
4.4 Beschäftigung mit der Unsicherheit gegenüber einer sozialräumlichen Budgetierung
5. Pro & Contra Sozialraumorientierung
5.1 Konzept nach Hinte
5.2 Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe
5.3 Kontraktmanagement
5.4 Fördernde Mittel für die Sozialraumorientierung
5.5 Hindernisse durch gesetzliche Regelungen
5.6 Kritik an Sozialraumorientierung
5.7 KJHG – Vereinbarkeit mit dem & Konsequenzen für den sozialräumlichen Planungsansatz
Schlusskommentar
Literatur
Einleitung
Zur Wahl des Themas „Sozialraumorientierung“ hat mich das Praktikum beim ASD Wegberg bewegt. Mein Praxisanleiter befasste sich damals mit der Konzeptionierung der Sozialraumorientierung für den Sozialraum Wegberg / Wassenberg und weckte hieran mein Interesse.
Die Recherchen zu dieser Hausarbeit waren so eine mehr als willkommene Gelegenheit, meine bis hierhin noch oberflächlichen Kenntnisse zu vertiefen.
Im Folgenden werde ich nun versuchen die jeweiligen Begrifflichkeiten wie Sozialraum, sozialräumlich, Sozialraummanagement und Sozialraumorientierung durch Definition voneinander abgrenzen und jeweils erläutern sowie ggf. in Zusammenhang bringen oder ihre Verbindung zueinander ableiten.
Sozialraumorientierung verstehe ich als ein Instrument des Sozialraummanagements in der Praxis. Ein weiterer Bestandteil des Managements eines Sozialraums ist die Gemeinwesenarbeit, die wiederum eine Wurzel der Sozialraumorientierung ist.
Ich zähle mich zu den Befürwortern der Sozialraumorientierung und beziehe mich u.a. auf Hinte, Deinet und Thiersch. Allerdings zähle ich mich nicht zu den blinden, sondern zu den kritischen Verfechtern. Diese Positionierung soll sich wie ein roter Faden durch die Hausarbeit ziehen.
Unter Berücksichtigung des kritisch hinterfragenden, wissenschaftlichen Arbeitens gebe ich natürlich auch den Kritikern Platz in meiner Hausarbeit.
1. Der Begriff Sozialraum
Sinnverwandt zum Begriff der Lebenswelt findet die Bezeichnung Sozialraum ihre Verwendung. Der inhaltlichen Bestimmung nach benennen beide ein kleinräumiges Gebilde ohne eine gegenseitige, klare Abgrenzung. Der Alltags-Radius von Menschen in der Durchführung ihrer täglichen Bedürfnisse und Interessen etc. ist altersbedingt sehr ungleich. Eine Gleichstellung - der Einfachheit halber – von Kommune und Sozialraum, jenseits administrativer Strukturen, ist jedoch nicht ausreichend. Die Kommune wäre in diesem Kontext nicht nur als ein Zentrum der Lebenswelt eines Bürgers zu verstehen, also das nächste Wohnumfeld und die Wohnung. Der Sozialraum hingegen schon, auch wenn der Bürger sogar teilweise außerhalb jenes Raumes seine Bedarfe abdeckt.[1]
1.1 Definition Sozialraum
Einer freien Definition nach, ist der Sozialraum der Ort, „… an dem die Menschen leben, einen Teil ihrer Freizeit verbringen, den sie auf ihre eigen(artig)e Weise gestalten, wo sie einkaufen, Kontakte pflegen und ihr Auto abstellen. (Springer 1995. In: Hinte, Wolfgang: Fall im Feld.)[2]
Als "Sozialraum" wird die soziale und institutionelle Infrastruktur einer bestimmten Region bzw. eines Stadtteils bezeichnet. Die Definition von Sozialräumen orientiert sich üblicherweise an den bestehenden Verwaltungsgliederungen einer Region.[3]
1.2 Definition Sozialraummanagement
Zuvor muss erläuternd aufgeführt werden, dass Soziale Arbeit aktuell primär über folgende Dimensionen gesteuert wird: 1. über den Einzelfall; 2. über die Immobilie (stationäre Einrichtungen, Jugendzentren usw.); 3. über die Abteilung/den Fachdienst und 4. über die Zielgruppe.
Will sich ein Träger sozialer Arbeit nun respektvoll und mit dem Willen, im Interesse der Betroffenen im Sozialraum gestaltend wirken, als anschlussfähig an die Lebenswelt erweisen will, muss er als sinnstiftende Folie eine Steuerungsdimension wählen, die essentiell durch die Lebenswelt und weniger durch die Bürokratie verwirklicht wird.
Die Fähigkeit eines geschickten Managements zeigt sich darin, die unterschiedlichen Steuerungsdimensionen auf eine Art und Weise in der jeweiligen Organisation abzubilden, dass sie sich vervollkommnen, und zwar stets im Hinblick auf den ursprünglichen fachlichen Auftrag. Management im sozialen Raum fordert deshalb von vielen Einrichtungen erst mal ein gepflegtes Management der eigenen Institution im sozialen Raum, und zwar in ihren Kontakten zu den Menschen und Einrichtungen des Stadtteils, insbesondere zu unmittelbaren Bezugspunkten (etwa zwischen ASD und Trägern der Hilfen zur Erziehung). Jeder Institution wird dementsprechend eine Öffnung auf mehreren Stufen abverlangt: Einerseits in das Wohnquartier hinein und Andererseits hin zu den übrigen Einrichtungen, die sich eventuell in einem verwandten Verlauf befinden.[4]
Sozialraummanagement besteht u.a. aus der Analyse des jeweiligen sozialen Raums und dort der (Vor-)Entwicklung / Planung von Angeboten / Maßnahmen, der Durchführung / Umsetzung (Begleitung, Anregung), sowie der Auswertung / Evaluation (Effektivität, Effizienz) jener Arbeiten.
Einer Definition des Sozialraummanagements nach, ist es die Befriedung eines Gemeinwesens unter Berücksichtigung der Interessen benachteiligter Gruppen (frei nach Dipl.-Soz.Päd. Arnold / FH D).
1.3 Zur Definition von Sozialraumorientierung
Was Sozialraumorientierung ist, und welche Inhalte diesen Fachausdruck ausmachen, ist in der wissenschaftlichen Fachdiskussion umstritten. Selbst für Fachkräfte in Planung und Praxis Sozialer Arbeit, bedeutet diese Unübersichtlichkeit überwiegend, dass die Diskussion über Sozialraumorientierung Unklarheit stiftet, weil sie vielfach in Absicht und Begründung undeutlich sind.[5]
Hinter dem Konzept der Sozialraumorientierung steht ein professionelles Projekt. Es hat mehrere Wurzeln. Zum Einen die Gemeinwesenarbeit (u.a. Aktivierung von Bürgern in / und Stadtquartieren) und zum Anderen die Lebensweltorientierung (Thiersch). Der Sozialen Arbeit, die sich an der Lebensweltorientierung orientiert, ist es ein spezielles Anliegen, dass gegebene Lebensumstände zwar durchaus problematische und defizitäre Formen einer Lösung von Problemen aufweisen können, jedoch auch überwiegend nutzbare Anstöße und effektive Ressourcen beinhalten. Deshalb scheint es ein Auftrag einer entsprechend angelegten Sozialen Arbeit zu sein, jene Ressourcen gemeinsam mit Hilfesuchenden zu schaffen. Im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes sollen einzelne Leistungen für Hilfesuchende nicht mehr streng getrennt werden und Leistungsbringer sollen sich am Sozialen Raum eines Bürgers orientieren, indem beachtet wird, dass eine enge Verbindung zwischen sozialräumlichen Strukturen sowie individuellen Problemlagen vorhanden ist. Dieser Zusammenhang ist die ausschlaggebende Basis der Sozialraumorientierung. Mit ihr ist eine konzeptionelle wie auch eine professionelle Umorientierung verbunden, die sich mit dem Zitat „Vom Fall zum Feld“ (Hinte 2001) greifbar beschreiben lässt.[6]
„Die Bezugnahme erzieherischer Hilfen auf den Sozialraum erfordert eine wohnortnahe und regional zugängliche Organisation von Hilfen.“[7] Die örtliche Etablierung von Hilfeeinheiten – nach einer ggf. notwendigen Dezentralisierung einer Institution -, die möglichst zahlreiche Leistungen aus einer Hand, also von einem Fachkräfte-Team erbringen können, ist ein wichtiges Ziel. Das Subsidiaritätsprinzip prägt das Arbeitsverhältnis von öffentlichen und freien Trägern. Um der Trägerpluralität gemäß KJHG gerecht zu werden, muss es allen freien Trägern in einem Ort ermöglicht werden, sich an einem solchen regionalen Projekt der Sozialraum- orientierung zu beteiligen. So wird eine Monopolstellung vermieden und das Wunsch- und Wahlrecht der Bürger, wird u.a. über die Wahrnehmung der Lotsenfunktion der öffentlichen Träger, gewährleistet.[8]
2. Im Widerstreit zwischen fachlicher Innovation & rechtlicher Machbarkeit
Die Umsetzung eines Projektes zur Sozialraumorientierung ist ohne Zweifel eine Top-down-Aufgabe, d.h. es ist ein Mandat öffentlicher und politischer Entscheidungsträger notwendig, um die Schaffung eines Lotsengremiums zu verwirklichen, welches regional eingegliederte Leistungserbringer in der Disziplin bündelt, eine bessere Ausrichtung der einzelnen Institutionen an den sozialen Bezügen im räumlichen Umland zu bewerkstelligen[9].
Im Verlauf des Wechsels von der Zuwendungs- zur Entgeltfinanzierung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, entwickelte sich das Konkurrenzprinzip, dessen Co-Existenz mit dem Subsidiaritätsprinzip bislang der Undenkbarkeit unterlag.[10]
Die Politik hat zwei Möglichkeiten zur Erreichung ihrer Ziele: Geld und Recht. Weiter in der Politik zu verfahren wie bisher, ist in diesem Feld der Sozialen Arbeit nicht mehr tragbar.
Eine Auseinandersetzung um eine Sozialraumorientierung – speziell in der Kinder- und Jugendhilfe – ist absolut notwendig. Es gibt jedoch keine rechtlichen Grundlagen für diese Neugestaltung und die finanziellen Mittel sind begrenzt.[11] In der bereits erwähnten Formel Vom Fall zum Feld ist enthalten, dass „… mit ihr eine (handlungs-)methodische Perspektiven-
verschiebung angezeigt [ist], die sich von einer ausschließlichen Personenorientierung löst und auf einen Einbezug des Gemeinwesens in die professionelle Leistungserbringung drängt […].“[12] Neu ist an der Sozialraumorientierung, dass es mit dem Willen und der Unterstützung des Gemeinwesens in die Tat umgesetzt werden kann. Interessant ist, dass sie aus der Mitte ihrer Disziplin und der Profession zugleich entstammt. Das Konzept der Sozialraumorientierung befasst sich mit der Einleitung einer Entdifferenzierung, die die Anzahl von Spezialisierungs- bereichen zurückfährt. Davon ist dann die Rede, wenn die professionelle Hilfe den Ansprüchen sowie den Besonderheiten eines Bürgers nicht mehr genügt, da diese ihre eigene Angebotslogik schon in die Diagnose des Falls implementiert hat. Es stellt sich aber die Frage der rechtlichen Machbarkeit der Sozialraumorientierung im Rahmen des SGB VIII.[13] Jene lässt sich an folgenden – teilweise bereits aufgeführten - problematischen Punkten festmachen:
- „Wunsch- und Wahlrecht
- Trägerpluralität
- Finanzierungsmodalitäten
- Gesamtverantwortung für das Hilfeangebot.“[14]
Die Sozialraumorientierung gilt als Innovation, zur Verbesserung der Praxis.
[...]
[1] Vgl. FROHNHOFEN, Achim: Projektkonzept Sozialraumorientierung im Kreis Heinsberg (Bereich Wegberg/Wassenberg) (I). Wegberg: o.V. 8/2004.
[2] www.uni-essen.de/issab/publikat/Feld1.html - 07.01.05 um 17:45
[3] Vgl. www.bmfsfj.de/Politikbereiche/kinder-und-jugend,did=13620,render=renderPrint.html – 07.01.05 um 17:30
[4] Vgl. www.sgbviii.de/S135.html - 07.01.05 um 17:35 (Hinte: Fall im Feld)
[5] Vgl. HINTE, Wolfgang: Sozialraumorientierung und das Kinder- und Jugendhilferecht – ein Kommentar aus der Umsetzungsperspektive einer Kommune. In: Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. (Hrsg.): Sozialraumorientierung auf dem Prüfstand. Rechtliche und sozialpädagogische Bewertungen zu einem Reformprojekt in der Jugendhilfe. München: o.V. 2001, S. 125–156.
[6] Vgl. FROHNHOFEN, Achim: Projektkonzept Sozialraumorientierung im Kreis Heinsberg (Bereich Wegberg/Wassenberg) (I). Wegberg: o.V. 8/2004.
[7] A.a.O., S. 6.
[8] Vgl. a.a.O., S. 6 – 8.
[9] Vgl. a.a.O.
[10] Vgl. MERTEN, Roland (Hrsg.): Sozialraumorientierung. Zwischen fachlicher Innovation und rechtlicher Machbarkeit. Weinheim, München: Juventa 2002, S. 10.
[11] Vgl. a.a.O., S. 9 f.
[12] A.a.O., S. 12.
[13] Vgl. a.a.O., S. 12 ff.
[14] A.a.O., S. 14.
- Quote paper
- Dipl.-Soz.Päd. Mario Kilian Diederichs (Author), 2005, Sozialraummanagement in der Praxis - Sozialraumorientierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62707
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