Öffentlichkeitsarbeit hat keinen guten Ruf. Zu hoch dotierte Beraterverträge, ethisch fragwürdige Arbeitsweisen, Bestechung von Journalisten und anderes mehr. All das wird PR-Leuten vorgeworfen – in einigen Fällen zu Recht. Vorwürfe dieser Art treffen die ganze Branche, obwohl man nicht davon ausgehen kann, dass die Mehrheit der PR-Leute tatsächlich ethisch fragwürdig agiert. Dieses schlechte Image will die PR-Zunft loswerden: Nicht umsonst hat sie sich, nicht aus staatlichem Zwang, sondern aus PR-Gründen, ein Selbstkontrollorgan gegeben. Dies ist der PR-Rat. Er fällt seine Urteile über PR-Sünder auf Grundlage von Kodizes und Richtlinien, die sich die PR-Zunft im In- und Ausland gegeben hat.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Vom Nutzen der Kodizes
1.1. Anforderungen an Kodizes
2. Internationale Kodizes
2.1. Der Code of Conduct der IPRA
2.2. Der Code d´Ethiques, auch Code d´Athenes
2.3. Der europäische Kodex eines professionellen Verhaltens in der
Öffentlichkeitsarbeit: Der Code Lisbonne
2.4. Die Charter of Rome der ICCO, auch Rome Charter genannt
3. Nationale Kodizes und Richtlinien
3.1. Grundsätze der Deutschen Public Relations-Gesellschaft (DPRG)
3.2. Grundsätze der PR-Agenturen e.V. (GPRA)
3.3. Die Sieben Selbstverpflichtungen eines DPRG-Mitgliedes
4. Analyse und Kritik der Kodizes
5. Der PR-Rat
5.1. Ratsverfahren
5.2. Sanktionsmöglichkeiten
Schluss
Quellenangaben
Einleitung
Öffentlichkeitsarbeit hat keinen guten Ruf. Zu hoch dotierte Beraterverträge, ethisch fragwürdige Arbeitsweisen, Bestechung von Journalisten und anderes mehr. All das wird PR-Leuten vorgeworfen – in einigen Fällen zu Recht. Vorwürfe dieser Art treffen die ganze Branche, obwohl man nicht davon ausgehen kann, dass die Mehrheit der PR-Leute tatsächlich ethisch fragwürdig agiert. Horst Avenarius beschreibt den Ruf, den die PR-Arbeiter seiner Meinung nach noch bis in die jüngste Vergangenheit hatten, so: „Sie galten per se als moralisch zweifelhafte, weil nur dem privaten Eigennutz verpflichtete Berufsgruppe.“[1] Dieses schlechte Image will die PR-Zunft loswerden. Nicht umsonst hat sie sich nicht aus staatlichem Zwang, sondern aus PR-Gründen, ein Selbstkontrollorgan gegeben. Dies ist der PR-Rat. Im letzten Teil der Hausarbeit soll jener kurz vorgestellt und untersucht werden. Der PR-Rat fällt seine Urteile über PR-Sünder auf Grundlage von Kodizes und Richtlinien, die sich die PR-Zunft im In- und Ausland gegeben hat. Die wichtigsten jener Kodizes sollen in dieser Hausarbeit kurz vorgestellt werden. Zuerst aber gilt es, sich über den Nutzen der Kodizes generell Gedanken zu machen.
1. Vom Nutzen der Kodizes
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den ethischen und moralischen Richtlinien der Public Relations ist in Deutschland noch recht jung. So wurden ethische Prinzipien der PR erstmals 1993 in München wissenschaftlich erörtert. Die Herbert Quandt-Stiftung hatte amerikanische und deutsche Wissenschaftler eingeladen, um über „normative Aspekte der Public Relations“ zu diskutieren. Mehr als unterschiedliche Bestandsaufnahmen und Ansichten zum Thema konnte die Tagung nicht vorweisen, ganz zu schweigen von einer systematischen Darstellung einer Ethik des Kommunizierens. Doch eines hatte diese Tagung klar gemacht: Auch in Deutschland gab es Bedarf sich mit PR-Richtlinien auseinanderzusetzen.
Etwa 10 Jahre zuvor, schrieben die US-Amerikaner James Grunigs und Ron Pearsons grundlegende Arbeiten über den hohen moralischen Wert des Dialogs. Publicity, Informationstätigkeit und Überzeugungsarbeit empfanden sie als moralisch fragwürdig. Lediglich eine symmetrische Zweiwegekommunikation, sprich der Dialog, beinhalte den erforderlichen Respekt vor dem Kommunikationspartner und sei deswegen moralisch gerechtfertigt. In den USA galt dieses Paradigma fortan. In Deutschland mussten sich die PR-Kodizes erst noch entwickeln. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts war es dann soweit: auch hierzulande wurde damit begonnen, eine „Ethik des Kommunizierens“ zu entdecken und über den Nutzen eines PR-Kodex nachzudenken.[2]
Horst Avenarius regte in diesem Zusammenhang dazu an, sich Gedanken zu machen, wozu ein Kodex gut sei. Er ging davon aus, dass ein Kodex „einer stärkeren Professionalisierung der Tätigkeit PR Vorschub leistet.“[3] Doch die Idee einer Dialog-PR, wie sie in den USA vorherrschte, war ihm zu unpraktisch: „Wer sich um praktikable Kodizes bemüht, muss primitiver ansetzen.“[4] Die Zauberformel „Dialog“, meinte Avenarius, sei zu abstrakt, Dialog sei nicht immer angebracht. Dies machte er deutlich: „Muss ich aber als Währungs- oder Kommunalpolitiker unbedingt mit Devisen- oder Grundstücksspekulanten kommunizieren, geschweige denn dialogisieren?“[5] Nach Avenarius ist es eine fixe Idee, dass ein Nichtkommunizieren unmoralisch sei.
Der Nutzen von PR-Kodizes sollte also laut Avenarius praktikabler Natur sein und darauf verzichten, sich in moralische Höhen zu versteigen, die auf den PR-Alltag nicht mehr anwendbar sind.
Etwas pragmatischer als Grunig und Pearson suchte Lucien Matrat nach dem Nutzen eines Kodex. 1986 unterschied er zwischen Berufs- und Moralkodex. So regelte seiner Ansicht nach der Berufskodex das geschäftsmäßige Verhalten von PR-Leuten gegenüber ihren Kollegen, Kunden und Mitarbeitern. Da der Berufskodex den Gesetzen und Gebräuchen des jeweiligen Landes entsprechen müsse, könne er niemals international gültig sein, so Matrat weiter. Der Moralkodex hingegen regele das zwischenmenschliche Verhalten und müsse universal anwendbar sein.[6]
Dem folgend, sieht Avenarius im Berufskodex einen größeren Nutzen als im Moralkodex. Letztgenannter habe jedoch eine stärkere Verpflichtungskraft für den Einzelnen.
Dean Kruckeberg betont vier praktische Vorteile eines Kodex und streicht damit vor allem den Nutzen heraus. So könne ein Berufskodex den PR-Leuten eine Richtschnur für ihr Handeln sein und zudem Agenturkunden oder Organisationen darüber informieren, was sie von ihren PR-Beratern erwarten und was sie nicht verlangen können. Zudem biete ein Kodex einen Anhalt für die Rechtmäßigkeit von Klagen gegen PR-Berater und biete überdies auch die Möglichkeit, sich gegen Klagen oder Vorwürfe zu verteidigen.[7]
Avenarius führt an, dass Kodextexte einfach und interpretierbar sein sollen, um der erstgenannten Anforderung Kruckebergs gerecht zu werden. Das treffe jedoch noch nicht zu. Die europäischen Kodizes seien zu wortreich und detailliert. Anderenfalls betont Avenarius, „könnten sie sehr wohl die Funktion erfüllen, die mancher Katalog von Handlungsmaximen oder Führungsleitsätzen für einzelne Unternehmen wahrnimmt: Solche Sätze fördern das Selbstbewusstsein und die Integration derjenigen, die sich dem Handlungsrahmen unterwerfen.“[8] Wären die Kodextexte prägnanter verfasst, glaubt Avenarius, dann erhielte auch das Berufsbild der PR schärfere Konturen.
Schlüge die Entwicklung der Kodizes diesen Weg ein, dann wäre auch die zweite Anforderung realistisch: „Ein anerkannter, vielfach vorgelebter, durch veröffentlichte Fälle erhärteter Kodex, textlich nachvollziehbar auch für Außenstehende, böte PR-Leuten eine Absicherung bei Konflikten mit Auftrag- oder Arbeitgebern.“[9]
Die beiden letztgenannten Anforderungen Kruckebergs an einen PR-Kodex fordern die Möglichkeit, Verstöße gegen einen Kodex zu sanktionieren. Der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) versucht diesen Anforderungen mit seinem Statut gerecht zu werden. Darin heißt es: „Der DRPR handelt in Verantwortung gegenüber dem gesamten Feld der öffentlichen Kommunikation. Seine Zuständigkeit ist daher nicht an Personen oder Verbände des Berufsstandes gebunden. Er wird sich auch mit beanstandeten PR-Vorgängen befassen die von Nichtmitgliedern der Trägerorganisation und Nichtfachleuten ausgelöst oder veranlasst werden.“[10]
Die von Kruckeberg geforderten Sanktionen gegen PR-Sünder werden nicht nur verhängt; sie werden auch in der Fachpresse beachtet und veröffentlicht. Nach Avenarius gibt es demnach „eine begrenzte Ächtung der Übeltäter“.[11]
1.1 Anforderungen an Kodizes
Dass Kodizes notwendig und nützlich sind, darüber hat Avenarius ausführlich geschrieben. Damit sie aber auch wirksam sein können, müssen sie bestimmten formalen Anforderungen gerecht werden. So sollten sie stets angemessen, verständlich und widerspruchsfrei sein. Angemessen heißt in diesem Zusammenhang, dass ein Kodex nur das behandeln sollte, was in seinen Zielbereich fällt. Die Beschreibung sollte dabei stets auf die zu lösenden Probleme passen.[12]
Verständlichkeit fordert klar abgesteckte Ziele, die eindeutig definiert sind. Eine solche Beschreibung dürfte hilfreicher sein als allzu umfangreiche und ungenau definierte Wünsche. Ein angenehmer Nebeneffekt von verständlich gehaltenen Kodizes, dürfte die bessere Transparenz von Zielen sein. Die Forderung nach Verständlichkeit impliziert auch eine Beschränkung der Anzahl der Zielsetzungen auf fachspezifisch notwendige. Nicht zuletzt sollte die Sprache einfach und präzise sein. Unter dieser Voraussetzung können Regeln und Ziele der Public Relations sowohl nach innen als auch nach außen verständlich artikuliert werden. Wortreiche und detaillierte Analysen sind anderswo, beispielsweise in der Ausbildung, besser untergebracht. In den Kodizes trügen sie lediglich zur Verwirrung, nicht aber zur Aufklärung bei.
Widerspruchsfreiheit bedeutet in diesem Zusammenhang schlicht, dass das Geschriebene gültig sein soll. Die in den Kodizes aufgestellten Normen sollen im Text nicht wieder negiert werden, da sonst die Kodizes als Ganzes nicht aussagekräftig wären.[13]
2. Internationale Kodizes
"Wer in anderen Ländern operiert, sollte deren nationale PR-Kodizes kennen, auch wenn sie vom deutschen PR-Rat nicht mitberücksichtigt werden. Er sollte sie sogar in der Sprache, in der sie verfasst sind, kennen; denn mit deren genauen Wortlaut wird er im Zweifelsfall konfrontiert."[14]
Internationale PR-Kodizes bilden oft die Grundlage für nationale Kodizes. Ein Grund, zumindest die wichtigsten kurz vorzustellen. Ein vollständiger und ausführlicher Überblick kann dabei allerdings nicht geleistet werden. Das würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen. Zudem soll die Auswahl der Kodizes auf europäische Kodizes beschränkt bleiben. Es geht zuerst darum, die Kodizes zeitlich einzuordnen, dann kurz zu beschreiben, womit sie sich primär beschäftigen. Daraufhin sollen einige Schwachstellen der Kodizes angesprochen werden.
2.1 Der Code of Conduct der IPRA
Der Code of Conduct der International Public Relations Association wurde 1961 in Venedig verabschiedet und richtet sich an einzelne Mitglieder der Organisation. Ihnen wird ehrenhaftes Verhalten sowohl im privaten, als auch im professionellen abverlangt. Die Sprache ist einfach, die Inhalte sind recht allgemein gehalten und nicht besonders zur Lösung spezifischer Probleme geeignet.
2.2 Der Code d´Ethiques, auch Code d´Athenes genannt
Beschlossen wurde der Kodex 1965 in Athen von der Generalversammlung des Centre Européen des Relations Publiques (CERP). Heute heißt die CERP Confédéderation Européene. Dieser Text ist die Grundlage sämtlicher Moralkodizes der nationalen und internationalen PR-Verbände. Der Franzose Lucien Matrat war der Autor des Code d´Athenes. Die deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) übernahm 1966 diesen Kodex. Eine neuere Version wurde 1968 als "Internationale ethische Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit" verabschiedet. PR-Organisationen, die unterzeichnet hatten, erklärten, dass sie den Kodex als Richtschnur anerkennen würden. Alle Übertretungen der Mitglieder werden, so denn Beweise vorliegen, geahndet. Der Code d´Athenes ist an die Deklaration der Menschenrechte angelehnt und sehr allgemein und abstrakt formuliert. Er richtet sich an die Mitglieder der Verbände, bietet jedoch kaum brauchbare Hilfestellungen für konkrete Probleme. Hinzu kommt, dass die einzelnen Punkte des Kodex keiner klar erkennbaren Systematik folgend unterteilt sind.
[...]
[1] Avenarius, Horst: Arbeitsweise und Urteilskriterien
Der Deutsche Rat für Public Relations, seine Aufgaben, sein Wirken, seine Struktur. http://www.drpr-online.de/statische/itemshowone.php4?id=24, Zugriff: 28. 5.05
[2] Vgl. ebd.
[3] Avenarius, Horst. In: Ambrecht/Zabel (Hrsg.): Normative Aspekte der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven. Eine Einführung. Westdeutscher Verlag, 1994. Seite 300
[4] Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000. Seite 386
[5] vgl. Avenarius, Horst. In: Ambrecht/Zabel (Hrsg.): Normative Aspekte der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven. Eine Einführung. Westdeutscher Verlag, 1994. Seite 385
[6] vgl. ebd. Seite 300
[7] Kruckeberg, Dean 1990. Zitiert nach Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000. Seite 386
[8] vgl. ebd.
[9] Vgl. Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000. Seite 386
[10] DRPR-Statut 1995: http://www.drpr-online.de/statische/itemshowone.php4?id=35
[11] Vgl. Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000. Seite 387
[12] Richter, Matthias: Ethik Kodizes der Public Relations. Auf: http://texte.matthias-richter.de/kodizes.php4, Zugriff: 04.05.05
[13] vgl. Richter, Matthias: Ethik Kodizes der Public Relations. Auf: http://texte.matthias-richter.de/kodizes.php4, Zugriff: 04.05.05
[14] DRPR: PR-Kodizes: http://www.drpr-online.de/statische/itemshowone.php4?id=27
- Citar trabajo
- Jenny Kramer (Autor), 2005, Kodizes und Richtlinien der Public Relations, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62337
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