Ziel jeder wissenschaftlichen Tätigkeit ist es, einen Zuwachs an Erkenntnis durch Generierung von verallgemeinerbarem Wissen, erklärungskräftigere Theorien, exaktere Beschreibungen und bessere Methodologien zur Lösung von wissenschaftlichen Problemen zu erhalten. Die zentrale Grundlage einer fundierten Forschung bildet dabei die Bildung von Theorien und Hypothesen über Phänomene. Diese wurde von den Wissenschaften lange nicht genügend beachtet.
In der Marktforschung wurde eine ganzheitliche Methode zur Theoriekonstruktion entwickelt, die die Wichtigkeit der Konzeptbildung in den Vordergrund stellt und besser auf die komplexen Fragestellungen und kausalen Wirkungsstrukturen dieses Forschungsgebietes zugeschnitten ist, als die bisherigen Arbeitsweisen.
Diese Arbeit wird nun zuerst die Philosophien der bisherigen Forschungsmethoden und deren Mängel beschreiben. Anschließend wird die Methodik des ganzheitlichen Ansatzes nach Bagozzi (1984) beleuchtet, der eine Brücke zwischen den Ideologien der Wissenschaft und den Forschungskonzepten schlägt und den Grundstein für eine solide Theoriekonstruktion legt. Schlussendlich werden Kritikpunkte dieser kausalanalytischen Analysemethode sowie alternative Ansätze und neue Methoden zur Theoriekonstruktion betrachtet und diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Konstruktion von Theorien und Hypothesen
2.1 Der logische Empirizismus und die Received View
2.2. Der kritische Rationalismus
2.3 Der ganzheitliche Ansatz
3. Kritik und alternative Methoden
3.1 Formative Indikatoren
3.2 Das C-OAR-SE Verfahren zur Bildung von Skalen
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Ziel jeder wissenschaftlichen Tätigkeit ist es, einen Zuwachs an Erkenntnis durch Generierung von verallgemeinerbarem Wissen, erklärungskräftigere Theorien, exaktere Beschreibungen und bessere Methodologien zur Lösung von wissenschaftlichen Problemen zu erhalten. Die zentrale Grundlage einer fundierten Forschung bildet dabei die Bildung von Theorien und Hypothesen über Phänomene. Diese wurde von den Wissenschaften lange nicht genügend beachtet.
In der Marktforschung wurde eine ganzheitliche Methode zur Theoriekonstruktion entwickelt, die die Wichtigkeit der Konzeptbildung in den Vordergrund stellt und besser auf die komplexen Fragestellungen und kausalen Wirkungsstrukturen dieses Forschungsgebietes zugeschnitten ist, als die bisherigen Arbeitsweisen.
Diese Arbeit wird nun zuerst die Philosophien der bisherigen Forschungsmethoden und deren Mängel beschreiben. Anschließend wird die Methodik des ganzheitlichen Ansatzes nach Bagozzi (1984) beleuchtet, der eine Brücke zwischen den Ideologien der Wissenschaft und den Forschungskonzepten schlägt und den Grundstein für eine solide Theoriekonstruktion legt. Schlussendlich werden Kritikpunkte dieser kausalanalytischen Analysemethode sowie alternative Ansätze und neue Methoden zur Theoriekonstruktion betrachtet und diskutiert.
2. Konstruktion von Theorien und Hypothesen
Grundlegend für die Theoriekonstruktion ist die Art der Erkenntnisgewinnung. Dabei lassen sich hauptsächlich zwei Paradigmen unterscheiden, die aus der Philosophie stammen: der logische Empirizismus und der kritische Rationalismus. Beide werden im Folgenden untersucht und es werden Implikationen für die Konzeptbildung erläutert.
2.1 Der logische Empirizismus und die Received View
Diese philosophische Richtung ist eng verbunden mit dem logischen Positivismus des Wiener Kreises und postuliert, dass wissenschaftliche Erkenntnis allein auf Erfahrung beruht. Demnach sind alle Terme einer Wissenschaftssprache ohne vorherige Definition oder vorheriges Verstehen der Bedeutung erklärbar. Eine Aussage sei nur dann sinnvoll, wenn man sie durch Erfahrung als wahr oder falsch erweisen kann. Der logische Empirizismus lehnt metaphysische Analysen ab, die über die bisherige Erkenntnis hinausgeht.
Bagozzi (1984) betrachtet in seinem Artikel die strukturellen Aspekte der Theorie-Konstruktion, also die Konzepte und Hypothesen einer Theorie, die einbezogenen Messungen und Beobachtungen, und die formale Zusammenfassung dieser Elemente. Er formuliert einen Ansatz der auf den logischen Empirizismus basiert – die „Received View“. Das logische Empirizismus–Modell der Theoriestruktur wird dabei wie folgt charakterisiert.
Eine wissenschaftliche Theorie besteht immer aus sprachlichen Termen und einem logisch-mathematischen Kalkül (Bagozzi, 1984). Die sprachlichen Terme wiederum enthalten theoretische und empirische Sprache. Mit den theoretischen sprachlichen Termen können theoretische Konzepte einer Theorie repräsentiert werden und mit den empirischen sprachlichen Termen werden empirische Konzepte dargestellt. Die Beziehung zwischen den theoretischen und empirischen Konzepten wird durch Korrespondenzregeln spezifiziert. Mit ihrer Hilfe können hypothetische Konstrukte operationalisiert werden. Das logische Kalkül besteht aus grundlegenden formalen Überlegungen und Schlussfolgerungen und liefert den sprachlichen theoretischen und empirischen Termen eine grundlegende Bedeutung. Die theoretischen Terme, Konzepte und Bedeutungen bilden zusammen die theoretischen Postulate einer Theorie und die empirischen Terme, Konzepte und Bedeutungen ergeben die implizierten empirischen Beobachtungen einer Theorie. Zusammen bilden die Theorie, die Beobachtungen und die Korrespondenzregeln als Verbindung die TCO (Theory, Correspondence Rules, Observation).
Empirische Bedeutung erhalten die theoretischen Aussagen durch Korrespondenzregeln. Die am häufigsten unter dem logischen Empirizismus verwendete Form von Korrespondenzregeln ist das „partielle Interpretation“ Modell. Dabei ist die Bedeutung einer theoretischen Aussage nur unter besonderen Testkonditionen spezifiziert, denn die theoretische Aussage erhält nur unter besonderen Messbedingungen empirische Bedeutung. D.h. einerseits, dass jede theoretische Aussage multiple Operationalisierungen erlaubt und dadurch interne Konsistenz (Reliabilität) und Konstruktvalidität testbar ist. Konstruktvalidität ist das Ausmaß, zu dem eine Operationalisierung das richtige Konzept misst und zu dem eine Messung nicht durch systematische Fehler verfälscht wird. Andererseits verändert jede Änderung der Messprozedur auch die Bedeutung der Aussage.
In der Marketing-Forschung wurde die Form der Theoriekonstruktion des empirischen Empirizismus selten angewandt. Wissenschaftler haben sich der Grundsätze der Theorienbildung nur teilweise bedient, weshalb die bisherige Marketing-Forschung auf unvollständigen Theorien beruht. In der gegenwärtigen Marketing-Praxis können nach Bagozzi folgende Mängel aufgezeigt werden.
Die erste Unzulänglichkeit betrifft die Korrespondenzregeln. Diese werden häufig gar nicht oder nicht ausreichend spezifiziert und es werden selten deren Implikationen untersucht. Dadurch ist die Bedeutung einer theoretischen Aussage nicht beurteilbar, da die Beziehung zwischen den theoretischen und empirischen Konzepten nicht betrachtet wird. Wenn jedoch die Verbindung zwischen theoretischem Konstrukt und deren Messung fehlt, kann keine Konstruktvalidität untersucht werden. Somit werden keine empirischen Generalisierungen gefunden, die als Beweis der zugrunde liegenden theoretischen Aussage interpretiert werden können. Letztendlich führen das Fehlen von Korrespondenzregeln und validen Messungen dazu, dass Hypothesen nicht richtig falsifiziert werden können.
Ein weiterer Mangel berührt die Genauigkeit der Messungen. Der wahre Wert einer Variablen weicht in der Regel vom gemessenen Wert ab, was durch zufällige und systematische Fehler verursacht wird. Bei den bisherigen Forschungsmethoden wird jedoch der systematische Fehler meist nicht betrachtet, was zu falschen Interpretationen der Messresultate führt.
Die fehlende Spezifikation des Grundprinzips, das der Hypothese über theoretische Konstrukte zugrunde liegt, ist ein nächster Mangel. Die Erklärung der postulierten Beziehungen ist oft ungenau oder unvollständig, es fehlt eine genaue Begründung von Ursache und Wirkung. Als Folge ist die gesamte Theorie lückenhaft und kann somit keine generelle Erklärung für das betrachtete Phänomen abgeben oder genaue Vorhersagen treffen. Das Ziel der Theoriekonstruktion, Wissen zu generieren wird verfehlt.
Ein weiteres Problem ist die fehlende systematische Berücksichtigung von alternativen Hypothesen. Denn durch methodologische Einflüsse bei der Theorieprüfung und nicht eindeutige oder unvollständige Theorien (fehlende Berücksichtigung von Drittvariablen) führen dazu, dass die Ergebnisse unterschiedlich interpretiert werden. Eine Lösung wäre, parallel zur laufenden Untersuchung alternative Erklärungen für das zu erforschende Phänomen zu suchen und zu testen.
Eine Letzte von Bagozzi genannte Unzulänglichkeit ist die Konzentration von Wissenschaftlern entweder auf die Theorie oder auf die Beobachtungen. Zudem werden wie oben erwähnt die Korrespondenzregeln nicht explizit berücksichtigt und die Messfehler als vernachlässigbar angenommen. Es wird also nicht dem Beispiel der TCO gefolgt, sondern zuviel Gewicht auf einzelne Segmente davon gelegt. Insgesamt können dadurch die Ergebnisse nicht zweifelsfrei interpretiert werden.
Alles in allem gibt die Anwendung der TCO keine Garantie, dass alle Fehler und Einflüsse bei der Theoriekonstruktion berücksichtigt sind und dass alle Hypothesen richtig operationalisiert sind. Aber sie erlaubt einerseits die Schätzung von systematischen und zufälligen Fehlern, andererseits ermöglicht die TCO eine Untersuchung und Prüfung von latenten Phänomenen und die beobachtbaren Implikationen der Korrespondenzregeln.
Jedoch weist die Theoriekonstruktion nach dem logischen Empirizismus einige nennenswerte Probleme auf. Im Folgenden werden vier dieser fundamentalen Probleme aufgezeigt (vgl. Bagozzi, 1984).
Das erste Problem betrifft die Unterscheidung von theoretischen und empirischen sprachlichen Termen. Diese strenge Trennung ist nicht gerechtfertigt, da keine eindeutigen Kriterien für die Unterscheidung vorhanden sind. Es ist jedoch notwendig, beobachtbare und unbeobachtbare Begriffe klar zu definieren, um die Konstruktvalidität zu bestimmen und generalisierbare Beziehungen zu identifizieren.
Als zweites werden wieder die Korrespondenzregeln betrachtet. Diese geben den theoretischen Aussagen empirische Bedeutung und tragen so dazu bei, die Theorien zu verstehen und zu bewerten. Im logischen Empirizismus dienen Korrespondenzregeln dazu, den gesamten empirischen Gehalt der theoretischen Konstrukte zu liefern, ohne andere Quellen der empirischen Bedeutung zu berücksichtigen. Darüber hinaus tendieren die Interpretationen der Korrespondenzregeln in der Received View dazu, empirische Bedeutung von den theoretischen Aussagen auszuschließen und führen dadurch zu ambivalenten Ergebnissen.
Die dritte Problematik betrifft das Ziel der Forschung unter dem logischen Empirizismus. Dieses besteht darin, empirische Gesetzte wie z.B. Regelmäßigkeiten unter den Beobachtungen zu erhalten. Dabei wird der theoretische Teil der Forschung mitunter völlig ausgeklammert, was dazu führt, dass die Theorien nicht für neue kausale Zusammenhänge erweiterbar sind. Das Ziel sollte eher darin bestehen, theoretische Gesetzmäßigkeiten unter den theoretischen Konstrukten herzustellen um Generalisierungen aufzustellen, kausale Beziehungen aufzudecken und Messfehler zu berücksichtigen.
Das vierte und letzte betrachtete Problem der Received View betrifft die Richtung des Forschungsprozesses. In dem Paradigma des logischen Empirizismus ist die Wissensgenerierung ein induktiver und aufwärtsgerichteter Prozess, er beginnt also bei den Beobachtungen und führt über empirische Generalisierungen zu den theoretischen Konzepten. In den Wissenschaften beginnt jedoch der Prozess genauso häufig bei der Theorie.
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- Citation du texte
- Christina Jordan (Auteur), 2005, Theoriekonstruktion im Marketing, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62603
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