Was tun, wenn's brennt? Wie gehe ich als Lehrer mit Konflikten in der Schule um? Wie oft gehen wir Konflikten aus dem Weg und scheuen uns, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, dabei ist Konfliktlösung garnicht sooo schwer, wie man sich das vorstellt. Die Psychologie bietet einige Ansätze, sich der Thematik zu nähern. Vorgestellt wird hier der Ansatz von Thomas Gordon, bekannt als die "Lehrer-Schüler-Konferenz". Sein Ansatz wird schließlich für den Unterricht in Lebenskunde-Ethik-Religion aufbereitet.
Inhalt
1. Was ist ein Konflikt? - Eine Einleitung
2. Wie entsteht ein Konflikt?
3. Voraussetzungen und Kompetenzen im Prozess der Konfliktlösung
a. Die Lehrer-Schüler-Beziehung
b. Kommunikation in der Schule: Die Sprache der Annahme, Aktives Zuhören und Du und Ich-Botschaften
c. Das Lernumfeld
4. Konfliktlösungen
a. Methode I und II: Sieg und Niederlage
b. Methode III: Konfliktlösung ohne Niederlage
5. Ansätze für den LER- Unterricht
6. Eine Selbstreflexion anhand von Aufzeichnungen im Blockseminar „Kommunikation und Konfliktlösung“
7. Literaturangaben
1. Was ist ein Konflikt? - Eine Einleitung…
Es gibt viele Möglichkeiten, sich wissenschaftlich mit Konflikten zu beschäftigen, auf jeder Ebene und unter den verschiedensten Perspektiven. Es existieren Konflikte in Beziehungen, genauso wie individuelle psychische Konflikte, z.B. Entscheidungen aus einem Dilemma heraus zu treffen und daraus resultierende Konsequenzen zu ertragen. Hauptakteure von Konflikten können Individuen, Gruppen oder gar Gesellschaften sein. Konflikte können sich um Einstellungen, um Werte, um Sachen, Gebiete oder um Missverständnisse zu drehen. Konflikte können große Dimensionen erreichen, z.B. Gewalt und Kriege auslösen und soziologische, religiöse oder politische Zusammenhänge sind da zu erforschen.
Es ist möglich, bei der Einordnung von Konflikte anhand ihrer Ebenen zu differenzieren, in
- Sach-Ebene (Sachkonflikte)
- Personale Ebene (Beziehungskonflikte und Innere Konflikte)
- Organisatorisch-strukturelle Ebene (Wertkonflikte)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(vgl. socioweb.de, 2006)
Konflikte sind allgegenwärtig. Sie tauchen in Alltag, wie in den Nachrichten auf. Es lohnt sich, sich damit zu beschäftigen, aber um nicht zu weit zu gehen, soll diese Arbeit sich auf der psychologisch-pädagogischen Perspektive sich mit dem Begriff des Konflikts innerhalb des Sozialraumes der Schule konzentrieren. Diese Arbeit erforscht, was man als Lehrer tun kann, um die Entstehung von Konflikten zu verhindern, wie man mit ihnen umgeht und sie löst, sofern sie doch, z.B. durch Erscheinungsbilder, wie z.B. Streit oder durch Gewalt, ausgetragen werden. Dabei konzentriert sich diese Arbeit auf Beziehungskonflikte zwischen Lehrer und Schüler, auf den Schulalltag und auf Ansätze für den LER - Unterricht im Hinblick auf die Vermittlungen von Konfliktlösungsstrategien.
Das Wort Konflikt stammt aus der lateinischen Vokabel „conflictcus“ und bedeutet soviel, wie „zusammenstoßen, aneinander geraten“ (vgl. Gordon, S. 166) und stellt daher immer eine Störung dar, die den Schulalltag, die Beziehungen zwischen den Beteiligten in der Schule, den Lehrauftrag und die und damit die Bildung der Schüler gefährdet.
Die Einsicht, dass Konflikte zum Schulalltag gehören, sowohl unter Schülern, unter Lehrerkollegen, als auch zwischen Schülern und Lehrern ist in dieser Gesellschaft äußerst schwer, denn diese Kultur ist darauf ausgerichtet, möglichst friedlich zusammen zu leben und daher werden Konflikte als „schlecht“ angesehen und viele Lehrer bezweifeln durch einen Konflikt ihre Qualität des Unterrichts und ihre berufliche Professionalität. Es ist daher also davon auszugehen, dass es zwangsläufig zu Konflikten kommen kann, es ist also weder „gut“, noch „schlecht“, dass es sie gibt. Die Frage besteht eher darin, wie häufig sie vorkommen, inwiefern und warum sie überhaupt immer wieder auftauchen und welche professionellen Möglichkeiten existieren, sie zu erkennen, zu verhindern, bevor sie eskalieren und wenn sie auftreten, inwiefern sie zu lösen sind.
2. Wie entsteht ein Konflikt?
Konflikte innerhalb der Beziehung zwischen Lehrer und Schüler entstehen, wenn „das Schülerverhalten in merklichen und konkreten Gegensatz zu der Befriedigung der Lehrerbedürfnisse steht.“ (Gordon, S. 166).
Es geht also um Bedürfnisse. Welche Bedürfnisse sind es, die hier kollidieren? Zunächst hat der Lehrer das Bedürfnis, zu lehren und der Schüler, zu lernen, wobei hierbei die Institution der Schule dies lediglich als Rahmenrichtlinie vorgibt, aber Schule ist mehr. Schule ist Sozialleben. Folgende Faktoren spielen im Bildungssektor z.B. ebenfalls eine Rolle:
- Pünktlichkeit
- Krankheiten und Behinderungen
- Herkunft und Staatsangehörigkeit (Gefühl der Ausgeschlossenheit) x Meinungen, Einstellungen und Werte
- Ordnung, Sauberkeit und Hygiene
- Verhalten, z.B. Störungen oder Mitarbeit
- Hilflosigkeit, Stress, Über- und Unterforderung x Erfolge und Misserfolge
- Emotionen, wie z.B. Angst, Trauer, Freude, Liebe, Neid und Eifersucht x Freundschaften und Gruppenprozesse (Peergroups..)
- Jugendkulturen (Trends, Mode, Musik…)
- Gesellschaftliche Bedingungen (Perspektivlosigkeit…)
Schule ist als Sozialraum, als Ort der Sozialisation, der Entwicklung und Erziehung zu verstehen. In diesem Zusammenhang ist die Schule zwangsläufig Austragungsort von Konflikten in diesen oder ähnlichen Bereichen, da Interessen in diesen Gebieten meist weit auseinander gehen. Schule ist mehr als Lehren und Lernen. Wenn Bedürfnisse vorhanden sind, so stehen Bedürfnisse von anderen nicht selten im Weg. Darauf entstehen unabwendbar Konflikte.
Schließlich sind es psychische Bedingungen, die das Lernen erschweren, wie z.B. Stress oder Angst, die Konflikte entstehen lassen. So spielen Frustrationen, z.B. entstanden durch Misserfolge oder gar Stimmungen, wie z.B. Versagensängste, eine Rolle. So kann ein Schüler z.B. sich auffällig verhalten, beispielsweise im Unterricht nicht mitarbeiten, weil er glaubt, eh zu versagen.
Es gibt eine große Bandbreite an Ursachen, die der Lehrer im Blick haben sollte, um die Schüler, die er zu unterrichten hat, zu verstehen, um schließlich ihre Sorgen, Probleme und Ängste zu respektieren und mit ihnen umzugehen, um daraufhin professionelle Auswege mit ihnen zu finden.
Auf der anderen Seite muss der Schüler sich eingestehen, dass es Grenzen gibt, wenn er seine Bedürfnisse innerhalb eines Sozialraumes verwirklichen will, wenn diese aber die Bedürfnisse von anderen, z.B. die des Lehrers oder die der Mitschüler, stört.
Schließlich sind Schüler, da sie sich in der Entwicklung befinden, kognitiv oft nicht immer in der Lage, die Tragweite ihrer Handlungen abzusehen, so dass sie dadurch sich selbst schädigen könnten, wodurch der Lehrer in der Verantwortung steht, die Bedürfnisse des Schülers in diesem Moment zu bremsen, wodurch Konflikte entstehen.
Um jeden Schüler herum besteht ein Lernumfeld, wie z.B. Eltern, durch die Konflikte, entstehen können, weil z.B. Eltern glauben, ihre Anliegen würden nicht ernst genommen werden.
Ein großer Beitrag für die Entstehung von Konflikten in der Schule bildet die Peergroup, die Gruppe der Gleichaltrigen. Viele Jugendlichen, vor allem Migranten, fühlen sich aufgrund einer hohen Perspektivlosigkeit oder durch ein Gefühl der Ausgeschlossenheit aus der Gesellschaft unterdrückt und bilden eine gruppendynamische Subkultur in ihrer Peergroup, in der es darum geht, in der Schule nicht mitzuarbeiten, da sie den Sinn von Schule aufgrund ihrer Perspektivlosigkeit eh gar nicht verstehen. Ständige Misserfolge und Versagensängste bestätigen ihre Ängste und führen schließlich zu Frust und damit zu Konflikten mit Lehrern.
Es lässt sich zusammenfassen: Konflikte in Schulen sind Störungen von Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern sowie von Störungen des Lernumfeldes des Kindes. Es fehlt also an professioneller Beziehungsgestaltung sowie an Möglichkeiten, ein positives Lernumfeld, ein positives Lernklima aufzubauen, insofern Konflikte immer wieder auftauchen.
3. Vorausserzungen und Kompetenzen im Prozess der Konfliktlösung
Es ist also im Schulalltag entscheidend, wie der Lehrer den Sozialraum der Schule gestaltet. Das betrifft vor allem eine Professionalität innerhalb der Lehrer-Schüler-Beziehung, die Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler sowie die Gestaltung eines störungsfreien Lernumfelds. Die Ziele der folgenden Möglichkeiten liegen immer wieder darin, ein möglichst störungsfreies und prosoziales Klassenklima zu erreichen, um Konflikte präventiv vorzubeugen, sie vorauszusehen und damit nicht entstehen zu lassen oder, insofern sie sich anbahnen, sie nicht eskalieren zu lassen. Die größte Voraussetzung dafür ist eine gute funktionierende Lehrer-Schüler Beziehung.
Die Lehrer-Schüler-Beziehung
„Ich erwarte Respekt.“ Diesen Satz hört man oft von Lehrern, die das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit von ihren Schülern befriedigt sehen wollen, diese Befriedigung aber nicht erhalten, stattdessen eher Ignoranz oder Störungen bekommen. Somit haben viele Lehrer ein Problem und gestalten einen Konflikt, indem sie behaupten, Kinder und Jugendlichen seien respektlos, aus dem sie herauskommen könnten, wenn sie ihre Beziehung zu den Schülern reflektieren würden und dabei feststellen würde, sie respektlos sie möglicherweise mit ihren Schülern umgehen. Möglicherweise würden viele Konflikte gar nicht erst entstehen, wenn Werte, wie Respekt oder Toleranz gegenüber Schülern den Unterricht prägen würden und ein positives Klassenklima entstehen würde, in der eine wechselseitige Kommunikation den Unterricht prägen würde. Entscheidend dafür ist die praktische und effektive Gestaltung einer solchen abstrakten positiven Lehrer-Schüler- Beziehung.
Solch eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung Beziehung besteht für Gordon (2004) vor allem in den folgenden Merkmalen:
- Offenheit und Transparenz
Das Risiko, dass Konflikte entstehen, verringert sich enorm, wenn die Beteiligten, d.h. Lehrer und Schüler ehrlich miteinander umgehen, d.h. offen darüber reden, was sie bewegt und motiviert, was sie vor allem stört und worin sie die Befriedigung ihrer Bedürfnisse blockiert sehen. Der größte Teil der Konflikte entstehen durch Missverständnisse, d.h. darüber, was möglicherweise aufgrund falscher Interpretationen einer Körpersprache falsch gedeutet wurde. Ein Konflikt eskaliert nicht, wenn jeder bereit ist, offen über sich und seine Eindrücke und Erlebnisse in Konfliktsituationen zu erzählen.
- Anteilnahme
Viele Konflikte entstehen, wenn Menschen untereinander, die in Beziehung stehen, nicht wissen, was jeder dem anderen bedeutet. Schnell entstehen durch Schüler Vorwürfe an Lehrer, wie z.B. „Er mag mich nicht, deshalb gibt er mir eine schlechte Note.“ Konflikte können verhindert werden, wenn Schüler und Lehrer sich gegenseitig verdeutlichen, in welcher Beziehung sie eigentlich stehen und wie diese Beziehungen an sich zu beurteilen sind. Schnell stellen dann Schüler fest, dass die Notenvergabe schließlich nicht an Sympathie oder Respektlosigkeit hängt, sondern schließlich und endlich doch an den Leistungen des Schülers bzw. der Lehrer stellt schließlich tatsächlich fest, dass er sich von Sympathie bei der Notenvergabe beeinflussen lässt.
- Gegenseitige Abhängigkeit
Lehrer und Schüler sind aufeinander angewiesen und daher besteht eine gegenseitige Abhängigkeit in jeder Klasse. Lehrer sollten sich bewusst werden, dass ihre Arbeit davon abhängig ist, wie gut die Schüler mitarbeiten und wie friedlich das Klassenklima an sich ist, während Schüler sich verdeutlichen müssen, dass das Klassenklima und das Verhalten des Lehrers auch von ihrem Verhalten abhängt. Schüler, wie Lehrer sollten daher sich bewusst machen, dass sie in gegenseitiger Verantwortung für ein prosoziales Klassenklima stehen, um Konflikte zu verhindern. Insofern dieses Verantwortungsbewusstsein nicht vorhanden ist, entstehen Schuldzuweisungen und damit Konflikte.
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