Gegenstand der hier vorgestellten Arbeit ist eine theoretische und empirische Untersuchung von Entscheidungskriterien für die Auswahl einer stationären Altenhilfeeinrichtung. Ausgehend von einer Exploration des Untersuchungsfeldes und theoretischen Erklärungsmodellen für die Entscheidungsfindung wurden in einer empirischen deskriptiven Untersuchung Bewohner bzw. deren Angehörige anhand eines quantitativen Fragebogens über ihre Entscheidungskriterien für die Auswahl der Einrichtung befragt. Die Untersuchung fand in 17 stationären Altenpflegeeinrichtungen in der Stadt Aachen im Zeitraum von Anfang April bis Anfang Mai 2006 statt. Die Diplomarbeit ist in fünf Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt dient der Einleitung. Hier werden Hintergründe und die Vorgehensweise erläutert. Im anschließenden theoretischen Teil findet eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Ansätzen zum Gegenstand statt. Dabei wird zum einen auf den Ansatz der "Ökologischen Gerontologie" nach Saup eingegangen. Des Weiteren werden Erklärungsmodelle zur Entscheidungsfindung herangezogen. Im empirischen Teil findet zunächst eine ausführliche Auseinandersetzung mit den methodischen Grundlagen zur Fragebogenerhebung statt, bevor die Konstruktion des eingesetzten Instrumentes (Fragebogen) beschrieben und begründet wird. Des Weiteren werden Feldzugang und Aspekte der Erhebung beschrieben. Dem Ergebnisteil liegen die Auswertungen von 84 Fragebögen aus 16 Senioreneinrichtungen zugrunde. Dies entsprach einer Rücklaufquote von 50%. Auf mehr als 70 Seiten werden einerseits fragebezogen, andererseits exemplarisch korrelativ die detaillierten Ergebnisse dargestellt. Die Auswertung wurde mit SPSS 12.0 vorgenommen. Die Ergebnisse werden stichpunktartig zusammengefasst und kritisch betrachtet. Die Ergebnisse werden fragebezogen sukzessive dargestellt. Dies geschieht jeweils zunächst deskriptiv durch tabellarische oder unterschiedliche grafische Darstellungen. Anschließend werden die Ergebnisse auch jeweils schriftsprachlich zusammengefasst und mit Ergebnissen bereits vorliegender Studien, Statistiken oder Theorien verglichen. Mitunter werden auch sinnvolle korrelative Ergebnisdarstellungen vorgenommen. Im Schlussteil der Arbeit werden mögliche Verwertungszusämmenhänge aufgezeigt. Abschließend findet sowohl eine methodenkritische Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Arbeit, als auch ein Ausblick statt. Das Literaturverzeichnis umfasst 98 Quellen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Vorwort
I. Einleitung
1. Grundlagen
1.1 Literaturrecherche
1.2 Begriffsdefinitionen
1.3 Zusammenfassung
II. Theoretischer Teil
2. Theoretische Ansätze in der Ökologischen Gerontologie
2.1 Vorbemerkung
2.2 Theoretisches Modell zum Übergang ins Seniorenheim
2.2.1 Phase eines bestehenden oder antizipierten Unterstützungsbedarfs
2.2.2 Entscheidungs- und Wartephase zwischen Bewerbung um einen Heimplatz und Heimaufnahme
2.2.3 Umsiedlungsphase
2.2.4 Phase der Eingewöhnungsversuche in die neue Lebenssituation
2.2.5 Phase längerfristiger Adaption
2.3 Prozessmodell der Person-Umwelt-Interaktion
2.3.1 Umweltfaktoren
2.3.2 Umweltdispositionen
2.3.3 Umweltbezogene Fähigkeiten
2.3.5 Externe Ressourcen
2.3.6 Situative Ziele
2.3.7 Umweltperzeption
2.3.8 Ziel-Perzeptions-Bilanz
2.3.9 Copingversuche
2.4 Zusammenfassung
3. Theoretische Erklärungsmodelle für die Entscheidungsfindung
3.1 Vorbemerkung
3.2 Deskriptive Entscheidungstheorie
3.2.1 Nutzen und Präferenzen
3.2.2 Zielkonflikte
3.2.3 Entscheiden unter Unsicherheit
3.3 Präskriptive (Normative) Entscheidungstheorie
3.4 Entscheidungskriterium
3.5 Beschaffung von Informationen als Entscheidungsproblem
3.6 Zusammenfassung
III. Empirischer Teil
4. Allgemeine Aussagen zum Fragebogen als sozialpsychologisches Messinstrument
4.1 Besonderheiten der schriftlichen Befragung
4.1.1 Vor und Nachteile der schriftlichen Befragung
4.1.2 Möglichkeiten und Grenzen der schriftlichen Befragung
4.1.3 Rücklaufquote bei der schriftlichen Befragung
4.2 Konstruktion eines Fragebogens für eine postalische Befragung
4.2.1 Operationalisierung von Begriffen und von Aussagen
4.2.2 Skalierungsverfahren
4.2.3 Verzerrende Effekte beim Einsatz von Ratingskalen
4.2.4 Formalstruktur und Layout des Fragebogens
4.2.5 Inhaltliche Aspekte der Fragenformulierung
4.3 Pretest
4.4 Gütekriterien
4.4.1 Validität
4.4.2 Reliabilität
4.4.3 Objektivität
4.5. Gefährdung für die Gültigkeitsdaten von Befragungen
4.5.1 Bejahungstendenz
4.5.2 Soziale Erwünschtheit
4.6 Zusammenfassung
5. Fragebogenkonstruktion in dieser Erhebung
5.1 Dimensionale Analyse
5.2 Frage- und Antwortformulierung
5.3 Formalstruktur und Layout des Fragebogens in dieser Untersuchung
5.4 Zusammenfassung
6. Feldzugang und Erhebung
6.1 Zielgruppe
6.2 Ablauf der Erhebung
6.3 Ethische Überlegungen und Datenschutz
6.4 Beteiligung und Rücklauf
6.5 Zusammenfassung
IV. Ergebnisteil
7. Forschungsergebnisse
7.1 Zusammenfassung
7.2 Kritische Betrachtung der Ergebnisse
V. Schlussteil
8. Schlussfolgerungen 185
8.1 Schlussfolgerungen im Zusammenhang der theoretischen Erklärungsmodelle für die Entscheidungsfindung
8.2 Mögliche Verwertungsergebnisse
8.3 Methodenkritik
9. Diskussion und Ausblick
Anhang Teil A
Erklärungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
A. Grafiken
Grafik 1: Prozessmodell des Übergangs ins Altenheim
Grafik 2: Prozessmodell Person-Umwelt-Interaktion im Alter Teil 1
Grafik 3: Prozessmodell Person-Umwelt-Interaktion im Alter Teil 2
Grafik 4: Verschiedene Beispiele für Ratingskalen
Grafik 5: Zusammenhang der Gütekriterien
B. Tabellen
Tab.1: Stationäre Pflegeheime und Pflegeplätze 1999 bis 2003
Tab.2: Die Rangplatzverschiebungen der Handlungsmuster
Tab.3: Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung
Tab.4: Unterschiede zwischen mündlicher und schriftlicher Befragung
Tab.5: Skalierungsverfahren
Tab.6: Dimensionen und Teildimensionenzuordnung
Tab.7: Teilnahmequote Senioreneinrichtungen
Tab.8: Fragebogenrücklauf der Untersuchung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort
Hochverehrte(r) LeserIn[1],
an dieser Stelle möchten wir allen HeimleiterInnen der Senioreneinrichtungen in der Stadt Aachen, die es uns ermöglicht haben im April/Mai des Jahres 2006 eine empirische Untersuchung zu Entscheidungskriterien zur Auswahl einer Senioreneinrichtung zu ermöglichen, unseren Dank aussprechen. Insbesondere gilt unser Dank allen MitarbeiterInnen, die für den Heimeinzug zuständig sind, für ihre tatkräftige Unterstützung. Danken möchten wir vor allem den BewohnerInnen und deren Angehörige für ihr Interesse an der Befragung und das entgegengebrachte Vertrauen und Interesse.
Den Aachener Caritas Diensten gGmbH, insbesondere seinem Geschäftsführer Herrn Kaup danken wir für die großzügige Unterstützung.
Einen ganz besonderen Dank gilt unserem Betreuer Herrn Prof. Dr. Frank Weidner, hauptamtlich Lehrender an der Katholischen Fachhochschule Köln und Direktor des Deutschen Instituts für Pflegeforschung dip in Köln für seine fachliche Unterstützung. Des Weiteren möchten wir an dieser Stelle dem stellvertretenden Geschäftsführer des dip in Köln, Herrn Dipl. Pflegewissenschaftler Michael Isfort unseren Dank ausspechen für seinen fachlichen Rat in der Anwendung der Software SPSS zur statistischen Analyse der ausgewerteten Daten.
Nicht zuletzt gilt unser persönlicher Dank unseren Familien die uns in der Studienzeit im Trias Fachhochschule Köln, Beruf und Familie unterstützt haben.
Aachen, den 27.Juli 2006
Horst Küpper Josif Cvetkovski
I. Einleitung
Die Anzahl der Menschen die in stationären Pflegeinrichtungen leben nimmt stetig zu. Aus dem dritten Bericht des Bundesministeriums für Familien, Frauen, Senioren und Jugend aus dem Jahr 2005 über Möglichkeiten und Grenzen selbstständiger Lebensführung in Privathaushalten (MUG 3) geht hervor, dass im Zeitraum von 1991 bis 2002 der Anteil der Menschen, die in stationären Pflegeinrichtungen leben, von 470.000 auf 650.000 gestiegen ist. Das entspricht einer relativen Zunahme von 38% (vgl. MUG III, 2005, S. 8). Ein genauer Überblick über die Entwicklung in den Jahren 1999 bis 2003 im Hinblick auf die Gesamtentwicklung der Pflegeeinrichtungen und die zur Verfügung stehenden Pflegeplätze kann anhand der Daten des Statistischen Bundsamtes gewonnen werden.
Tab.1: Stationäre Pflegeheime und Pflegeplätze 1999 bis 2003
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Das Altenhilfe Jahrbuch 2006, S. 13 (von den Verfassern modifziert)
Die Anzahl der Pflegeheime insgesamt und die Zunahme vollstationärer Dauerpflegeplätze war in den Jahren 2001 bis 2003 höher als in den Jahren 1999 bis 2001. Insgesamt kann festgestellt werden, dass es 2003 bundesweit einen 10,5 % höheren Bedarf an vollstationären Dauerpflegeplätzen gab, als vier Jahre zuvor.
Für NRW kann anhand der Daten des Statistischen Bundesamtes, eine Zunahme von 4,7% für vollstationäre Dauerpflegeplätze für den Zeitraum von 2001 bis 2003 abgeleitet werden (vgl. Das Altenhilfe Jahrbuch 2006, S. 59).
Anhand einer von der Stadt Aachen aufgestellten Statistik aus dem Jahr 2006 (vgl. Köster, 2006) kann durch die im Jahr 1998 vorhandenen und bis zum Jahr 2005 neu entstandenen stationären Dauerpflegeplätze, eine Aussage zur allgemeinen Entwicklung gemacht werden. Demnach gab es im Jahr 1998, 23 Seniorenheime mit insgesamt 1996 Plätzen. Im November 2005 gab es bereits 26 Seniorenheime mit insgesamt 2247 vollstationären Pflegeplätzen. Die letzte aktuelle Zahl ist vom 01.03.2006, demnach standen in der Stadt Aachen 2364 vollstationäre Dauerpflegeplätze zur Verfügung. Das entspricht einer Zunahme von 12,5% innerhalb der letzten 8 Jahre.
Nach einer noch nicht veröffentlichten Prognose zum Bedarf an Altenheimplätzen bis zum Jahr 2020, ist der Bedarf für das Jahr 2015 mit 2393 prognostizierten Plätzen, bereits heute gedeckt (vgl. Köster, 2006). Diese Prognose stützt sich auf die Ergebnisse der letzten Erhebung aus dem Jahr 2002. Bei dieser Erhebung wurde herausgestellt, wie hoch der prozentuale Anteil der Pflegebedürftigen in den unterschiedlichen Altersstufen, in fünf Jahresintervallen eingeteilt war. Dieser Anteil wurde als konstant vorausgesetzt und auf die Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2020 übertragen. Die Prognose macht zur Voraussetzung, dass alternative Versorgungsformen keine bzw. kaum einen Einfluss auf den Heimbereich haben werden.
Die von der Stadt Aachen gemachte Prognose ist mit der Prognose der Enquête-Kommission nahezu identisch. Dort wird für die Stadt Aachen für das Jahr 2020 ein Bedarf von 2388 Plätzen prognostiziert (vgl. Bericht der Enquête-Kommission des Landtags von Nordrhein-Westfalen, 2005, S. 72). Diesen Prognosen folgend ist der Bedarf zurzeit mehr als gedeckt.
Aus einer zur Verfügung gestellten Statistik der Stadt Aachen, die den Zeitraum September 2003 bis September 2005 abbildet ist zu erkennen, dass im Schnitt 30-40 freie Plätze pro Tag an das Büro <<Älter werden in Aachen[2] >> gemeldet werden (vgl. Köster, 2006). Diese Leerstände und die Tatsache, dass weitere Seniorenheime in Planung sind, stellen für die Träger der Einrichtungen eine bis dato nicht gekannte Situation dar.
Problemstellung
Die Einrichtungen befinden sich in einer Wettbewerbssituation wieder, die es vorher in dieser Form nicht gab . Um sich auf dem Markt behaupten zu können müssen sich die Einrichtungen in einem viel stärkeren Maße um neue Kunden bemühen (vgl. Arenz, 2001, S. 9; Sehlbach, 1999, S. 12ff.). Dabei könnte die Beschreibung von Entscheidungskriterien für die Auswahl einer Senioreneinrichtung auf der Nachfrageseite, Hinweise für die Angebotsseite (den Markt) liefern. Hier stellt sich die Frage, anhand welcher Kriterien sich zukünftige Bewohner bzw. deren Angehörige für eine Senioreneinrichtung entscheiden?
„Die Entscheidungsfindung ist das Anfangsglied einer längeren Entscheidungskette, bestehend aus den Modalitäten einer Heimübersiedlung, jenen Komponenten, die sich alle mehr oder weniger bedingen, ineinander verzahnt sind, sich überlappen – kurzum, eine akkurate Aufteilung dieses Übersiedlungsprozesses gelingt zwar begrifflich, inhaltlich ist sie aus den eben genannten Gründen utopisch, inpraktikabel “ (zit. nach Klingenfeld, 1999, S.35).
In der vorliegenden Arbeit soll folgender Frage nachgegangen werden:
Welche Entscheidungskriterien bestimmen die Auswahl einer Senioreneinrichtung durch Bewohner bzw. deren Angehörige?
Die Differenzierung zwischen Bewohnern und Angehörigen ist notwendig, weil bei vielen Altenpflegeheimanwärtern die Situation unmittelbar vor der Übersiedlung ins Heim dadurch gekennzeichnet ist,
„…dass die Entscheidung zum Heimeintritt zunehmend weniger von den Betroffenen selbst als von ihren Angehörigen oder von Agenturen der gesundheitlichen und sozialen Versorgung erfolgt und auch noch einem enormen Zeitdruck ausgesetzt ist (vgl. Hoffmann, 1986, Hogarth, 1987; ,zit.n.’ Klingenfeld 1999, S.37).“
Da zu diesem Thema bisher wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, wurde ein deskriptives Forschungsdesign entwickelt.
Ziele dieser deskriptiven Untersuchung sind,
- aktuelle Erkenntnisse über den in Frage stehenden Gegenstand zu erhalten, als Basis für eine zu treffende Entscheidung empirisch gesicherte (Fragestellung: Entscheidungsvorbereitung)
- einen noch relativ unbekannten empirischen Sachverhalt durch eine möglichst breit angelegte Deskription zu erkunden (Fragestellung: Exploration)
- zu dem gesellschaftlichem Thema „Seniorenheimauswahl“ ein Meinungsbild in der Bevölkerung zu erheben (Fragestellung: Meinungsforschung)
- die Vorlieben und Konsumneigungen potentieller Kunden für kommerziell anzubietende Güter und Dienstleistungen zu durchleuchten (Fragestellung: Marktforschung)
(vgl. Kromrey, 2006, S. 33, modifiziert durch die Verfasser)
Zur Datengenerierung haben die Verfasser eine schriftliche Befragung mittels eines standardisierten Fragebogens in Senioreneinrichtungen der Stadt Aachen durchgeführt. Zielgruppe war dabei die „Hauptentscheider“ d.h. diejenigen Personen die überwiegend die Entscheidung für die Auswahl einer Senioreneinrichtung treffen.
Den eingesetzten Fragebogen haben die Verfasser selbst konstruiert. Quellen zur Fragenformulierung waren:
- Literaturrecherche
- Experteninterviews
- Berufliches Alltagswissen der Verfasser.
Das Kapitel 3 „theoretische Erklärungsmodelle für die Entscheidungsfindung“ ist bei der Fragebogenkonstruktion nicht berücksichtigt worden. Die Bildung der Dimensionen ist erst nach Abschluss der Fragebogenkonstruktion erfolgt. Dieser Umstand wird bei der Methodenkritik aufgegriffen und diskutiert.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil wird, nach Darstellung der Literaturergebnisse und Begriffsdefinitionen, ausführlich auf theoretische Ansätze in der Ökologischen Gerontologie eingegangen. Die Aspekte der Ökologischen Gerontologie bilden den theoretischen Rahmen für die vorliegende Forschungsfrage. Ab Kapitel 2.3.1 der Arbeit wird eine Verknüpfung zwischen theoretischen Aspekten und praktischer Relevanz für die Fragenformulierung vorgenommen. Des Weiteren werden im ersten Teil der Arbeit auch theoretische Modelle für Entscheidungsfindungen dargelegt mit dem Fokus, inwieweit Entscheidungstheorien den theoretischen Rahmen für die vorliegende Forschungsfrage erweitern können.
Der zweite, empirische Teil umfasst Aspekte formaler Anforderungen an eine Fragebogenkonstruktion und die Durchführung einer schriftlichen Befragung als auch die praktische Umsetzung der theoretischen Anforderungen. Des Weiteren wird im zweiten Teil beschrieben, wie die Erhebung durchgeführt wurde und welches Vorgehen für die Auswertung gewählt wurde.
Im dritten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der Erhebung dargestellt und mit bereits vorliegenden Daten anderer Untersuchungen verglichen und diskutiert.
Die Untersuchung wurde anhand folgender Chronologie durchgeführt:
- Fragebogenkonstruktion (Quellen: Literatur, Expertenbefragung, berufliches Alltagswissen)
- Pretest
- Feldzugang (Kontaktaufnahme, Fragebogenverteilung)
- Rücklauf (Auswertung und Ergebnisdarstellung)
Eine detaillierte Beschreibung der oben genannten Chronologie, erfolgt in den Kapiteln 5 „Fragebogenkonstruktion in dieser Erhebung“ und Kapitel 6 „Feldzugang und Erhebung“.
Allgemeiner Hinweis: Die Anhänge wurden in Teil A und Teil B ge-gliedert. Anhang Teil B ist aus Gründen der Übersichtlichkeit gesondert gebunden.
1. Grundlagen
1.1 Literaturrecherche
Ziel des theoretischen Teils ist es durch Überprüfung der Literatur einen theoretischen Bezugsrahmen für die Themenstellung zu finden. Nachfolgend werden die verwendeten Schlagwörter, die verwendeten Datenbanken als auch das Ergebnis der Literaturrecherche dargestellt.
Schlagwörter
Entscheidungskriterien, Senioreneinrichtungen, Bewohner, Angehörige, Entscheidungsmodelle, theoretische Erklärungsmodelle, quantitativer Fragebogen
Datenbanken
Der Fragebogenkonstruktion ging eine Literaturrecherche in wissenschaftlichen Datenbanken voraus. Dabei war eine Fragestellung, ob es bereits einen Fragebogen über Entscheidungskriterien für die Auswahl einer Senioreneinrichtung in der publizierten Literatur gibt. In folgenden Datenbanken wurde recherchiert:
- Gerolit (Literaturdatenbank zur sozialen Gerontologie und Altenarbeit)
- Psyndex
- FIS Bildung
- Solis
- CareLit
Die Suche der Literaturquellen wurde in der Bibliothek der Katholischen Fachhochschule in Köln und in der Universitätsbibliothek der Uniklinik Düsseldorf durchgeführt.
Fachzeitschriften
Ergänzt wurde die Suche in den Datenbanken durch die Recherche in den nachfolgenden Fachzeitschriften.
- Altenheim „Zeitschrift für das Altenhilfe-Management“ (Vincentz Verlag, Hannover)
- Pflege „Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe“ (Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern)
Die Literaturrecherche stützte sich vorwiegend auf deutschsprachige Literatur.
Das Ergebnis der Literaturrecherche war, dass das Thema „Entscheidungskriterien für die Auswahl von Senioreneinrichtungen“ bisher wenig durch empirische Untersuchungen erforscht ist. Untersuchungen, die die Erhebung von Entscheidungskriterien für die Auswahl einer Senioreneinrichtung von Bewohnern bzw. deren Angehörigen zum Thema hatten, konnten aufgrund der Literaturrecherche nicht gefunden werden. Deutlich mehr Literatur wurde zum Thema Heimeintrittsgründe gefunden.
Die relevanten Quellen für die Fragebogenkonstruktion sollen hier kurz benannt werden:
- Bartholomyczik
In diesem Projekt wurde u.a. die Qualitätsentwicklung und die Leistungstransparenz in 26 Frankfurter Altenpflegeheimen u.a. durch Interviews mit 12 Bewohnerinnen und Bewohnern der Heime und schriftlichen Befragungen von Angehörigen gemessen. Dieses Projekt wurde von der Fachhochschule Frankfurt gemeinsam mit 26 Frankfurter Altenpflegeheimen und dem KDA entwickelt und hatte das Ziel, ein Erhebungsinstrument zur Erfassung der Leistungsqualität und zum Leistungsvergleich zu entwickeln (vgl. Bartholomeyczik, S., et al. 2004).
- Josat
Die Autorin geht der Frage nach, welche Qualitätskriterien den Angehörigen in der stationären Altenpflege wichtig sind. Sie wählt ein exploratives, qualitatives Design und führt Angehörigeninterviews durch. Sie kommt zu der Hypothese, dass „Angehörige eine klare Trennung zwischen den Qualitätskriterien, die für sie selbst wichtig sind, und solchen, die sie für den Bewohner als wichtig erachten“ vollziehen (vgl. Josat, S. 2005).
- Saup
Der Autor verknüpft unterschiedliche Ansätze der Ökologischen Gerontologie zu einem Prozessmodell, das er eher als Rahmenmodell beschreibt denn als ein theoretisches Modell. Dieses Rahmenmodell wird von den Verfassern als theoretischer Rahmen für die vorliegende Fragestellung gewählt (vgl. Saup, 1993).
- Checkliste
Im Jahr 2000 gab das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg die Broschüre „ Auf der Suche nach einem Heim. Leitfaden zur Wahl eines Pflegeplatzes“ heraus. Ziel der Broschüre ist es, ältere Menschen, deren Angehörige oder Betreuer bei der Suche nach einer passenden Pflegeeinrichtung zu begleiten und zu unterstützen. Die Broschüre umfasst eine Handlungsanleitung, die Hinweise zum Vorgehen bei der Heimplatzsuche gibt, und eine Checkliste. Erarbeitet wurde die Broschüre von Senioren einer Projektgruppe des Landesseniorenrats Baden-Württemberg (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2000).
- Ratgeber
Ein Ratgeber informiert ältere Menschen und ihre Angehörigen über die Auswahl des Heimplatzes. Ergänzt wird der Ratgeber durch Checklisten für die Heimauswahl (vgl. Pantlen, 1999).
1.2 Begriffsdefinitionen
Nachfolgend sollen zunächst einmal die Begrifflichkeiten der Fragestellung aufgrund der Literaturrecherche definiert werden.
Entscheidungskriterien
Nach Auffassung der Verfasser ist für die Begriffsdefinition eine Aufspaltung des Wortes Entscheidungskriterien in Entscheidungen und Kriterien notwendig.
Der Begriff der Entscheidung
Mit dem Begriff „Entscheidung“ bezeichnet man die Auswahl einer von zwei oder mehreren Handlungsmöglichkeiten (Alternativen), die dem Entscheidungsträger zur Realisierung eines Ziels zur Verfügung stehen (vgl. Hörschgen 1992, S. 18). Eine Entscheidung liegt sowohl bei einer bewussten als auch bei einer unbewussten Auswahl einer von mehreren Handlungsmöglichkeiten vor (vgl. Sieben et. al 1990, S.1). Hierbei stellt die Option nicht zu wählen (Unterlassungsalternative), ebenfalls eine Handlungsalternative dar.
Jungermann, Pfister und Fischer beschreiben in ihrem Buch „Die Psychologie der Entscheidung“ (1998, S.3ff.), dass als „Entscheidung“ lange allein der Moment bzw. das Ergebnis der Entscheidung zwischen gegebenen Optionen verstanden wurde. Das bekannteste Modell zur Erklärung von Entscheidungen lautet, dass Menschen die gegebenen Optionen unter dem Gesichtspunkt des Wertes und der Wahrscheinlichkeit ihrer Konsequenzen beurteilen und sich dann für die nach ihrer Meinung beste Option entscheiden (Wert-Erwartungs-Modell). Da aber mit diesem Modell viele Situationen nicht hinreichend beschrieben und viele empirische Beobachtungen nicht erklärt werden konnten, stellte man zunehmend auch andere, weitergehende Fragen – zum Beispiel: Werden überhaupt alle Optionen geprüft oder wird nur eine „erste beste“ Option gesucht und gewählt? Und schließlich: Wann und wie kommt es zum Erkennen einer Entscheidungsgelegenheit oder – Notwendigkeit, also zur Wahrnehmung von Optionen? Wie werden Wahlen in die Tat umgesetzt (oder warum nicht?) und wie werden sie später beurteilt? Der Entscheidungsbegriff wurde also zunehmend erweitert (vgl. Jungermann et. al., 1998, S.3ff.).
Thomae ordnet den Begriff Entscheidung dem Oberbegriff Konflikt unter. Er stützt seine Einschätzung darauf, dass viele psychologische Theorien Aussagen über Entscheidungsverhalten nur im Rahmen einer Konflikttheorie machen. Er geht einen Schritt weiter und ordnet den Begriff Konflikt einem anderen Oberbegriff unter, nämlich der Motivationslehre. Thomae kommt zu folgender Feststellung: „…Daher ist der Kontext einer Motivationstheorie der adäquate Ausgangspunkt einer Behandlung des Problems der Entscheidung als einer Form der Konfliktlösung“ (Thomae, 1974, S. 23-24).
Der Begriff Kriterien im Zusammenhang mit Entscheidungen
Im Wahrig Fremdwörterlexikon wird das Kriterium als „Kennzeichen, unterscheidendes Merkmal“ bezeichnet (vgl. Wahrig-Burfeind, 2001, S. 515).
Im Zusammenhang mit Entscheidungen ist es somit ein unterscheidendes Merkmal, dass bei einer Auswahl zwischen Personen oder Objekten (Gegenständen, Eigenschaften, Themen, usw.) relevant für die Entscheidung ist. (vgl. Online im Internet, http://de.wikipedia.org/wiki/Kriterien, März 2006).
Laux verwendet den Begriff Entscheidungskriterium als Oberbegriff für Entscheidungsregel und Entscheidungsprinzip. Die Entscheidungsregel soll die Lösung eines Entscheidungsproblems dadurch ermöglichen, dass sie eine Präferenzfunktion und ein Optimierungskriterium festlegt um einen bestimmten Präferenzwert zu erreichen. Das Entscheidungsprinzip setzt einen Rahmen, in dessen Bereich eine Präferenzfunktion gewählt werden kann. Je mehr Entscheidungsprinzipien beachtet werden müssen, desto enger wird der Spielraum für die Entscheidungsregel. Im Extremfall kann die Situation sich so darstellen, dass ein Entscheidungsprinzip in einem auch die Entscheidungsregel bildet (vgl. Laux, 2002, S. 28).
Senioreneinrichtung
In dem für stationäre Einrichtungen relevanten Ordnungs- und Sozialrecht findet sich kein Einrichtungsbegriff, der einheitliche Geltung beanspruchen könnte (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen 2005, S. 162). Hinweise über den Einrichtungsbegriff finden sich im Heimgesetz (§1 Abs. 2 HeimG), im Sozialgesetzbuch (§§ 42,43 SGB XI und §72 SGB XI) sowie im Bundessozialhilfegesetz (§69 Satz 3 BSHG).
Im Heimgesetz wird der Begriff Senioreneinrichtung nicht explizit genannt. Dort heißt es in §1, Absatz (1):
„Dieses Gesetz gilt für Heime. Heime im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden“ (vgl. Heimgesetz 2002, S.6).
An der Untersuchung nahmen folgende im Kommentar zum Heimgesetz nach Bunz et. al (2004, S. 80- 83) definierten Heimarten teil:
Das Altenheim ist eine Einrichtung, in der alte Menschen, die nicht pflegebedürftig, aber zur Führung eines eigenen Haushalts außerstande sind, volle Unterkunft, Verpflegung und Betreuung erhalten.
Das Pflegeheim ist ein Heim, in der volljährige Personen, die wegen Krankheit, Gebrechlichkeit oder Behinderung pflegebedürftig sind, volle Unterkunft, Verpflegung und Betreuung sowie Pflege erhalten. Es dient der umfassenden Betreuung kranker und pflegebedürftiger Menschen (OVG Münster Beschluss vom 11.10.1994 Az: 4B 1235/94 zit. bei Klie Heimrecht S. 82).
Die Definition von Pflegeeinrichtungen im Sozialgesetzbuch XI, §71, Absatz (2) lautet, dass die “Stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches als selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:
1. unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden, 2. ganztägig (vollstationär) oder nur tagsüber oder nur nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.“ (vgl. SGB 2004, S, 1348).
Durch den Einschluss unterschiedlicher Heimarten ergab sich die Definition des Begriffes Senioreneinrichtung für die Untersuchung aus der Auswahl der „Einrichtungen der Altenarbeit in Aachen“. Quelle war hierfür die Broschüre „Älter werden in Aachen“ der Stadt Aachen (vgl. Stadt Aachen – Sozialamt Leitstelle „Älter werden in Aachen“, S. 107. ff.). Alle in dieser Broschüre aufgeführten 26 als „Altenheime“ bezeichneten Einrichtungen wurden angeschrieben. Bei der Untersuchung kam es weniger auf eine bestimmte Heimart an, sondern ob eine Heimmäßigkeit der Einrichtungen vorlag.
Bewohnerdefinition
Pflegebedürftige Personen, werden definitorisch laut Heimgesetz §1 Absatz (1) durch das Merkmal Aufnahme im Sinne von Überlassung von Wohnraum zum Heimbewohner (vgl. Kunz et. al. 2004, S.84) beschrieben.
Im Heimgesetz §1 Absatz (1) legt das Gesetz, den für die Heimaufnahme betroffenen Personenkreis auf ältere Menschen sowie pflegebedürftige oder behinderte Volljährige fest. Es geht weder von einem chronologischen, kalendarischen noch von einem biologischen, physiologischen Altersbegriff aus und legt eine Altersgrenze nicht fest…In der Gerontologie, Geriatrie und in der Fachliteratur, aber auch bei Zielgruppenplanungen (z.B. Altenpläne) geht man davon aus, dass der Altersbegriff ab dem 65. Lebensjahr beginnt (vgl. Kunz et. al. 2004, S.85).
Der Begriff der Pflegebedürftigkeit ist im SGB XI, § 14 definiert: „Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung, für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§15) der Hilfe bedürfen.“ (vgl. SGB 2004, S. 1310).
Angehörigendefinition
Es existieren unterschiedliche Definitionen des Begriffs „Angehörige“. Im Sinne des deutschen Sozialgesetzbuches X, §16, Abs. 5 sind Angehörige, der Verlobte, der Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern und Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder) vgl. Sozialgesetzbuch, 2004, S.1243. Für Friedemann (1996) dagegen müssen Angehörige nicht unbedingt Blutsverwandte sein, sondern können auch Freunde oder Nachbarn u.a. sein. Diese Arbeit schließt beide Definitionen mit ein.
1.3 Zusammenfassung
Das Ergebnis der Literaturrecherche zeigt, dass das Thema Entscheidungskriterien für die Auswahl von Senioreneinrichtungen bisher wenig durch empirische Untersuchungen erforscht ist. Untersuchungen, die die Erhebung von Entscheidungskriterien für die Auswahl einer Senioreneinrichtung durch Bewohner bzw. deren Angehörige zum Thema hatten, konnten aufgrund der Literaturrecherche nicht gefunden werden.
Auf der Grundlage vorhandener Literatur wurden die Begrifflichkeiten Entscheidungskriterien, Senioreneinrichtungen, Bewohner und Angehörige näher bestimmt. Entscheidungskriterien wurden differenziert in die Begrifflichkeit Entscheidung und Kriterium. Dabei wurde die semantische Bedeutungsdimension des Wortes Entscheidung anhand der Literatur aus dem Bereich der Psychologie genauer bestimmt. Es zeigte sich bei der Definition des Einrichtungsbegriffs die Schwierigkeit der Abgrenzung, da es keinen einheitlichen Einrichtungsbegriff gibt.
Die Bewohnerdefinition knüpft an § 1 Absatz (1) Heimgesetz an. Die Angehörigendefinition für die Untersuchung schließt auch nicht blutsverwandte Angehörige mit ein.
Die Begrifflichkeit „Senioreneinrichtung“ wird durch die Art der teilnehmenden Heimarten bestimmt. Maßgeblich war bei der Auswahl der Einrichtungen nicht die Heimart, sondern die Heimmäßigkeit nach dem Heimgesetz.
Es ist anzumerken, dass die Begrifflichkeit Senioreneinrichtung unklar bleibt. Die Wahl der Begrifflichkeit Senioreneinrichtung geht von der Annahme einer besseren Verständlichkeit aus. Da im §1 HeimG einzelne Heimarten nicht aufgezählt werden, haben sich die Verfasser für diese Begrifflichkeit entschieden. Ausgangspunkt war die in der Broschüre „Älter werden in Aachen“ aufgeführten und für die Untersuchung angeschriebenen 26 „Altenheime“ unter die Begrifflichkeit Senioreneinrichtung zusammenzufassen (vgl. Stadt Aachen – Sozialamt Leitstelle „Älter werden in Aachen“, S. 107. ff.)
II. Theoretischer Teil
Vorbemerkung
Durch eine bewusste Parallelverknüpfung von theoretischem Teil und
empirischem Teil, aufgrund der ex post durchgeführten Literaturrecherche nach theoretischen Modellen, kommt es im theoretischen Teil zu Überschneidungen durch eine Parallelverknüpfung.
Dies entspricht den tatsächlichen Rücksprüngen und Reflektionen im Forschungsprozess der vorliegenden Untersuchung und der methodenkritischen Auseinandersetzung mit dem Forschungsgegenstand.
2. Theoretische Ansätze in der Ökologischen Gerontologie
2.1 Vorbemerkung
Bei dem Problem, eine Entscheidung für eine bestimmte Seniorenheimeinrichtung treffen zu müssen, geht es im übertragenen Sinne um die Suche nach neuem Wohnraum. Die Suche nach neuem Wohnraum wirft zwei Fragen auf: Zum einen, warum wird zu einem Zeitpunkt X nach neuem Wohnraum gesucht d.h. was veranlasst einen Menschen dazu, eine neue Wohnung bzw. Wohnform zu suchen, und zum anderen, was muss bei der Auswahl der neuen Wohnung alles berücksichtigt werden, damit möglichst viele Wünsche bzw. Ziele erfüllt werden? Die Übersiedlung ins Seniorenheim wird von Saup als kritisches Lebensereignis bezeichnet (vgl. Saup, 1993, S.140). Lehr bezeichnet den Übergang in ein Seniorenheim als „Endstation“ in der Wohnbiographie vieler Menschen“ (vgl. Lehr, 2000, S. 207).
2.2 Theoretisches Modell zum Übergang ins Seniorenheim
Der Einzug in ein Heim vollzieht sich an einem bestimmten Tag. Die Aufnahme als solche stellt allerdings kein punktuelles Ereignis dar, sondern muss als Übergangsprozess charakterisiert werden. Dieser Prozess lässt sich in fünf Phasen unterteilen (vgl. Faltermaier, 2002, S. 200-203, Saup, 1993, S. 144-149). Im genannten Modell wird zwischen Altenheimanwärtern und Pflegeheimanwärtern unterschieden. Im Weitern werden nur jene Aspekte näher beschrieben, die das Pflegeheim im Fokus haben. Thiele (2000) hat das 5 Phasen Model von Saup wie folgt graphisch dargestellt.
Grafik 1: Prozessmodell des Übergangs ins Altenheim
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.1 Phase eines bestehenden oder antizipierten Unterstützungsbedarfs
Durch Hilfe- und Pflegeleistungen innerhalb der Familie und ambulante Hilfeleistungen kann die Heimaufnahme vermieden bzw. für eine bestimmte Zeitdauer hinausgezögert werden. Wenn durch medizinische und rehabilitative Maßnahmen keine Verbesserungen mehr zu erwarten sind und die Kompensationsmechanismen ausgeschöpft sind, beginnt die Auseinandersetzung mit dem Thema Heimübersiedlung. Die eingeschränkte Gesundheit ist in den meisten Fällen der zentrale Grund dafür, dass die Betroffenen und/oder deren Angehörige anfangen, sich mit einer Übersiedlung in ein Heim zu beschäftigen (vgl. Schneekloth et al., 1997, S. 41, Klingenfeld, S. 25, Lehr, BMFSFJ, Band 147,3, 1998, S84). Das Ausreizen der Kompensationsmechanismen und die spät einsetzende Beschäftigung mit dem Thema Heimübersiedlung führen dazu, dass die Heimübersiedlung zu einer Notfallreaktion wird. D.h., das Zusammenwirken mehrerer Faktoren führt dazu, dass eine Heimaufnahme in Erwägung gezogen wird. Mit der Erkenntnis, dass die bisherigen Kompensationsmechanismen nicht mehr ausreichen, ist noch keine Entscheidung für eine Senioreneinrichtung gefallen: Die Entscheidung als solche stellt die zweite Phase dieses Modells dar (vgl. Saup, 1993, S. 142).
2.2.2 Entscheidungs- und Wartephase zwischen Bewerbung um einen Heimplatz und Heimaufnahme
Die Wartezeit von der Bewerbung um einen Altenheimplatz bis zur Übersiedlung wird von Saup unterschiedlich angegeben. So konnten 45% der Bewerber bereits 2 Wochen nach der Bewerbung in das ausgesuchte Altenheim übersiedeln. Nach weiteren 2 Wochen Wartezeit konnten 77% der Bewerber übersiedeln und nach 6 Wochen traf das auf 83% der Bewerber zu. Diese Aussagen stützen sich auf Angaben von Heimleitern (vgl. Saup, 1993, S. 145). Schneekloth et al. geben an, dass die Einrichtungen eine Warteliste führen, allerdings ohne Angabe von Wartezeiten (vgl. Schneekloth et al., 1999, S. 182-183). Die Wartephase ist durch mehrere Merkmale gekennzeichnet:
- Handlungs- und Zeitdruck
Starke Beteiligung von Außenstehenden wie z.B. Angehörige, Ärzte, Sozialdienstmitarbeiter im Krankenhaus, Zeitdruck bei anstehenden Entscheidungen und Handlungsabläufen sind charakteristisch für dieses Merkmal. Der Weg ins Altenheim wird von den Beteiligten oft gewählt, ohne den betroffenen alten Menschen selbst mit einzubeziehen. Die Betroffenen sind nur peripher beteiligt, obwohl es um ihr eigens Lebensschicksal geht. Damit sind Freiwilligkeit und Selbstbestimmung für eine Heimübersiedlung in Frage gestellt (vgl. Saup, 1993, S.143, BMfFSFJ, Band 147,3, 1998, S. 84).
- Wahlmöglichkeiten
Die Wahlmöglichkeiten beziehen sich auf zur Verfügung stehende Altenheime, den Einzugszeitpunkt, auf die Einrichtungsgegenstände die mitgenommen werden können usw. Diese Wahlmöglichkeiten haben einen positiven Einfluss auf die Phase nach der Übersiedlung und auf die folgende Adaptionsphase. Es werden positive Zusammenhänge zwischen Wohnumgebung und erfolgreicher Anpassung beschrieben (vgl. Saup, 193, S.143-144, BMfFSFJ, Band 147,3, 1998, S. 82-84).
- Antizipation und Vorbereitung
Aus der Entwicklungspsychologie und aus der Forschung zu kritischen Lebensereignissen ist bekannt, dass diese besser gemeistert werden können, wenn im Vorfeld dieser Ereignisse die Möglichkeit bestand, Informationen zu sammeln, Beratung zu erhalten und Erfahrungen zu machen. Die Übersiedlung in ein Pflegeheim wird als kritisches Lebensereignis im Lebenslauf beschrieben. Die positiven Effekte durch Informationseinholung oder Besichtigung des Heims Vorort, machen sich in eine leichtere Anpassung an die neuen Lebensumstände bemerkbar (vgl. Saup, 1999, S.144). Allerdings kann eine Öffnung der Einrichtungen für die Außenwelt, als eine präventive Maßnahme um die psychische Belastung des Umzugs aufzufangen, gedeutet werden (vgl. BMfFSFJ, Band 147,3, 1998, S. 84).
- Vermeintliche Wartezeiteffekte
Hier stellt sich die Frage, ob die Wartezeit positive oder negative Auswirkungen auf die zukünftigen Heimbewohner hat. Dazu gibt es laut Saup keine einheitliche Meinung in der gerontologischen Literatur. Es werden Studien aufgeführt, die einen negativen Effekt darin sehen, dass die Wartezeit zu lange dauert. Es werden aber auch neuere Studien zitiert, die zu dem Schluss kommen, dass die Kürze der Wartezeit zur Belastung führt (vgl. Saup, 1993, S. 144-145). In dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlichten Endbericht zu Möglichkeiten und Grenzen selbstständigen Lebens und Arbeitens in stationären Einrichtungen wird darauf hingewiesen, dass die Wartezeiten in den letzten Jahren deutlich gesunken sind, aber es durchaus noch Einrichtungen gibt, für die mehrmonatige Wartezeiten einkalkuliert werden müssen. Als Gründe werden hier Monopolstellung der Einrichtung genannt oder, dass bestimmte architektonisch-bauliche Gegebenheiten eine Selektion der zukünftigen Bewohner erforderlich machen (vgl. BMfFSFJ, Band 147,3, 1998, S. 78).
2.2.3 Umsiedlungsphase
Diese Phase ist im gesamten Prozess die kürzeste. In dieser Phase geht es darum, die Maßnahme als solche zu organisieren. D.h. den Zeitpunkt des Heimeinzugs festzulegen, den Transport der ausgewählten Möbel zu arrangieren, die bisherige Wohnung aufzulösen bzw. zu kündigen. Zu dieser Phase gehört aber auch die Reorganisation des sozialen Umfelds (vgl. Saup, 1999, S. 146).
2.2.4 Phase der Eingewöhnungsversuche in die neue Lebenssituation
Die Eingewöhnungsphase wird als eine schwierige und bis zu sechs Monate dauernde Phase charakterisiert. So wird beispielsweise das Unfallrisiko für die neuen Bewohner in den ersten vier Wochen als besonders groß angegeben. Weitere Merkmale dieser Phase sind psychosoziale Auffälligkeiten wie: Hoffnungslosigkeit, Selbstaufgabe und das Empfinden einer verminderten Lebenszufriedenheit. Dieser Zustand wird auch als „first-month-syndrom“ bezeichnet. Eine positive Beeinflussung dieser kritischen Eingewöhnungszeit wird durch realitätsgerechtere Erwartungen an das Heim bewirkt. Wurde allerdings die vorherige Lebenssituation als gut befunden, dann wurde die erste Phase als negativ erlebt (vgl. Saup, 1993, S.147). Die Auswirkung dieser schwierigen Zeit auf die Befindlichkeit der neuen Bewohner wird auch durch deren Copingverhalten beeinflusst. Lehr definiert den Begriff Coping wie folgt. „…Coping ist danach ein stabilisierender Faktor, der Individuen helfen kann, psychosoziale Anpassung in belastende Situationen zu finden“ (Lehr, 2000, S. 176). Sie bezieht sich dabei auf eine Definition die auf Holahan, Moos und Schaefer aus dem Jahr 1996 zurückgeht.
2.2.5 Phase längerfristiger Adaption
In dieser Phase entscheidet sich, wie sich der neue Bewohner an das Leben im Seniorenheim anpasst. Die vorherige Eingewöhnungsphase spielt dabei eine zentrale Rolle. Zeitlich gesehen fängt die Phase der längerfristigen Adaption frühestens ab dem sechsten Monat nach der Heimübersiedlung an (vgl. Thiele, 2000). Da der Fragebogen nur Bewohnern und Angehörigen ausgehändigt werden sollte, die vor maximal 6 Monaten eingezogen sind, werden weitere Aspekte dieser Phase nicht näher beschrieben.
2.3 Prozessmodell der Person-Umwelt-Interaktion
Um die Gründe, die zur Übersiedlung geführt haben besser darzustellen, muss im vorliegenden Fall weiter ausgeholt werden. Das dargestellte fünf Phasen Modell ist nicht weitreichend genug, um die Komplexität der Entscheidungsfindung für eine Senioreneinrichtung zu erklären. Hier stellen sich u.a. folgenden Fragen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind:
- Was ist in der Vergangenheit alles unternommen worden um die Übersiedlung zu verhindern?
- Über welche Kompensationsmechanismen verfügt der Betroffene?
- Welche Ziele wurden mit der Übersiedlung verfolgt?
Um diese und weitere Fragen beantworten zu können bedarf es der Betrachtung eines weiteren theoretischen Modells. Für den hier dargestellten Zusammenhang, wichtige Entscheidungskriterien für einen anderen Wohn/Lebensraum, dient das Prozessmodell der Person-Umwelt-Interaktion im Alter von Saup (vgl. Saup, 1993, S. 9-60). Dieses Modell versteht sich als „…eine prozessuale, dynamische Konzeption der Beziehung von Person und Umwelt“ (ebda., S. 48). Saup bezeichnet dieses Prozessmodell eher als eine Rahmentheorie denn als einen ausgefeilten Theorieansatz, indem verschiedene Person- und Umweltmerkmale in einem Prozessmodell miteinander verknüpft werden, besitzt es einen hohen Integrationswert.
„…In unsere Modellannahmen fließen Anregungen aus dem Test-Operate-Test-Exit (TOTE) Modell von Miller, Galanter & Pribram (1960), dem Privatheitsregulations-Modell von Altman (1975) sowie den ökogerontologischen Konzeptionen von Lawton (1980; 1982), Kahana (1982) und Carp & Carp (1980; 1982) ein“ (vgl. Saup, 1993, S. 48).
Das von Saup vorgeschlagene Prozessmodell wird von den Verfassern als geeignet gesehen, die vorliegende Fragestellung zu erklären, weil es viele Dimensionen beinhaltet, die bei der Suche nach einer Senioreneinrichtung und der anschließenden Heimübersiedlung von Bedeutung sind. Die Verfasser betrachten im Folgenden jene Merkmale eingehender, die ihnen für die vorliegende Fragestellung von Interesse erscheinen.
Bevor die einzelnen Elemente in Zusammenhang mit der Fragestellung gesetzt werden, soll eine graphische Darstellung die Komplexität des Prozessmodells und die Beeinflussung der einzelnen Merkmale untereinander verdeutlichen.
Aufgrund seiner Komplexität ist das Prozessmodell nicht auf einer Seite darstellbar. Das Prozessmodell ist durch die Verfasser marginal modifiziert und wird in zwei Teilen graphisch wiedergegeben.
Grafik 2: Prozessmodell Person-Umwelt-Interaktion im Alter Teil 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3.1 Umweltfaktoren
Nach Saup können Umweltfaktoren durch Attribute, die ihnen (z.B. durch eine intersubjektive Konsensbildung in einer Forschergruppe) zugeschriebenen werden, näher charakterisiert werden. Saup zählt eine Reihe von Autoren auf, nach deren Auffassung Umweltfaktoren direkt zu einer Veränderung des individuellen Verhaltens beitragen. Die individuellen Folgen können sich durch Ortsidentität, Behaglichkeit, Zufriedenheit, Heimatgefühl, Hoffnungslosigkeit, Entfremdung, Anonymität und Umweltkompetenz ausrücken (siehe Pfeil a in der Grafik 2, Teil I). Saup geht jedoch von einer indirekten Wirkung der Umwelt aus. Erst nach der Ziel – Perzeptionsbilanzierung d.h. nach dem eine Bilanz gezogen wurde im Hinblick auf Kongruenz, Passung, Ähnlichkeit, dosierte Diskrepanz von Zielen und Perzeption wird das individuelle Verhalten, mit den oben geschilderten individuellen Folgen, beeinflusst. Die von Saup als gerontologisch bedeutsam genannten Attribute des Merkmals Umweltfaktoren, sollen näher betrachtet werden. (vgl. Saup, 1993, S. 49).
Im Weiteren werden die einzelnen Merkmale bzw. Umweltattribute des Merkmals „Umweltfaktoren“ beschrieben und erklärt. Nach Beschreibung und Erklärung eines jeden Merkmals bzw. Umweltattributs, werden jene Fragen aus dem Fragebogen angeführt, die genau diesem Merkmal entsprechen. Durch dieses Vorgehen möchten die Verfasser eine direkte Verknüpfung zwischen theoretischem Modell und im Fragebogen gestellte Fragen herstellen. Dieses Vorgehen dient der theoretischen Begründung für die im Fragebogen gestellten Fragen.
Zur besseren optischen Trennung von Theorie und gestellter Frage, werden die Fragen in einem Rahmen abgegrenzt. Zur besseren Zuordnung haben die Verfasser die Fragen aus den Fragenkomplexen 9,14,16 durchnummeriert. Beispielsweise sei an dieser Stelle die Frage 40, stellvertretend für alle anderen Fragen, aus dem Fragebogen dargestellt:
Frage 40: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das Einzelzimmer?
- Erreichbarkeit und Zugänglichkeit
Erreichbarkeit und Zugänglichkeit ist ein wichtiges Merkmal von Umwelt- gegebenheiten für ältere Menschen. Hier ist die Erreichbarkeit von sozial–räumlichen Gelegenheiten gemeint (Arzt, Frisör, Apotheke, Einkaufsgelegenheiten) (vgl. Saup, S. 83).
Frage 27: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung die Entfernung Wohnort Angehörige (wichtigste Bezugsperson) zur Senioreneinrichtung?
Frage 28: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung der Standort der Senioreneinrichtung im Grünen (Parkanlage, Waldgebiet)?
Frage 29. Wie wichtig war für Ihre Entscheidung die Bus- und Verkehrsverbindung?
- Vertrautheit
Saup stützt seine These, dass Vertrautheit mit bestimmten Umweltgegebenheiten für ältere Menschen wichtiger ist als für jüngere Menschen, auf Studien über Wohnzufriedenheit im Alter. Demnach stand der Aspekt der Vertrautheit der Nachbarschaft für ältere Menschen deutlich im Vordergrund als dies bei jüngeren Altersgruppen der Fall war (vgl. Saup, S. 1993, 84).
Frage 25: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung die Nähe der Senioreneinrichtung zum bisherigen Wohngebiet?
- Orientierung
Nach Saup ermöglicht eine Umwelt, die gute Orientierung zulässt, dem Menschen Situationen für eigene Handlungsabsichten zu nutzen. Gibt es z.B. in einer Stadt klar erkennbare räumliche und geographische Merkmale, dann können diese markanten Merkmale in Anlehnung an Lynch als „Elemente einer Lesbarkeit einer Stadt“ (zit. n. Saup, 1993, S. 87) bezeichnet werden. Auf die mikroökologische Ebene einer Wohnung oder eines Seniorenheims bezogen bedeutet das, dass lesbare Umweltmerkmale zu einer besseren Orientierung beitragen können. Nach Saup stellen optisch gut sichtbare Hinweisreize und/oder klar identifizierbare soziale Signale für spezifische Verhaltenserwartungen solche Umweltmerkmale dar. Diese Merkmale sind auch für alte Menschen, deren sensorische Fähigkeiten gemindert sind oder die unter reduzierten kognitiven Fähigkeiten leiden, für die Orientierung von Bedeutung (vgl. Saup, 1993, S. 87 -89).
Frage 52: Wie wichtig waren für Ihre Entscheidung die Orientierungshilfen (z.B. Hinweisschilder, unterschiedliche farbliche Gestaltung der Flure oder Stockwerke)?
Frage 62: Wie lange haben Sie sich vor der Entscheidung mit dem Thema Umzug ins Seniorenheim beschäftigt?
Die Attribute des Merkmals Umweltfaktoren können durch die übergeordnete Dimension Wohnumwelt beschrieben werden. (vgl. Saup, 1993, S. 78 ff.)
2.3.2 Umweltdispositionen
Als Umweltdispositionen werden Umwelt bezogene situationsübergreifende Präferenzstrukturen einer Person verstanden, die durch einen Lernprozess im Laufe der Biographie zu Personmerkmalen werden. Dazu zählen z.B. Wohnstil, Wohnpräferenzen, Sensitivität gegenüber Umweltstressoren (z.B. spielende Kinder, Autoverkehr) und Privatheitspräferenz. War bei einem Menschen schon immer die Präferenz zur Privatheit stark ausgeprägt, dann wird er in dem situativen Kontext als Bewohner in einem Seniorenheim einen großen Wunsch nach einer Rückzugsmöglichkeit haben. Umweltdispositionen beeinflussen sowohl die aktuelle (subjektiv erlebte Umwelt) Umweltperzeption (siehe Pfeil d in der Grafik 2, Teil I) als auch die situativen Handlungsziele (siehe Pfeil e in der Grafik 2, Teil I) (vgl. Saup, 1993, S. 52).
Frage 40: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das Einzelzimmer?
Frage 43: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das Mitbringen von persönlichen Einrichtungsgegenständen?
Frage 57: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung die Beibehaltung des Hausarztes?
2.3.3 Umweltbezogene Fähigkeiten
Die Umweltdispositionen beziehen sich auf psychische Veränderungs-bereitschaften. Im Gegensatz dazu umfassen die Fähigkeiten sowohl psychische als auch physische Fertigkeiten. Saup zählt zu den Umweltbezogenen Fähigkeiten älterer Menschen die Seh- und Hörfähigkeit, die Gehfähigkeit und die körperliche Beweglichkeit, die taktile Sensitivität und sensomotorische Fertigkeiten. Durch die Pfeile g und f in der Grafik 2, Teil I ist zu erkennen, wie die Fähigkeiten auf Copingversuche und Umweltperzeption Einfluss nehmen. Ob eine Auseinandersetzung mit der Umwelt gelingt oder misslingt hängt nach diesem Modell auch von den allgemeinen Fähigkeiten einer Person wie kognitive Fähigkeiten, generalisierte Kontrollüberzeugungen und Copingstile ab (vgl. Saup, 1993, S.52-53, Klein, 1998, S. 413, Schneekloth, 1997, S. 55).
Frage 2: Anlass für den Einzug (Mehrfachantworten möglich – maximal drei). In dieser Frage wird nach Heimeintrittsgründen gefragt. Die Frage ist mit 11 Items abgebildet. Unter anderem spiegeln die Items: S chlechte Gesundheit, Krankenhausaufenthalt, im Seniorenheim besser versorgt und Umzug in eine Senioreneinrichtung wurde angeraten von (Freifeld), die oben beschriebenen umweltbezogenen Fähigkeiten wieder.
Frage 15: Liegt bei dem Bewohner/der Bewohner eine durch ärztliche Diagnose gesicherte Demenzerkrankung vor?
2.3.5 Externe Ressourcen
Als externe Ressourcen werden finanzielle Ressourcen (Einkommen, Besitz) und Merkmale des sozialen Umfelds gesehen. Bei Auseinandersetzungen mit der Umwelt kann auf diese externen Ressourcen zurückgegriffen werden (vgl. Ulrich, 2005, S. 472). Diese Ressourcen liegen allerdings außerhalb des Individuums. Bei dem sozialen Netzwerk wird zwischen quantitativen und qualitativen Aspekten unterschieden. Sind solche Ressourcen vorhanden, kann die Umweltperzeption beeinflusst werden, z.B. indem sich ein zukünftiger Bewohner gegen eine Senioreneinrichtung entscheidet, weil die Privatheit für ihn so wichtig ist und nur eine Einrichtung in Betracht kommt, die das Einzellzimmer garantiert, obwohl das Einzelzimmer teuerer ist. Durch den Pfeil h ist das in der Grafik 2, Teil I dargestellt. Bei Copingversuchen kann ebenfalls auf die externen Ressourcen zurückgegriffen werden (siehe Pfeil i in der Grafik 2, Teil I) (vgl. Saup, S. 53).
Frage 13: In welchem Verhältnis stehen Sie zum Bewohner/zur Bewohn- erin?
Frage 17: Wie wichtig war der pflegerische Schwerpunkt für Demenzerkrankte bei Ihrer Entscheidung? (Frage nach qualitativem Netzwerk, weil diese Frage von den Angehörigen beantwortet werden sollte)
Frage 25: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung die Preisvergleichsliste der Pflegekassen?
Frage 32: Wie wichtig waren für Ihre Entscheidung die Regelungen im Heimvertrag? (Vertragsinhalt: Leistungen des Trägers, Pflichten des Bewohners, sonstige Regelungen)
Frage 40: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das Einzelzimmer?
Frage 63: Wie war Ihre Einschätzung des Preises im Bezug auf das angebotene Leistungsverhältnis bei der Entscheidung für die Senioreneinrichtung?
Frage 67: Mit wem zusammen haben Sie überwiegend die Entscheidung für die Auswahl dieser Senioreneinrichtung getroffen?
2.3.6 Situative Ziele
Die situativen Ziele werden von Saup als Indikatoren eines Soll-Zustandes beschrieben. Sie sind Teil des aktuellen Prozessgeschehens und signalisieren in der Person-Umwelt-Interaktion den angestrebten Soll-Zustand. Demnach sind die Wünsche nach Privatsphäre und Sozialkontakt, nach körperlich biologischer Regeneration, nach psychischer Regenration, nach Intimität, Kontaktsuche und Kontaktvermeidung, nach Rekreation und Aktivierung und Wünsche nach Wohnräumen und Einrichtungsgegenständen als Indikatoren für situative Ziele zu bezeichnen. Diese Ziele fließen in die Ziel-Perzeptionsbilanzierung mit ein und sind durch den Pfeil k in der Grafik 2, Teil I gekennzeichnet (vgl. Saup, 1993, S. 53ff.).
Frage 30: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung ein Andachtsraum im Seniorenheim?
Frage 31: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung ein eigener Balkon, eine eigene Terrasse an dem Zimmer?
Frage 40: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das Einzelzimmer?
Frage 45: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung die Atmosphäre in der Senioreneinrichtung (Raumgestaltung, Farbgestaltung, Bilder, Helligkeit, Gemütlichkeit)?
Frage 56: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das therapeutische Angebot (z.B. Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie etc.)?
Frage 58: Wie wichtig war für Ihre Entscheidung das Veranstaltungsprogramm?
2.3.7 Umweltperzeption
Die Perzeption der räumlich-sozialen Umwelt wird von Saup als ein aktiver Prozess dargestellt, der trotz aller Individualität intersubjektiv beschrieben werden kann. Kontrollierbarkeit, erlebte Anregbarkeit, subjektive Belastungsfaktoren oder erlebte Privatheit werden von Saup als intersubjektive Beschreibungsdimensionen genannt. „Die Wahrnehmung der Umwelt geht als Parameter in die Ziel-Perzeptions-Bilanz ein und wird auf diese Weise verhaltenswirksam“ (Saup 1993, S. 54). Dieser Zusammenhang ist durch den Pfeil l in der Grafik 2, Teil I dargestellt. Es kommt zu einer Evaluierung subjektiver Bedeutsamkeit von Umweltmerkmalen. Das Ergebnis des Evaluierungsprozesses hängt von den individuellen Präferenzen, den Ressourcen und den Fähigkeiten der Person ab. Saup vertritt die Position, dass sowohl die faktische als auch die subjektiv erlebte Umwelt Einfluss auf Verhalten und Erleben haben (vgl. Saup, 1993, S. 54-55).
Frage 2: Anlass für den Heimeinzug
(Mehrfachantworten möglich – maximal drei)
In dieser Frage wurde nach Heimeintrittsgründen gefragt. Insbesondere die Items: Im Seniorenheim besser aufgehoben, Niemand für Notfälle vorhanden, Will niemandem zur Last fallen und Überlastung der Angehörigen, bilden den oben beschriebenen Zusammenhang.
2.3.8 Ziel-Perzeptions-Bilanz
An diesem Punkt des Person-Umwelt-Interaktionsmodels, kommt es zu einem Soll - Ist Abgleich. Hier wird überprüft: „… inwieweit situationsspezifische Ziele in der Interaktion mit der konkreten alltäglichen Umwelt bereits erreicht bzw. unerfüllt sind“ (Saup 1993, S. 55). Nach dem Soll – Ist Vergleich können sich unterschiedliche Ergebnisse einstellen. Passung, Kongruenz, Diskrepanz, Ähnlichkeit und dosierte Abweichung sind nach Saup mögliche Charakteristika dieser Ergebnisse, wobei Diskrepanz und Übereinstimmung phänomenal erlebt werden. Die Bilanz nach dem Soll – Ist Vergleich beeinflusst den weiteren Verlauf der Interaktion. Besteht eine geringe Diskrepanz zwischen situativen Zielen und Umweltmerkmalen, dann endet der Interaktionsprozess (Pfeil m in Abb. 1 Teil I). Sollte die Bilanz eine größere Diskrepanz aufweisen, dann wird die Person über Copingversuche Strategien entwickeln, um die Diskrepanz zu minimieren bzw. die Kongruenz und Passung zu optimieren (vgl. Saup, 1993 S. 55).
Frage 21: Wie war Ihre Einstellung bei der Auswahl der Seniorenein-richtung?
Frage 22: Wie war Ihre Einstellung nach dem Umzug in die Seniorenein-richtung?
Frage 23: Welchen Einfluss hatten Medienberichte auf die Auswahl?
Frage 64: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Entscheidung für die Auswahl dieser Einrichtung jetzt?
2.3.9 Copingversuche
Immer dann, wenn eine Diskrepanz zwischen dem Soll – Ist Vergleich vorliegt, wird mit Copingverhalten versucht regulativ einzuwirken. Es gibt unterschiedliche Strategien, mit denen eine Person versucht die aufgetretene Diskrepanz zu minimieren. Das kann beispielsweise eine direkte Einflussnahme auf Umweltfaktoren sein, indem eine Wohnungsanpassungs- maßnahme vorgenommen wird, um weiterhin in der eigenen Wohnung zu verbleiben (siehe Pfeil 0 in der Grafik 2, Teil I). Durch Copingreaktionen können aber auch situationsspezifische Ziele revidiert werden zum Beispiel wenn klar wird, dass ein Einzelzimmer kaum zu bekommen ist, weil das ausgewählte Seniorenheim jeden neuen Bewohner zuerst in ein Doppelzimmer einziehen lässt (siehe Pfeil p in der Grafik 2, Teil I). Dem Prozessmodell folgend, würde sich an die Copingversuche ein erneuter Soll – Ist Vergleich im Sinne der Ziel – Perzeptions - Bilanzierung anschließen. Für den Fall, dass die Copingversuche erfolgreich waren, können positive Auswirkungen für die Person –Umwelt- Interaktion erwartet werden. Für den Fall, dass die Copingversuche nicht zur Zielerreichung geführt haben, kann sich eine mehrfache Wiederholung von Bilanzierung und Regulationsversuchen anschließen. Mangelnde Adaption und negative Folgen werden in den Fällen immer wahrscheinlicher, wo es nicht gelingt die Diskrepanz zwischen Soll - Ist Vergleich zu minimieren. Die negativen Folgen sind durch Fehlanpassung, Entfremdung, Unsicherheit und Angst gekennzeichnet. Die Wiederholung von Regulationsversuchen und Bilanzierung ist in der Grafik 3, Teil II dargestellt. Die Copingversuche sind allerdings nicht nur auf die Situation vor der Heimübersiedlung begrenzt. Auch und vor allem nachdem sich der Übergang ins Seniorenheim vollzogen hat, sind die Bewältigungsstrategien für die weitere Adaption an die neue Umwelt besonders wichtig.
Die über 15 Jahre hinweg durchgeführte Bonner Längsschnittstudie über Reaktionen auf Belastung BOLSA, hat fünf Arten der Belastung untersucht. Die Untersuchung wurde in den Jahren 1966/67 bis 1980/1981, bei N = 81 Frauen und Männer, durchgeführte. Zu jedem Messzeitpunkt wurde für jede Belastung eine Rangfolge der Reaktionsformen abgebildet. Die fünf Belastungen wurden jeweils durch 15 – 18 Reaktionsformen abgebildet.
Die Ergebnisdarstellung bezieht sich auf vier von den fünf untersuchten Belastungen.
[...]
[1] Im weiteren Text wird nicht explizit zwischen weiblichen und männlichen Wortformen unterschieden. Dennoch wird, wenn nicht anders hervorgehoben, die so ausgeschlossene Geschlechtsform i.d.R. miteinbezogen!
[2] Allgemeine Informationen rund um das Älterwerden gibt das Seniorentelefon der Stadt Aachen, das der Leitstelle „Älter werden in Aachen“ angegliedert ist (vgl. Stadt Aachen – Sozialamt Leitstelle „Älter werden in Aachen“ S.10)
- Arbeit zitieren
- Horst Küpper (Autor:in), Josif Cvetkovski (Autor:in), 2006, Entscheidungskriterien zur Auswahl einer Senioreneinrichtung - Eine Erhebung in der Stadt Aachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61058
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