Für deutsche Unternehmen gewinnen die IAS/ IFRS immer mehr an Bedeutung, obwohl primär für kapitalmarktorientierte Unternehmen diskutiert, sind auch Personengesellschaften des Mittelstands von der Umstellung betroffen. Der Hoffnung auf höhere Eigenkapitalquoten stehen für Personengesellschaften allerdings vielfach noch Anwendungsprobleme entgegen. Die IFRS sind zwar rechtsformneutral gestaltet, aber vorrangig für Kapitalgesellschaften konzipiert. Ein zentrales Problem stellt dabei der erstmals für das Geschäftsjahr 2005 anzuwendende novellierte IAS 32 (rev. 2003) dar, nach dem Eigenkapital nur vorliegt, wenn ein Unternehmen keine bedingte oder unbedingte vertragliche Verpflichtung zur Lieferung von Geld oder anderen Vermögenswerten hat. Da der deutsche Gesetzgeber den Gesellschaftern von Personengesellschaften und Genossenschaften ein unbedingtes Kündigungsrecht im obigen Sinne zusichert, haben diese Einlagen den Charakter einesputtable instrument.Sie sind somit nicht als Eigen- sondern als Fremdkapital zu klassifizieren. Die FAZ titelte im Zusammenhang mit dieser Regelung in Ihrer Ausgabe vom 28.11.2005 “Müssen sich Personengesellschaften arm rechnen? Die IFRS - Rechnungslegung kann zur Überschuldung führen”. Die Regelungen zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital nach IFRS und deren kritische Würdigung im Hinblick auf ihre Zielsetzung speziell bei deutschen Personengesellschaften sind Gegenstand dieser Arbeit. Darüber hinaus sollen die Verbesserungsprojekte des IASB bzw. FASB betrachtet und aus deutscher Sicht gewürdigt werden. Ein weiterer zentraler Kritikpunkt der derzeitigen Regelung, die Konsequenzen für Mezzanine - finanzierte Unternehmen, die u.U. auch einen großen Teil ihres handelsrechtlichen Eigenkapitals als Fremdkapital ausweisen müssen, wird hier nicht näher betrachtet und nur erwähnt, wenn es dem Zusammenhang nach nötig ist.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital nach IAS 32 (rev. 2003)
2.1. Darstellung der Regelungen
2.2. Unmittelbare Konsequenzen
2.3. Ziel und Zweck der Abgrenzung
3. IAS 32 (rev. 2003) für deutsche Personengesellschaften
3.1. Darstellung
3.2. Kritische Würdigung
3.2.1. Kritik am Konzept
3.2.2. Kritik an den Folgen
3.2.3. Lösungsansätze
4. Aktuelle Weiterentwicklungen des IASB zur Eigenkapitalabgrenzung
4.1. Ergänzung zu IAS 32 „ Financial Instruments puttable at Fair Value “
4.2. FASB & IASB Gemeinschaftsprojekt „ Equity & Liabilities “
4.3. Würdigung der Konsequenzen
5. Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Für deutsche Unternehmen gewinnen die IAS/ IFRS[1] immer mehr an Bedeutung, obwohl primär für kapitalmarktorientierte Unternehmen diskutiert, sind auch Personengesellschaften des Mittelstands von der Umstellung betroffen. Der Hoffnung auf höhere Eigenkapitalquoten[2] stehen für Personengesellschaften allerdings vielfach noch Anwendungsprobleme entgegen. Die IFRS sind zwar rechtsformneutral gestaltet, aber vorrangig für Kapitalgesellschaften konzipiert.[3]
Ein zentrales Problem stellt dabei der erstmals für das Geschäftsjahr 2005 anzuwendende novellierte IAS 32 (rev. 2003) dar, nach dem Eigenkapital nur vorliegt, wenn ein Unternehmen keine bedingte oder unbedingte vertragliche Verpflichtung zur Lieferung von Geld oder anderen Vermögenswerten hat.[4]
Da der deutsche Gesetzgeber den Gesellschaftern von Personengesellschaften und Genossenschaften ein unbedingtes Kündigungsrecht im obigen Sinne zusichert, haben diese Einlagen den Charakter eines puttable instrument . Sie sind somit nicht als Eigen- sondern als Fremdkapital zu klassifizieren. Die FAZ titelte im Zusammenhang mit dieser Regelung in Ihrer Ausgabe vom 28.11.2005 “Müssen sich Personengesellschaften arm rechnen? Die IFRS - Rechnungslegung kann zur Überschuldung führen”.[5]
Die Regelungen zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital nach IFRS und deren kritische Würdigung im Hinblick auf ihre Zielsetzung speziell bei deutschen Personengesellschaften sind Gegenstand dieser Arbeit. Darüber hinaus sollen die Verbesserungsprojekte des IASB bzw. FASB betrachtet und aus deutscher Sicht gewürdigt werden.
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt der derzeitigen Regelung, die Konsequenzen für Mezzanine - finanzierte Unternehmen, die u.U. auch einen großen Teil ihres handelsrechtlichen Eigenkapitals als Fremdkapital ausweisen müssen,[6] wird hier nicht näher betrachtet und nur erwähnt, wenn es dem Zusammenhang nach nötig ist.
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2. Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital nach IAS 32 (rev. 2003)
2.1. Darstellung der Regelungen
Die Probleme der Eigenkapitalabgrenzung nach IFRS bei Personengesellschaften gehen auf die zum handelsrechtlichen Verständnis unterschiedliche Interpretation von Eigenkapital zurück.[7] Nach den IFRS ist Eigenkapital als Residualgröße definiert, der Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der Wertansätze aller Vermögenswerte und dem Buchwert des Fremdkapitals.[8] Diese Definition entspricht noch der im HGB[9], jedoch wird Eigenkapital in IAS 32 nicht an mehrere Kriterien[10] gebunden, sondern an einem Einzelkriterium gemessen. Ein Finanzinstrument ist nach IAS 32.16(a) nur dann als Eigenkapital auszuweisen, wenn der Kapitalgeber neben der Liquidation keinen vertraglichen Zahlungsanspruch gegen den Emittenten besitzt. Bei der Beurteilung ob ein Finanzinstrument diese Vorraussetzung erfüllt, ist nach IAS 32.15 und 32.18 explizit nicht die rechtliche Ausgestaltung, sondern die wirtschaftliche Substanz (auch: F.51) entscheidend. Eine getrennte Klassifizierung für jedes einzelne Finanzinstrument ist dabei durch den individual instrument approach vorgeschrieben.[11] Hat ein Investor aufgrund einer vertraglichen Gestaltung oder einer gesetzlichen Regelung ein Inhaberkündigungsrecht und kann so auch gegen den Willen des Unternehmens einen Mittelabfluss erzwingen, ist dieses Instrument ein puttable instrument i.S.v. IAS 32.18(b) und als Fremdkapital zu klassifizieren. Eine von vornherein vereinbarte Tilgung führt nach IAS 32.18 ebenfalls zwangsläufig zu Fremdkapital. Nur eine Tilgung bei Liquidation ist zulässig. Potentielle Vermögensabflüsse denen sich das Unternehmen nicht entziehen kann, führen zum Ausweis als Fremdkapital.[12] Bereits die mögliche Inanspruchnahme ist ausreichend.[13] Die Wahrscheinlichkeit eines Ressourcenabflusses spielt hier nur für den Fall, dass eine Eintrittsbedingung not genuine[14] ist, eine Rolle. Nur dann ist ein Ausweis einer bedingten Erfüllungsvereinbarung als Eigenkapital zulässig.[15] Ebenfalls Eigenkapital entgegenstehend sind Vergütungen, die nicht allein im Ermessen des Unternehmens stehen.[16] So ist z.B. ein jährlich fester Anteil am Gewinn für den Eigenkapitalausweis schädlich, eine Kopplung an die Dividende unschädlich. Denn sie liegt allein im Ermessen der Unternehmensorgane.[17] Selbst eine Erfüllung der besonders geschützten Eigenkapitalbestandteile hat in den IFRS im Gegensatz zum HGB keine Auswirkungen.[18] Einzig entscheidend für den Eigenkapitalausweis ist, ob sich ein Unternehmen der Rückzahlung aufgrund eines bedingungslosen Rechts entziehen kann.[19]
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2.2. Unmittelbare Konsequenzen
Als unmittelbare Ausweiskonsequenz erfolgt nach einer Klassifizierung von handelsrechtlichem Eigenkapital als Fremdkapital eine Umgliederung. IAS 32.23 schreibt eine Erstbewertung nach Umqualifizierung mit dem Barwert des Rückkaufbetrags vor, die Folgewertung erfolgt nach IAS 39, ist aber im Einzelnen nicht geregelt. Eine Folgebewertung zum beizulegenden Zeitwert scheint aber sachgerecht.[20] Für Eigenkapitalinstrumente entfällt eine Folgebewertung aufgrund ihrer Definition als Residualgröße.[21] Eine weitere entscheidende Konsequenz aus der Klassifizierung ergibt sich aus IAS 32.35, danach sind Vergütungen und Wertänderungen für Fremdkapitalinstrumente grundsätzlich ergebniswirksam zu erfassen, während die Vergütungen für Eigenkapitalinstrumente eine Ergebnisverwendung darstellen und vom Eigenkapital abzusetzen sind.
2.3. Ziel und Zweck der Abgrenzung
Das IASB versucht mit der Trennung anhand eines Kriteriums sachverhaltsgestaltende Maßnahmen einzuschränken. Dabei wird zwischen der Sphäre des Unternehmens und dem Kapitalgeber unterschieden,[22] denn sofern Unternehmensorgane über Mittelabflüsse entscheiden ist dies unschädlich für eine Klassifizierung als Eigenkapital.[23] Da speziell die Unentziehbarkeit von Ressourcen betont wird, kommt als Ziel der Abgrenzung auch die Fähigkeit zur Prognose künftiger Zahlungsströme in Frage.[24]
[...]
[1] Ab hier nur noch „IFRS“ genannt.
[2] Vgl. Rammert, Stefan/ Meurer, Holger : Geplante Änderungen in der Eigenkapitalabgrenzung nach IAS 32 - eine Erleichterung für deutsche Unternehmen?, in: PiR, Nr. 01/2006, S. 1-6, hier S. 1.
[3] Vgl. Broser, Manuela/ Hoffjan, Andreas/ Strauch, Joachim : Bilanzierung des Eigenkapitals von Kommanditgesellschaften nach IAS 32 (rev.2003), in: KoR, 4. Jg. (2004), S. 452-459, hier S. 452.
[4] Vgl. IAS 32.16 und IAS 32.19.
[5] Vgl. Wirth, Johannes : Müssen sich Personengesellschaften arm rechnen? Die IFRS-Rechnungslegung kann zur Überschuldung führen, in: FAZ, Nr. 277/2005, vom 28.11.2005, S. 20.
[6] Vgl. Harrer, Herbert/ Janssen, Ulli/ Halbig, Uwe : Genussscheine - Eine interessante Form der Mezzanine Mittelstandsfinanzierung, in: FB, 7. Jg. (2005), S. 1-7, hier S. 5.
[7] Vgl. Broser, Manuela/ Hoffjan, Andreas/ Strauch, Joachim , a.a.O. (Fn. 3), S. 452; Berger, Ralf/ Grünewald, Holger/ Kolb, Susanne : Zweifelsfragen bei der Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital bei Personenhandelsgesellschaften nach IFRS, in: PiR, Nr. 06/2005, S. 83-88, hier S. 83.
[8] Vgl. IASB - IFRS Framework F.49(c) und IAS 32.11.
[9] Vgl. Baetge, Jörg/Kirsch, Hans-Jürgen/Thiele, Stefan : Bilanzen, 8. Auflage, Düsseldorf 2005, S. 467.
[10] Vgl. Ebd., S. 510, sowie zu den Funktionen von Eigenkapital: Baetge, Jörg/ Brüggemann, Benedikt : Ausweis von Genussrechten auf der Passivseite der Bilanz des Emittenten, in: DB, 58. Jg., S. 2145-2151, hier S. 2146 f..
[11] Vgl. Rammert, Stefan/ Meurer, Holger , a.a.O. (Fn. 2), S. 3.
[12] Vgl. Isert, Dietmar/ Schaber, Mathias : Zur Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital nach IAS 32 (rev. 2003) Teil I, in: KoR, 5. Jg. (2005), S. 299-310, hier S. 301.
[13] Vgl. Leuschner, Carl-Friedrich/ Weller, Heino : Qualifizierung rückzahlbarer Kapitaltitel nach IAS 32 – ein Informationsgewinn?, in: WPg, 58. Jg. (2005), S. 261-269, hier S. 264.
[14] Vgl. IAS 32.25, danach sind realitätsferne ( not genuine ) Eintrittsbedingungen für einen Eigenkapitalausweis unschädlich.
[15] Vgl. IAS 32.25(a); Rammert, Stefan/ Meurer, Holger , a.a.O. (Fn 2), S. 2.
[16] A.A. Küting, Karlheinz/ Dürr, Ulrike : „Genüsse“ in der Rechnungslegung nach HGB und IFRS sowie Implikationen im Kontext von Basel II, in: DStR, 43. Jg. (2005), S. 938-944, hier S. 942.
[17] Vgl. IDW , Einzelfragen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS (IDW ERS HFA 9 n.F.) – Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital nach IAS 32, in: WPg, 58. Jg. (2005), S. 670-676, hier Tz 19, S. 672, Zitierweise: IDW ERS HFA 9 n.F..
[18] Vgl. Leuschner, Carl-Friedrich/ Weller, Heino a.a.O. (Fn. 13) S. 265.
[19] Vgl. Breker, Norbert/ Harrison, David A./ Schmidt, Martin : Die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital, in: KoR, 5. Jg (2005), S. 469-479, hier: S. 470.
[20] Vgl. IDW , IDW ERS HFA 9 n.F., a.a.O. (Fn. 17) Tz. 50., S. 675.
[21] Vgl. Breker, Norbert/ Harrison, David A./ Schmidt, Martin , a.a.O. (Fn. 19) S. 470, sowie zur Definition als Residualgröße Fn. 8.
[22] Vgl. Breker, Norbert/ Harrison, David A./ Schmidt, Martin , a.a.O. (Fn. 19), S. 473.
[23] Vgl. dazu die Ausführungen in 2.1..
[24] Vgl. Breker, Norbert/ Harrison, David A./ Schmidt, Martin , a.a.O. (Fn. 19), S. 477.
- Arbeit zitieren
- Stefan Fenner (Autor:in), 2006, Kritische Würdigung der Eigenkapitalabgrenzung nach IAS 32, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62088
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