Freiheit und Determination sind nie absolut, sondern greifen ineinander. Menschen sind grundsätzlich durch biologische und soziale Vorgaben disponiert, die die Individualität eines Menschen ausmachen und gleichsam das Instrumentarium für den Umgang mit der Welt, den Mitmenschen und sich selbst bereitstellen. Der Mensch besitzt nun die Fähigkeit, in diesen Grenzen seine Freiheit zu behaupten, diese Dispositionen zu erkennen, sich zu ihnen zu verhalten und sie zu verändern.
Die menschliche Freiheit ist die Grundvoraussetzung für sittliches Handeln in der Form der Möglichkeit, sich und sein Handeln selbstbestimmt vollziehen zu können. Der Mensch ist durch seine Freiheit zum verantwortlichen Handeln befähigt und verpflichtet, ein völlig fremdbestimmter Mensch könnte niemals für sein Handeln verantwortlich gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden.
„Freiheit“ als Inbegriff der vielfältigen Emanzipationstendenzen der europäischen Geschichte seit dem Mittelalter ist einer der Grundbegriffe der europäischen Moderne. Seit der amerikanischen und der französischen Revolution zur ideologischen Grundlage der bürgerlichen Welt geworden, erweckt ihre Vision immer neue Befreiungsbewegungen. Diese Freiheit, die zum menschlichen Leben unerlässlich dazugehört, lässt sich schwerlich mit einem autoritären Gott identifizieren und so werden Freiheit und Gott, freilich in einem bestimmten Verständnis, seit der französischen Revolution zu einer„modernen Alternative“.
In der Freiheitskonzeption des Existentialismus führt das Verständnis des Gottesbegriffs als Unaufrichtigkeit, also Gottesglaube als eine nicht sachgemäße Abgabe der eigenen Verantwortung an eine die Verhaltensregeln vorgebende höhere Instanz, zum Atheismus. Der Mensch ist frei - es gibt keinen Gott. Gott ist hier gedacht als ein unendliches und vollkommenes Bewusstsein, welches das Gute denkt, womit es für den gottgläubigen Menschen a priori gesetzt ist. Doch das a priori Gute gibt es nicht - es ist immer nur der Mensch, der etwas als gut beurteilt. Diese Freiheitskonzeption werde ich nach der Abhandlung des kantischen Freiheitsverständnisses, auf dasjenige des Existentialismus aufbaut, näher erläutern.
Doch ist es so einfach? Gewiss, Sartre war kein Theologe und hat sich somit erst gar nicht um ein sinnvolles, mit der menschlichen Freiheit zu vereinbarenden Gottesverständnis bemüht, sondern hat eine bestimmte Form der Frömmigkeit, die nicht den Tatsachen entspricht, allerdings weit verbreitet ist, angeprangert.
Inhalt
A. Einleitung
B. Moderne Freiheitskonzepte
1. Das Freiheitsverständnis der formalen Vernunftmoral
2. Das Freiheitsverständnis der Existenzphilosophie
C. Freiheit im Leben mit Gott
1. Exkurs: Die lateinamerikanische Befreiungstheologie
2. Der Geist, der zu Leben befreit
3. Wiedergeburt zum Leben im heiligen Geist
a) Biblische InterpretationenS
b) Die Wiedergeburt zum Leben
c) Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter
d) Nachtrag: zum Sündenbegriff
D. Schluss
E. Literaturverzeichnis
A. Einleitung
Freiheit und Determination sind nie absolut, sondern greifen ineinander. Menschen sind grundsätzlich durch biologische und soziale Vorgaben disponiert, die die Individualität eines Menschen ausmachen und gleichsam das Instrumentarium für den Umgang mit der Welt, den Mitmenschen und sich selbst bereitstellen. Der Mensch besitzt nun die Fähigkeit, in diesen Grenzen seine Freiheit zu behaupten, diese Dispositionen zu erkennen, sich zu ihnen zu verhalten und sie zu verändern.
Die menschliche Freiheit ist die Grundvoraussetzung für sittliches Handeln in der Form der Möglichkeit, sich und sein Handeln selbstbestimmt vollziehen zu können. Der Mensch ist durch seine Freiheit zum verantwortlichen Handeln befähigt und verpflichtet, ein völlig fremdbestimmter Mensch könnte niemals für sein Handeln verantwortlich gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden.
„Freiheit“ als Inbegriff der vielfältigen Emanzipationstendenzen der europäischen Geschichte seit dem Mittelalter ist einer der Grundbegriffe der europäischen Moderne. Seit der amerikanischen und der französischen Revolution zur ideologischen Grundlage der bürgerlichen Welt geworden, erweckt ihre Vision immer neue Befreiungsbewegungen.
Diese Freiheit, die zum menschlichen Leben unerlässlich dazugehört, lässt sich schwerlich mit einem autoritären Gott identifizieren und so werden Freiheit und Gott, freilich in einem bestimmten Verständnis, seit der französischen Revolution zu einer „modernen Alternative“ (MOLTMANN 1991).
In der Freiheitskonzeption des Existentialismus führt das Verständnis des Gottesbegriffs als Unaufrichtigkeit, also Gottesglaube als eine nicht sachgemäße Abgabe der eigenen Verantwortung an eine die Verhaltensregeln vorgebende höhere Instanz, zum Atheismus. Der Mensch ist frei – es gibt keinen Gott. Gott ist hier gedacht als ein unendliches und vollkommenes Bewusstsein, welches das Gute denkt, womit es für den gottgläubigen Menschen a priori gesetzt ist. Doch das a priori Gute gibt es nicht – es ist immer nur der Mensch, der etwas als gut beurteilt. Diese Freiheitskonzeption werde ich nach der Abhandlung des kantischen Freiheitsverständnisses, auf dasjenige des Existentialismus aufbaut, näher erläutern.
Doch ist es so einfach? Gewiss, Sartre war kein Theologe und hat sich somit erst gar nicht um ein sinnvolles, mit der menschlichen Freiheit zu vereinbarenden Gottesverständnis bemüht, sondern hat eine bestimmte Form der Frömmigkeit, die nicht den Tatsachen entspricht, allerdings weit verbreitet ist, angeprangert.
Doch ich will in dieser Hausarbeit einen Weg aufzeigen, wie sich die Alternative - Gottesglaube und Autorität auf der einen Seite, Freiheit ohne Gott auf der anderen – zu einer sinnvollen Synthese vereinbaren lässt. Immerhin ist die Geschichte Gottes mit den Menschen in den biblischen Texten wesentlich als Befreiungsgeschichte bezeugt, so beim Auszug aus Ägypten und in der Osterbotschaft von der Auferstehung Christi. Theologisch interpretiert, sind diese Befreiungstaten Grund menschlicher Freiheit. Insbesondere der paulinischen Theologie liegt die heilsgeschichtliche Einsicht zugrunde, dass der Mensch zur Freiheit berufen ist (Galater 5,1; 5,13). So ist Gott in dieser Perspektive nicht nur Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung, sondern auch geschichtlich greifbare Freiheitserfahrung.
Den Schwerpunkt werde ich in meinen Ausführungen auf den Begriff der Wiedergeburt im Leben mit dem Heiligen Geist - und damit die Befreiung von der Sünde - legen, doch die biblische Befreiungstraditionen sowie der Entwurf der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, Gottesglaube und Freiheitswillen so zu verbinden, wie diese Traditionen es nahe legen, sollen zumindest nicht unerwähnt bleiben.
B. Moderne Freiheitskonzepte
1. Das Freiheitsverständnis der formalen Vernunftmoral
Der neuzeitliche Freiheitsbegriff ist wesentlich durch Immanuel Kant geprägt worden. Kant verband allerdings Gottesglaube und Freiheitswillen miteinander und stellte sie in den drei Postulaten seiner Kritik der praktischen Vernunft in einen wechselseitigen Begründungszusammenhang: ohne Gott keine Freiheit, ohne Freiheit kein Gott.
„Gott – Freiheit – Unsterblichkeit“ (KANT 2003)
Doch dieser Aspekt des kantischen Konzepts sei hier nur bemerkt, im folgenden geht es eher allgemeiner um die Freiheit als die transzendentale Bedingung selbstbestimmten moralischen Handelns, die wiederum in der Vernunft begründet ist.
Kant unterscheidet zunächst zwischen negativer Freiheit, der Freiheit von etwas – Menschen können sich mit Hilfe der Vernunft dem dauernden Zwang instinkthafter Handlung entziehen - und positiver Freiheit, der Freiheit zu etwas – gemeint ist das Vermögen, eine Handlung von sich aus beginnen zu können, sich selbst zu Handlungen motivieren zu können. Die Synthese von negativer und positiver Freiheit – die positive, handlungssetzende Freiheit gibt der negativen Freiheit erst ihren Sinn, um frei für etwas zu sein, muss man sich von etwas frei machen – nennt Kant Willensfreiheit. Durch die Freiheit wird der Mensch zur Ursache seiner Handlungen und damit für sie verantwortlich. Die Freiheit soll dabei nicht durch Beliebigkeit bestimmt werden, sondern durch Autonomie, das Konzept der Selbstgesetzgebung. Der berühmte kategorische Imperativ ist für Kant die Richtschnur der Autonomie und damit eine unter den Aspekten der Nachvollziehbarkeit und Universalität selbst gesetzte Begrenzung der Freiheit:
Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. (KANT 2003)
Dieses moralische Gesetz, im Unterschied zu Naturgesetzen, ist Ausdruck der prinzipiellen Verantwortung des Menschen für sein Handeln und der Ermöglichung des humanen Zusammenlebens, da die Freiheit eines jeden Menschen mit der eines jeden anderen nach diesem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen können soll. Die Willensfreiheit ist damit zentral für das moralische Denken und Handeln, allerdings lediglich als die dem menschlichen Handeln zugrunde liegende transzendentale Bedingung, die von der Erfahrung ausgeschlossen ist. Diejenigen Freiheitsmomente, die der Mensch in seinem Handeln in Anspruch nimmt, heißen einerseits Entscheidungsfreiheit – die Fähigkeit bezeichnend, sich Ziele zu setzen und nach vernunftgemäßen Mitteln und Wegen zu suchen, diese auch zu verwirklichen – und andererseits Handlungsfreiheit – die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren sich bietenden Handlungsoptionen.
Dieses Freiheitsverständnis der formalen Vernunftmoral leitet sich, im Gegensatz zu einem christlichen Freiheitsverständnis, allein aus der Vernunft des Menschen und ihrer Autonomie her. Auf dem Fundament vernünftiger Selbst- und Fremderkenntnis eröffnet sich so die Perspektive auf ein universales Ethos personaler Selbstbestimmung. Die Individualität des einzelnen als Vernunftwesen bleibt jedoch rein formal und sagt auch nichts aus über den Bereich der Gefühle, der Sinnlichkeit – dabei stellt dieser Bereich menschlichen Personseins den unmittelbaren persönlichen Zugang des Selbst- und Welterlebens als leibliches Wesen dar, in dem somit begründet ist, dass überhaupt etwas für den Menschen Sinn haben kann, er letztlich etwas wollen kann.
2. Das Freiheitsverständnis der Existenzphilosophie
Die Existenzphilosophie, die ich hier kurz in Gestalt des Existentialismus von Jean-Paul Sartre vorstelle, greift ältere Ansätze der Lebensphilosophie auf. Sie versteht das menschliche Personsein als Existenz des Daseins – die menschliche Form des einen Seins – und die menschliche Freiheit als in der Faktizität dieser Existenz eingeschlossenes faktisches Freisein.
Wenn Sartre schreibt, dass der Mensch das Wesen sei, bei dem die Existenz der Essenz vorausgeht, dann meint er damit, dass der Mensch nicht wie ein Gegenstand technischer Produktion erst geplant (Begriffsbildung) und dann verwirklicht (Ding) wird. Technisch erzeugte Gegenstände sind auf diese Weise determiniert. Der christlichen Religion wirft Sartre vor, dass sie wie auch andere traditionelle Modelle der Ontologie an einem technischen Paradigma auch auf den Menschen bezogen festhalten. Gott ist in diesem Modell eine Art höherer Handwerker, der den Menschen nach seinem Plan schafft und der Begriff des Menschen geht so dem Individuum voraus. Sartre nennt sich nun einen atheistischen Existentialisten, was für sein Konzept die Folge hat, dass Gott, im geschilderten Sinn, nicht existiert und der Mensch existiert, bevor er durch einen Begriff definiert werden kann. Erst später schafft sich der Mensch selbst, er ist das Wesen, zu dem er sich macht. Das meint Sartre auch mit Subjektivität, der Mensch ist zunächst ein sich subjektiv erlebender Entwurf, also mehr als ein Gegenstand. Der Mensch ist, da er sich zu dem entwirft, was er ist und später aus diesem Entwurf heraus Entscheidungen trifft, für das, was er ist, verantwortlich. Es gibt keine Instanz, die einem die Entscheidungen abnimmt, keine vorgegebenen Werte, kein a priori Gutes. Das nennt Sartre „Verlassenheit“, der Mensch findet keinen Halt. Doch damit ist der Mensch auch frei, er ist Freiheit. Die Verlassenheit geht einher mit der Angst davor, dass es keinen ausschlaggebenden Faktor gibt, eine Möglichkeit zukünftiger Handlungen mit mehr Berechtigung zu wählen als eine andere. Nichts ist entschuldbar durch den Verweis auf eine feste menschliche Natur oder vorgegebene Werte. Sartre sieht den Existentialismus somit als eine höchst optimistische Lehre an, da das Schicksal des Menschen in ihm selbst liegt.
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- Felix Denschlag (Author), 2004, Macht Gottesglaube unfrei? Überlegungen zur Bedeutung der Rede vom Heiligen Geist, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61530
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