Die Bedeutung der internationalen Rechnungslegung nimmt parallel zur Globalisierung zu. Nicht nur kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die ab 2005 bzw. 2007 ihre Konzernabschlüsse nach den IAS/IFRS
Rechnungslegungsvorschriften erstellen müssen, setzen sich hiermit auseinander. Mittelständische Unternehmen befassen sich laut des Deutschen Industrie- und Handelskammertages auch zunehmend mit diesem Thema. Ein konkreter Umstellungsbedarf wird bei den meisten mittelständischen Unternehmen jedoch noch nicht gesehen. Die wenigsten Mittelständler bilanzieren schon nach internationalen Rechnungslegungsstandards oder planen eine konkrete Umstellung. Dennoch bleibt die internationale Rechnungslegung auch weiterhin ein Thema, das von den mittelständischen Unternehmen verfolgt werden muss. In dieser Arbeit werden mögliche Auswirkungen der IAS/IFRS auf die mittelständische GmbH und GmbH & Co. KG untersucht. Dabei können auf Grund der Komplexität nicht alle Bereiche, bei denen Auswirkungen zu erwarten sind, abgedeckt werden. Es werden aber jene Themengebiete aufgegriffen, die von Bedeutung sein können und auch schon häufiger in der Öffentlichkeit thematisiert wurden. Wie diese Auswirkungen zu beurteilen sind, ob es sich um Vor- oder Nachteile handelt, kann im Allgemeinen nicht beantwortet werden und wird deshalb in dieser Arbeit nicht weitergehend diskutiert. Es kommt diesbezüglich auf den konkreten Sachverhalt des Einzelfalles an. Einführend wird die allgemeine Zielsetzung der internationalen Rechnungslegung nach IAS/IFRS dargestellt. Darauf folgend werden die Anwendungsmöglichkeiten dieser Regelungen im Hinblick auf die mittelständische GmbH und GmbH & Co. KG geprüft. Anschließend wird auf das sich in der Entwicklung befindliche IAS/IFRS-Regelungswerk für den Mittelstand eingegangen. Auf eine Erläuterung der IAS/IFRS-Entwicklung im Zeitverlauf, der Organisationsstrukturen sowie den formalen Aufbau des Regelungswerkes, wird hier verzichtet, da sie für diese Arbeit nicht direkt von Bedeutung sind. Das dritte Kapitel bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit und zeigt die direkten Auswirkungen auf den Jahresabschluss bei der Anwendung der IAS/IFRS. Dabei sind exemplarisch einige Bereiche ausgewählt, die für eine mittelständische GmbH oder GmbH & Co. KG relevant sein können und bei denen gleichzeitig bedeutende Unterschiede zur Bilanzierung nach dem HGB bestehen. Zunächst wird auf die Bewertung von Anlagevermögen zu Zeitwerten eingegangen. [...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen der IAS/IFRS Rechnungslegung
2.1 Zielsetzung der IAS/IFRS
2.2 Anwendungsmöglichkeiten der IAS/IFRS bei der mittelständischen GmbH und GmbH & Co. KG
2.2.1 Definition Mittelstand
2.2.2 Anwendungsmöglichkeiten
2.3 IASB Projekt zur Erleichterung der Rechnungslegung für KMU
3 Direkte Auswirkungen auf den Jahresabschluss bei der Anwendung der IAS/IFRS
3.1 Bewertung des Anlagevermögens zu Zeitwerten
3.2 Erhöhte Buchwerte durch verlängerte Abschreibungsdauern
3.3 Leasing
3.4 Gewinnrealisierung nach Fertigungsfortschritt
3.5 Pensionszusagen
3.6 Umqualifizierung von Eigenkapital in Fremdkapital
3.7 Latente Steuern
3.8 Zusammenfassung
4 Auswirkungen auf externe Anspruchsgruppen und die Finanzbuchhaltung
4.1 Auswirkungen auf die Kapitalgeber
4.1.1 Eigenkapitalgeber
4.1.2 Fremdkapitalgeber
4.2 Auswirkungen auf die Kunden und die Lieferanten
4.3 Auswirkungen auf die Finanzbuchhaltung
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: IAS/IFRS Pflichtanwendung und befreiende
Wahlrechte in der BRD
Abbildung 2: Generierung des Jahresabschlusses bei der
“Parallelen Buchführung“
Abbildung 3: Generierung des Jahresabschlusses mittels der
“Deltatechnik“
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Höchstgrenzen der Unternehmensgröße für
den Mittelstand nach unterschiedlichen Definitionen
Tabelle 2: Auswirkungen auf Bilanz und GuV bei der
Folgebewertung nach einer Neubewertung (Beispiel)
Tabelle 3: Darstellung der bilanziellen Auswirkung
von verlängerten Abschreibungsdauern (Beispiel)
Tabelle 4: Darstellungsvergleich von Fertigungsaufträgen im
Jahresabschluss nach IAS 11 und HGB (Beispiel)
Tabelle 5: Auswirkungen auf die Bilanz und die GuV durch die
Behandlung von Kommanditkapital als
Fremdkapital nach IAS 32 (Beispiel)
Tabelle 6: Latente Steuern (Beispiel)
Tabelle 7: mögliche Auswirkungen auf das Eigenkapital
und den Ertrag durch die IAS/IFRS
1 Einleitung
Die Bedeutung der internationalen Rechnungslegung nimmt parallel zur Globalisierung zu. Nicht nur kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die ab 2005 bzw. 2007 ihre Konzernabschlüsse nach den IAS/IFRS Rechnungslegungsvorschriften erstellen müssen, setzen sich hiermit auseinander. Mittelständische Unternehmen befassen sich laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages auch zunehmend mit diesem Thema.[1] Ein konkreter Umstellungsbedarf wird bei den meisten mittelständischen Unternehmen jedoch noch nicht gesehen.[2] Die wenigsten Mittelständler bilanzieren schon nach internationalen Rechnungslegungsstandards oder planen eine konkrete Umstellung.[3] Dennoch bleibt die internationale Rechnungslegung auch weiterhin ein Thema, das von den mittelständischen Unternehmen verfolgt werden muss.[4]
In dieser Arbeit werden mögliche Auswirkungen der IAS/IFRS auf die mittelständische GmbH und GmbH & Co. KG untersucht. Dabei können auf Grund der Komplexität nicht alle Bereiche, bei denen Auswirkungen zu erwarten sind, abgedeckt werden. Es werden aber jene Themengebiete aufgegriffen, die von Bedeutung sein können und auch schon häufiger in der Öffentlichkeit thematisiert wurden. Wie diese Auswirkungen zu beurteilen sind, ob es sich um Vor- oder Nachteile handelt, kann im Allgemeinen nicht beantwortet werden und wird deshalb in dieser Arbeit nicht weitergehend diskutiert. Es kommt diesbezüglich auf den konkreten Sachverhalt des Einzelfalles an.
Einführend wird die allgemeine Zielsetzung der internationalen Rechnungslegung nach IAS/IFRS dargestellt. Darauf folgend werden die Anwendungsmöglichkeiten dieser Regelungen im Hinblick auf die mittelständische GmbH und GmbH & Co. KG geprüft. Anschließend wird auf das sich in der Entwicklung befindliche IAS/IFRS-Regelungswerk für den Mittelstand eingegangen. Auf eine Erläuterung der IAS/IFRS-Entwicklung im Zeitverlauf, der Organisationsstrukturen sowie den formalen Aufbau des Regelungswerkes, wird hier verzichtet, da sie für diese Arbeit nicht direkt von Bedeutung sind.
Das dritte Kapitel bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit und zeigt die direkten Auswirkungen auf den Jahresabschluss bei der Anwendung der IAS/IFRS. Dabei sind exemplarisch einige Bereiche ausgewählt, die für eine mittelständische GmbH oder GmbH & Co. KG relevant sein können und bei denen gleichzeitig bedeutende Unterschiede zur Bilanzierung nach dem HGB bestehen. Zunächst wird auf die Bewertung von Anlagevermögen zu Zeitwerten eingegangen. Dieser Bereich kann für eine mittelständische GmbH oder GmbH & Co. KG von Bedeutung sein, da auch hier stille Reserven zum Beispiel in Grund und Boden vorhanden sein können. Hauptsächlich dann, wenn es sich um Grundstücke handelt, die sich schon lange im Betriebsvermögen befinden. Nach IAS/IFRS können diese stillen Reserven unter bestimmten Voraussetzungen aufgedeckt werden. Soweit es sich um anlagevermögenintensive Unternehmen mit hohem Abschreibungsaufwand handelt, können durch die Berücksichtigung von verlängerten Abschreibungsdauern nach IAS/IFRS ebenfalls im Mittelstand von Belang sein. Auch die weiteren Themenbereiche Leasing, Gewinnrealisierung nach Fertigungsfortschritt bei langfristigen Fertigungsaufträgen, Pensionszusagen und latente Steuern sind mögliche bedeutsame Themenbereiche im Mittelstand mit unterschiedlichen Darstellungen im Jahresabschluss nach HGB und IAS/IFRS und werden in diesem Kapitel thematisiert.
Das vierte Kapitel befasst sich mit den Auswirkungen auf externe Anspruchsgruppen sowie die Finanzbuchhaltung. Bei den externen Anspruchsgruppen wird der Schwerpunkt auf die Banken gelegt. In der Öffentlichkeit wird oft das Thema internationale Rechnungslegung in dem Zusammenhang mit den neuen Eigenkapitalanforderungen an die Banken („Basel-II“) genannt.[5] Hier soll eine Umstellung auf die IAS/IFRS-Bilanzierung (positive) Effekte auf das Bankenrating eines Unternehmens und damit auf die Finanzierungskosten haben. Dieser Zusammenhang wird in Kapitel 4.1.2 näher untersucht. In Kapitel 4.3 wird abschließend auf die notwendigen buchungstechnischen und organisatorischen Anpassungen in der Finanzbuchhaltung eingegangen.
2 Grundlagen der IAS/IFRS Rechnungslegung
2.1 Zielsetzung der IAS/IFRS
Ziel der IAS/IFRS-Rechnungslegung ist die Vermittlung von entscheidungsnützlichen Informationen für die Adressaten des Jahresabschlusses.[6] Adressaten, die in F.12 aufgeführt werden, sind derzeitige und potenzielle Investoren, Arbeitnehmer, Kreditgeber, Lieferanten und weitere Kreditoren, Kunden, Regierungen sowie deren Institutionen und die Öffentlichkeit. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf die Informationsbedürfnisse der Investoren kapitalmarktorientierter Unternehmen. Die Begründung hierfür liefert F. 10. Auf Grund des weit gefassten Adressatenkreises können prinzipiell nicht alle Informationsbedürfnisse im gleichen Maße erfüllt werden. Da die Investoren den Unternehmen Risikokapital zur Verfügung stellen, sind deren Anforderungen an die Informationsqualität hoch. Somit werden die Bedürfnisse der anderen Anspruchsgruppen ebenfalls in einem ausreichendem Maße berücksichtigt, soweit die Forderungen der Investoren befriedigt werden.[7]
Um entscheidungsnützliche Informationen zu liefern, muss der Jahresabschluss nach F. 46 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln („true and fair view“). Diese Zielsetzung gerät jedoch mit anderen möglichen Bilanzfunktionen, wie die Ausschüttungs- und Steuerbemessungsfunktion, in Konflikt.[8] So ist es für die Ausschüttung und Steuerbemessung sinnvoll, den Gewinn niedriger auszuweisen, um die Ausschüttungshöhe zu reduzieren bzw. um die Steuerbelastung zu senken. Ein Jahresabschluss, der durch diese Funktionen beeinflusst wird, liefert jedoch kein tatsächliches Bild der Unternehmung.
Aus diesen verschiedenen Funktionen leiten sich die Unterschiede im Jahresabschluss nach HGB und IAS/IFRS ab, die im Kapitel 3 näher dargestellt werden.
2.2 Anwendungsmöglichkeiten der IAS/IFRS bei der mittelständischen GmbH und GmbH & Co. KG
2.2.1 Definition Mittelstand
Um die Anwendungsmöglichkeiten der IAS/IFRS bei der mittelständischen GmbH und GmbH & Co. KG zu betrachten, soll an dieser Stelle zunächst auf den Begriff “Mittelstand“ eingegangen werden.
Eine einheitliche und allgemeingültige Definition gibt es für diese Bezeichnung nicht. Es lässt sich jedoch eine qualitative und eine quantitative Begriffsabgrenzung vornehmen.[9]
Ein mögliches qualitatives Merkmal des Mittelstandes ist die Führung des Unternehmens durch den Eigentümer bzw. deren Familienangehörigen, woraus sich eine enge Verbindung von wirtschaftlicher Existenz der Leitung und des Unternehmens ableiten lässt. Weiteres Kennzeichen ist die Verantwortung der Führungspersonen für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen. Im Gegensatz dazu steht die managergeführte Publikumsgesellschaft mit der Trennung von Eigentum und Leitung der Unternehmung.[10] Laut Definition der EU darf an dem Unternehmen zudem kein weiteres Unternehmen mit mindestens 25 % beteiligt sein. Damit werden Konzernunternehmen aus dem Definitionsbereich Mittelstand ausgeklammert.
Quantitativ können die Merkmale “Anzahl der Beschäftigten“, “Jahresumsatz“ und “Bilanzsumme“ als Abgrenzungskriterien dienen. Einheitliche und allgemeingültige Grenzen gibt es aber auch hier nicht. In der folgenden Tabelle sind unterschiedliche Möglichkeiten der Definition dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Höchstgrenzen der Unternehmensgröße für den Mittelstand nach unterschiedlichen Definitionen[15]
Quantitative Merkmale zur Begrenzung sind problematisch, da die Größenklassen branchenabhängig sind.[16] Deshalb sollen primär die oben genannten qualitativen Merkmale als Grundlage für die nachfolgenden Betrachtungen herangezogen werden.
2.2.2 Anwendungsmöglichkeiten
Mit der am 11.09.2002 verkündeten „Verordnung über die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards“[17] der europäischen Union hat die Bedeutung der IAS/IFRS erheblich zugenommen. Da es sich hier um eine Verordnung und nicht um eine Richtlinie handelt, musste der Inhalt nicht mehr in nationales Recht umgesetzt werden und ist seit dem Inkrafttreten am 14.09.2002 in allen Mitgliedsstaaten geltendes Recht.
Nach dieser Verordnung müssen alle Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen, von wenigen Ausnahmen abgesehen[18], für ab dem 01.01.2005 beginnende Wirtschaftjahre auf Grundlage der IAS/IFRS erstellt werden. Kapitalmarktorientiert im Sinne der Verordnung sind alle Unternehmen, die mit eigen- oder fremdkapitalverbriefenden Wertpapieren an einem geregelten Markt notiert sind. Des Weiteren haben die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 der Verordnung ein Wahlrecht, die Anwendung der IAS/IFRS auch auf den Einzelabschluss von kapitalmarktorientierten Unternehmen, sowie auf Konzern- und Einzelabschluss nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen zu erweitern.
In der BRD wurde dieses Wahlrecht durch den Gesetzgeber nur in einem geringen Maße genutzt. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen können nach § 315 a (3) HGB befreiend einen Konzernabschluss nach IAS/IFRS aufstellen. Einzelabschlüsse kapitalmarktorientierter und nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen müssen weiterhin auf der Grundlage des HGB erstellt werden. Nur für den Bereich der Offenlegungspflicht kann nach § 325 (2a) HGB befreiend anstatt des HGB-Einzelabschlusses ein IAS/IFRS Einzelabschluss dem Handelsregister eingereicht werden. Diese Regelung gilt jedoch nur für große Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 (3) HGB und greift demnach nicht für den Mittelstand. Sollte diese Möglichkeit von den großen Kapitalgesellschaften in Anspruch genommen werden, muss zusätzlich zu dem IAS/IFRS Einzelabschluss ein HGB Abschluss für die Steuer- und Ausschüttungsbemessung erstellt werden.
Folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten der IAS/IFRS-Rechnungslegung in der BRD:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: IAS/IFRS Pflichtanwendung und befreiende Wahlrechte in der BRD[19]
Neben den gesetzlichen Verpflichtungen bzw. den befreienden Wahlrechten zur Anwendung der IAS/IFRS, die den Mittelstand nicht betreffen, kann jederzeit freiwillig ein Einzelabschluss ohne jegliche Befreiungswirkung für den HGB-Einzelabschlusses erstellt werden.
2.3 IASB Projekt zur Erleichterung der Rechnungslegung für KMU
Wie unter Gliederungspunkt 2.1 erläutert liegt die Zielsetzung der IAS/IFRS-Rechnungslegung auf die Bereitstellung von entscheidungsnützlichen Informationen für die Investoren kapitalmarktorientierter Unternehmen. Die Investoren haben in diesem Fall keine andere Informationsquelle als den Jahresabschluss. Anders ist die Situation der Investoren im Mittelstand. Nach der Definition in Kapitel 2.2.1 ist ein Merkmal des Mittelstandes die Einheit von Eigentum und Leitung. Der Informationsbedarf kann deshalb zum Beispiel durch den möglichen Zugriff auf die Daten des internen Rechnungswesens befriedigt werden. Ein Zusatznutzen durch die Bilanzierung nach IAS/IFRS ist für den Bereich der Information nur begrenzt festzustellen. Gleichzeitig werden die IAS/IFRS-Regelungen auch bedingt durch die steigenden Informationsanforderungen der Kapitalmärkte zunehmend komplizierter, so dass mittelständische Unternehmen den Anforderungen nur schwer gerecht werden können. Da auch weiterhin parallel nach lokalen Rechnungslegungsstandards bilanziert werden muss, verursacht eine (freiwillige) Bilanzierung nach IAS/IFRS deutlich höhere Kosten.[20]
Um die IAS/IFRS Rechnungslegungsstandards an die Bedürfnisse des Mittelstandes anzupassen sowie handhabbarer zu gestalten und damit eine Balance zwischen Kosten und Nutzen herzustellen, startete das IASB im Jahr 1998 ein entsprechendes Projekt. Dieses Projekt befasst sich mit der Entwicklung spezieller IFRS für den Mittelstand. Erste Ergebnisse gab es erst mit der Veröffentlichung eines Diskussionspapiers im Jahr 2004. Im April 2005 händigte das IASB einen Fragebogen u. a. an Unternehmen aus, um konkrete Ansatz – und Bewertungserleichterungen zu identifizieren. Im Oktober 2005 fanden weitere öffentliche Diskussionsrunden statt. Hierauf basierend soll bis zum 3. Quartal 2006 als Ergebnis ein Standardentwurf für so genannte „Small and Medium-sized Entities“ (SME) vom IASB erarbeitet und veröffentlicht werden. Die endgültigen SME-IFRS sollen bis Mitte 2007 veröffentlicht werden.[21] Somit wäre ein in Kraft treten Anfang 2008 denkbar.
Das IASB-Projekt definiert kleine und mittlere Unternehmen wie folgt:
Es sind Unternehmen, die
- nicht öffentlich rechenschaftspflichtig sind und die
- für allgemeine Zwecke bestimmte Abschlüsse für externe Adressaten aufstellen.[22]
Dabei wird der Begriff „nicht öffentlich rechenschaftspflichtig“ negativ abgegrenzt. Ein Unternehmen ist dann öffentlich rechenschaftspflichtig, wenn:
- es geregelte, öffentliche Kapitalmärkte zur Unternehmensfinanzierung durch erfolgte oder erwartete Ausgabe von Eigen- oder Fremdkapitaltiteln in Anspruch nimmt, die die Einreichung des Jahresabschlusses bei den entsprechenden Aufsichtsbehörden erzwingt oder
- es sich bei dem Unternehmen um Kapitalsammelstellen wie Banken, Versicherungen oder Fondsgesellschaften handelt oder
- es ein öffentliches Versorgungsunternehmen o.ä. ist oder
- es für den jeweiligen nationalen Markt von wesentlich wirtschaftlicher Bedeutung hinsichtlich der Kriterien wie Bilanzsumme, Jahresergebnis, Anzahl der Mitarbeiter, Marktbeherrschung oder Grad der Inanspruchnahme der Fremdkapitalmärkte ist.[23]
Unter externen Adressaten versteht das IASB-Projekt Gesellschafter, die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind, bestehende und potentielle Gläubiger und Rating-Agenturen.
Als quantitative Merkmale für Kleine und mittlere Unternehmen werden von der Projektgruppe als Richtgröße 50 Arbeitnehmer und ein Jahresumsatz von ungefähr 10 Mio. € vorgeschlagen.[24]
Für den Aufbau des Regelungswerkes sind prinzipiell drei Handlungsalternativen denkbar:[25]
- Bildung eines eigenständigen Standards für SME, der sich auf alle IAS/IFRS bezieht und bestimmte Befreiungen und Erleichterungen definiert.
- Entwicklung einer eigenständigen KMU(„-light“) Version für jeden einzelnen IAS oder IFRS.
- Schaffung der Möglichkeit, jeden einzelnen Standard mit speziellen Erleichterungen zu versehen.
[...]
[1] Vgl. DIHK / PricewaterhouseCoopers AG, International Financial Reporting Standards (IFRS) in mittelständischen Unternehmen, S. 25. Der DIHK hat gemeinsam mit der Pricewaterhouse Coopers AG einen Fragebogen entwickelt, um das Interesse sowie die Vor- und Nachteile der internationalen Rechnungslegung aus Sicht der mittelständischen Unternehmen zu untersuchen. 600 Unternehmen haben sich an der Umfrage beteiligt. Laut dieser Umfrage haben sich 58 % bereits mit IAS/IFRS befasst, 8 % haben bereits umgestellt.
[2] Laut der o. g. DIHK-Umfrage sehen 79% noch keinen konkreten Bedarf für eine Umstel-
lung bzw. eine zusätzliche Bilanzierung nach IFRS.
[3] Laut der DIHK-Umfrage planen 11 % der befragten Unternehmen eine konkrete Umstellung, 8 % haben bereits umgestellt.
[4] Vgl. DStV (Hrsg.), Kreditinstitute forcieren IAS/IFRS für den Mittelstand nicht, Pressemitteilung des DStV vom 23.02.2005.
[5] Vgl. u. a. Carstensen, GmbHR 2004, S. 866.
[6] Vgl. Winkeljohann, Rechnungslegung nach IFRS, S. 33.
[7] Vgl. Winkeljohann, Rechnungslegung nach IFRS, S. 33-34.
[8] Vgl. Mandler, Der deutsche Mittelstand vor der IAS-Umstellung 2005, S. 10.
[9] Vgl. Oehler, Auswirkungen einer IAS/IFRS-Umstellung bei KMU, S. 6.
[10] Vgl. Mandler, Der deutsche Mittelstand vor der IAS-Umstellung 2005, S. 13-16.
[11] Nach der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinst-unternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. L 124/36 vom 20.05..2003, gültig ab dem 01.01.2005.
[12] Vgl. Vierte Richtlinie 48/660/EWG 1978, ABl. L 222 vom 14.08.1978; geändert durch Richtlinie 2003/38/EG, ABl. L 120/22 vom 17.07.2003.
[13] Vgl. Günterberg / Wolter in Unternehmensgrößenstatistik 2001/2002, Institut für Mittelstands-forschung, S. 21.
[14] Geändert durch Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz - BilReG) vom 04. Dezember 2004, BGBl. Teil I 2004, S. 3166, Anwendung erstmals auf Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2003 beginnen.
[15] In Anlehnung an Oehler, Auswirkungen einer IAS/IFRS-Umstellung bei KMU, S. 8.
[16] Vgl. Klett / Pievernetz / Hauke, Controlling in kleinen und mittleren Unternehmen, S. 18.
[17] Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards; ABl. L 243 vom 11/09/2002.
[18] Ausnahmen bestehen in Deutschland nach Artikel 57 Nr. 1, 2 EGHGB für Unternehmen, von denen lediglich Schuldtitel zum Handel zugelassen sind, sowie Unternehmen, deren Wertpapiere zum öffentlichen Handel in einem Nicht-Mitgliedstaat zugelassen sind und die bereits international anerkannte Standards wie zum Beispiel US-GAAP anwenden. Diese Unternehmen müssen den Konzernabschluss nach IAS/IFRS erst für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2006 beginnen, aufstellen.
[19] Vgl. Mandler, Der deutsche Mittelstand vor der IAS-Umstellung 2005, S. 111.
[20] Vgl. Ull in Winkeljohann, Rechnungslegung nach IFRS, S. 431.
[21] Vgl. IASCF (Hrsg.), IASB Update June 2006, S. 1.
[22] Vgl. IASB (Hrsg.), 0601SMEProjekt Update, Stand 25.01.2006, S. 1.
[23] Aktuell werden noch Änderungen zu diesem Punkt in der Projektgruppe diskutiert. Danach sollen Unternehmen mit wesentlich wirtschaftlicher Bedeutung nicht automatisch die Full-IAS/IFRS anwenden müssen. Vielmehr soll der lokale Gesetzgeber regeln, welche nicht öffentlichen Unternehmen die SME-IFRS nicht anwenden dürfen; vgl. IASCF (Hrsg.), IASB Update June 2006, S. 1.
[24] Vgl. IASB (Hrsg.), 0601SMEProjekt Update, Stand 25.01.2006, S. 5.
[25] Vgl. Mandler, Der deutsche Mittelstand vor der IAS-Umstellung 2005, S. 155.
- Arbeit zitieren
- Diplom-Betriebswirt (FH) Ulrich Wiebringhaus (Autor:in), 2006, Mögliche Auswirkungen von IAS/IFRS auf die mittelständische GmbH und GmbH & Co. KG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61009
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