Seit einigen Jahren wächst das öffentliche Interesse an sexuellen Missbrauchsfällen. Fast täglich werden neue Verbrechen an Kindern durch Medien publiziert und die Zahl der Fachliteratur steigt unaufhaltsam. Menschen sind geschockt und fragen sich, wie so etwas geschehen kann - Ohne das Eingreifen oder das Bemerken von Verwandten, Bekannten, Lehrern oder Behörden. Genaue Zahlen und Fakten zu den Taten, den Opfern und den Tätern sind wissenschaftlich gesehen kaum möglich. Dies lässt sich auf verschiedene Gründe wie beispielsweise Angst und Schuldgefühle der Kinder zurückführen, die das Geschehene für sich behalten oder es nicht zu einer Anzeige kommen lassen möchten. Besonders bei Missbrauchsfällen in der Familie wird häufig geschwiegen, um das Bild der perfekten Familie nicht zu zerstören. In Literatur genannte Zahlen sind daher nur als Leitlinie einer individuellen Untersuchungsreihe zu sehen und nicht als die absolute Wahrheit. Doch warum scheint sich sexueller Missbrauch in unserer Gesellschaft immer mehr zu verbreiten? Es scheint wie ein neues Phänomen. Doch ist es das? In meiner Arbeit werde ich mich mit dem so genannten Vater-Tochter-Inzest beschäftigen und werde dabei speziell auf die Rolle des Vaters eingehen. Teilweise werden Modelle angegeben, die nicht ausschließlich auf Väter als Täter zu beziehen sind, sondern auf Sexualtäter allgemein. Wie sieht der Missbrauchende sich selber in seiner Rolle und was sind seine Gründe? Wie geht er vor und welches Verhalten des Kindes macht er sich zu Nutzen? Zahlen werden aufgrund unterschiedlichster Angaben in der Literatur weitestgehend außer Acht gelassen, um ein verzerrtes Bild zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
II. Sexueller Missbrauch und Inzest
III. Geschichtlicher Rückblick
IV. Der Vater als Täter
IV.1. Vorbedingungen des sexuellen Missbrauchs
IV.2. Die Eigensicht des Vaters
IV.3. Das Vorgehen des Vaters
V. Fazit
VI. Literaturverzeichnis
VII. Webverzeichnis
VIII. Anhang
I. Einführung
Seit einigen Jahren wächst das öffentliche Interesse an sexuellen Missbrauchsfällen. Fast täglich werden neue Verbrechen an Kindern durch Medien publiziert und die Zahl der Fachliteratur steigt unaufhaltsam. Menschen sind geschockt und fragen sich, wie so etwas geschehen kann - Ohne das Eingreifen oder das Bemerken von Verwandten, Bekannten, Lehrern oder Behörden.
Genaue Zahlen und Fakten zu den Taten, den Opfern und den Tätern sind wissenschaftlich gesehen kaum möglich. Dies lässt sich auf verschiedene Gründe wie beispielsweise Angst und Schuldgefühle der Kinder zurückführen, die das Geschehene für sich behalten oder es nicht zu einer Anzeige kommen lassen möchten. Besonders bei Missbrauchsfällen in der Familie wird häufig geschwiegen, um das Bild der perfekten Familie nicht zu zerstören.
In Literatur genannte Zahlen sind daher nur als Leitlinie einer individuellen Untersuchungsreihe zu sehen und nicht als die absolute Wahrheit.
Doch warum scheint sich sexueller Missbrauch in unserer Gesellschaft immer mehr zu verbreiten? Es scheint wie ein neues Phänomen. Doch ist es das?
In meiner Arbeit werde ich mich mit dem so genannten Vater-Tochter-Inzest beschäftigen und werde dabei speziell auf die Rolle des Vaters eingehen. Teilweise werden Modelle angegeben, die nicht ausschließlich auf Väter als Täter zu beziehen sind, sondern auf Sexualtäter allgemein.
Wie sieht der Missbrauchende sich selber in seiner Rolle und was sind seine Gründe? Wie geht er vor und welches Verhalten des Kindes macht er sich zu Nutzen?
Zahlen werden aufgrund unterschiedlichster Angaben in der Literatur weitestgehend außer Acht gelassen, um ein verzerrtes Bild zu vermeiden.
II. Sexueller Missbrauch und Inzest
Sexueller Missbrauch und der familiäre Inzest sind beide unter dem Oberbegriff der Kindermisshandlung zu finden, welcher „(...) eine gewaltsame psychische oder physische Beeinträchtigung von Kindern durch Eltern oder Erziehungsberechtigte (...) durch elterliche Handlungen (wie bei (...) sexuellem Missbrauch) oder Unterlassung (...)“ darstellt. (A. Engfer (a) 1998: 960)
Diese, sehr allgemeine Definition, lässt sich auf den sexuellen Missbrauch so beschränken, dass eine „(...) Beteiligung noch nicht ausgereifter Kinder und Jugendlicher an sexuellen Aktivitäten (...)“ (A. Engfer (b) 1998: 1006) vorliegt, über dessen sich die Betroffenen aufgrund ihres Alters nicht im Klaren sind. Liegt dieser Missbrauch innerhalb der Familie vor, wird von Inzest gesprochen.
Die Kinder werden dabei meist von Männern zur Machtpositionierung und zur sexuellen Stimulation missbraucht (vgl. A. Engfer (b) 1998: 1006), auf was jedoch in einem späteren Teil diese Arbeit detailliert eingegangen wird.
Bei den Untersuchungen des Vater-Tochter Inzest wird eine Problematik schnell sichtbar: Wer ist als Vater zu sehen? In einigen Untersuchungen wird lediglich der biologische Erzeuger mit in die Statistik aufgenommen, in den meisten Fällen jedoch zählt auch das sexuelle Handeln des Stiefvaters1 mit den Kindern seiner Lebensgefährtin als Inzest. Gerade in den letzten Jahren, in denen es zu einem stetigen Anstieg der Scheidungsrate in Deutschland gekommen ist, werden diese Unterscheidungen immer problematischer.
Ich bin der Ansicht, nur der biologische Vater sollte in die Statistiken zu Inzestfällen aufgenommen werden, da dieser nach seiner ursprünglichen Definition „(...) den Geschlechtsverkehr zwischen nahen Verwandten“ (Wikipedia: Inzest) bezeichnet, zu denen ein Stiefvater im biologischen Sinne nicht gehört. Entsprechende Vorkommnisse sollten daher meines Erachtens zu sexuellen Übergriffen innerhalb des familiären Haushaltes gezählt werden.
Auch die Zahl sexueller Übergriffe auf Kinder innerhalb der Familie schwanken stark. Der Autor P. Wetzels stellt diese Problematik sehr anschaulich da, indem er von „(...) betroffenen Kindern zwischen 4.000 und 400.000 Fällen (...)“ jährlich spricht. (vgl. P. Wetzels 1997: 19/20)
Es wird also deutlich, dass das Nennen genauer Zahlen kaum möglich ist.
III. Geschichtlicher Rückblick
In den letzten Jahren publizierten Medien vermehrt Meldungen über sexuellen Missbrauch in der Familie und schufen das Bild einer neuen Gesellschaft, in der Misshandlungen dieser Art unerklärlicherweise häufiger auftraten, als dies vorher der Fall zu sein schien.
Das diese Annahme falsch ist zeigen Untersuchungen, die sich mit Sexualdelikten an Kindern in der Vergangenheit beschäftigen.
Bereits 5000 Jahre alte Aufzeichnungen auf Tontafel wurden entdeckt, die auf Missbrauchsfälle hindeuten: „Entil sprach zu Ninlil von Beischlaf. Sie will nicht. Meine Vagina ist zu klein. Sie versteht den Beischlaf nicht. Meine Lippen sind zu klein. Sie verstehen nicht zu küssen.“ (vgl. M. Ritter: 1/2)
Bereits um 2150 vor Christi Geburt wurden erste öffentliche Gesetze in der Stadt Babylon aufgestellt, welche den Inzest als gesetzeswidrig einstuften. So heißt es in einem Gesetz: „Wenn ein Mann von seiner Tochter erkannt [erkennen = ein Kind empfangen haben] worden ist, dann sollte man diesen Mann aus der Stadt hinausjagen.“ (vgl. R. W. Ten Bensel 2002: 23)
Auch in anderen alten Schriften wurden Verweise auf das öffentliche Vorgehen mit Vätern gefunden, die ihre Töchter zu sexuellen Handlungen benutzten. Das Alte Testament ordnete beispielsweise an: „Denn welche diese Greuel tun, deren Seele sollte ausgerottet werden von ihrem Volk“. (vgl. R. W. Ten Bensel 2002: 23)
Kindesmisshandlung und sexueller Missbrauch existieren also nach heutigem Forschungsstand seit jeher. Der Grund für die vermehrten Aufzeichnungen heutiger Tage seien „(...) das Ergebnis einer veränderten Definition und Etikettierung des Phänomens (...)“ welche diese Art von Handlungen aus heutiger Sicht „(...) nicht mehr akzeptabel und zudem in vielen Fällen gesetzwidrig (...)“ machen. (R. W. Ten Bensel 2002: 10)
Aber warum schwiegen die Betroffenen fast immer? Ein Grund dafür könnte sein, dass die Frau sowie ihre Kinder in den patriarchalischen Gesellschaften als Besitz des Mannes gesehen wurde, über den er freien Willens verfahren konnte. (vgl.. R. W. Ten Bensel 2002: 11)
Auch heute noch scheint diese Ansicht zu einem gewissen Grad in uns verwachsen zu sein, was als Folge hat, dass es innerhalb der Familie meist zu keiner Stellungnahme zu der Problematik kommt.
Andererseits kam es aufgrund des gesellschaftlichen Wandels der letzten Jahrzehnte zu einem Umdenken, welches das öffentliche Interesse an sexuellen Missbrauchsfällen – auch solchen, die innerhalb einer Familie stattfanden – entfachte und somit ein verstärktes Auftreten in den Medien begründen könnte. Nachdem Väter über ihre Kinder, im Besonderen über die Töchter, als Leibeigene verfügen können und die Kindesmutter nicht mehr auf den Vater angewiesen ist, entsteht eine neue Gesellschaftskonstellation, die einen neuen Einblick in die Familienstruktur ermöglicht.
Das über Jahrhunderte bestehende Tabuthema wurde öffentlich.
IV. Der Vater als Täter
Auf den ersten Blick scheinen Männer immer die Täter bei Missbrauchsfällen, besonders in Bezug auf sexuelle Ausbeutungen von Kindern, zu sein. Die Frau als Täterin wird erst seit einigen Jahren überhaupt in Betracht gezogen und genauer untersucht (vgl. M. Hirsch 1990: 148 ff).
Der weibliche Täterkreis in Bezug auf häusliche Gewalt allgemein ist in der Literatur sehr umstritten. Elisabeth Trube-Becker zitiert in ihrem Werk verschiedene Veröffentlichungen, nach denen Mütter gewaltbereiter ihren Kindern gegenüber eingestuft werden als Männer, was durch ihre stärkere Verbundenheit an das Haus und die damit einhergehende Überbelastung erklärt wird. Andere Untersuchungsergebnisse zeigen ganz andere Resultate, bei denen die Mütter weit weniger Gewalt gegen ihre Kinder anwenden als Männer. (vgl. E. Trube-Becker 1987: 18)
Da es zu den Durchführungen der verschiedenen Untersuchungen keine genaueren Angaben zu den einbezogenen Variablen gibt (wie zum Beispiel Anzahl befragter Frauen, deren Alter und den Beruf, vorangehender Kinderwunsch oder nicht und so weiter) kann meinerseits keine Erklärung in Bezug auf die unterschiedlichen Ergebnisse gegeben werden.
Häufig wird bei den Untersuchungen das Fazit gezogen, dass Frauen ihre Kinder eher auf emotionale Weise ausbeuten – zum Beispiel als Partnerersatz – und Männer häufiger konkrete sexuelle Handlungen der Kinder erwarten. (vgl. C. Sattler & E. Flitner 1988: 31)
Da sich diese Arbeit jedoch mit den Vätern auseinander setzt, werde ich folgend nicht weiter auf mögliche Täterinnen eingehen.
Gerade bei neueren Untersuchungen zu sexuellen Übergriffen von Vätern auf ihre Töchter gibt es bis heute keine genauen Aussagen. Zu einem großen Teil lässt sich dies damit erklären, dass es in diesem Bereich eine hohe Dunkelziffer gibt. Begründet wird das Schweigen durch „(...) das Redeverbot, die Verleugnung und das Aufrechterhalten des Familiengeheimnisses (...).“. (M. Hirsch 1990: 19)
Ein in der Literatur immer wieder zitiertes Modell von David Finkelhor beschäftigt sich mit den Faktoren, welche bei Männern allgemein zu sexuellen Missbrauchshandlungen bei Kindern führen können. Aufgrund seiner Versuche schloss Finkelhor darauf, dass es vier Vorbedingungen gebe, die zu einem sexuellen Übergriff führen können. Diese werden nun folgend gekürzt dargestellt. (vgl. D. Bange 2002: 86 ff)
[...]
1 oder auch Lebensgefährte oder ähnliches
- Citar trabajo
- Lena Wiedbrauk (Autor), 2005, Vater-Tochter-Inzest: Die Rolle des Täters, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61236
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